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landkarte 2011 - Musikalische Sommer

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FF: Wie viele Teilnehmer hat der Kurs?<br />

PETER BARCABA: Das ist sehr verschieden, vor<br />

einigen Jahren hatte ich 31, zuletzt meist um die zehn<br />

herum, durch die Bank Klavier und manchmal<br />

Kammermusik mit Klavier.<br />

FF: Und bei jedem Einzelnen feilen Sie, gucken,<br />

horchen?<br />

PETER BARCABA: Ich muss ihn als Individuum erfassen,<br />

ich muss sehen, was braucht dieser Mensch<br />

wirklich, damit er weiterkommt. Bei dem einen ist eine<br />

etwas schlampige Klaviertechnik, bei dem anderen ist<br />

es mangelnde Phrasierung, es ist ein bisschen Unaufmerksamkeit,<br />

es läuft etwas mechanisch durch. Und<br />

da muss man ansetzen. Dass man der Komposition,<br />

dem Zeitstil, der Idee des Komponisten so nahe als<br />

möglich kommt. Dass man den Aufbau des Kunstwerks,<br />

die Größe des Kunstwerks vor sich hat, bei<br />

allen Detailübungen und bei allen technischen Übungen.<br />

Sonst ist man kein Künstler, sondern ein Kleinhandwerker,<br />

der vielleicht mal einen Schrank<br />

zusammenstellt, aber kein Haus bauen kann. Das<br />

vollzieht sich Stufe für Stufe. Welche Stufe, das hängt<br />

ab vom Spieler, von seinem Niveau, seinen Stärken<br />

und Schwächen. Manchmal kommen hochbegabte<br />

Leute, vor allem aus den asiatischen Ländern, aber<br />

Leute, die viel zu schwere Sachen spielen. Dann<br />

haben sie Mühe, und die Mühe verdirbt natürlich die<br />

Lust an der Musik.<br />

FF: Dann erholen sie sich ja regelrecht hier in<br />

Ostfriesland...<br />

PETER BARCABA: Dann erholen sie sich, dann bauen<br />

24<br />

sie das Haus wirklich mal von unten auf. Dass sie<br />

dem gewachsen sind, was sie tun, dass sie vor allem<br />

der Energie, die in einem Werk verborgen ist, gewachsen<br />

sind – das ist noch wichtiger als die technischen<br />

Einzelheiten. Diese Grundenergie, dieser Grundduktus,<br />

der das Werk so einzigartig macht - das gilt es zu<br />

erfassen.<br />

FF: Die Teilnehmer an Ihrer Meisterklasse – wie<br />

werden die ausgewählt?<br />

PETER BARCABA: Es kommen Schüler, die suche ich<br />

mir aus, die lade ich auch ein. Ich nehme nicht jeden.<br />

Außerdem sucht mir mein lieber Kurspartner Franz<br />

Chien Schüler aus, die aus Taiwan kommen. Er bringt<br />

Schüler, wo er weiß, dass ich als Lehrer für diese auch<br />

geeignet bin. Es ist ja nicht jeder Lehrer für jeden<br />

Schüler geeignet.<br />

FF: Und warum ist der Anteil der Teilnehmer aus dem<br />

asiatischen Raum so hoch?<br />

PETER BARCABA: Ich habe seit sieben oder acht<br />

Jahren ständig einen Lehrauftrag in Korea und zunehmend<br />

auch in China. Ich arbeite also selbst viel im<br />

asiatischen Raum, dadurch bekomme ich auch<br />

Schüler nach Wien, und die lade ich auch hierher ein.<br />

FF: Der Austausch auf der musikalischen Ebene, läuft<br />

der reibungslos?<br />

PETER BARCABA: Es ist erstaunlich: ja. Die Schüler<br />

aus Asien bringen eine Disziplin mit und eine An -<br />

passungsfähigkeit, die enorm ist. Aber es ist keine<br />

passive Anpassungsfähigkeit, dass sie jetzt ihre<br />

Individualität verleugnen und sich zu Europäern<br />

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machen müssen. Sondern die europäische Musik wird<br />

von Anfang an immer mehr in ihre Seele integriert,<br />

das ist ein Reifungsprozess. Ich frage sie zum Beispiel,<br />

was ihnen an der europäischen Musik am allernächsten<br />

ist. Dann sagen sie: Dvořák und Smetana,<br />

die tschechische Musik. Das ist ein ganz ähnliches<br />

Liedgut, das sind ähnliche Skalen, das sind ähnliche<br />

Empfindungen der Melodien, nur ein bisschen anderer<br />

Sprachgebrauch. Also es sind viel, viel mehr Ähnlichkeiten,<br />

als wir glauben. Und wenn wir die entdecken,<br />

dann ist das wunderbar, dann sind wir ein Volk.<br />

FF: Was kennzeichnet für Sie das Arbeiten hier in<br />

Ostfriesland?<br />

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PETER BARCABA<br />

Peter Barcaba studierte an der Wiener Musikhochschule<br />

Klavier, Komposition, Tonsatz und Inter -<br />

pretation nach Heinrich Schenker. Meisterkurse<br />

absolvierte er u. a. bei Adam Harasiewicz, Conrad<br />

Hansen und Bruno Seidelhofer. Seit 1984 ist er<br />

Professor an der Musikhochschule in Wien. Eine<br />

intensive Konzerttätigkeit verbindet er mit musikalischen<br />

Forschungen. Außerdem ist Peter Barcaba<br />

Pianist der Kammermusikvereinigung Wien.<br />

PETER BARCABA: Es ist eine Atmosphäre, in der man<br />

hier arbeitet, die eine Ruhe und eine Harmonie ausstrahlt.<br />

Man braucht nur die Warften, die Kirche, das<br />

Meer anzuschauen, die unendliche Weite der Landschaft,<br />

die Sonnenuntergänge – eine bessere<br />

poetische Inspiration kann man sich kaum vorstellen.<br />

FF: Und woran muss man sich als Wiener in<br />

Ostfriesland gewöhnen?<br />

PETER BARCABA: An gar nichts. Das ist wie eine<br />

zweite Heimat. Ich freue mich, wenn ich hierher<br />

komme. �<br />

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