Brandenburgisches Ärzteblatt 11/2007 - Landesärztekammer ...
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Kammerinformationen/Gesundheitspolitik<br />
Bundesverdienstorden für Dr. Wolfgang Güthoff<br />
Das Ehepaar Karin und Dr. Wolfgang Güthoff<br />
aus Kleinmachnow wurde mit dem Verdienstorden<br />
der Bundesrepublik Deutschland<br />
für ihr soziales Engagement ausgezeichnet.<br />
Bundespräsident Horst Köhler überreichte<br />
den Beiden die Auszeichnung am 4. Oktober<br />
im Schloss Bellevue für ihr jahrelanges Engagement<br />
zur Bekämpfung von HIV und AIDS.<br />
Das Brandenburgische <strong>Ärzteblatt</strong> sprach mit<br />
Dr. Wolfgang Güthoff über die Auszeichnung<br />
und seine Projekte.<br />
Bundespräsident Horst Köhler (l.) und seine Frau<br />
Eva Luise (r.) überreichten Dr. Wolfgang Güthoff<br />
(2.v.r.) und Karin Güthoff (2.v.l.) den Verdienstorden<br />
der Bundesrepublik Deutschland.<br />
Foto: Bundesregierung/Sandra Stein<br />
1. Dr. Güthoff, war die Auszeichnung mit<br />
dem Bundesverdienstkreuz für Sie und Ihre<br />
Frau überraschend?<br />
Ja, natürlich, diese Nachricht hat uns sehr<br />
überrascht, wir waren völlig ahnungslos. Als<br />
Ende August die Mitteilung vom Bundespräsidenten<br />
kam, waren wir ganz schön<br />
sprachlos. Wie wir jetzt erfahren haben, hat<br />
ein Freund und Kollege diese Auszeichnung<br />
für uns eingereicht. Er kennt uns schon lange<br />
und verfolgt von Beginn an unsere Aktivitäten<br />
mit großer Anteilnahme. Er weiß<br />
zum Beispiel, dass meine Frau fast die Hälfte<br />
des Jahres in Belize verbringt, und dass<br />
ich seit langer Zeit meinen Urlaub und meine<br />
verbleibende Freizeit an den Wochenenden<br />
für das Projekt aufbringe. Ob unser<br />
Einsatz dieser großen Ehrung würdig ist,<br />
vermag ich nicht einzuschätzen. Viele Menschen<br />
engagieren sich in ihrer Freizeit für<br />
einen guten Zweck. Vielleicht müssen sie<br />
noch viel mehr entbehren als wir, denn für<br />
uns ist diese Tätigkeit eine Bereicherung für<br />
unser Leben. Wir freuen uns natürlich sehr,<br />
dass unser Engagement im Kampf gegen<br />
die HIV-Epidemie mit dieser Auszeichnung<br />
gewürdigt wurde.<br />
2. Aus welchen Gründen begannen Sie, sich<br />
gezielt mit der Krankheit AIDS zu beschäftigen<br />
– und das bereits vor der Wende?<br />
<strong>Brandenburgisches</strong> <strong>Ärzteblatt</strong> <strong>11</strong>/<strong>2007</strong> · 17. Jahrgang<br />
Ich arbeite seit 30 Jahren in der Infektionsabteilung<br />
des Klinikums Ernst von Bergmann<br />
in Potsdam. Die DDR hatte ein gutes Infektionsschutzgesetz,<br />
in dem der Umgang mit<br />
Infektionskrankheiten geregelt war. Als Anfang<br />
der 80er Jahre HIV/AIDS bekannt<br />
wurde, hat man eine AIDS-Kommission<br />
gegründet, in der Infektiologen aus allen<br />
Bezirken vertreten waren. Für den Bezirk<br />
Potsdam waren das damals mein Kollege<br />
Dr. Wolf-Georg Schiller und ich. Es gab in<br />
der DDR zwar wenig HIV-Infizierte, wir haben<br />
in unserer Infektionsabteilung aber leider<br />
sehr viele AIDS-Fälle gesehen, da sich in<br />
unserem Land viele Menschen aus afrikanischen<br />
Ländern zur Berufsausbildung aufhielten.<br />
Leider konnten wir damals nur opportunistische<br />
Infektionen behandeln, eine<br />
wirksame Therapie steht uns ja erst seit<br />
1996 mit der sog. HAART (hoch aktiven<br />
antiretroviralen Therapie) zur Verfügung.<br />
Wir haben damals viele Menschen sterben<br />
sehen mit einem zusammengebrochenen<br />
Immunsystem und standen dieser Situation<br />
hilflos gegenüber. Dann endlich hatten wir<br />
wirksame Medikamente und konnten auch<br />
viele Patienten, die sich schon in einem<br />
fortgeschrittenen Stadium befanden, erfolgreich<br />
behandeln, so dass sie noch heute<br />
ohne große Beeinträchtigung ein normales<br />
Leben führen und ihren Beruf ausüben können.<br />
Heute betreue ich in unserer Infektionsambulanz<br />
etwa 75 HIV-infizierte Patienten<br />
aus dem Land Brandenburg.<br />
3. Wieso haben Sie sich gerade Mittelamerika<br />
zum Ziel für die AIDS-Bekämpfung<br />
ausgesucht?<br />
Wir haben nach der Wende Entwicklungsländer<br />
besucht – auch immer mit dem Gedanken<br />
im Hinterkopf, medizinische Hilfe leisten zu<br />
können. Nach nicht so guten Erfahrungen in<br />
Afrika, wo man uns gegenüber das AIDS-<br />
Problem damals noch negierte, haben wir ein<br />
kleines Land in Mittelamerika gefunden, welches<br />
die höchste HIV-Prävalenz von Lateinamerika<br />
und der Karibik hat. Dieses Land hat<br />
stabile politische Verhältnisse, und die Regierung<br />
hatte das AIDS-Problem bewusst wahrgenommen.<br />
Wir sind offen von den Ministerien<br />
und Ärzten aufgenommen worden, damit<br />
waren die bes-ten Voraussetzungen für das<br />
Gelingen eines langfristigen HIV-Bekämpfungsprojektes<br />
vorhanden.<br />
4. Wie genau kam es dann zur Gründung<br />
der Organisation „HIV-Projekt Belize e.V.“?<br />
Nach einem Besuch im Gesundheitsministerium<br />
im Jahr 2000 erhielten wir einen Brief mit<br />
der Bitte, dem Land beim Kampf gegen AIDS<br />
beizustehen. Ich habe damals ein HIV-Lang-<br />
zeit-Bekämpfungsprojekt erarbeitet und es zusammen<br />
mit der Belizeanischen Regierung bei<br />
der Weltbank zur Förderung eingereicht. Die<br />
Weltbank hat dem Land für dieses Projekt einen<br />
Kredit angeboten, aber Belize war damals<br />
wegen hoher Verschuldung leider nicht<br />
in der Lage, noch einen Kredit aufzunehmen.<br />
Da haben wir entschieden, es – so gut, wie es<br />
geht – mit eigenen Mitteln zu finanzieren. Wir<br />
haben sehr schnell Gleichgesinnte und Freunde<br />
gefunden, die uns bei der Gründung unserer<br />
gemeinnützigen Organisation „HIV-Projekt<br />
Belize e.V.“ unterstützt haben.<br />
Praktikant Florian Rummler bei einer Messung der<br />
CD4-Zellzahl. Foto: HIV-Projekt Belize e.V.<br />
5. Was konnte in Belize in den letzten Jahren<br />
bereits erreicht werden?<br />
Mit Hilfe von Mitgliedsbeiträgen, Spenden<br />
von Freunden und Kollegen sowie Honorare<br />
für Vorträge betreiben wir ein Beratungszentrum<br />
in einer Distrikthauptstadt (Dangriga)<br />
und arbeiten dort sehr eng mit einer einheimischen<br />
Partnerorganisation zusammen. Seit<br />
über zwei Jahren ist dieses Office ständig von<br />
Praktikanten aus Deutschland besetzt, die teilweise<br />
bis zu einem Jahr dort unentgeltlich<br />
arbeiten. Ein Schwerpunkt unserer Arbeit und<br />
das spezielle Arbeitsgebiet meiner Frau war<br />
von Beginn an die Prävention mit dem Ziel der<br />
Verhinderung von Neuinfektionen durch<br />
Sexual- und HIV-Aufklärung und durch die<br />
freiwillige HIV-Beratung und Testung. Meine<br />
Frau hat in den Schulen Sexualaufklärung<br />
unterrichtet. Mein Part liegt hauptsächlich auf<br />
dem medizinischen Gebiet. Ich besuchte die<br />
staatlichen Krankenhäuser, hielt Vorträge<br />
über die HIV-Postexpositionsprophylaxe für<br />
das medizinische Personal und rüstete alle<br />
sieben staatlichen Krankenhäuser mit entsprechenden<br />
Medikamenten aus. Zu meinen Tätigkeiten<br />
gehört auch die allgemeine medizinische<br />
Versorgung in weit abgelegenen<br />
Dörfern zusammen mit einem Belizeanischen<br />
Kollegen. Mit Hilfe der Deutschen Botschaft<br />
konnten wir ein HIV-Präventionsprojekt mit<br />
dem Namen „Special Knowledge out of<br />
Special Boxes – Wissen aus Kisten“ starten,<br />
bei dem Flyer mit Aufklärung über HIV in