Wirtschaftszeitung_05122016
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14 BRANCHEN &BETRIEBE<br />
„Die meisten möchten am liebsten<br />
sofort aufsteigen und losfahren.“<br />
Jörg Schröder<br />
Ein Laufband auf Rädern<br />
Das „Lopifit“ aus den Niederlanden hat das Münsterland erreicht. Bruin Bergmester aus dem<br />
niederländischen Dörfchen Valthe kam im Fitnessraum die Idee.<br />
Auf einem Fahrrad gehen oder mit<br />
einem Laufb<br />
and fahren? Das klingt<br />
verrückt. Und wie mag das erst in<br />
einer koordinierten Bewegung funktionieren?<br />
Manchmal wird das Rad<br />
eben doch neu erfunden. Und dann<br />
werden Dinge möglich, von denen<br />
man zuvor vielleicht nicht einmal geträumthat.<br />
Genaudarum geht es bei<br />
einem „Lopifit“ –frei aus dem Niederländischen<br />
übersetzt würde es<br />
„Lauf dich fit“ heißen. Inzwischen<br />
hat es das Münsterland erreicht.<br />
Hinter diesem niedlichen<br />
Namen verbirgt sich ein<br />
Gefährt, das seit einigen<br />
Monaten mit dem Stichwort<br />
„Weltneuheit“ auf<br />
sich aufmerksam macht. Genauer gesagt<br />
handelt es sich um eine Kombination aus<br />
einem Laufb<br />
and und einem E-Bike, die<br />
optisch eher an einen überdimensionalen<br />
Kinderroller erinnert. Ein ganz neues Gefühl<br />
der Fortbewegung vermittelt ein „Lopifit“,<br />
verbunden mit einem äußerst gelenkschonenden<br />
Bewegungsablauf. Seit<br />
Frühjahr 2016 erobert es auch den deutschen<br />
Markt.<br />
Leichte Skepsis macht sich unterschwellig<br />
schon breit vor dem ersten Start mit<br />
einem Lopifit: Soll man jetzt lieber doch<br />
nur mit einem Bein rollern oder gleich<br />
auf dem Laufb<br />
and losmarschieren? Und<br />
läuft das „Lopifit“ an –wie wird esdann<br />
wieder abgebremst oder rollt es garnoch<br />
weiter? Und dann geht es doch schneller<br />
los als eigentlich kalkuliert: Haben die<br />
Füße erst einmal ihren Weg auf dem<br />
Laufb<br />
and gefunden,<br />
dann setzen<br />
sie es zugleich mit<br />
den ersten ziehenden<br />
Gehschritten<br />
in Gang.<br />
Jetzt einfach immer<br />
weitergehen<br />
und geradeausschauen.<br />
Ganz wichtig, sonst geht es<br />
schief. Und es läuft. Das Laufb<br />
and setzt<br />
sich in Bewegung; jetzt registriert ein<br />
Sensor die Laufb<br />
andbewegung, der Motorwirdaktiviert<br />
und unterstützt das ohnehin<br />
schon leichte Gehen.<br />
So könnteessich anfühlen, über das Wasser<br />
zu gehen oder garauf Wolken. Die Geschwindigkeit<br />
der Fortbewegung gepaart<br />
mit der Leichtigkeit des Gehens hat ihren<br />
Reiz. Einfach schweben –wenige Zentimeterüber<br />
dem Boden. Mit seinerSechs-<br />
Gang-Schaltung kommt das „Lopifit“auf<br />
eine Spitzengeschwindigkeit von bis zu<br />
25 Stundenkilometer, und dabei lässt<br />
sich auf dem Gepäckträger obendrein so<br />
manches verstauen. Sollte esaber doch<br />
mal zu schnell gehen mit dem „Lopifit“,<br />
beispielsweise wenn ein Weg bergab<br />
führt, dann ist die Freilauffunktion einschaltbar<br />
–einfach absteigen ist dabei<br />
Fahren und gehen: Dilek Schröder bewegt sich wie auf einem Laufband, wenn sie mit dem „Lopifit“ unterwegs ist.<br />
kein Problem. Und das lässt sich auch<br />
ganz einfach umsetzen: Mit einem<br />
Bremshebel am Lenkrad wird das Laufband<br />
gestoppt und das „Lopifit“ rollt nur<br />
noch. Das kompletteGefährt samt Motor<br />
lässt sich ebenfalls mit einem Lenkrad-<br />
Bremshebel anhalten.<br />
Die Frage, warum ausgerechnet ein Laufband<br />
aufs Fahrrad sollte, die wird Bruin<br />
Bergmester aus dem niederländischen<br />
Dörfchen Valthe, nahe der Stadt Emmen,<br />
immer wieder mal gestellt. Er gilt nämlich<br />
als „Erfinder“-Vater des „Lopifit“ und<br />
beschreibt es selbst als „Laufb<br />
and auf Rädern“.<br />
„Als ich zu Hause auf meinem<br />
Laufb<br />
and in meinem Fitness-Raum lief,<br />
dachteich mir,warum kann ichdas Laufband<br />
nicht nach draußen verlegen“, erzählt<br />
der Niederländer.<br />
Vier Jahrehat er zunächst getüftelt, dann<br />
Ausfahrt mit dem „Lopifit“: (v.l.) Dilek Schröder, Olga Redekop und Tamara Hannemann wissen, wie es geht.<br />
baute erdas erste „Lopifit“ im heimischen<br />
Wohnzimmer zusammen, abends<br />
nach der Arbeit und am Wochenende.<br />
Das erste„Lopifit“wurde im August 2015<br />
verkauft,sogibt die „Lopifit“-Zentrale im<br />
niederländischen Utrecht auf Nachfrage<br />
Auskunft. Vondort wurden „Lopifit“-Verkaufs-Stützpunkte<br />
bereits in Spanien,<br />
USA, Frankreich, Ungarn, Italien und<br />
eben Deutschland gegründet. Die Verhandlungen<br />
für weitereNiederlassungen<br />
laufen aktuell. Großes Interesse an den<br />
„Lopifits“ komme aber nicht nur in Europa<br />
auf, sondern insbesondere auch in<br />
Asien sowie Nord- und Süd-Amerika.<br />
Natalia Rose und ihr Mann Gerhard haben<br />
einen Distributoren-Stützpunkt begründet<br />
und bauen von Bremen aus das<br />
„Lopifit“-Netzwerk in Deutschland mit<br />
auf. Rose hatte durch Zufall von dem<br />
neuen „Bewegungstrend“ aus den Niederlanden<br />
gehört und war begeistert.<br />
„Ich bin sofort in die Niederlande gefahren,<br />
um mich für einen Distributoren-<br />
Stützpunkt in Deutschland zu bewerben“,<br />
erzählt Gerhard Rose und ergänzt:<br />
„Mein ältester Kunde ist 80 Jahre. Ich bin<br />
nach Hamburggefahren und habe ihn in<br />
die Technik eingewiesen. In knapp fünf<br />
Minuten hatte erden Dreh raus.“<br />
Interessenten aus Essen,Hilden, Syltoder<br />
Stralsund, kurz aus ganz Deutschland, reisen<br />
seitdem nach Bremen, um eine Testfahrtmit<br />
einem„Lopifit“zuunternehmen<br />
Fotos: Monika Vornhusen<br />
LOPIFIT<br />
-Geschwindigkeit: bis zu 25 km/h<br />
-Gewicht: 45 Kilogramm<br />
-Länge: ca 2,5 Meter<br />
-Akkuleistung: Lithium-Ionen-Akku<br />
mit einer Reichweite bis zu 55 Kilometern<br />
-Gangschaltung: sechs Gänge<br />
-Preis: in Deutschland derzeit circa<br />
1900 Euro<br />
oder vielleicht selber eine gebietsgeschützte<br />
„Lopifit-Agentur“ zu gründen.<br />
Einer vonihnenwar vorwenigen Wochen<br />
Jörg Schröder aus Freckenhorst, er hat<br />
den „Lopifit-Gebietsschutz“ für das Münsterland<br />
übernommen und verkauft und<br />
vermietet diese Erfindung aus den Niederlanden<br />
nun in den Kreisen Borken, Steinfurt,<br />
Coesfeld und Warendorfsowie in der<br />
Stadt Münster. Erste Kontakte mit Städten,<br />
Campingplätzen und Fahrradstationen<br />
sind bereits geknüpft, umdas „Lopifit“<br />
bekannt zumachen. „Wenn wir per<br />
‚Lopifit‘ unterwegs sind, dann stehen<br />
schnell mal 50 Leute umuns herum, um<br />
zu sehen, wie dieseNeuheit dennfunktioniert“,<br />
berichtet Schröder. Die Versuchung<br />
ist, so Schröders bisherige Erfahrung,<br />
groß: „Die meisten möchten am<br />
liebsten sofort aufsteigen und losfahren.“<br />
Eine kurze Einweisung für eine sichere<br />
Bedienungdes „Lopifit“ ist nach Meinung<br />
von Jörg Schröder allerdings ratsam.<br />
„Viele setzen die Anweisungen sofort um<br />
und starten einfach, und die anderen<br />
brauchen halt fünf Minuten, bis es klick<br />
macht.“ Dann aber sei der Spaßfaktor<br />
groß –obfür einige Stunden, einen Tag<br />
oder ein ganzes Wochenende –die „Lopifits“<br />
sind mietbar.Und werdabei so richtig<br />
auf den Geschmack kommt, der muss<br />
sich am Ende nur noch zwischen Blau,<br />
Rot, Schwarz, Orange, Silber oder Weiß<br />
entscheiden, bevor erein „Lopifit“ kauft<br />
unddamit in Zukunft gehend übers Land<br />
fährt. ww<br />
w w.lopifit-muensterland.de<br />
Monika Vornhusen