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Brandenburgisches Ärzteblatt 11/2007 - Landesärztekammer ...

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Editorial<br />

<strong>Brandenburgisches</strong> <strong>Ärzteblatt</strong> <strong>11</strong>/<strong>2007</strong> · 17. Jahrgang<br />

Liebe Kolleginnen,<br />

liebe Kollegen,<br />

„wer nicht mit der Zeit geht, der geht mit der Zeit“. Eine schlichte<br />

Wahrheit, die aber auch die Herausforderungen an die deutsche<br />

Ärzteschaft treffend beschreibt. Wir müssen uns den Veränderungen<br />

stellen, Chancen erkennen und Gefahren für unseren Berufsstand<br />

entschlossen entgegentreten.<br />

Ein Thema, auf das dies ganz besonders zutrifft, findet sich in der<br />

Frage wieder, wer künftig was macht im deutschen Gesundheitswesen.<br />

Dringen andere Gesundheitsberufe immer stärker vor in das<br />

Feld ärztlicher Leistungen? Der vom Gesundheitsministerium eingesetzte<br />

Sachverständigenrat hat hier klar Position bezogen, Empfehlungen<br />

ausgesprochen. In den letzten Tagen nun hat auch die Kassenärztliche<br />

Bundesvereinigung einen Fragebogen an Kolleginnen<br />

und Kollegen verschickt, um sie nach ihrer Meinung zu delegierbaren<br />

Leistungen zu befragen. Kein Zweifel: Das Thema ist in Bewegung<br />

geraten und wir sind gefordert, auf Augenhöhe mit anderen Akteuren<br />

des Gesundheitswesens die Weichen für die Zukunft zu stellen.<br />

Ich bin deshalb froh, dass der Hartmannbund das Thema der Deprofessionalisierung<br />

ärztlicher Leistungen in den Mittelpunkt seiner<br />

diesjährigen Hauptversammlung in Potsdam gerückt hat. „Neue<br />

deutsche Light-Kultur – wer macht was im Gesundheitswesen?“ Unter<br />

dieser Überschrift haben wir das Thema in unterschiedlichen Workshops<br />

von verschiedenen Seiten beleuchtet. Unser Bundesvorsitzender,<br />

Dr. Kuno Winn, hat mit der Präsidentin des Deutschen Pflegerates,<br />

Marie-Luise Müller, eine sehr interessante Diskussion geführt, in<br />

der Positionen aufeinander prallten.<br />

Wollen wir die sich andeutenden Entwicklungen verhindern? Wollen<br />

wir sie mit gestalten? Oder wollen wir sie gar ignorieren?<br />

Die Antwort auf diese Fragen steht für mich persönlich bereits jetzt<br />

eindeutig fest: Wir müssen diese Entwicklung mitgestalten! Ohne<br />

Scheuklappen und vorbehaltlos – vor allem aber mit dem nötigen<br />

Selbstbewusstsein! Wir müssen klare Grenzen ziehen, Bedingungen<br />

festlegen. Ganz bestimmt werden wir nicht denen die Diskussion überlassen,<br />

die sie angezettelt haben, weil sie zu Lasten einer hoch qualifizierten<br />

medizinischen Versorgung Geld sparen wollen. Nein, ganz<br />

im Gegenteil: Wir sind gefordert, die Meinungsführerschaft in dieser<br />

Debatte für uns Ärzte zu erobern! Eine Grenzlinie ist für mich unverrückbar:<br />

Der in vollem Umfang ausgebildete Arzt ist der einzige, der<br />

Herr über Diagnose und Therapie sein darf. Hier ist für mich eine<br />

fremdbestimmte Delegation auf andere Berufsgruppen undenkbar.<br />

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, über so manches Detail werden<br />

wir beim Thema Deprofessionalisierung noch zu diskutieren haben.<br />

Wie auch immer wir uns aber hier in Einzelfragen auch positionieren<br />

werden – am Ende werden wir Ärzte gemeinsam für eine Position zu<br />

kämpfen haben. Wir werden gemeinsam zu kämpfen haben gegen<br />

den erneuten Versuch, den ärztlichen Berufsstand in Frage zu stellen,<br />

gegen den Versuch, unter dem Kostendiktat die Qualität der Versorgung<br />

unserer Patienten zu gefährden.<br />

Wir werden gemeinsam zu kämpfen haben! Umso bitterer empfinde<br />

ich es vor diesem Hintergrund, dass die Separierungsbestrebungen von<br />

Haus-, aber auch Fachärzten immer mehr zunehmen. Mit der Wahl des<br />

ehemaligen KBV-Vorstandes Weigelt zum neuen Bundesvorsitzenden<br />

des Hausärzteverbandes wird die Konfrontation zwischen dem Hausärzteverband<br />

und dem KV-System zunehmen, daneben wird sich der<br />

Konflikt zwischen Haus- und Fachärzten zuspitzen. Deshalb sehe ich<br />

auch die geplante Einrichtung eines neuen Facharztverbandes – ob<br />

durch die Fusion von Deutschem Fachärzteverband und GFB oder auf<br />

anderem Wege – mit Sorge. Weil er Spaltungstendenzen verstärkt.<br />

Wer in diesen Zeiten sein Heil darin sucht, kurzfristig mehr für seine<br />

Berufsgruppe, für sein besonderes Klientel herauszuschlagen, der<br />

wird mittel- bis langfristig zu den Verlierern gehören. Denn Verlierer<br />

sind wir auf Dauer alle, wenn wir unsere Interessen nicht gemeinsam<br />

vertreten. Wenn die deutsche Ärzteschaft auseinander läuft, statt<br />

die Reihen zu schließen, wird ein weiterer Verfall unseres Einflusses<br />

gegenüber der Politik und den Krankenkassen nicht mehr aufzuhalten<br />

sein. Dies können wir alle gemeinsam nicht wollen!<br />

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, lassen Sie mich zum Schluss noch<br />

ein Wort sagen zu der Ankündigung des KBV-Vorsitzenden Dr. Andreas<br />

Köhler zur Einrichtung eines Ärzte-TÜVs. Ich halte dies für ein<br />

gewagtes Experiment. Ein Experiment, das unsere Patienten in hohem<br />

Maße verunsichern wird.<br />

Dass niedergelassene Ärzte in Deutschland sich mit ihrer Qualität,<br />

mit ihrer Leistung nicht zu verstecken brauchen, das müssen wir wohl<br />

kaum erst beweisen. Dieses Argument der KBV ist für mich nur wenig<br />

stichhaltig. Ich habe aber ganz erhebliche Zweifel daran, dass es gelingen<br />

wird, objektive Kriterien für die Qualität ärztlicher Leistungen<br />

zu entwickeln. Die Gefahr, dass sich unsere Patienten durch solche<br />

fragwürdigen Qualitätsmerkmale und Statistiken verunsichern lassen,<br />

ist dagegen groß. Denn in der Regel weiß jeder Patient für sich ganz<br />

genau die Qualität ärztlicher Leistungen einzuschätzen. Er kann seinen<br />

ganz persönlichen Einzelfall am besten beurteilen.<br />

Wenn Herrn Dr. Köhler die Qualität ärztlicher Leistungen am Herzen<br />

liegt, dann muss er vor allem dafür sorgen, dass wir durch eine angemessene<br />

Honorierung unserer Leistungen endlich wieder in moderne<br />

Medizintechnik investieren können. Qualität bleibt vor allem<br />

dort auf der Strecke, wo unsere Praxen nicht mehr in der Lage sind,<br />

sich technisch auf dem neuesten Stand zu halten.<br />

An dieser Front zu kämpfen, das ist der richtige Einsatz im glaubhaften<br />

Kampf um die Qualität ärztlicher Leistungen.<br />

Ihre Elke Köhler

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