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Barftgaans Oktober/November 2016

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DAS LETZTE ZUHAUSE<br />

In Würde sterben: Hospiz am Stadtwald<br />

Der Tag beginnt, die Sonne strahlt vom blauen Himmel.<br />

Noch ist es still an diesem Morgen im Hospiz<br />

am Stadtwald. Ruhig gehen die Mitarbeiter ihren<br />

Aufgaben nach, die Gäste, wie die Sterbenskranken hier<br />

genannt werden, sind auf ihren Zimmern. Sie verbringen<br />

den Lebensabend hier. Es ist ihr Zuhause auf Zeit, die letzte<br />

Lebensstation.<br />

Tod – diesem Teil des Lebens entkommt niemand. Krank<br />

und alt werden, damit verbundene Leiden und auch das<br />

Abschiednehmen gehören zum Leben. Doch wie geht man<br />

mit dem Sterben um? Als Person, als Gesellschaft? Wie umgehen<br />

mit der Zeit, die bleibt? „Wir versuchen, dem Gast<br />

noch so viel schöne Lebenszeit wie möglich zu geben“,<br />

sagt Martina Schubert-Messenbrink, Pflegedienstleiterin<br />

im Hospiz. Zu ihr ins Haus kommen Menschen ab 25 Jahre,<br />

die unheilbar krank sind und die allein zuhause nicht mehr<br />

zurechtkommen. Einige bleiben ein paar Stunden, einige<br />

Wochen oder auch mal Monate. „Die Gäste können jederzeit<br />

nach Hause und später zurückkommen oder sie bleiben<br />

bei uns, um für kurze Zeit die pflegenden Angehörigen<br />

zu entlasten“, so die Pflegdienstleiterin.<br />

In den letzten Lebenstagen gehe es oft darum, die verbleibende<br />

Zeit zu nutzen. Der Gast und seine Wünsche stehen<br />

ganz im Mittelpunkt. Was braucht er, um sich wohlzufühlen?<br />

Was möchte er vielleicht noch mal unternehmen, wenn möglich?<br />

Möchte er Besuch haben oder für sich sein? – Auch noch<br />

so kleine Wünsche versuchen Schubert-Messenbrink und ihr<br />

engagiertes Team zu erfüllen. „Eine Dame hatte nachts um<br />

halb eins Lust auf ein Eis mit heißen Kirschen. Das haben wir<br />

selbstverständlich möglich gemacht. Dass wir solche Freude<br />

schenken und letzte Wünsche erfüllen können, das macht<br />

unsere Arbeit so wertvoll.“ Am Lebensende zählen vor allem<br />

die kostbaren Kleinigkeiten, die schönen Momente und<br />

Gespräche. „Es gibt Menschen, die haben zum Beispiel keinen<br />

Kontakt mehr zu Familienangehörigen, da versuchen<br />

wir zu vermitteln, wenn es der Sterbende wünscht.“<br />

Der Gast soll sich im Hospiz wohlfühlen, ein bisschen wie zuhause.<br />

Es dürfen persönliche Kleinigkeiten mitgebracht werden;<br />

jeder Gast hat ein Einzelzimmer mit Bad. Es gibt die Möglichkeit,<br />

ein weiteres Bett in das Zimmer zu stellen für den<br />

Ehepartner oder das Kind. Dazu gibt es ein separates Übernachtungszimmer.<br />

Es stehen rund um die Uhr Fachkräfte zur<br />

Verfügung, die sich um die Gäste kümmern. „Wir versuchen<br />

alles, um es dem Gast angenehm zu machen“, sagt Schubert-Messenbrink.<br />

Und dazu gehört auch mal ein Bier oder<br />

ein Eierlikör. Viele Menschen haben Angst, dass sie während<br />

des Sterbeprozesses oder Krankheitsverlaufs starke Schmerzen<br />

haben. Sie haben oftmals Atemnot und Ängste. „Da ist<br />

es besonders wichtig, zusammen mit Palliativmedizinern die<br />

richtige Schmerzbehandlung zu finden und die Beschwerden<br />

zu lindern. Der Sterbende soll keine unnötigen Schmerzen erleiden.“<br />

Zur Unterstützung gibt es zusätzlich die Möglichkeit,<br />

Ergo- und Physiotherapie, Krankengymnastik und Lymphdrainage<br />

zu nutzen, um die Lebensqualität zu verbessern. „Ganz<br />

wichtig sind Gespräche, um die Ängste zu lindern oder letzte,<br />

ungelöste Probleme zu besprechen.“ Im Hospiz gehe es aber<br />

nicht nur den ganzen Tag um das Sterben. Es ist das Leben,<br />

das zählt. Das vergangene, das unwiederbringlich vorbeigeht<br />

und das gegenwärtige, das so schön wie möglich verbracht<br />

werden sollte. „Im Hospiz wird gefeiert, es wird gelacht, aber<br />

auch getrauert. Alle Emotionen haben ihren Platz.“<br />

Heute brennt die Kerze am Empfang nicht, das bedeutet,<br />

dass heute noch kein Gast verstorben ist. Die Erinnerung an<br />

die Toten wird bewahrt: Einmal im Jahr gibt es einen Erinnerungstag,<br />

einmal im Monat ein Erinnerungsfrühstück. „Wir<br />

halten auch den Kontakt zu den Angehörigen, wenn das gewünscht<br />

wird, wir lassen sie nicht allein.“<br />

Das Leben endet mit dem Tod – wir wissen das. Und doch<br />

schieben wir diese Gedanken oftmals weit von uns weg, setzen<br />

uns nicht mit den wichtigen Fragen auseinander: Wie<br />

möchte ich sterben? Welche Behandlung möchte ich? Wie<br />

möchte ich ernährt werden? „Wir sollten uns alle unserer<br />

Vergänglichkeit bewusst sein. Wir müssen uns das wirklich<br />

klarmachen – und überlegen, was wir wollen“, so Martina<br />

Schubert-Messenbrink. <br />

[Nicole Lütke]<br />

Kontakt<br />

Interessierte sind eingeladen, sich die Räumlichkeiten<br />

des „Hospiz am Stadtwald“, anzusehen und sich<br />

über das Pflegekonzept zu informieren. Übrigens:<br />

Die Kosten für einen Aufenthalt werden von der<br />

Krankenkasse übernommen.<br />

Hospiz Am Stadtwald gemeinnützige GmbH<br />

Peter-Cordes-Weg 3a<br />

29525 Uelzen<br />

0581 971656-00<br />

www.hospiz-am-stadtwald.de<br />

36 www.barftgaans.de | <strong>Oktober</strong>/<strong>November</strong> <strong>2016</strong>

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