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Wirtschaftszeitung_05122016

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LEBEN &WISSEN 25<br />

Die Hüter der Seiten<br />

Ein Familienunternehmen in Münster vereint beide Zweige der Buchbinderei –die handwerkliche und<br />

die industrielle. Ein Wahlspruch lautet: Das Unmögliche möglich machen.<br />

Vater und Sohn Rohling in der Industriehalle. Die beiden haben sich in ihrem Betrieb auf die industrielle Buchbinderei spezialisiert. Ihre Kunden liefern das bedruckte Papier, den Rest erledigt das Team der Buchbinderei.<br />

Fassbare Geschichte? Lässt sich finden<br />

–und zwar in Münsters Kuhviertel<br />

und dort in einem Hinterhof mit<br />

einem Kastanienbaum, unter dem<br />

sich eine Hortensie duckt. Gleich dahinter<br />

führt eine schmale Stiege in<br />

den ersten Stock einer Buchbinderei,<br />

die sich dort seit dem Jahr 1864 befindet<br />

und exakt das Duftgemenge<br />

ausströmt, das sich für dieses Handwerk<br />

gehört –eine Mixtur aus süßlich<br />

riechendem Leim undStaub, der<br />

Romane erzählt über die Bücher, die<br />

in diesem Raum restauriert und gebunden<br />

worden sind.<br />

André Rendler, der Geselle,<br />

der gerade seine Chefin Elke<br />

Rohling-Brockmeier vertritt,<br />

fühlt sich manchmal<br />

Aie w ein Geschichtsgänger,<br />

wie ein Mensch, der zufällig in die Biografien<br />

der Kunden gerät. Vor ein paar<br />

Tagen hat er die Briefe eines Auftraggebersgebunden.<br />

„Feldpostbriefe“, um diesen<br />

Titel hat der Mann gebeten. Briefe,<br />

die seine Eltern einander in der Zeit des<br />

Zweiten Weltkrieges geschrieben haben,<br />

in den Jahren, in denen sich der Mann an<br />

der Front befand, zuerst in Frankreich<br />

und später in Russland. „Tagebuchaufzeichnungen<br />

letztendlich“, sagt der<br />

Mann. Jede einzelne hat er abgeschrieben<br />

und in drei Bänden binden lassen.<br />

Ein ganz persönliches Geschichtsbuch.<br />

Ein paar Kilometer weiter, inder Nähe<br />

Leim ist eines der wichtigsten Hilfsmittel für einen Buchbinder.<br />

des Schifffahrter Damms, befindet sich<br />

die zweiteNiederlassung des Familienbetriebs<br />

Rahe-Rohling, der stolz ist, dass er<br />

dem Verdrängungswettbewerb die Stirn<br />

bietet. „Vor 30 Jahren“ –Heinz-Dieter<br />

Rohling muss die Stimme heben,umden<br />

Lärm, den Falz- und Schneidemaschine,<br />

Bohrvorrichtung und Einschweißeinlage<br />

erzeugen, zu übertönen –„gabeshier 15<br />

Buchbindereien. Heute sind es noch<br />

vier.“<br />

Dass die Firma, die er gemeinsam mit seiner<br />

Schwester betreibt, heute noch besteht,<br />

liegt wahrscheinlich an der Zweiteilung.<br />

Elke Rohling-Brockmeier pfl<br />

egt<br />

das Handwerk und ihr Bruder die industrielle<br />

Variante eines Metiers, das so alt<br />

wie der Buchdruck ist.<br />

Heinz-Dieter Rohling ist kein Nostalgiker.<br />

Vor ein paar Jahren konnte sich der<br />

56-Jährige noch sehr gut vorstellen, den<br />

Betrieb an einen Mitarbeiter zu verkaufenund<br />

sich alldem zuzuwenden, für das<br />

er in den vergangenen Jahren viel zu wenigZeit<br />

hatte. Seinen Kindern hat er vielfach<br />

mit Worten wie diesen gedroht:<br />

„Wenn ihr den Betrieb übernehmen<br />

wollt, enterbe ich euch.“ Seine Kinder<br />

werden verstanden haben, was ihr Vater<br />

ihnen eigentlich sagen wollte: 15-Stunden-Arbeitstage<br />

rauben auf Dauer die<br />

letzten Kraftreserven.<br />

Felix, seinen mit 22 Jahren jüngsten<br />

Sohn, hat das nicht abgeschreckt. Die<br />

Ausbildung zum Buchbinder hat er beendet.<br />

Ihn reizt, wie er sagt, „das Unmögliche<br />

möglich zu machen“.<br />

So wie gerade jetzt, als die Firma Tausende<br />

von Katalogen für einen Kunden bindet,<br />

der darauf bestanden hat, sein Angebot<br />

mit einer Softtouchfolie einzufassen.<br />

„Sehen Sie sich das mal an“ –Felix Rohling<br />

fährt mit einem Fingernagel über<br />

den matt glänzenden Einband und hinterlässt<br />

darauf einen Streifen –, „das sieht<br />

man sofort. Und das darf natürlich nicht<br />

sein.“Umdas Material zu schützen, wird<br />

es während des Bindens beidseitig von<br />

Papierbögen umfasst –solche Aufträge<br />

sind nach dem Geschmack des künftigen<br />

Chefs des Familienbetriebs.<br />

► Fortsetzung auf Seite 26<br />

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