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Sucht.potenzial - Sailing Journal

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Das war 1988 nach seiner Olympiamedaille im Tornado.<br />

Gerade noch rechtzeitig, um als Experte die<br />

Cuplegende Dennis Connor bei dem berühmten<br />

Mismatch unterstützen zu dürfen. Wie heute kamen<br />

damals die Kontrahenten beim America´s Cup nicht<br />

über einen grünen Zweig und verabredeten sich zum<br />

„Deed of Gift“-Match, in der Presse heute auch ehrfürchtig<br />

als DOG-Match bezeichnet. Es war die Zukunft<br />

des Segelns gegen die altbackenen, aber aufgemöbelten<br />

Prinzipien des Sports. Ein, an den heutigen<br />

Maßstäben gemessen, kleiner Katamaran gegen ein<br />

Monster von Monohull. Es siegte die Zukunft, Connor<br />

hatte mit seinem Kat dem dreimal größeren Monohull<br />

die Grenzen der Physik aufgezeigt. Und Randy war<br />

mittendrin. Genau 20 Jahre später sorgt er nun wieder<br />

mit einem Kat für Furore und prägt die Zukunft<br />

des Sports: Beim iShares Cup, einer der innovativsten<br />

Regattaserien unserer Zeit, tritt er mit dem Team<br />

TOMMY HILFIGER an. Das Publikum steht gebannt an<br />

der Förde und schaut zu. Dabei liegt die Innovation<br />

nicht am Ort des Geschehens, denn überall wollen<br />

Veranstalter auf den Rathausteichen dieser Welt vor<br />

großem Publikum das Segeln präsentieren. Nein, es<br />

sind die Schiffe, die den iShares Cup zu einem wirklich<br />

lohnenden Ausflug machen. Wo mancherorts mit<br />

schwimmenden Kühlschranktüren um die Gunst des<br />

Publikums gesucht wird, setzt der iShares Cup auf<br />

spektakuläre Überschläge und rasante Geschwindigkeiten.<br />

Wenn auch alle um die Zukunft des America´s<br />

Cup weinen, so überwiegt doch mittlerweile die Spannung<br />

des erwarteten Rennens mit den zwei Riesenkatamaranen<br />

gegenüber dem Anblick der mit zwölf Knoten<br />

scheinbar dahindümpelnden IACC-Schiffen.<br />

Was dieses Rennen an Action bedeuten wird, lässt<br />

sich zurück an Bord unserer TOMMY HILFIGER erahnen.<br />

Der Wind hat zugelegt. Zwar ist mit knapp zwölf<br />

Knoten Wind alles andere als viel Druck in der Luft,<br />

schon gar nicht, wenn man mit einem stäbigen Seekreuzer<br />

auf der Ostsee unterwegs ist. Aber die Böen<br />

haben es in sich, gerade wenn man in vier Meter<br />

Höhe der Luvtonne entgegenschwebt und sich vorstellt,<br />

an jener mit dem Gennaker die Segelfl äche noch<br />

einmal knapp verdoppeln zu wollen. Ich falle ab, Niklas<br />

lässt den Traveller nach Lee rauschen. Einem Stein<br />

gleich fallen wir vom Himmel, doch kurz bevor wir mit<br />

dem Luvrumpf aufschlagen, verharrt das Schiff, so viel<br />

Druck baut sich beim Abfallen auf. Der Leerumpf ist<br />

auf Tauchstation gegangen und bohrt sich durch das<br />

tosende Ostseewasser. Zur Erinnerung: Wir haben<br />

knapp vier Windstärken! Der Gennaker geht hoch.<br />

Weil der Fahrtwind den Wind an Deck so weit von<br />

vorn kommen lässt, wäre ein herkömmlicher Gennaker<br />

viel zu bauchig. Deshalb haben die VX-40-Katamarane<br />

onboard extreme40<br />

ein ganz fl ach genähtes Etwas, das eher an eine Genua<br />

erinnert – seit Paul Cayards Streifzug durch die<br />

Grenzbereiche der Segelvermessung beim Volvo Ocean<br />

Race 1997/98 kann man so etwas auch Code-0<br />

nennen. Wie diese Monstergenuas beim Ocean Race<br />

werden die Gennaker aufgerollt gesetzt und dann wie<br />

eine Rollfock ausgerollt. Aber zu meinem Erstaunen<br />

steht unsere Rakete erst einmal. Kein Wunder, ich bin<br />

viel zu tief gefahren, der Wind kommt genau von hinten<br />

und treibt uns vor sich her wie eine Charterquarze<br />

im Sonnenuntergang vor der adriatischen Küste. Also<br />

leicht anluven. Bis wieder Druck ins Schiff kommt.<br />

Die Kunst guten Steuerns ist es jetzt, den Kat auf eine<br />

Kufe zu setzen, ihn auf Topspeed zu bringen. Auch<br />

wenn man eigentlich Raum nach Lee machen möchte,<br />

gilt es erst einmal anzuluven. Sobald man über die<br />

Fauch- und Knatterphase wieder hinaus ist, drückt einen<br />

der Fahrtwind automatisch nach Lee.<br />

Also alles ganz einfach? Mitnichten! Unter Gennaker<br />

lässt sich erahnen, wie schmal der Grat zwischen Leben<br />

und Tod sein kann mit solch einem Gerät. Nicht immer<br />

kann man einfach abfallen, um in einer Bö Druck aus<br />

dem Kat zu lassen. Denn zieht man an der Pinne, versenkt<br />

sich erst einmal der Leeschwimmer komplett im<br />

Wasser, das Heck drückt nach oben. Der Kurs hingegen<br />

ändert sich nicht! Nur noch durch Anluven kann<br />

man das versenkte Leeschiff bei mehr als 25 Knoten<br />

Fahrt zurück an die Wasseroberfl äche befördern und so<br />

die Manövrierfähigkeit zurückerobern. Das geht aber<br />

nicht, wenn eine Bö das Abfallen aufdiktiert. Typischer<br />

Fall von Zwickmühle. Zwar kann man noch handeln,<br />

doch egal was man tut, es ist alles verloren. Doch wo<br />

verloren früher Sonnenschuss hieß, steht es jetzt für<br />

nose dive. Salopp übersetzt: Überschlag! 40 Fuß stehen<br />

dann senkrecht im Wasser, der Mast schlägt einer<br />

Bombe gleich ins Meer ein. Wer da nicht vorher abspringt,<br />

fi ndet sich plötzlich auf Höhe eines Freibad-<br />

Zehners wieder, bevor er abgeschmissen wird. Das<br />

Ding bleibt einfach ein Paternoster – nur mit dem Unterschied,<br />

dass jeder Paternoster einen spätestens oben<br />

wieder mit nach unten nimmt. Ein VX-40 hingegen lässt<br />

einen auch schon mal aus 40 Fuß Höhe fallen ...<br />

sailing journal 5 | 08 84 | 85

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