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landkarte 2011 - Musikalische Sommer

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Die Musik des<br />

Wattenmeeres<br />

ist einzigartig<br />

40<br />

Nach der Auszeichnung zum UNESCO<br />

Weltnaturerbe hapert es jetzt noch am<br />

Schutz des Nationalparks.<br />

Wind pfeift über das flache Marschenland. Die Luft riecht<br />

nach Meer. Die Strandastern in den Salzwiesen knapp<br />

1.000 Meter nördlich der Ortschaft Minsen stehen beinahe<br />

bis zum Blütenkopf im Wasser. Vom Queller in der<br />

Verlandungszone ist nichts mehr zu sehen. Sechs Stunden<br />

später bietet sich dem Betrachter ein komplett anderes<br />

Bild: Das Wasser hat sich zurückgezogen. Die Strandastern<br />

recken ihre Blätter der Sonne entgegen. Wie Kakteen<br />

in der Wüste ragt der grüne Queller aus dem Schlick hervor.<br />

In Minsen wird die Einzigartigkeit des UNESCO Welt -<br />

naturerbes Wattenmeer offensichtlich. Die Landschaft<br />

verwandelt sich unter dem Einfluss der Naturkräfte.<br />

Die acht Quadratkilometer großen Salzwiesen gehören zu<br />

den größten im niedersächsischen Wattenmeer. Weil das<br />

Meer sich ständig neue Wege sucht und der im 12. Jahrhundert<br />

erbaute Norderaltendeich Minsen bei Sturmfluten<br />

nicht schützen konnte, haben die Dorfbewohner ihre Häuser<br />

auf einer künstlich angelegten, sechs Meter hohen<br />

Rundwarf gebaut. Noch ein bisschen höher thront in der<br />

Mitte, acht Meter über dem Umland, die nördlichste Kirche<br />

der ostfriesischen Halbinsel – ein neuer Spielort des<br />

<strong>Musikalische</strong>n <strong>Sommer</strong>s.<br />

Das Wattenmeer im Glaskasten<br />

Am Fuße der Kirchwarf steht das Nordseehaus Wangerland.<br />

In fünf Aquarien tummeln sich Nordseebewohner<br />

vom Katzenhai bis zur Strandkrabbe. „Die meisten stammen<br />

aus dem Beifang der Fischer“, verrät Ralf Sinning, der<br />

Leiter des Nordseehauses. Grad für Grad gewöhnt er die<br />

Bild links: Vielfalt auf engstem Raum: In einem Liter Meerwasser<br />

schwimmen 5 bis 10 Millionen einzellige Pflanzen.<br />

Bild rechts: Das Nordseehaus Wangerland in Minsen stellt<br />

die Wattenmeerbewohner vor: Fische und Krebse ebenso<br />

wie Vögel und Seehunde.<br />

Tiere an die etwas höheren Wassertemperaturen im Aquarium.<br />

Die größte Herausforderung besteht darin, den Wildfängen<br />

die Nahrung aus der Tiefkühltruhe schmackhaft zu<br />

machen.<br />

Jährlich informieren sich rund 20.000 Besucher im Nordseehaus<br />

über den Lebensraum Wattenmeer. Als offizieller<br />

Partner der Nationalparkverwaltung richtet sich die Einrichtung<br />

jetzt zunehmend auch auf internationale Gäste ein.<br />

„Nach der Ernennung des Wattenmeers zum Weltnaturerbe<br />

können wir nicht weitermachen wie bisher“, stellt Ralf<br />

Sinning fest. Als Erstes hat er die lateinischen Beschrif -<br />

tungen in der Ausstellung durch englischsprachige Schilder<br />

ersetzt.<br />

Lebensraum der Superlative<br />

Wer das Wattenmeer nicht nur hinter Glas im Aquarium<br />

bestaunen möchte, schließt sich einer Führung durch die<br />

europäische Wildnis aus Schlick und Meer an. Die graue<br />

Masse quillt zwischen den Zehen hindurch. Plötzlich<br />

knirscht es unter den Füßen. Was sich anfühlt wie Kies,<br />

sind in Wirklichkeit Tausende kleine Wattschnecken. Auf<br />

einem Quadratmeter Watt leben 150.000 von ihnen. Noch<br />

zahlreicher sind die Pflanzen vertreten. In einem Liter<br />

Meerwasser schwimmen 5 bis 10 Millionen einzellige<br />

Pflanzen. Ein leises Knistern begleitet die Wanderung.<br />

Tausende kleiner Schlickkrebse lassen Luftblasen zerplatzen,<br />

wenn sie ihre Fühler ausstrecken.<br />

Der Lebensraum strotzt nur so vor Superlativen. Die<br />

10.000 Quadratkilometer Wattenmeer vor der deutschen<br />

Küste und den Niederlanden bilden das größte zusammenhängende<br />

Wattenmeergebiet der Welt. Die dänische<br />

Wattenmeerküste gehört nicht zum Weltnaturerbe, weil sie<br />

nicht als Nationalpark ausgewiesen ist. Wie die Wüste<br />

stellt auch das Wattenmeer hohe Anforderungen an seine<br />

Bewohner: Bei wechselnden Wasserständen, unterschied -<br />

lichem Salzgehalt und Temperatur schwankungen über -<br />

leben nur Spezialisten.<br />

Die größten Bewohner sind Kegelrobben. Von den bis zu<br />

300 Kilogramm schweren Meeressäugern leben 2.800<br />

Tiere im gesamten Wattenmeer inklusive Dänemark. Sie<br />

teilen sich die beliebten Sonnenplätze auf den Sand -<br />

bänken mit 21.600 Seehunden.<br />

Die vielen Millionen Kleintiere wie Schnecken, Würmer und<br />

Muscheln, die im Wattenmeer leben, bieten jedes Jahr<br />

einen reich gedeckten Tisch für 10 bis 12 Millionen Zug -<br />

vögel. „Wir hier im Wattenmeer haben die große Ehre, mitten<br />

in einem der weltweit wichtigsten Zugvogelrastgebiete<br />

zu leben. Hier können wir das faszinierende Naturschauspiel<br />

live genießen und haben somit auch eine große<br />

Verant wortung für seinen Schutz“, betont Jan Weinbecker.<br />

Der Langeooger ist einer von sechs Nationalparkwarten,<br />

die für den Schutz des Nationalparks Niedersächsisches<br />

Wattenmeer zuständig sind.<br />

Massentourismus –<br />

die Kehrseite der Auszeichnung<br />

Bedingung für den Welterbetitel sind neben der Einzigartigkeit<br />

der Natur auch Schutz und Erhaltung der Landschaft.<br />

Doch genau diese sieht der Wattenrat Ostfriesland gefährdet.<br />

Der Massentourismus lasse Strandbrütern kaum eine<br />

Chance. Seeregenpfeifer, Sandregenpfeifer und Zwergseeschwalben<br />

seien die Verlierer. Seeschwalben brauchen, genauso<br />

wie Sand- und Seeregenpfeifer, Muschelstrände.<br />

Das sind zugleich die Gebiete, wo Urlauber sich gerne aufhalten.<br />

Der Seeregenpfeifer galt einst als der typische<br />

Langeooger Brutvogel. Heute ist er von der Insel verschwunden.<br />

Auch die Bestände der Sandregenpfeifer und<br />

Seeschwalben schrumpfen. „Wahrscheinlich sind es zu<br />

viele Störungen durch Spaziergänger“, vermutet Jan<br />

Weinbecker.<br />

Seewiefken<br />

zerstört das alte Minsen<br />

Der Sage vom Wangerländer Seewiefken nach, gibt es Minsen<br />

nicht erst seit dem Mittelalter. Der Ort soll bis zu seiner<br />

Zerstörung auf der Insel Minsener Oog gelegen haben.<br />

Fischer zogen den Groll des Seewiefkens auf sich, als sie versuchten,<br />

es zu fangen. Die Nixe konnte fliehen und schickte<br />

den Minsenern zur Strafe eine schwere Sturmflut. Eine<br />

Bronzeskulptur am Norderaltendeich erinnert an die Sage<br />

vom Seewiefken und den vermeintlichen Untergang der Ortschaft<br />

Minsen. Die Nixe mit dem mahnenden Zeigefinger findet<br />

sich im Wappen der Gemeinde Wangerland wieder.<br />

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