Nr. 16 (IV-2016) - Osnabrücker Wissen
Nr. 16 (VI-2016) - Osnabrücker Wissen Wir beantworten Fragen rund um die Osnabrücker Region. Alle drei Monate als Printausgabe. Kostenlos! Und online unter www.osnabruecker-wissen.de
Nr. 16 (VI-2016) - Osnabrücker Wissen
Wir beantworten Fragen rund um die Osnabrücker Region. Alle drei Monate als Printausgabe. Kostenlos! Und online unter www.osnabruecker-wissen.de
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<strong>Nr</strong>. <strong>16</strong> · kostenlos · Ausgabe <strong>IV</strong> / 20<strong>16</strong><br />
Dezember · Januar · Februar<br />
AUFGEWECKT DURCH STADT UND LANDKREIS<br />
KOSTENLOS!<br />
19<br />
AUSBILDUNG & KARRIERE<br />
Wo werden Roboter von Schülern programmiert?<br />
Wer löscht<br />
OSNABRÜCK?<br />
28<br />
STADT- & LANDGESCHICHTEN<br />
Warum verschwand die Straßenbahn?<br />
38<br />
LEBEN & GESELLSCHAFT<br />
Was wird aus den guten Vorsätzen für 2017?<br />
55<br />
FAMILIE & SOZIALES<br />
Für wen schiebt man einen Kaffee auf?
CROSS-SELLING.<br />
CROSS-THINKING.<br />
CROSSING SOON.<br />
Foto © Paul Stegemann<br />
EDITORIAL<br />
„Leicht wird ein kleines Feuer ausgetreten,<br />
das – erst geduldet – Flüsse nicht mehr löschen.“<br />
William Shakespeare (1564-<strong>16</strong><strong>16</strong>): Heinrich VI.<br />
Sortierst Du auch ständig<br />
Buchstaben zu Wörtern?<br />
Am 1. Januar 2017 startet CROSS COMMUNICATION - die <strong>Osnabrücker</strong> Agentur für crossmediale<br />
Kommunikation von kleinen und mittleren Unternehmen. Im Verbund der metacrew group<br />
arbeiten wir für Ihren Erfolg mit 6 Unternehmen und 65 kreativen Cross- und Querdenkern.<br />
wenn es brennt, sind sie da. Aber nicht nur dann. Die Feuerwehren in Stadt und<br />
Land helfen bei Unfällen, Naturkatastrophen und in vielen anderen brenzligen<br />
Situationen. Für die letzte Ausgabe des Jahres 20<strong>16</strong> haben wir einen Blick auf<br />
Geschichte und Gegenwart der <strong>Osnabrücker</strong> Feuerwehren geworfen, viele<br />
engagierte Menschen getroffen und technische Gerätschaften bewundert, die<br />
nicht nur Kinderherzen höherschlagen lassen.<br />
Außerdem geben wir einmal mehr Antworten auf faszinierende Fragen: Wie alt<br />
ist eigentlich die <strong>Osnabrücker</strong> Neustadt? Was genau sind Löwendlinnen? Wie<br />
kam ein Schwergewichtsboxer an den Vornamen eines Friedensnobelpreisträgers?<br />
Und was macht ein Press-Schnecken-Separator bloß mit Elefantengras?<br />
Darüber hinaus starten wir in dieser Ausgabe, auf der Doppelseite 28 & 29,<br />
eine neue Rubrik, die sich mit Themen aus den 50er und 60er Jahren beschäftigt.<br />
Zum Auftakt geht es um die legendäre Straßenbahn, die im Mai 1960<br />
ihre letzten Runden durch Osnabrück drehte.<br />
Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim Stöbern und Entdecken, das nötige<br />
Quäntchen Glück bei unserem Gewinnspiel (S. 58) – und natürlich erholsame<br />
Feiertage und einen gut gelaunten Jahreswechsel. 2017 lesen wir uns wieder!<br />
Dann suchen wir vielleicht genau Dich!<br />
Für unser Magazin „<strong>Osnabrücker</strong> <strong>Wissen</strong>“<br />
und andere aufregende Medienprojekte<br />
verstärken wir unser Redaktionsteam und<br />
suchen ab dem 1. Quartal 2017:<br />
Redaktionsassistent/in<br />
Teil- oder Vollzeit<br />
Zur Koordination der Redaktion, Betreuung sowie<br />
Neu- und Weiterentwicklung von Schreibprojekten<br />
und Unterstützung von Vertriebsmaßnahmen.<br />
(freie) Redakteure<br />
auf Honorarbasis<br />
Für die Umsetzung einzelner Storys.<br />
Spezialität des Hauses: Auf digitalen Kanälen reale Geschäftskontakte anzubahnen. Und Ihr<br />
Budget so einzusetzen, dass die Investition pro Neukunde messbar geringer ausfällt .<br />
Dr. Thorsten Stegemann<br />
Chefredakteur<br />
Stephan Buchholz<br />
Herausgeber<br />
Herausgeber von<br />
AUFGEWECKT DURCH STADT UND LANDKREIS<br />
Erste Infos zu mehr Effizienz im Marketing gibt es hier:<br />
www.cross-communication.de<br />
Jetzt auch online noch mehr Fragen zur Region entdecken!<br />
Einfach „liken“ und regelmäßig weitere spannende Antworten finden:<br />
www.osnabruecker-wissen.de/facebook<br />
Medienagentur KreativKompass GmbH<br />
Herrn Stephan Buchholz<br />
Im Hamme 7 · 49205 Hasbergen<br />
E-Mail: buchholz@kreativkompass.de
IMPRESSUM<br />
<strong>16</strong><br />
<strong>Nr</strong>.<br />
INHALT<br />
Welche Fragen zur <strong>Osnabrücker</strong> Region<br />
beantworten wir in dieser Ausgabe?<br />
TOPTHEMA<br />
AUFGEWECKT DURCH STADT UND LANDKREIS<br />
Ein Medienprojekt der<br />
Medienagentur KreativKompass GmbH<br />
Geschäftsführer: Stephan Buchholz<br />
Im Hamme 7<br />
49205 Hasbergen<br />
Telefon: +49 5405 / 80 83 2<strong>16</strong><br />
E-Mail: kontakt@kreativkompass.de<br />
Internet: www.kreativkompass.de<br />
REDAKTION<br />
Chefredakteur:<br />
Dr. Thorsten Stegemann<br />
Weitere Redaktionsmitglieder<br />
dieser Ausgabe:<br />
Ebba Ehrnsberger<br />
Dr. Christof Spannhoff<br />
Heiko Schulze<br />
Sina-Christin Wilk<br />
Kristina Hoffmann<br />
Eva Specker<br />
Julia Eismann<br />
Carsten Neyer / Werner Beermann<br />
Gastbeiträge in dieser Ausgabe:<br />
Daniela A. Ben Said<br />
Quid agis* GmbH, Redner-Agentur<br />
Barbara Kahlert<br />
Museum Industriekultur Osnabrück<br />
Marie Meierhofer<br />
Zoo Osnabrück<br />
Bodo Zehm<br />
Stadt- und Kreisarchäologie Osnabrück<br />
Beatrice le Coutre-Bick<br />
Literaturbüro Westniedersachsen / Osnabrück<br />
Carina Sander<br />
Schüler-Forschungs-Zentrum Osnabrück<br />
Dr. Heidrun Derks<br />
Museum und Park Kalkriese<br />
Lisa Mammitzsch<br />
Museum am Schölerberg<br />
Leitung Vermarktung & Mediengestaltung<br />
Stephan Buchholz<br />
Mediengestaltung<br />
Laura Fromm<br />
Projektmanagement & Vermarktung<br />
Igor Hafner<br />
Projektmanagement & Distribution<br />
Sebastian Buchholz<br />
BILDMATERIAL<br />
Jana Lange · www.jana-fotografiert.de<br />
Oliver Schratz · www.blendeneffekte.de<br />
sowie siehe Bildnachweise.<br />
Grundmotiv Titelfoto © Smileus, Fotolia.de -<br />
Collage Medienagentur KreativKompass<br />
DRUCK & PRODUKTION<br />
Levien-Druck GmbH<br />
Eduard-Pestel-Straße <strong>16</strong><br />
49080 Osnabrueck<br />
Telefon: +49 5 41 / 9 59 29-0<br />
Internet: www.levien.de<br />
REDAKTIONSSCHLUSS:<br />
November 20<strong>16</strong><br />
COPYRIGHT<br />
Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, Veröffentlichung im<br />
Internet oder Vervielfältigung auf Datenträgern nur nach<br />
vorheriger schriftlicher Genehmigung der Medienagentur<br />
KreativKompass GmbH. Trotz sorgfältiger Prüfung keine<br />
Gewähr für eventuelle Druckfehler. Unsere Redaktion ist<br />
selbstverständlich bemüht, alle Ansprüche im Bereich der<br />
Urheberrechte (insbesondere der Bildrechte) vor Drucklegung<br />
zu klären und zu berücksichtigen. Sollte uns trotzdem einmal ein<br />
unbeabsichtigter Fehler unterlaufen, wenden Sie sich bitte direkt<br />
an: redaktion@osnabruecker-wissen.de, damit wir schnell eine<br />
einvernehmliche Lösung finden.<br />
TOPTHEMA<br />
Wer löscht Osnabrück? 5<br />
WIRTSCHAFT & TECHNIK<br />
Warum wurde der Augustaschacht in<br />
Hasbergen-Ohrbeck erbaut? 10<br />
Wer brachte das "Kino in Kleinformat" in die Kinderzimmer? 12<br />
Wie integriert man neue Maschinen in einen Flugplan? 13<br />
Was ist Löwendlinnen? 14<br />
Warum fließt kein Öl in den Kanal? <strong>16</strong><br />
Wann steht ein Auto im Kino? 17<br />
Was ist in der <strong>Osnabrücker</strong> Startup-Szene los? 18<br />
AUSBILDUNG & KARRIERE<br />
Wo werden Roboter von Schülern programmiert? 19<br />
Was macht ein Press-Schnecken-Separator<br />
mit Elefantengras? 20<br />
STADT- & LANDGESCHICHTEN<br />
Hinten im Wald oder vor dem Berg? 22<br />
Hatten die Römer ein lockeres Verhältnis zum Geld? 23<br />
Wie alt ist die Neustadt? 24<br />
Wie kam Presse aus der Presse? (Teil 2: 1864 bis heute) 26<br />
Warum verschwand die Straßenbahn? 28<br />
Wie hoch ist Osnabrück? 32<br />
MOMENTAUFNAHMEN<br />
Wie frostig ist die Region? 30<br />
LEBEN & GESELLSCHAFT<br />
Wie schafft man einen Schrank(t)raum? 35<br />
Wer feiert Gottesdienst im Ledenhof? 36<br />
Was wird aus den guten Vorsätzen für 2017? 38<br />
SPORT & GESUNDHEIT<br />
Wer sorgt für mehr Patientensicherheit? 40<br />
Welcher Schwergewichtsboxer wurde nach einem<br />
Friedensnobelpreisträger benannt? 42<br />
DIE BESTEN KÖCHE DER REGION<br />
Wo treffen sich Frische und Vielfalt aus der Region? (Teil 2) 43<br />
NATUR & UMWELT<br />
Wer kennt die prachtvollste Antilope Afrikas? 44<br />
Wie holt man die Natur ins Museum? 45<br />
HINTER DEN KULISSEN<br />
Wer gibt grünes Licht in der City? 46<br />
KUNST & KULTUR<br />
Warum spricht die Justiz kein Recht? 48<br />
Wer fotografiert Bücher? 50<br />
Was tun, wenn Pamina krank wird? 52<br />
FAMILIE & SOZIALES<br />
Wo drohen soziale Schieflagen? 54<br />
Für wen schiebt man einen Kaffee auf? 55<br />
SCHÖNE GRÜSSE & GOLDENES BUCH<br />
Hallo, wie geht‘s? 56<br />
Wer trug sich ins Goldene Buch ein? 56<br />
HANDGEZEICHNET<br />
Was wurde aus dem sauren Regen? 57<br />
RÄTSELN & GEWINNEN<br />
Wie viel <strong>Wissen</strong> steckt in Ihnen? Kreuzworträtsel 58<br />
Was gibt es zu gewinnen? Preisübersicht 59<br />
Gründerfoto © Feuerwehr Osnabrück // BIld oben © Kzenon; fotolia.de // flammen © irontrybex; fotolia.de // falmmen © irontrybex; fotolia.de<br />
Wer loscht Osnabruck?<br />
Bereits kleine Kinder lernen, dass sie im Notfall die 112 wählen sollen. Nur wenig später rückt<br />
die Feuerwehr an, um bei Bränden und Unfällen zu Hilfe zu eilen. Was für uns selbstverständlich<br />
geworden ist, erfordert jedoch ein komplexes Zusammenspiel vieler einzelner Faktoren.<br />
Osnabrück, 1864: Eine Stadt war in Aufruhr - es brannte! Die Flammen<br />
schlugen mehrere Meter hoch. Herbei eilten über 200 Männer<br />
zwischen 18 und 60 aus den angrenzenden Straßen, allesamt zum<br />
Löschdienst verpflichtet, um mit Hilfe von Ledereimern den Brand<br />
zu löschen. Aber auch die bereits 1772 angeschaffte Feuerspritze<br />
kam nicht gegen die Feuersbrunst an. So brannte das Kaffeehaus<br />
Bellevue vollständig ab. Schlimmeres konnte nur durch das beherzte<br />
Eingreifen der Turner, die in der Nähe trainierten, abgewendet<br />
werden. Diesem<br />
Beispiel von disziplinierter<br />
Zusammenarbeit<br />
war es<br />
zu verdanken, dass<br />
Gründungsfoto der Turnerfeuerwehr<br />
auch Osnabrück dem allgemeinen Trend der Zeit folgte und<br />
die Gründung einer professionellen Feuerwehr mit festgelegten<br />
Statuten ins Auge fasste. Ab 1865 trieb die Turner-<br />
Feuerwehr die personelle und technische Ausstattung voran, um<br />
den Brandschutz der wachsenden Stadt zu gewährleisten.<br />
Eine straffe interne Organisation setzte sich alsbald durch, die<br />
eine klare Aufgabenteilung gemäß der militärisch anmutenden<br />
Satzung vorsah. 1909 wurde erstmalig ein hauptamtlicher Brandmeister<br />
eingestellt, der den Löschtrupp anführte. Mit der zunehmenden<br />
Industrialisierung kam auch effizienteres Lösch-Equipment<br />
auf den Markt: Die Stadt investierte trotz knappem<br />
Budget 1912 in eine Motorspritze und orderte 1919 erstmalig ein<br />
5
TOPTHEMA<br />
Pumpe-Verteiler © Jennewein Photo; fotolia.de // flammen © irontrybex; fotolia.de // Bilder oben © Sina-Christin Wilk<br />
motorisiertes Lösch-Fahrzeug. Seit 1926<br />
verfügt die Stadt Osnabrück über eine<br />
ordentliche Berufsfeuerwehr – mittlerweile<br />
verlangt das Niedersächsische Brandschutzgesetz<br />
dies von allen Kommunen<br />
mit mehr als 100.000 Einwohnern.<br />
Wer ist wer?<br />
Wenngleich die Stadt allerorten sparen<br />
muss, verfügt die Feuerwehr Osnabrück,<br />
welche sich aus Berufsfeuerwehr (BF) und<br />
Freiwilliger Feuerwehr (FF) zusammensetzt,<br />
über die notwendige Ausstattung.<br />
Zuständig sind sie für Notfälle wie Brände<br />
und Unfälle, aber auch bei Kleinsteinsätzen<br />
wie dem klassischen Fall der Katze auf<br />
dem Baum.<br />
Der Fuhrpark besteht aus 40 Fahrzeugen,<br />
deren jeweiliger Anschaffungspreis<br />
zwischen 20.000 Euro für einen PKW über<br />
300.000 Euro (Löschfahrzeug) bis hin zu<br />
1,1 Mio. Euro (Fahrzeug mit Drehleiter)<br />
liegt. Alle vier Jahre wechseln zwei Löschfahrzeuge<br />
vom Bestand der Berufsfeuerwehr<br />
in den der Freiwilligen Feuerwehr.<br />
Eine Besonderheit in Osnabrück stellt<br />
die enge Verzahnung von Berufsfeuerwehr<br />
und Freiwilliger Feuerwehr dar. Die<br />
Einsätze im Bereich Brandschutz werden<br />
stets gemeinsam gefahren, denn wie<br />
Stadtbrandmeister Markus Bergen aus<br />
Erfahrung zu berichten weiß, „können<br />
die Einsätze weder ausschließlich von der<br />
Berufsfeuerwehr noch von der Freiwilligen<br />
Feuerwehr abgedeckt werden“. Grundsätzlich<br />
werden die BF und die Ortsfeuerwehr<br />
alarmiert, die am nächsten gelegen sind.<br />
Je nach Situation umfasst die Zusammenarbeit<br />
sogar weitere Einheiten wie Polizei,<br />
THW und Ordnungsamt. Beispiele hierfür<br />
sind die Sondereinsatzgruppe (SEG),<br />
die bei Massenunfällen von Verletzten<br />
zum Einsatz kommt, und die vorbildliche<br />
Kooperation im Falle von Bombenräumungen.<br />
„Da seit 1998 regelmäßig<br />
Blindgänger aufgespürt und entschärft<br />
werden, haben wir inzwischen ein<br />
eingespieltes Team aus allen Hilfsorganisationen<br />
zusammengestellt, das routiniert<br />
und souverän für eine schnelle und sichere<br />
Räumung sorgt“, erklärt Klaus Fiening,<br />
Sachgebietsleiter vom Vorbeugenden<br />
Brandschutz.<br />
Was ist eine Bunte Leitstelle?<br />
Die „Bunte Leitstelle“ im Kreishaus am<br />
Schölerberg koordiniert die Einsätze von<br />
Feuerwehr, Rettungsdienst und Polizei<br />
in Osnabrück-Stadt. Auch wenn es - wegen<br />
akut erhöhtem Personalbedarf oder<br />
Bedarf an spezieller Ausrüstung - zu<br />
einer Zusammenarbeit der Feuerwehr<br />
OS und der Kreisfeuerwehr, die im Landkreis<br />
zuständig ist, kommt, wird diese hier<br />
organisiert. Zudem bilden die Hilfskräfte<br />
aus Stadt und Landkreis gemeinsam zwei<br />
Gruppen des Umweltschutzes mit den<br />
Schwerpunkten „Messen von Gefahrstoffen“<br />
und „Gewässerschutz“.<br />
Die Zuständigkeit der „Bunten Leitstelle“<br />
endet jedoch nicht an den Grenzen des<br />
Landkreises, denn die Einsätze für die<br />
Kreise Grafschaft Bentheim, Emsland und<br />
Leer fallen ebenfalls in ihre Verantwortlichkeit.<br />
Falls sich jemand in Osnabrück in einer<br />
Gefahren- oder Notsituation verwählt,<br />
stellt dies kein Problem dar: Alle Notrufe,<br />
die über 110 und 112 eingehen, werden<br />
zentral verwaltet und an die passenden<br />
Stellen weitergeleitet. Einer exakten<br />
Alarm- und Ausrückordnung entsprechend<br />
werden 95 % aller Notrufe mit<br />
bestimmten Codewörtern abgedeckt, die<br />
für jeden spezifischen Fall genau festlegen,<br />
wer alarmiert wird und welche Ausrüstung<br />
- wie beispielsweise spezielle Wasserwerfer,<br />
DLRG oder Hundestaffel - benötigt<br />
wird. Wird ein Alarm bei der BF ausgelöst,<br />
fahren die Tore der Garagen automatisch<br />
hoch, die Feuerwehrleute schlüpfen in<br />
ihre vorbereitete Einsatzkleidung und der<br />
Löschzug fährt innerhalb von einer Minute<br />
vom Hof. Kommt es zu einem Ausfall<br />
der Leitstelle, wie es im November<br />
20<strong>16</strong> der Fall war, wird innerhalb einer<br />
Viertelstunde das Notprogramm in Kraft<br />
gesetzt: Alle Gerätehäuser und Wachen<br />
werden besetzt und die Notrufe auf Notleitstellen<br />
umgeleitet. Die Kommunikation<br />
zwischen den einzelnen Feuerwehrkräften<br />
erfolgt über Telefon und Funk. Die<br />
durchstrukturierte Koordination der Leitstelle<br />
ermöglicht es in 65% der Einsätze,<br />
das angepeilte Schutzziel einzuhalten und<br />
somit innerhalb von acht Minuten am<br />
Einsatzort zu sein. Da dies in den östlich<br />
gelegenen Stadtteilen Lüstringen, Gretesch<br />
und Darum nicht ohne weiteres möglich<br />
ist - hier gibt es keine Ortsfeuerwehr -,<br />
besteht eine Kooperation mit einer der drei<br />
7
TOPTHEMA<br />
Große Schläuche im Anhänger<br />
Werkfeuerwehren (WF) in Osnabrück.<br />
Die WF der Firma Schöller steht der BF<br />
unterstützend zur Seite und rückt aus,<br />
wenn hier Alarm gegeben wird. Diese<br />
Zusammenarbeit ist keinesfalls selbstverständlich<br />
und deutschlandweit in<br />
dieser Form nur dreimal anzutreffen. Der<br />
Grundstein für eine weitere Besserung<br />
der Versorgungssituation ist bereits gelegt:<br />
20<strong>16</strong> fand ein Realisierungswettbewerb<br />
statt, durch den in absehbarer Zeit der<br />
Neubau der „Feuerwache Nordstraße“ in<br />
Angriff genommen wird.<br />
Auch der „Rendezvous-Einsatz“ ist eine<br />
Besonderheit des Rettungsdienstes. Dabei<br />
wird der Rettungswagen alarmiert,<br />
der sich in nächstgelegener Position zum<br />
abgesetzten Notruf befindet – unabhängig<br />
davon, ob es sich um einen Wagen der<br />
Feuerwehr oder eines anderen Rettungsdienstes<br />
handelt. Zusätzlich wird das<br />
Einsatzfahrzeug mit einem Notarzt losgeschickt,<br />
der dann vor Ort auf das Team des<br />
Rettungswagens trifft.<br />
Wie ist der Dienstplan<br />
der Feuerwehr aufgebaut?<br />
Die Dienstpläne der Führungskräfte der<br />
Berufsfeuerwehr werden bereits ein Jahr<br />
im Voraus abgestimmt. Die weiteren<br />
Mitarbeiter bekommen erst kurz vor<br />
Monatsbeginn ihre Dienste verbindlich<br />
zugeteilt, haben hier aber ein Mitspracherecht,<br />
soweit alle erforderlichen Funktionen<br />
besetzt sind, die täglich abgedeckt<br />
werden müssen. Die Mitarbeiter werden<br />
in 24-Stunden-Dienste in die rotierenden<br />
Kesselbrand: Gelöscht wird mit Löschschaum<br />
Wachschichten A und B eingeteilt, die<br />
jeweils über einen Pool von 55 Leuten<br />
verfügen. Pro Schicht werden <strong>16</strong> Leute<br />
für den Löschzug, 5 Leute für Sonderfahrzeuge<br />
und 6 Leute (3 Notärzte und 3<br />
Rettungskräfte) für den Rettungsdienst<br />
vorgehalten. So genannte „Verfüger“, zwei<br />
Personen aus dem mittleren Dienst, stehen<br />
zudem mit Rufbereitschaft auf dem<br />
Plan. Je nach Lage werden sie innerhalb<br />
von einer Stunde nach Dienstbeginn<br />
telefonisch zur Schicht gerufen oder haben<br />
frei. Die Kräfte der Freiwilligen Feuerwehr<br />
haben keinen geregelten Dienstplan,<br />
müssen aber im Falle eines Notrufs vom<br />
Arbeitgeber freigestellt werden. Die<br />
Freiwillige Feuerwehr ist verpflichtet, zu<br />
jeder Tages- und Jahreszeit mindestens<br />
sechs Kräfte einsatzbereit zu halten, um<br />
die Berufsfeuerwehr zu unterstützen.<br />
Übungswagen für Feuerwehrleute<br />
Was lernen junge Feuerwehrleute?<br />
Nachwuchssorgen hat die Feuerwehr in<br />
Osnabrück nicht. Bereits bei Kindern ab<br />
sechs Jahren erfreut sich die Mitgliedschaft<br />
in der Freiwilligen Feuerwehr großer<br />
Beliebtheit. Die drei Kinderfeuerwehren<br />
in Osnabrück haben lange Wartelisten,<br />
sodass bereits die Einrichtung einer<br />
vierten Gruppe in Planung ist. Aus vielen<br />
Nachwuchskräften werden erwachsene<br />
Feuerwehrleute, einige bewerben<br />
sich dann später bei der Berufsfeuerwehr.<br />
Die Kräfte der FF kommen aus allen<br />
Berufs- und Gesellschaftsschichten,<br />
während es für den Eintritt in die BF<br />
Voraussetzung ist, zuvor einen handwerklichen<br />
Beruf gelernt zu haben. Die Ausbildungsinhalte<br />
sind für beide Gruppen<br />
relativ gleich, wenngleich die Ausbildungszeit<br />
bei der FF länger dauert, da sie<br />
berufsbegleitend erfolgen muss.<br />
Gelernt werden sämtliche Tätigkeiten eines<br />
Rettungssanitäters, außerdem gibt es<br />
Atemschutzschulungen und Feuerlöschprüfungen<br />
oder Unterrichtseinheiten zur<br />
Fahrzeugtechnik und zum Bedienen der<br />
Fahrzeuge.<br />
Bis zu einem Alter von 50 muss alle drei<br />
Jahre die arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchung<br />
„G 26.3“ als bestanden<br />
bescheinigt werden, ab 50 erfolgt diese<br />
Untersuchung sicherheitshalber jährlich.<br />
Darüber hinaus muss die Fitness<br />
durch das Ablegen des Deutschen Sportabzeichens<br />
und des DLRG-Rettungsschwimmscheins<br />
in Silber gesichert sein.<br />
Regelmäßiger Dienstsport bzw. Gruppensport<br />
gehört zum Pflichtprogramm einer<br />
jeden Feuerwehrkraft. Hierfür werden<br />
seitens der Stadt sowohl Sporthallen zur<br />
Verfügung gestellt als auch ein begrenzter,<br />
kostenloser Zugang zu den städtischen<br />
Sportschwimmbädern ermöglicht.<br />
Die Kräfte der Berufsfeuerwehr steigen<br />
in den mittleren Dienst ein und können<br />
sich in weiterführenden Lehrgängen an<br />
der Niedersächsischen Akademie für<br />
Brand- und Katastrophenschutz in Celle<br />
für den gehobenen Dienst qualifizieren. In<br />
den Führungspositionen sind außerdem<br />
Akademiker vertreten, die vorwiegend<br />
organisatorische und strategische Aufgaben<br />
übernehmen.<br />
falmmen © irontrybex; fotolia.de // Schläuche; Auto © Sina-Christin Wilk // Kesselbrand © KlausFiening<br />
flammen © irontrybex; fotolia.de // Schutzanzüge © Sina-Christin Wilk // Feuerwehrauto im Wasser © JanSüdmersen<br />
Womit wird gelöscht?<br />
Jede Kommune ist verpflichtet, den<br />
Grundschutz an Löschwasser zu stellen.<br />
Konkret heißt das, dass (Trink-)Wasser<br />
aus Kanälen, Flüssen, Löschwasserteichen,<br />
Wasserstellen und Zisternen entnommen<br />
wird. Wird Wasser aus Unterflorhydranten<br />
genutzt, laufen 800l/ Min. mithilfe von<br />
Druckerhöhungspumpe in die Schläuche.<br />
Oberflorhydranten stehen unter Dauerdruck<br />
und liefern bis zu 8000 l/Minute. Je<br />
nach Größe des Objekts muss allerdings<br />
ein Betreiber von beispielsweise Gewerbe-,<br />
Industrie- oder Veranstaltungsräumlichkeiten<br />
gemäß der Ordnung „Objektschutz“<br />
einen Vorrat von 48, 96 oder 192 Kubikmeter<br />
Wasser gewährleisten. Ggf. wird dem<br />
genutzten Wasser Löschschaum zugefügt.<br />
Die Schläuche bestehen aus einem<br />
gummierten Kunstfasergewebe, das je<br />
nach Verwendungszeck und Druck durch<br />
die Flüssigkeiten in unterschiedlichen<br />
Längen (bis zu 80m) und Durchmessern<br />
(bis 11cm) vorhanden ist. In der Schlauchwerkstatt<br />
werden die Schläuche nach jeder<br />
Nutzung gewartet und repariert. Bevor sie<br />
wieder zum Einsatz freigegeben werden,<br />
werden sie zudem in einer Waschstraße<br />
gereinigt und in den Schlauchturm zum<br />
Trocknen aufgehängt.<br />
Hochwasser-Einsatz:<br />
Ein Feuerwehrwagen in<br />
Osnabrück kämpft sich durch<br />
die Wassermassen<br />
Wann löste der Oberbürgermeister<br />
Katastrophenalarm aus?<br />
2010 blieb dem Stadtoberhaupt – erstmals<br />
seit dem Zweiten Weltkrieg – keine<br />
andere Wahl. Innerhalb von 48 Stunden<br />
strömte so viel Regen auf Osnabrück wie<br />
sonst im Zeitraum von drei Monaten. Hase<br />
und Düte traten über die Ufer, der Starkregen<br />
flutete Umschaltwerke, das Wasser<br />
stand auf den Straßen und die Keller<br />
liefen voll. Abpumpen war aussichtslos, man<br />
versuchte den Schaden durch den<br />
Einsatz von 2.000 Menschen (auch das<br />
THW wurde bundesweit zu Hilfe gerufen)<br />
abzuwenden und die Infrastruktur<br />
weitgehend aufrecht zu erhalten. Am Ende<br />
bekamen die Helfer die Lage in den Griff.<br />
„Außergewöhnliche Wetterphänomene<br />
können aber auch in Zukunft immer<br />
häufiger unvorhersehbare Gefahrensituationen<br />
verursachen“, sagt Guido Maunert,<br />
Sachbearbeiter der Berufsfeuerwehr und<br />
Freiwilligen Feuerwehr.<br />
Schutzanzüge:<br />
Die Anzüge schützen<br />
die Feuerwehrleute vor Säure<br />
Wer hilft den Helfern?<br />
Zahlreiche Einsätze stellen eine mentale<br />
Belastungsprobe für Feuerwehrleute<br />
dar. Deshalb finden nach jedem größeren<br />
Einsatz Gesprächsrunden statt. „Manchmal<br />
tut es einfach gut, darüber zu reden“,<br />
erklärt Bergen. Doch weder die Feuerwehrleute<br />
noch Betroffene an den Einsatzorten<br />
werden alleine gelassen: Psychologen und<br />
speziell geschulte Seelsorger kümmern<br />
sich darum, dass die Menschen, die für die<br />
Sicherheit anderer alles stehen und liegen<br />
lassen, auch in Zukunft tatkräftig ihrer<br />
verantwortungsvollen Rolle nachkommen<br />
können. | Sina-Christin Wilk<br />
WISSEN KOMPAKT<br />
EINSÄTZE 2015<br />
Brände und Brandmeldungen: 652<br />
Rettungsdienst: 11.978<br />
Technische Hilfsleistungen: 2147<br />
MITGLIEDER<br />
Berufsfeuerwehr (18-60 Jahre):<br />
140, davon 7 Frauen<br />
7 Freiwillige Feuerwehren<br />
(18-63 Jahre): 300, davon 30 Frauen<br />
7 Jugendfeuerwehren<br />
(10-17 Jahre): 100<br />
3 Kinderfeuerwehren<br />
(6-10 Jahre): 45<br />
Gemeinsame Altersabteilung:<br />
ca. 50<br />
Feuerwehr- und Rettungsleitstelle<br />
Nobbenburger Straße 4<br />
49076 Osnabrück<br />
www.osnabrueck.de/feuerwehr<br />
8<br />
9
WIRTSCHAFT & TECHNIK<br />
Warum wurde der<br />
Augustaschacht<br />
in Hasbergen-Ohrbeck erbaut?<br />
„Dornröschenschlaf“, aus dem sie erst ab 2002 mit der<br />
Einrichtung einer Gedenkstätte wiedererwachte. Bereits<br />
im Jahre 2000 gründeten Bürger aus Stadt- und Landkreis<br />
Osnabrück einen Verein zur Errichtung einer<br />
Gedenkstätte im ehemaligen Lagergebäude. Für einen<br />
symbolischen Betrag überließ die Georgsmarienhütte<br />
GmbH dem Verein das vor allem im Inneren stark<br />
sanierungsbedürftige Augustaschachtgebäude.<br />
Der Hüggel spielte eine zentrale Rolle in der Bergbaugeschichte des <strong>Osnabrücker</strong> Landes.<br />
Carsten Neyer und Werner Beermann, die den Weg des Erzes vom Abbau über den Transport<br />
bis hin zur Verarbeitung in Georgsmarienhütte in einem neuen Bildband mit dem Titel „Vom<br />
Hüggelerz zum Hüttenstahl“ beschrieben haben, lassen für „<strong>Osnabrücker</strong> <strong>Wissen</strong>“ drei<br />
besonders spannende Kapitel lebendig werden. Wir beginnen mit dem Augustaschacht in<br />
Hasbergen-Ohrbeck.<br />
Das Vorkommen von Eisenerz am<br />
Hüggel war eine der Voraussetzungen<br />
für die Gründung des Eisenhüttenwerkes<br />
Georgsmarienhütte im Jahr 1856.<br />
Der Abbau der Erze erfolgte in Tage- und<br />
Untertagebauen in den Gemeinden<br />
Ohrbeck und Hasbergen. Bis zur<br />
Fertigstellung der Hüggeleisenbahnstrecke<br />
1866 wurde es mit Pferdefuhrwerken<br />
zum etwa vier Kilometer östlich<br />
errichteten Hüttenwerk transportiert. Zur<br />
Entwässerung der ausgedehnten Abbaufelder<br />
wurde mit dem Bau des Mathildenstollens<br />
begonnen, der das in erheblichen<br />
Mengen anfallende Grubenwasser mit<br />
natürlichem Gefälle zu Tage leitete.<br />
Wie viel PS braucht eine Pumpe?<br />
Mit fortschreitendem Erzabbau in<br />
tieferen Lagen musste jedoch eine andere<br />
Lösung zur Entwässerung gefunden werden.<br />
Man trieb hierfür 20 Meter unter<br />
der Mathildenstollensohle einen Entwässerungsstollen<br />
bis zum Augustaschacht<br />
vor. Dort wurde zwischen 1874 und 1876<br />
der etwa 30 Meter tiefe Wasserhaltungsschacht<br />
abgeteuft und darüber das heute<br />
noch im Original erhaltene Pumpenhaus<br />
mit einem Dampfkesselhaus daneben<br />
errichtet. In dem aus Hüttenschlackensteinen<br />
erbauten Pumpenhaus<br />
installierte man eine dem damaligen<br />
Stand der Technik entsprechende<br />
große dampfbetriebene Kolbenpumpe<br />
mit einem riesigen Schwungrad.<br />
Die 300 PS leistende Wasserhaltungsmaschine<br />
förderte bei fünf bis sechs Hüben<br />
pro Minute etwa sechs Kubikmeter<br />
Grubenwasser zu Tage. Nach dem Bau<br />
eines Elektrizitätswerkes im Hüttenwerk<br />
in Georgsmarienhütte von 1907 bis 1908<br />
wurde eine 1.650 Volt Starkstromleitung<br />
zum Augustaschacht verlegt. Nach ca. 30<br />
Jahren Betrieb ersetzte man die bisherige<br />
dampfbetriebene Pumpe durch eine Elektrische.<br />
Wie wurde aus der Bergwerksanlage<br />
eine Gedenkstätte?<br />
Das Dampfkesselgebäude wurde um<br />
1922 zu Wohnungen für Werksangehörige<br />
und ihre Familien umgebaut.<br />
Während des Zweiten Weltkrieges gab<br />
es am Augustaschacht zunächst ein<br />
Lager für französische Kriegsgefangene,<br />
die im Hüttenwerk arbeiten mussten.<br />
Von Januar 1944 bis April 1945 wurde das<br />
Pumpenhaus als das berüchtigte Arbeitserziehungslager<br />
Ohrbeck von der Gestapo<br />
Osnabrück genutzt. Nach Kriegsende<br />
wurden die beiden Augustaschachtgebäude<br />
für ausgebombte <strong>Osnabrücker</strong> und Flüchtlingsfamilien<br />
hergerichtet. Im ehemaligen<br />
Kesselhaus lebten auch weiterhin Familien<br />
von Werksangehörigen, später wurde<br />
es abgerissen. Mit dem Bau von Werkswohnungen<br />
in Oesede und Holzhausen<br />
von 1952 bis 1960 wurden die Wohnungen<br />
am Augustaschacht später geräumt.<br />
Viele Jahre lag die ehemalige<br />
Bergwerksanlage dann in einer Art<br />
Bilder © Archiv Beermann<br />
2002 begannen die Mitglieder des Vereins, unterstützt von<br />
einer Vielzahl freiwilliger Helfer und Förderer, mit den Sanierungs-<br />
und Ausbauarbeiten. Nach und nach richtete man die<br />
über die Grenzen des <strong>Osnabrücker</strong> Landes hinaus bekannte<br />
Gedenkstätte Augustaschacht ein, die am 6. April 2008<br />
eröffnet wurde. Heute erinnert sie in Verbindung mit der<br />
Gedenkstätte Gestapokeller an Überwachung, Terror<br />
und Gewaltausübung der Gestapo im Grenzgebiet zu den<br />
Niederlanden. | Carsten Neyer / Werner Beermann<br />
„<strong>Osnabrücker</strong> <strong>Wissen</strong>“<br />
verlost zwei<br />
Exemplare des sehens-,<br />
aber auch lesenswerten<br />
Bildbandes -<br />
siehe Seite 59.<br />
WISSEN KOMPAKT<br />
NEUER BILDBAND IM<br />
GEWINNSPIEL<br />
Das Buch „Vom Hüggelerz zum<br />
Hüttenstahl. Hasberger Erz für die<br />
Georgsmarienhütte“ ist 20<strong>16</strong> im<br />
Sutton Verlag erschienen und kostet<br />
19,99 EUR.<br />
<strong>16</strong>05_TV_Anzeige_Image_111x150mm_pfad.indd 1 03.05.20<strong>16</strong> 17:10:24<br />
Ab März 2017 -<br />
In der nächsten Ausgabe!<br />
Lesen Sie im zweiten Teil unserer Serie,<br />
wie Eisenerz, Kalkstein sowie Kohle zum Hüttenwerk<br />
transportiert wurden.<br />
10<br />
11
WIRTSCHAFT & TECHNIK<br />
WIRTSCHAFT & TECHNIK<br />
Wer brachte das „Kino in<br />
Kleinformat“ in die Kinderzimmer?<br />
Zum letzten Mal im Jahr 20<strong>16</strong> werfen wir einen Blick in das Depot<br />
des Museums Industriekultur und finden einen Spielzeugprojektor, der<br />
Comic-Helden der 70er auf einen Verpackungsdeckel wirft. Das<br />
Kult-Gerät ist – parallel zum Erscheinen dieser Ausgabe – im Museum<br />
zu sehen.<br />
Das DUX elkino 900 ist klein, leicht und<br />
kompakt, bringt aber etwas ganz Großartiges<br />
in die Kinderzimmer der 1970er Jahre.<br />
Mit dem Spielzeugprojektor<br />
können Kinder<br />
spannende wie lustige<br />
Filme selber<br />
abspielen. Das<br />
Gerät lässt<br />
sich spielend<br />
leicht bedienen:<br />
Stecker<br />
rein, Film<br />
rein, Knopf<br />
drücken und<br />
schon beginnt<br />
für die Kleinen das<br />
Kinoerlebnis. Als Leinwand<br />
dient die Innenseite des<br />
Verpackungsdeckels. Die Filmauswahl ist<br />
groß, es gibt Filme in Schwarz-Weiß und<br />
in Farbe, in 1,5 bis 3 Minuten Länge. Unter<br />
den Disney-Filmen finden sich vor allem<br />
die Klassiker, zum<br />
Beispiel Mickey Mouse, Donald Duck,<br />
Pinocchio, Bambi oder Schneewittchen.<br />
Deutsche Märchen wie Aschenputtel sind<br />
im Sortiment und zahlreiche andere Filme.<br />
Es gibt Heidi, Biene Maja, Sindbad,<br />
Tom und Jerry und natürlich Dick und<br />
Doof. Ist die Auswahl erst einmal getroffen<br />
und die Filme laufen, lassen sich die<br />
Kinder nur schwer von ihren Comic-Helden<br />
trennen.<br />
Allerdings ist das Gerät mit 72,50 DM<br />
nicht preiswert und viele Eltern können<br />
ihrem Kind diesen Wunsch nicht erfüllen.<br />
Auch wenn es die Filme Max und<br />
Moritz–Streich 1 und 2 gratis gibt, müssen<br />
weitere Filme zusätzlich finanziert werden.<br />
Sie kosten je nach Filmlänge bis zu 11 DM,<br />
was in den 1970er Jahren viel Geld ist.<br />
Welcher Hersteller macht sich um<br />
die Unterhaltung der Kleinsten<br />
verdient?<br />
Dies verrät die kleine Schwalbe, die auf<br />
dem für die 70er typisch orangefarbenen<br />
Kunststoffgehäuse abgebildet ist. Es ist das<br />
Firmenzeichen des Lüdenscheider Unternehmens<br />
Markes & Co alias Dux, gegründet<br />
von Carl Markes im Jahre 1904. Zu Beginn<br />
fertigt das Unternehmen nur Bauteile<br />
für den Hersteller von Stabilo-Baukästen<br />
an, bis es 1933 mit der Produktion von<br />
eigenem Blechspielzeug startet.<br />
1935 wagt die Firma etwas Neues. Sie<br />
bringt ein von dem spanischen Ingenieur<br />
Nebel entwickeltes optisches Spielzeug<br />
auf den Markt – das erste Modell der sogenannten<br />
Dux Kinos. Gab es zuvor mit<br />
der Laterna Magica nur optisches Spielzeug<br />
mit stehenden Bildern, kommt nun<br />
Bewegung ins Spiel. Anders als der DUX<br />
elkino 900, der mit einem Motor angetrieben<br />
wird, müssen die Filme der ersten<br />
Modelle allerdings noch mit einer<br />
Handkurbel zum Laufen gebracht werden.<br />
| Barbara Kahlert<br />
Bilder © Maren Kiupel<br />
Bilder Crew und Passagiere © Germania // Flugzeugstart © FMO // Flugplan © Fotolia.de, zhu difeng<br />
Wie integriert man neue<br />
Maschinen in einen Flugplan?<br />
Die Sonne liegt so nah: Nur wenige Kilometer von der <strong>Osnabrücker</strong> Fußgängerzone entfernt<br />
kann man am Flughafen Münster/Osnabrück in den Urlaub starten. Wer aufs Rollfeld blickt und<br />
die verschiedenen Fahrzeuge beobachtet, bekommt eine Idee, welch enormer Aufwand im<br />
Hintergrund abläuft. Nun stationiert die Germania ein weiteres Flugzeug am FMO. Grund für<br />
uns, neugierig zu werden.<br />
Aktuell starten am FMO im Sommerflugplan<br />
10 Fluggesellschaften. Das bedeutet<br />
pro Tag etwa 120 Starts und Landungen<br />
für Passagiere. Ab 2017 bietet<br />
die Fluggesellschaft Germania mit einer<br />
zweiten Maschine mehr als doppelt<br />
so viele Plätze in Richtung<br />
Urlaub an. Kapazität<br />
und Frequenz auf beliebten<br />
Destinationen<br />
wie Mallorca, den<br />
Kanaren, Malaga und<br />
Kreta werden deutlich<br />
ausgeweitet. Neu<br />
kommt Faro an der<br />
Algarve hinzu.<br />
Wer bestimmt die Ziele?<br />
„Wir erkennen Wunschziele aus unseren<br />
Analysen, aber auch aus der Kommunikation<br />
mit Fluggästen. Diese<br />
schlagen wir dann den Airlines vor und<br />
erarbeiten gemeinsam Erweiterungen<br />
im Streckennetz oder Ausweitungen<br />
der Frequenzen auf bestimmte Ziele“,<br />
erklärt Andres Heinemann, Leiter<br />
Marketing und Kommunikation am<br />
FMO. Die Airlines – in diesem Fall die<br />
Germania – ermitteln ebenfalls, zu welchen<br />
Zielen sie Potential sehen. Im Dialog<br />
mit dem Flughafen entsteht dann<br />
die Strecken- und Flugplanung.<br />
Auch sollte dabei berücksichtigt<br />
werden, dass die<br />
Crews entsprechend ihrenjeweiligen<br />
Arbeitszeiten<br />
getauscht werden<br />
müssen und wo das<br />
jeweils am besten geschehen<br />
kann.<br />
„Das Plus an Passagieren<br />
muss vorbereitet werden“,<br />
berichtet Dirk Helf, Director Scheduling<br />
bei Germania. Die Airline<br />
schließt dafür Verträge mit Catering-<br />
Firmen oder für die Räumlichkeiten am<br />
Flughafen und der Abfertigung.<br />
Auch in der Flugplanung wächst<br />
der Aufwand, schließlich müssen<br />
die Flugzeuge mit allen Himmels-<br />
bewegungen koordiniert werden. Mehrarbeit<br />
gibt es ebenso für die Techniker<br />
in der Wartung und natürlich für<br />
Piloten und Pilotinnen und die Flugbegleiter.<br />
Woher kommt das Personal<br />
fur das neue Flugzeug?<br />
Es gibt festes Personal, das im <strong>Osnabrücker</strong><br />
Land wohnt. Für die Spitzenzeiten<br />
verstärken übergangsweise Cockpit- und<br />
Kabinenmitglieder von anderen Stationen.<br />
Gemeinsam mit den Airlines erreicht<br />
der FMO nicht zuletzt durch die schnelle<br />
Erreichbarkeit, entspannte Atmosphäre,<br />
gute Parkmöglichkeiten und den Ausbau<br />
des Flugplans wieder wachsende Beliebtheit<br />
bei den Fluggästen.<br />
| Julia Eismann<br />
13
WIRTSCHAFT & TECHNIK<br />
Frauen beim Flachsriepen und Flachsboken<br />
Was ist Löwendlinnen?<br />
Vom 22. Mai bis zum 28. August wurde im Kulturgeschichtlichen Museum Osnabrück die<br />
Sonderausstellung „true born Osnabrughs – Leinen 20<strong>16</strong>“ gezeigt. Sie war das Ergebnis<br />
eines Studienprojektes zum Thema „Leinen und Flachs“, das an der Universität Osnabrück,<br />
Fachbereich 1 Textiles Gestalten, unter der Leitung von Prof. Dr. Bärbel Schmidt in Kooperation<br />
von Dr. Eva Berger, Direktorin des Kulturgeschichtlichen Museums Osnabrück, durchgeführt<br />
wurde. Neben der heutigen Nutzung von Leinen thematisierte die Ausstellung auch die<br />
besondere historische Bedeutung, die das Gewebe für die Entwicklung Osnabrücks hatte.<br />
Die Herstellung und der Vertrieb von<br />
Leinenstoff war bis in das 19. Jahrhundert<br />
hinein ein wichtiger Faktor der<br />
<strong>Osnabrücker</strong> Wirtschaft – sowohl in der<br />
Stadt wie auch auf dem Lande. Für den<br />
<strong>Osnabrücker</strong> Landtag stellten Leinenproduktion<br />
und -handel seit 1766 sogar<br />
die „vornehmsten Mittel der Nahrung<br />
und des Gelderwerbs in verschiedenen<br />
Distrikten und Gegenden des Hochstifts<br />
Osnabrück“ dar.<br />
Mitte des 18. Jahrhunderts war es allerdings<br />
aufgrund ausländischer Konkurrenzprodukte,<br />
minderwertiger heimischer<br />
Fertigung und den Folgen des Siebenjährigen<br />
Krieges (1756–1763) zu einer<br />
Depression des Leinengewerbes gekommen.<br />
Deshalb bemühte sich in der Folge<br />
kein Geringerer als der Jurist, Staatsmann,<br />
Historiker und Literat Justus Möser (1720–<br />
1794), das Leinengewerbe in Stadt und<br />
Textilverarbeitung (Kupferstich) aus den<br />
„Georgica Curiosa Aucta“<br />
Hochstift Osnabrück wiederzubeleben.<br />
Und seine Maßnahmen, die von der Qualitätskontrolle<br />
des Saatgutes über verbesserte<br />
Methoden des Flachs- und Hanfanbaus,<br />
der Vereinheitlichung des Herstellungsprozesses<br />
bis hin zur Gütekontrolle des<br />
fertigen Stoffes reichten, hatten Erfolg: Seit<br />
1770 stand <strong>Osnabrücker</strong> Leinen wieder<br />
hoch im Kurs. Das <strong>Osnabrücker</strong> Rad als<br />
Gütesiegel war erneut zu einem weltweit<br />
anerkannten Markenzeichen geworden.<br />
Flachsbreche mit Holzschienen<br />
Woraus wurde<br />
Leinen gefertigt?<br />
Das <strong>Osnabrücker</strong> Leinen wurde sowohl<br />
aus Hanf als auch aus Flachs gefertigt. War<br />
ursprünglich mehr Flachs zur Produktion<br />
genutzt worden, so verwendete man am<br />
Ende des 18. Jahrhunderts hauptsächlich<br />
Hanf zur Herstellung des Leinens, weil<br />
dessen Anbau eine sichere Ernte versprach,<br />
mehr Garn aus den Hanfpflanzen gewonnen<br />
werden konnte und die Hanffaser<br />
stabiler war. Aus dem <strong>Osnabrücker</strong> Leinen<br />
wurde neben Bettwäsche und Segelstoff<br />
vor allem Alltagskleidung, z.B. Hemden<br />
und Hosen, gefertigt, die vor allem in<br />
wärmeren Klimazonen sehr beliebt war.<br />
Um das Leinen weiß zu bekommen, wurde<br />
es in Asche gekocht und später gebleicht.<br />
Wo wurde „Löwendlinnen“<br />
hergestellt und wohin<br />
wurde es vertrieben?<br />
Das Produkt, das zumeist in häuslichem<br />
Nebenerwerb von der unterbäuerlichen<br />
Bevölkerung hergestellt und dann<br />
von Leinenhändlern aufgekauft oder<br />
direkt im Verlagssystem gefertigt wurde,<br />
nannte man im <strong>Osnabrücker</strong> Land<br />
„Löwendlinnen“. Dieser Stoff wurde weit<br />
über die Grenzen des Hochstifts geschätzt,<br />
wie der Ibbenbürener Leggemeister Friedrich<br />
Meese 1792 im dritten Band des<br />
Kupferstich © Daniel Chodowiecki; Haspel und Krone, Spinnrad und Webstuhl © Kreisarchiv Steinfurt; Flachsbreche mit Holzschienen © Roemer Visscher, Sinnepoppen; Flachsverarbeitung<br />
(Kupferstich) aus den „Georgica Curiosa Aucta“ © Wolf Helmhardt von Hohberg<br />
Neuen Westphälischen Magazins zur Geographie,<br />
Historie und Statistik berichtet:<br />
„Unter den verschiedenen und mancherley<br />
Arten von Leinwand, welche in Westphalen<br />
gemacht, und von da aus weit und breit<br />
verführet wird, verdienet unter anderem<br />
auch das Löwendlinnen, welches man auch<br />
in einigen Provinzen Lauendlinnen heißt,<br />
eine Beschreibung […]. Diese Linnen<br />
werden vornehmlich im Osnabrückschen,<br />
Tecklenburgschen und Ravensbergschen,<br />
der übrige weit geringere Theil in Diepholtschen,<br />
Mindenschen, der Obergrafschaft<br />
Lingen [Brochterbeck, Ibbenbüren,<br />
Mettingen und Recke], und in ein<br />
paar Kirchspielen im Münsterlande<br />
an den Grenzen der Obergrafschaft<br />
Lingen verfertigt.“ Das <strong>Osnabrücker</strong><br />
Leinen, das laut Meese über<br />
Bremen, Amsterdam und Hamburg<br />
größtenteils nach Spanien, Portugal,<br />
England, aber auch nach Schottland und<br />
Frankreich – und über diese Länder auch<br />
in deren Kolonien in Amerika, Ostindien<br />
und Nordafrika – exportiert wurde, trug<br />
also die Bezeichnung „Löwendlinnen“.<br />
Haspel und Krone zur Vorbereitung des Garns zum Weben<br />
Essen ist fertig!<br />
Woher kommt der Begriff?<br />
Es ist die Ansicht vertreten worden, das<br />
Löwendlinnen habe seinen Namen von<br />
einem Löwenbild auf dem Leggestempel<br />
erhalten. Mit einem Stempelabdruck<br />
auf dem Leinenstoff wurde – je nachdem,<br />
an welcher Stelle er angebracht war<br />
– die Qualität des Leinens eingestuft und<br />
bestätigt. Diese Prüfung wurde in der<br />
sogenannten „Legge“ vorgenommen.<br />
Der Begriff Legge kommt übrigens von<br />
niederdeutsch leggen ‚legen‘, weil das<br />
Leinen zur Begutachtung auf einem<br />
langen Tisch „ausgelegt“ wurde. Doch zeigen<br />
die überlieferten Leggestempel keinen<br />
Löwen im Bild, sondern das Wappen der<br />
jeweiligen Region – in Osnabrück natürlich<br />
das Rad – oder eine Krone. Der Begriff<br />
„Löwendlinnen“ hat auch ursprünglich<br />
nichts mit dem Löwen zu tun. In seinem<br />
Bestandteil „Löwend“ steckt vielmehr der<br />
alte, mittelniederdeutsche Begriff Lowand,<br />
Luwand, Lawand, Louwend, der nichts<br />
Flachsverarbeitung (Kupferstich)<br />
WIRTSCHAFT & TECHNIK<br />
anderes als ‚Leinwand‘ bedeutet, also das<br />
Leinen selbst bezeichnet. Das zeigen auch<br />
weitere mittelniederdeutsche Zusammensetzungen<br />
wie Louwenthose ‚Hose<br />
aus Leinen‘ oder die Bezeichnungen für<br />
den Leinwandhändler: Louwantkoper<br />
‚Leinwandkäufer‘, Louwantsnider ‚ Leinwandschneider‘,<br />
Louwantstriker ‚ Leinwandstreicher,<br />
Tuchmesser‘. Darüber gibt<br />
das sechsbändige Mittelniederdeutsche<br />
Wörterbuch von Karl Schiller und August<br />
Lübben Auskunft, das zwischen 1875 und<br />
1881 erschienen ist, aber noch immer unersetzlich<br />
ist. Der Ausdruck „Löwendlinnen“<br />
ist also eine Tautologie, eine Wiederholung<br />
des ersten Wortbestandteiles wie etwa<br />
heute in La-Ola-Welle, Guerillakrieg oder<br />
Salsa-Sauce, die entstanden ist, weil man<br />
in späterer Zeit das Wort Löwend nicht<br />
mehr verstanden hat. Löwendlinnen heißt<br />
also übersetzt lediglich ‚Leinwand-Leinen‘.<br />
| Christof Spannhoff<br />
Männer beim Flachsboken. Buchmalerei eines<br />
flämischen Stundenbuches um 1520<br />
Längst vergessene Speisen kommen hier wieder auf den<br />
Tisch. Im Wirtschaftswunder genießen Sie Klassiker der<br />
50er & 60er Jahre und das Beste von heute.<br />
In Petticoat und Hosenträgern begrüßt Sie das Team täglich<br />
ab 18.00 Uhr.<br />
Wirtschaftswunder einfach essen + trinken im arcona L<strong>IV</strong>ING OSNABRÜCK · Neuer Graben 39 · 49074 Osnabrück<br />
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14<br />
15
WIRTSCHAFT & TECHNIK<br />
Wann steht ein<br />
Auto im Kino?<br />
Sie gehören bei einem Kinobesuch einfach dazu: Kaum<br />
nimmt man im gemütlichen Sessel Platz und genießt die<br />
ersten Popcornflocken, flimmern Werbespots über die<br />
Leinwand. Eine Werbeform, an der man nicht so einfach vorbeikommt und die<br />
mitunter bereits Kultstatus erlangt hat. „<strong>Osnabrücker</strong> <strong>Wissen</strong>“ wollte wissen, was es darüber<br />
hinaus noch für Werbeformen in Lichtspielhäusern gibt.<br />
Warum fließt kein Öl in den Kanal?<br />
Mehr als 100 Schiffe steuern alljährlich den <strong>Osnabrücker</strong> Hafen an, um hier Heiz- und Dieselöl<br />
zu verladen. Während die Fracht durch eine Pipeline über die Elbe- und Brückenstraße in drei<br />
Hochtanklager gepumpt wird, sorgt ein ebenso einfaches wie effektives System für Sicherheit.<br />
Wenn die Schiffe die Hollager Schleuse<br />
hinter sich haben, drehen sie im Piesberger<br />
Wendebecken und fahren rückwärts<br />
in den <strong>Osnabrücker</strong> Ölhafen. Dieser<br />
wird seit 1966/67 durch eine sogenannte<br />
Pressluftölsperre gesichert. Sie besteht aus<br />
einem Düsenrohr, das von einem Kompressor<br />
angetrieben wird und Luftblasen<br />
in das Hafenwasser drückt. An der<br />
Oberfläche teilt sich die aufsteigende Luft<br />
in zwei horizontale, leicht schäumende<br />
Strömungen, die schwimmendes Öl und<br />
treibende Stoffe daran hindern, in andere<br />
Hafenbereiche oder in den Stichkanal zu<br />
fließen.<br />
Die Ölsperre hat sich in Osnabrück<br />
vielfach bewährt. „Es kommt immer mal<br />
wieder zu kleineren Leckagen – vor allem<br />
beim Verladen der Kraftstoffe.<br />
Mitunter muss dann sogar die<br />
Wasserpolizei gerufen und das<br />
ausgelaufene Öl von einem professionellen<br />
Entsorgungsunternehmen beseitigt<br />
werden“, erzählt Maik Medlitz, Leiter des<br />
Bereichs Infrastruktur, Bau und Unterhaltung<br />
bei der Eisenbahn- und Hafenbetriebsgesellschaft<br />
Region Osnabrück<br />
(EHB). Mit großen, folgenschweren Unfällen<br />
habe man bislang allerdings – Gott<br />
sei Dank – nichts zu tun gehabt. Damit<br />
das so bleibt, gelten im Ölhafen umfassende<br />
Sicherheitsbestimmungen. Das<br />
Becken darf immer nur von einem Schiff<br />
angesteuert werden. Außerdem bleibt die<br />
Pressluftölsperre während der rund sechsstündigen<br />
Entladung durchgehend eingeschaltet.<br />
Kein Wunder also, dass sie selbst<br />
regelmäßig gewartet werden muss.<br />
2010 wurde die Anlage für 50.000 Euro<br />
generalüberholt, alle zwei Jahre kommt<br />
der Kompressor auf den Prüfstand und<br />
einmal im Jahr machen sich DLRG-<br />
Taucher daran, das Düsenrohr von<br />
Schlamm und Muscheln zu befreien. Ein<br />
reibungsloser Betrieb der wichtigen Anlage<br />
ist somit garantiert. | Thorsten Stegemann<br />
WISSEN KOMPAKT<br />
DER ÖLHAFEN<br />
Öl wird nur in einem Teil des<br />
<strong>Osnabrücker</strong> Hafens umgeschlagen,<br />
die Zahlen sind trotzdem<br />
imposant: Im Jahr 2015 entluden<br />
129 Schiffe hier 142.000 Tonnen<br />
Heiz- und Dieselöl. Die Pressluftölsperre<br />
kam so in 12 Monaten auf<br />
rund 774 Betriebsstunden.<br />
Bilder © Thorsten Stegemann<br />
Auto © Filmpassage // Vorhang © razoomanetu, fotolia.de // Scheinwerfer © SkyLine, fotolia.de<br />
Die klassischste Variante in einem Kino<br />
ist natürlich zunächst die Leinwandwerbung.<br />
Ein Spot im Kino dauert in der Regel<br />
zwischen 30 und 45 Sekunden und transportiert<br />
in dieser Zeit eine konkrete<br />
Botschaft. Hier wird vor allem auf die Langversionen<br />
von Werbespots zurückgegriffen,<br />
die deutlich länger sind als im TV. Moderne<br />
Digitaltechniken ermöglichen, dass Spots<br />
schnell und zielgenau geschaltet werden.<br />
Filmabhängig, dem Genre und der<br />
Zielgruppe entsprechend, wird die Werbung<br />
im Kino abgespielt. Somit sind Spots sowohl<br />
regional als auch überregional auf den Leinwänden<br />
zu sehen. Doch auch in kleineren<br />
Bildschirmformaten lässt sich Werbung im<br />
Kino platzieren. Auf Monitoren, die sich im<br />
Foyer der Kinos befinden, können Imagefilme<br />
abgespielt werden. Während des täglichen<br />
Spielbetriebes werden damit Besucher<br />
erreicht, die sich in den gemütlichen Wartezonen<br />
aufhalten. „Gut gemachte Werbung<br />
erreicht den Kinobesucher sekundenschnell,<br />
das heißt für den Werbespot: lieber kurz und<br />
knackig als ausführlich und langweilig“,<br />
weiß Anja Thies, geschäftsführende Gesellschafterin<br />
der Filmpassage Osnabrück.<br />
Auch die Kinotickets sind ein interessantes<br />
Werbemedium, das jeder Kunde in die<br />
Hände bekommt. Viele Cineasten nehmen<br />
sie sogar gerne mit nach Hause und sammeln<br />
damit zahlreiche Werbebotschaften.<br />
Auf der Rückseite der Karte können Werbepartner<br />
des Kinos ihre Unternehmen und<br />
Produkte in Szene setzen. Hierbei wird die<br />
Werbung im Wechsel auf jedes zweite Ticket<br />
gedruckt, da Kinogänger in der Regel Paare<br />
oder Gruppen sind und somit eine höhere<br />
Streuwirkung erzielt wird. Vom Gutschein<br />
für einen Kakao im naheliegenden Café bis<br />
hin zum Aktionsangebot eines Fahrradhändlers<br />
ist hier (nahezu) alles denkbar.<br />
In der Filmpassage Osnabrück gibt es noch<br />
weitere spannende Werbeformen. Die vielen<br />
Plakatrahmen, Schaukästen und Glasgalerien<br />
auf den Gängen und im Eingangsbereich<br />
des Kinos können ebenfalls als Werbeplattform<br />
genutzt werden. Große DIN<br />
A1-Rahmen werden mit interessanten Unternehmens-Plakaten<br />
bestückt. Tiefe Schaukästen<br />
mit spezieller Beleuchtung ermöglichen<br />
zudem eine dreidimensionale Präsentation.<br />
Auch außergewöhnliche Promo-Aktionen<br />
oder Ausstellungen sind im Kino an der<br />
Johannisstraße möglich, in dem Produkte<br />
für einen bestimmten Zeitraum gezielt<br />
platziert werden. Zum Beispiel könnte bei<br />
Betreten des weitläufigen Foyers der Blick<br />
direkt auf einen schicken Aston Martin<br />
fallen, während im Kinosaal daneben gleich<br />
der neue James Bond gezeigt wird. Oder ein<br />
silberner DeLorean wartet auf die Besucher,<br />
um zurück in die Zukunft zu reisen.<br />
Wer möchte da nicht<br />
gerne einsteigen?<br />
Des Weiteren bieten Kinos großformatige<br />
Bannerwerbung als Präsentationsfläche an.<br />
Außerdem können Flyer und Give-Aways<br />
nach Rücksprache mit dem Kinobetreiber<br />
entweder an der Kasse ausgegeben oder auf<br />
Tischen platziert werden. Auch die hauseigenen<br />
Programm-Folder eines Kinos bieten<br />
Platz für Anzeigen. Nicht zuletzt ist Werbung<br />
auf der Dienstkleidung der Kinomitarbeiter<br />
oder den Sesselhussen, die im Saal über<br />
die Bestuhlung gezogen werden, möglich.<br />
Firmenlogos können ganz einfach auf<br />
den Stoff gestickt werden und sind<br />
somit für jeden Besucher gut sichtbar. Das<br />
Saalbranding, also die Benennung eines oder<br />
mehrerer ganzer Kinosäle, stellt ebenfalls<br />
eine wirksame Werbemöglichkeit dar.<br />
Nicht zu vergessen ist natürlich das bekannte<br />
Popcorntüten-Branding. Wer sich im Kino<br />
eine Portion schmecken lässt, hält nebenbei<br />
noch eine gängige Werbeform in der Hand,<br />
die ins Auge sticht. | Kristina Hoffmann<br />
Filmpassage<br />
Osnabrück<br />
Maik Medlitz, Leiter des Bereichs Infrastruktur, Bau und<br />
Unterhaltung bei der Eisenbahn- und Hafenbetriebsgesellschaft<br />
Region Osnabrück, vor dem <strong>Osnabrücker</strong> Ölhafen<br />
17
WIRTSCHAFT & TECHNIK<br />
AUSBILDUNG & KARRIERE<br />
Wo werden Roboter von Schülern programmiert?<br />
Alle auf die Bühne! Preisträger und Akteure trafen sich natürlich auch zum Gruppenbild<br />
Was ist in der <strong>Osnabrücker</strong><br />
Startup-Szene los?<br />
Eine gute Geschäftsidee, viel Engagement und große Leidenschaft sind<br />
die wesentlichen Zutaten für ein erfolgreiches Startup. Und natürlich<br />
braucht man auch ein gutes Netzwerk. Für all das gibt es in Osnabrück<br />
eine beachtliche Szene, die sich im November 20<strong>16</strong> zum sechsten Mal<br />
zur Verleihung des innovate-Awards im Theater traf.<br />
Hier in der Region tut sich viel Innovatives<br />
und es gibt gute Vorraussetzungen für<br />
Gründer und Starter von Unternehmen.<br />
Repräsentativ dafür hielt Jens Bormann<br />
den zentralen Vortrag über Unternehmertum.<br />
Bormann ist einer der Gründer von<br />
buw, die das Unternehmen im Spätsommer<br />
20<strong>16</strong> für weit über hundert Millionen<br />
Euro verkauft haben. Im Umfeld von<br />
InnovationsCentrum und Hochschule<br />
haben die neuen Ideen fruchtbaren Boden.<br />
Die innovate bestärkt diesen Schwung<br />
und kooperiert mit weiteren Hochschulen<br />
im Umfeld. Mit den beiden Award-<br />
Kategorien zeigt die innovate die<br />
Bandbreite unternehmerischer Entwicklungskraft:<br />
Der Campus-Award belohnt<br />
Ideen aus dem Hochschulumfeld, die kurz<br />
vor oder in der Gründung stehen. Er ging<br />
in diesem Jahr an Valispace. Valispace ist<br />
die erste Ingenieurssoftware, die es Teams<br />
von Ingenieuren erlaubt kollaborativ<br />
komplexe Produkte zu entwickeln. Der<br />
Company-Award geht an bereits etablierte<br />
Unternehmen, die innovative<br />
Lösungen bereit halten. In 20<strong>16</strong> war das<br />
das <strong>Osnabrücker</strong> Unternehmen Infomantis,<br />
das mit dem Sensellite ein Armband<br />
für Menschen an Risikoarbeitsplätzen<br />
entwickelt hat. Via Sensoren meldet das<br />
Preisübergabe: Tobias Eismann(metacrew)<br />
gratuliert Marco Witzmann vom Gewinner-<br />
Unternehmen Valispace zum Sieg<br />
Wearable dem Träger etwa Temperaturen<br />
oder auch Werte für bestimmte Gase und<br />
Luftverunreinigungen. Im Notfall löst es<br />
direkt Alarm aus und meldet den Standort<br />
des Trägers an die Rettungskräfte. In<br />
beiden Fällen wurden als Preisträger<br />
Teams und Unternehmen ausgezeichnet,<br />
die auf ihrem Gebiet völlig neu<br />
gedacht haben und mit der erarbeiteten<br />
Innovation Verbesserungen herbeiführen.<br />
Bestimmt hätte Steve Jobs auch einen<br />
innovate Award bekommen – wenn, ja<br />
wenn er doch nur bis ins <strong>Osnabrücker</strong><br />
Theater gekommen wäre … | Redaktion<br />
Bilder © Moritz Melzheimer<br />
Bilder Kinder © Carina Sander // Bild Nahaufnahme © golubovy, fotola.de<br />
Besucht man am Freitagnachmittag das Gebäude SP der Hochschule Osnabrück auf dem<br />
Campus Westerberg, begegnet man nicht wie üblich Studierenden, sondern trifft auf etwa 35<br />
Schülerinnen und Schüler im Alter von 10 bis 19 Jahren, die dort in Teams an Robotern bauen<br />
und diese programmieren.<br />
Die nehmen am Angebot „Robotics“ des<br />
Schüler-Forschungs-Zentrums (SFZ)<br />
Osnabrück teil und treffen sich in der<br />
Schulzeit jeden Freitag, um im Team an<br />
den Robotern zu arbeiten. Die Teams<br />
bereiten sich unter anderem auf die<br />
Teilnahme am RoboCup Junior vor, dem<br />
Schülerwettbewerb des internationalen<br />
RoboCup.<br />
Wie kann ein „ pfer“ von<br />
einem Roboter gefunden<br />
werden?<br />
In der Disziplin „Rescue“ des RoboCup<br />
Juniors haben die SchülerInnen die<br />
Aufgabe den Robotern beizubringen, ein<br />
„Opfer“ zu finden. Diese Such- und<br />
Bergeaufgaben sind vereinfachte Fragestellungen,<br />
die auch bei der Erforschung<br />
und Entwicklung „echter“ Such- und<br />
Rettungsroboter gelöst werden müssen.<br />
Dazu bringen die SchülerInnen den Robotern<br />
in der Unterdisziplin „Line“ bei, im<br />
Parcours einer Linie zu folgen, die über aufund<br />
absteigende Rampen verläuft. Auf der<br />
Linie stehende Hindernisse müssen die<br />
Roboter erkennen, umfahren und die Linie<br />
wiederfinden, um schließlich die<br />
„Opfer“ in Form von Metallkugeln<br />
zu erkennen und zu bergen. In der<br />
Unterdisziplin „Maze“ haben die Roboter<br />
die Aufgabe sich in einem Labyrinth<br />
mit mehreren Räumen und Ebenen zu<br />
orientieren und die „Opfer“ in Form von<br />
Heizelementen an den Wänden des<br />
Labyrinths zu erkennen.<br />
Wie kann ein Roboter einer<br />
Linie folgen?<br />
Die SchülerInnen statten ihre Roboter<br />
mit Licht- bzw. Farbsensoren zur Linienerkennung<br />
aus. Damit der Roboter der<br />
Linie folgt, muss der Sensor hinsichtlich<br />
der Abweichung zum Kurs sowie der<br />
Abweisungsrichtung ausgelesen werden<br />
und die Ergebnisse müssen den Motor<br />
des Roboters entsprechend steuern. Das<br />
Programm wird zu Beginn des Parcours<br />
einmal gestartet, danach müssen die<br />
Roboter der Linie selbstständig folgen.<br />
Wichtig ist dabei, dass der Roboter der<br />
Linie ohne starke Regelschwingungen,<br />
das heißt Hin- und Herschwanken von<br />
rechts nach links, folgt.<br />
Wie lernen die SchülerInnen<br />
die Programmierung der<br />
Roboter?<br />
Die SchülerInnen können zum einen<br />
LEGO® Mindstorms-Roboter konstruieren<br />
und programmieren. Die Mindstorms<br />
haben eine eigene Programmiersprache.<br />
Diese funktioniert mit Symbolen, die<br />
als Befehle hinter- bzw. nebeneinander<br />
gehängt werden. Für die ASURO-<br />
Roboter, die komplett selber gebaut<br />
werden, wird die Programmiersprache<br />
C verwendet. Die SchülerInnen arbeiten<br />
in kleinen Teams an ihren Robotern und<br />
helfen sich gegenseitig bei Problemen<br />
oder Fragen. Unterstützt werden sie von<br />
der Lehrerin Dr. Katrin Lückmann vom<br />
Gymnasium in der Wüste und<br />
Danuta Prasse sowie von studentischen<br />
Hilfskräften der Hochschule Osnabrück.<br />
| Carina Sander<br />
Grafikdesign<br />
Webentwicklung<br />
Marketingkonzept<br />
Werbetext<br />
Werbefotografie<br />
Studio & On Location<br />
Produkt, Mode, People<br />
Architektur, Industrie …<br />
Digital- & Offsetdruck<br />
Bücher, Broschüren<br />
Plakate, Flyer, Kalender<br />
Geschäftsdrucksachen …<br />
www.medienpark-ankum.de<br />
Fahrzeugbeschriftung<br />
Schilder, Banner<br />
Schaufensterbeschriftung<br />
Messe- & Displaysysteme<br />
18 19
AUSBILDUNG & KARRIERE<br />
Was macht ein Press-Schnecken-Separator mit Elefantengras?<br />
VOR FÜNF JAHREN ENTWICKELTE DIPL.-ING. AGR. MARTIN PAULUS, GESCHÄFTSINHABER DER IM ICO<br />
OSNABRÜCK ANSÄSSIGEN FIRMA TECNOTRANS, IN ZUSAMMENARBEIT MIT EINEM SÜDDEUTSCHEN<br />
UNTERNEHMEN EINE HIGH-TECH-MASCHINE MIT AUSSERGEWÖHNLICHEN<br />
FÄHIGKEITEN.<br />
Der sogenannte Press-Schnecken-Separator<br />
trennt kontinuierlich und vollautomatisch<br />
Feststoffe von Flüssigkeiten<br />
und funktioniert sowohl<br />
bei dünn- als auch bei<br />
dickflüssigen Gemischen.<br />
Seine vielfältigen<br />
Anwendungsmöglichkeiten<br />
beweist<br />
er seit kurzem in der<br />
niederländischen Papierfabrik<br />
„VanHoutum“, in der ein besonderer<br />
Rohstoff verarbeitet wird.<br />
An der niederländischen Küste setzt man<br />
auf Elefantengras. Das auch als Chinaschilf<br />
oder Chinagras bekannte, schnellwüchsige<br />
und anspruchslose Gewächs<br />
wird hier extensiv kultiviert. Wegen<br />
seiner starken Zuwächse bei minimalem<br />
Input und geringem Nährstoffentzug<br />
bietet es ideale Voraussetzungen für die<br />
Nutzung als hochwertiger nachwachsender<br />
Rohstoff.<br />
In der Papierfabrik „VanHoutum“ wird<br />
das Elefantengras verschiedenen verfahrenstechnischen<br />
Prozessen unterzogen,<br />
bevor es als Ersatz für herkömmliche<br />
Zellulose verwertet werden kann. Nach<br />
einer mechanischen und thermischen<br />
Behandlung werden die Pflanzenfasern<br />
aus dieser Biomasse in einer wässrig alkalischen<br />
Lösung aufgeschlossen.<br />
Anschließend erfolgt die Feststoff-Flüssigkeitstrennung<br />
mit dem Separator der<br />
Firma TECNOTRANS: Die in der Lösung<br />
befindlichen Fasern werden herausgefiltert,<br />
gleichzeitig hochgradig entwässert<br />
und dann auf eine Papiermaschine<br />
geführt, die Toilettenpapier-Rollen in<br />
Serie fertigt. Ein nachhaltiges und umweltbewusstes<br />
Produktionsverfahren, das<br />
Rohstoffe vor der eigenen Haustür nutzt,<br />
findet so seinen Abschluss. | Redaktion<br />
Weitere Infos unter:<br />
www.hydro-tecnotrans.de<br />
Bilder © TECNOTRANS<br />
+++ Motion Media GmbH - stolp+friends kooperiert mit<br />
Motion Media. Zusammen bewerben und vermarkten<br />
die Partner die Websoftware WoWi 360 in der Wohnungswirtschaft.<br />
Die innovative Websoftware ermöglicht<br />
die Erstellung, Bearbeitung und Veröffentlichung<br />
von virtuellen Wohnungsbesichtigungen. Damit wird<br />
die Immobilienvermarktung für Wohnungsunternehmen<br />
deutlich einfacher. Weitere Informationen unter<br />
www.wowi360.de +++ Forestage Technologies GbR - 3D-<br />
Daten in der Virtual Reality erleben - in Sekunden.<br />
Das bietet die von der im ICO ansässigen Firma Forestage<br />
Technologies entwickelte, gleichnamige Softwarelösung<br />
Forestage. Weitere Informationen auf<br />
www.forestage.de +++ K-os Engineering - Neuer 3D-Drucker<br />
im Bau für große ABS und PLA Modelle im<br />
FDM Verfahren - mit Dualextruder und Druckbettgröße<br />
700 x 800 x 460mm. Die Fertigstellung ist<br />
für Januar 2017 geplant, um Formen und Fahrradrahmen<br />
im Rapid-Prototyping günstig anbieten zu<br />
können. Anfragen: kontakt@k-os.info +++ KÖLNDATA -<br />
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Vorbereitung auf die Zertifizierung „Professional<br />
Scrum Master“ (PSM) statt. Wer agiles Projektmanagement<br />
kennenlernen will und/ oder die Zertifizierung<br />
zum PSM anstrebt, ist hier genau richtig. Mehr<br />
Infos auf www.koelndata.de +++<br />
Kontakt<br />
ICO InnovationsCentrum Osnabrück GmbH<br />
Albert-Einstein-Straße 1<br />
49076 Osnabrück<br />
fon +49 541 202 80 - 0<br />
info@innovationscentrum-osnabrueck.de<br />
www.innovationscentrum-osnabrueck.de<br />
20<br />
Heimat genießen!<br />
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STADT- & LANDGESCHICHTEN<br />
STADT- & LANDGESCHICHTEN<br />
Orte in Stadt und Land (9)<br />
Hinten im Wald oder vor dem Berg?<br />
Hatten die Römer ein lockeres Verhältnis zum Geld?<br />
Himbergen hat 134 Einwohner, aber keinen Einkaufsladen,<br />
keine Kirche, keine Gaststätte und schon lange keinen<br />
Bürgermeister mehr. In dem kleinen Ort an den<br />
Ausläufern des Teutoburger Waldes gibt es aber einen Treffpunkt,<br />
doch der erfordert einen besonderen Anlass. Bei Hochzeiten zieht es Brautpaar und<br />
Gäste zur Rundbank an der alten Eiche.<br />
Der Ort Himbergen mit seinen nur noch sechs Bauernhöfen<br />
ist ein alter Flecken Erde in der Gemeinde Bissendorf. Seinen<br />
Ursprung datiert der Heimatforscher Günther Wrede auf das 12.<br />
Jahrhundert. Der Name war allerdings im Laufe der Vergangenheit<br />
vielen Veränderungen unterworfen. Aus Hembergen (1200)<br />
wurde zunächst Himberghe (1350), dann Lymberghen (1412) und<br />
schließlich Hymbergen (1412). Im 15. Jahrhundert bekam der<br />
kleine Ort seinen heute noch bekannten Ortsnamen Himbergen.<br />
Es gibt zwei Theorien, die die Bedeutung des Namens erklären.<br />
Beim Heimatforscher Hermann Jellinghaus kann man nachlesen,<br />
dass das Bestimmungswort „hind“ mit der Präposition „hinten“<br />
gleichzusetzen sei. Das Grundwort „bergen“ könnte im<br />
Ursprung von „bere“ abgeleitet werden. Jellinghaus, ebenso<br />
wie Wrede, bezeichnen „bere“ als einen aus Eichen und<br />
Buchen bestehenden Fruchtwald. Auch „him“ würde<br />
vor dem Panorama der Holter Berge einen Sinn ergeben.<br />
Damit ist ein mächtiger Stamm gemeint, der zum Himmel<br />
ragt und den Fruchtwald schützt.<br />
Die zweite These stammt vom Namensforscher Jürgen<br />
Udolph. Allerdings ist damit Himbergen im Landkreis<br />
Uelzen gemeint. In diesem Falle steht der Ortsname für<br />
„hinter dem Berge“, eine Erklärung, die augenscheinlich<br />
auch auf Himbergen bei Bissendorf zutreffen könnte. Das<br />
wäre dann allerdings der Blickwinkel, mit dem die Ritter<br />
von der Holter Burg auf Himbergen geschaut haben - und<br />
nicht aus Bissendorf. | Ebba Ehrnsberger<br />
Bilder © Ebba Ehrnsberger<br />
Münzen unten links © Varusschlacht im <strong>Osnabrücker</strong> Land, Hermann Pentermann // Münzen unten rechts © Varusschlacht im <strong>Osnabrücker</strong><br />
Land, Karten Keune // Münze oben Varusschlacht im <strong>Osnabrücker</strong> Land, Manfred Pollert<br />
Seit mehreren Jahrzenten wird in Kalkriese intensiv archäologisch geforscht. Das Ergebnis kann<br />
sich sehen lassen. Wer allerdings glaubte, dass mittlerweile das Ende in Sicht käme, hat sich<br />
geirrt, wie dieser Sommer einmal mehr zeigte.<br />
In diesem Jahr fanden die Ausgrabungen<br />
in den nördlich angrenzenden Waldschneisen<br />
im Park des Museums statt.<br />
Der Park ist in dem bisher bekannten<br />
Fundareal von rund 30 Quadratkilometern<br />
die archäologische Kernzone<br />
mit den konkretesten Hinweisen auf<br />
das Schlachtgeschehen, darunter neben<br />
tausenden römischer Funde die<br />
berühmte römische Gesichtsmaske oder<br />
die menschlichen Knochen mit Spuren<br />
tödlicher Verletzungen. Der andauernde<br />
Regen machte die diesjährige Ausgrabung<br />
allerdings zu einer Schlammschlacht:<br />
der Boden war tiefgründig aufgeweicht,<br />
überall sammelte sich das Wasser und<br />
Baufahrzeuge fuhren sich fest. Schnell<br />
war klar, dass unter diesen Bedingungen<br />
mehr zerstört als geborgen werden würde.<br />
Zwei Lösungen boten sich an: Abbrechen<br />
oder anstatt kleiner Teilbereiche die<br />
gesamte Waldschneise, rund 1000 Quadratmeter,<br />
untersuchen. Die Entscheidung<br />
fiel auf letzteres. Zum Glück, wie sich<br />
wenig später erweisen sollte! Am 9. Juni,<br />
gerade war mit der Baggerschaufel eine<br />
weitere Schicht Erde abgenommen<br />
worden, weckte ein ungewöhnliches<br />
Glitzern die Aufmerksamkeit der Archäologen.<br />
Kein Kaugummipapier, kein Rest<br />
einer Cola-Dose, kein Glimmerkram!<br />
Was da wenig später auf der Kelle lag, war<br />
eine Goldmünze aus der Zeit des Kaisers<br />
Augustus – und mit jedem weiteren<br />
Bodenabtrag traten weitere Goldmünzen<br />
zutage. Am Abend des 10. Juni konnten<br />
die Ausgräber die Entdeckung von<br />
acht römischen Goldmünzen bilanzieren.<br />
Die Münzen wurden um 2 v. Chr. in<br />
Lugdunum, dem heutigen Lyon, geprägt<br />
und zeigen auf der Rückseite<br />
Augustus‘ Enkel und Adoptivsöhne<br />
Gaius und Lucius. Mit<br />
dieser Münze gab Augustus im ganzen<br />
Reich die Namen der von ihm auserkorenen<br />
potentiellen Nachfolger bekannt.<br />
Leider sollte keiner der beiden das Amt<br />
antreten, sie verunglückten lange bevor<br />
Augustus starb.<br />
Für Kalkriese ist dieser Fund in mehrfacher<br />
Hinsicht bemerkenswert. Zum<br />
einen erhöht sich die Zahl der bisher bekannten<br />
Goldmünzen beträchtlich. Zum<br />
anderen wird einmal mehr deutlich, dass<br />
Kalkriese ein wirklich besonderer Fundplatz<br />
ist. Mittlerweile wurden hier so viele<br />
römische Münzen entdeckt wie sonst nur<br />
an wirklich langjährigen Lagerstandorten<br />
– und das will doch was heißen. Ob die<br />
Münzen einfach nur verloren oder aber<br />
gezielt versteckt wurden, ist allerdings<br />
weiterhin unklar. Nur eines ist gewiss:<br />
Römische Legionäre warfen nicht mit<br />
Geld um sich, dazu hatten sie es sich zu<br />
hart verdient. | Heidrun Derks<br />
WISSEN KOMPAKT<br />
AUSSTELLUNG IN KALKRIESE<br />
Die Goldmünzen und ihre Bedeutung<br />
sind auch Thema der aktuellen<br />
Kabinettausstellung „Neues<br />
Gold aus Kalkriese“. Sie ist noch bis<br />
zum 15. Januar 2017 in Kalkriese zu<br />
sehen.<br />
23
Plan des Historikers Karsten<br />
Igel von der Lage der<br />
Alt- und Neustadt um 1250.<br />
STADT- & LANDGESCHICHTEN<br />
Sie verfügen darüber hinaus heute auch<br />
über naturwissenschaftliche Datierungsmöglichkeiten,<br />
die wie im Falle der<br />
Dendrochronologie (Baumringmethode)<br />
sogar eine jahrgenaue Altersbestimmung<br />
ermöglichen. Doch das Ganze hat eine<br />
entscheidende Schwachstelle: Sie datieren<br />
damit nur einen Ausschnitt aus der damaligen<br />
Sachkultur, nicht aber ein Ereignis<br />
oder eine Botschaft, wie es durch Schriftquellen<br />
dokumentiert wird.<br />
Archäologische Ausgrabungen liefern<br />
daher nur Anhaltspunkte für die Altersbestimmung<br />
der Ansiedlung, zu der diese<br />
Sachkultur gehört. Bei Schriftquellen<br />
handelt es sich dagegen in der Regel um<br />
eine Botschaft oder eine Darstellung mit<br />
der Absicht des Verfassers, anderen etwas<br />
mitteilen zu wollen. Schriftquellen sind<br />
daher wesentlich besser geeignet, ein<br />
Gründungsdatum, ein besonderes Ereignis<br />
oder eine wichtige Entwicklungsstufe<br />
zu belegen.<br />
Bei den Ausgrabungen an der Großen Rosenstraße wurden<br />
verschiedene spätmittelalterliche bis frühneuzeitliche Gebäudereste<br />
freigelegt. Ihre Bewohner waren als Wollweber tätig und<br />
produzierten den „Rosenstrater“, eine um <strong>16</strong>00 sehr beliebte<br />
Tuchware.<br />
Wie alt ist die Neustadt?<br />
Wenn historische Schriftquellen fehlen, bleibt als letzte Hoffnung<br />
für die Frage nach dem Alter einer Siedlung oder einer Stadt<br />
die archäologische Ausgrabung. Denn Archäologen können<br />
recht genau das Alter der in diesem Bereich vorkommenden<br />
Fundstücke bestimmen.<br />
Welche Dokumente liegen über<br />
die Entstehung der <strong>Osnabrücker</strong><br />
Neustadt vor?<br />
Genau wie im Falle der Altstadt ist auch<br />
die Entstehung der Neustadt nicht direkt<br />
über Schriftquellen datierbar. Es gibt nur<br />
eine Ausnahme: Das Alter der Kirche<br />
St. Johann ist auf den Tag genau bekannt.<br />
Sie wurde als Stiftskirche auf Veranlassung<br />
des <strong>Osnabrücker</strong> Bischofs Detmar am 13.<br />
Juli 1011 gegründet. Die dazugehörigen<br />
Stiftsgebäude gruppierten sich in einem<br />
großen Bogen um dieses Zentrum, der heute<br />
noch am Straßenverlauf im Umfeld der<br />
Johannisfreiheit ungefähr erkennbar ist.<br />
Die Johanniskirche wird zwar gerne als<br />
historisches Zentrum und als Keimzelle<br />
der Neustadt gesehen, aber bei genauerer<br />
Betrachtung des Stadtplans fällt auf,<br />
dass es innerhalb dieses Gesamtkomplexes<br />
zwei deutlich unterschiedliche<br />
Bereiche gibt - einen Kernbereich rund um<br />
St. Johann mit der bogenförmigen<br />
Umfassung und einen großflächigen<br />
Siedlungsbereich westlich und südlich<br />
von St. Johann, der wie eine planmäßige<br />
Gründung aussieht. Hier verlaufen die<br />
Kommenderiestraße, die Johannisstraße<br />
und die Holtstraße etwa parallel mit<br />
fast gleichen Abständen zueinander und<br />
werden von den Nebenstraßen etwa rechtwinklig<br />
geschnitten.<br />
Über die Gründung dieser Planstadt<br />
existiert keine Urkunde, doch der Historiker<br />
Karsten Igel konnte rekonstruieren,<br />
dass das Ganze gegen Ende der Amtszeit<br />
des <strong>Osnabrücker</strong> Bischofs Konrad<br />
zwischen 1236 und 1238 erfolgt sein muss.<br />
Die erste urkundliche Erwähnung der<br />
Neustadt stammt aus dem Jahre 1248.<br />
Ergänzend dazu konnte die Stadtund<br />
Kreisarchäologie die Errichtung<br />
des einzigen Neustädter Stadttores,<br />
des Johannistores, in das Jahr 1249<br />
datieren. Über den Zusammenschluss<br />
zwischen Alt- und Neustadt existiert eine<br />
Urkunde aus dem Jahre 1307.<br />
Die Gründung von St. Johann erfolgte<br />
ursprünglich weit abseits der Altstadt,<br />
durch eine etwa 300 bis 500 Meter breite<br />
unbesiedelte (?) Landschaft und die mehr<br />
als 30 Meter breite Niederung des Wiesenbachs<br />
voneinander getrennt. Als um 1237<br />
die Neustadt entstand, ist zu vermuten,<br />
Karte (links) © Kartografie Grundlage: Klaus Meinert // Karte rechts © Stadt Osnabrück, Fachbereich Geodaten //<br />
Ausgrabung © Daniel Lau, Stadt- und Kreisarchäologie Osnabrück // Kirche © wikimedia.org<br />
dass auch sie zunächst jenseits der Wiesenbachniederung<br />
lag, also ebenfalls deutlich<br />
abseits der Altstadt. Über die Nutzung des<br />
Geländes dazwischen, d. h. zwischen dem<br />
heutigen Neumarkt und dem Wiesenbach,<br />
existierten weder historische Dokumente<br />
noch archäologische Forschungsergebnisse.<br />
Die Ausgrabungen der Stadt- und Kreisarchäologie<br />
von Juli bis September 20<strong>16</strong> an<br />
der Großen Rosenstraße waren daher die<br />
letzte Gelegenheit, dieser Frage auf einer<br />
zusammenhängenden Fläche nachzugehen,<br />
Wohlfühlen<br />
ist einfach.<br />
sparkasse.de<br />
Der Verlauf des Wiesenbachs (gestrichelt) ist<br />
heute noch als Fußwegverbindung zwischen<br />
Schlossstraße und Johannisstraße erkennbar.<br />
bevor der gesamte Bereich durch den nachfolgend<br />
geplanten Bau des Einkaufszentrums<br />
unwiederbringlich zerstört wird. Dabei<br />
zeigte sich, dass hier tatsächlich keine Siedlungsspuren<br />
vorkommen, die eine intensive<br />
Nutzung des Geländes im 12. oder<br />
frühen 13. Jahrhundert beweisen. Mit anderen<br />
Worten: die planmäßig angelegte<br />
Neustadt war ursprünglich tatsächlich eine<br />
eigene, von der Altstadt räumlich getrennte<br />
bauliche Einheit. Ihre Nordgrenze, d. h.<br />
die Grenze in Richtung Altstadt, war der<br />
Wenn man einen<br />
Immobilienpartner<br />
hat, der von Anfang<br />
bis Eigentum an<br />
alles denkt.<br />
© TRÄGERGEMEINSCHAFT „500 JAHRE REFORMATION – OSNABRÜCK“<br />
Wiesenbach. Er floss dort, wo heute eine<br />
Fußgängerverbindung von der Schlossstraße<br />
zur Johannisstraße verläuft, und von<br />
da aus weiter, wo sich ein Fußgängerdurchgang<br />
neben dem Modehaus Sinn-Leffers<br />
in Richtung Hase befindet. Doch bereits<br />
spätestens um 1300, d. h. innerhalb von<br />
gut 50 Jahren, war der Zwischenraum<br />
zwischen Alt- und Neustadt zugebaut. Die<br />
Ausgrabungen bestätigten anhand von<br />
verschiedenen Fundstücken, dass sich hier<br />
überwiegend Wollweber angesiedelt hatten.<br />
Ihr Siedlungsgebiet, die Große Rosenstraße,<br />
wurde erstmals 1306 als „platea rosarum“<br />
erwähnt. Das von ihnen produzierte Tuch<br />
wurde unter dem Namen „Rosenstrater“<br />
zum beliebten Handelsgut. Mit dem offiziellen<br />
Zusammenschluss von Alt- und Neustadt<br />
im Jahre 1307 war dieser städtebauliche<br />
Entwicklungsprozess abgeschlossen.<br />
Von nun an war nicht mehr der Wiesenbach,<br />
sondern der Neue Graben die Grenze<br />
und ist es bis heute auch geblieben.<br />
| Bodo Zehm<br />
2017<br />
WAS<br />
KOMMT<br />
?<br />
500 JAHRE REFORMATION | REGION OSNABRÜCK<br />
www.2017osnabrueck.de<br />
24<br />
25
STADT- & LANDGESCHICHTEN<br />
Logo_Zeit<br />
Teil 2: 1864 bis heute<br />
Logo_Zeit_orange<br />
Farbvariante<br />
orange: CMYK 0/50/100/0 RGB 221/<strong>16</strong>0/47 # dda02f<br />
Logo_Zeit+OS<br />
Wie kam Presse aus der Presse?<br />
„Wöchentliche Osnabrückische Anzeigen“ stand auf dem ersten <strong>Osnabrücker</strong> Presseerzeugnis,<br />
das vor 250 Jahren das Licht der Welt erblickte. Wahrlich Anlass genug, auf ein Vierteljahrhundert<br />
Zeitungsgeschichte zurückzublicken. Heiko Schulze, Autor eines neuen Buches zum<br />
Thema, hat sich in der vorherigen Nummer von „<strong>Osnabrücker</strong> <strong>Wissen</strong>“ mit der Zeit zwischen<br />
1766 und der Mitte des 19. Jahrhunderts befasst. In dieser Ausgabe schildert er Blätter und<br />
Ereignisse bis zur heutigen Zeit.<br />
Wann endete die<br />
Tablet-Grösse?<br />
Logo_Zeit+OS_orange<br />
Literatur und das <strong>Osnabrücker</strong> Theaterleben.<br />
Schon 1866 muss Liesecke sein<br />
Kontakt<br />
Justus Mösers „Wöchentliche Osnabrückische<br />
Projekt jedoch aus wirtschaftlichen Gründen<br />
Anzeigen“ (seit 1766, Maße: <strong>16</strong>x26 cm) aufgeben.<br />
Stadt Osnabrück | Projektbüro im Fachbereich Kultur | Anke Bramlage, E-Mail: bramlage@osnabrueck.de, Tel. 0541 323-4211<br />
www.100tagezeit.de<br />
bis hin zu Carl Rosenthals „Tageblatt“ (1848-<br />
1851,19x24 cm) und Carl Stüves „Volksblatt“<br />
Was reizt am<br />
(1848-1853,20x26 cm) sind dünn und Generalanzeiger?<br />
winzig. Alle Blätter sind höchstens so groß Mit dem neuen „<strong>Osnabrücker</strong> Tageblatt“<br />
wie ein modernes Tablet. 1864 kommt es tritt 1884 eine Zeitung auf den Plan, die zum<br />
zum Bruch dieser Tradition: Die Leser ersten Mal bewusst auf eine parteipolitische<br />
studieren erstmals die „<strong>Osnabrücker</strong><br />
Ausrichtung verzichtet. Kommunales<br />
Zeitung“ im „Doppelfolio“-Format“ das Geschehen, nicht das Parteiprogramm<br />
30x43 cm misst. Jene Größe wird richtungsweisend<br />
steht im Vordergrund. Wirtschaftlich wird<br />
für alle späteren Blätter. Inhaltlich all dies zum eigentlichen Erfolgsrezept:<br />
setzt die von Alexander Liesecke produzierte<br />
Die Einnahmen aus großen Anzeigen und<br />
Zeitung Maßstäbe. Der Leser findet eine privaten Inseraten sprudeln. Die Leserschaft<br />
nie dagewesene Themenfülle: politische, wächst schnell. Und der Preis lässt sich aus<br />
Amts- und Landes-Nachrichten, Lokalmeldungen,<br />
all diesen Gründen konkurrenzlos gering<br />
vermischte Nachrichten, Neues von halten.<br />
Handel und Verkehr, Feuilleton-Meldungen<br />
und Inserate, Aufsätze zur <strong>Osnabrücker</strong><br />
Stadtgeschichte, über <strong>Wissen</strong>schaft,<br />
Klappt Crowdfunding aus<br />
der schmalen Lohntüte?<br />
Ja. Und zwar auch für Zeitungsfreunde mit<br />
kleinem Geldbeutel. Die sozialdemokratische<br />
Freie Presse kann im Jahre 1920 nur<br />
deshalb gegründet werden, weil die zumeist<br />
als einfache Arbeiter tätigen Parteianhänger<br />
Schuldscheine im Wert von 5, 30 oder gar 50<br />
Reichsmark erwerben. Mit dem eingesammelten<br />
Geld werden Räume hergerichtet,<br />
Druckmaschinen angeschafft und Papierrollen<br />
besorgt. Als Trägerin der Zeitung<br />
gründen die Unterstützer eine eingetragene<br />
Druckereigesellschaft. Immerhin 9.000<br />
Exemplare werden es anno 1929 sein, die auf<br />
dieser Basis in Stadt und Umland gelesen<br />
werden können.<br />
Wann gab es die meisten<br />
Tageszeitungen?<br />
In der Weimarer Republik (1919-1933) wetteiferten<br />
fünf (!) Tageszeitungen um die hiesige<br />
Leserschaft: Die <strong>Osnabrücker</strong> Zeitung<br />
ist lange nationalliberal, ab 1931 die Hauspostille<br />
der NSDAP. Die <strong>Osnabrücker</strong> Volkszeitung<br />
ist das örtliche Zentrumsorgan. Als<br />
Generalanzeiger begegnet uns das <strong>Osnabrücker</strong><br />
Tageblatt. Die Freie Presse ist sozialdemokratisch.<br />
Die <strong>Osnabrücker</strong> Allgemeine<br />
Zeitung bedient letztendlich die altkaisertreuen<br />
und nationalistischen Strömungen.<br />
Redaktion des <strong>Osnabrücker</strong> Tageblatts © Medienzentrum Osnabrück // Demütigung von Josef Burgdorf © Landesarchiv Osnabrück //<br />
Portrait © wikimedia.org<br />
Was wissen Nachbarn und<br />
der Briefträger?<br />
Parteipolitisch geprägte Blätter bringen es<br />
mit sich, dass Briefträger und Nachbarn<br />
die politische Gesinnung vieler Menschen<br />
bereits an der Zeitung im Briefkasten erkennen.<br />
Dies wiederum scheint zigtausenden<br />
von Lesern jahrzehntelang aber nicht viel<br />
auszumachen.<br />
Gab es prominente<br />
Schreiber?<br />
Über den von Goethe verehrten Justus<br />
Möser haben wir bereits in der letzten<br />
Nummer berichtet. Der Jurist, Historiker,<br />
zeitweilige Hannoversche Innenminister<br />
und Bürgermeister Johann Carl Bertram<br />
Stüve verschafft sich immer wieder mit<br />
Zeitungsprojekten wie den „Blättern gegen<br />
Branntwein und Berauschung“ oder der<br />
„<strong>Osnabrücker</strong> Volkszeitung“ sein Lesepublikum.<br />
Chef-Kolumnist der <strong>Osnabrücker</strong> Zeitung<br />
ist von 1864-1866 kein Geringerer als der<br />
Mitbegründer der deutschen Sozialdemokratie,<br />
Wilhelm Liebknecht. Seine Beiträge<br />
muss er von fern übermitteln, weil er aus<br />
politischen Gründen polizeilich verfolgt<br />
wird. Wegweiser der deutschen Geschichte<br />
werden auch zwei sozialdemokratische<br />
Verfassungsväter aus <strong>Osnabrücker</strong><br />
Redaktionsstuben: Otto Vesper (<strong>Osnabrücker</strong><br />
Abendpost) gehört zu den Autoren der<br />
Weimarer Verfassung von 1919. Hans<br />
Wunderlich (Freie Presse bzw. Nordwestdeutsche<br />
Rundschau) gilt anno 1949 wie<br />
64 weitere Mitglieder des Parlamentarischen<br />
Rats als ein Vater des Grundgesetzes.<br />
Karl Kühling (CDU), zuletzt Chefredakteur<br />
der Neuen Tagespost und Träger der<br />
Mösermedaille, wird wiederum zum Autor<br />
zahlreicher wegweisender stadtgeschichtlicher<br />
Bücher.<br />
Gab es Wutbürger im<br />
Blatt-Format?<br />
Von 1929 bis 1931 übergießt der „Reformmediziner“<br />
Dr. Heinrich Schierbaum<br />
Osnabrücks Ärzteschaft - immer heftiger<br />
auch Stadtverwaltung, örtliche Zeitungen<br />
und Parteien - mit wahren Schimpfkanonaden.<br />
Jeder, der sich wegen angeblich<br />
ungerechter Behandlung benachteiligt fühlt,<br />
findet in Schierbaums Wochenzeitung<br />
„Der Stadtwächter“ sein Forum. Besonders<br />
hetzerisch gebärdet sich Schierbaum gegen<br />
jüdische Mitbürger. Zunächst enger Bündnispartner,<br />
macht sich der Zeitungsmacher<br />
allerdings später bei den Nazis unbeliebt,<br />
weil er gegen sie eine ebenfalls faschistische<br />
„Weiße Wehr“ aufbauen will. Er stirbt 1934.<br />
Wann ging die<br />
Meinungsfreiheit unter?<br />
Hier spiegelt sich in Osnabrück wider, was<br />
in Deutschland landauf, landab geschieht:<br />
Im Ersten Weltkrieg (1914-1918) lassen<br />
kaiserliche Zensurbehörden<br />
keine Kritik am<br />
Kriegsgeschehen zu. In<br />
der NS-Zeit (1933-1945)<br />
wird die Freie Presse<br />
sofort verboten. Die<br />
katholische <strong>Osnabrücker</strong><br />
Volkszeitung wird<br />
schrittweise gleichgeschaltet<br />
und 1935 mit<br />
der <strong>Osnabrücker</strong> Zeitung<br />
zum offiziellen NSDAP-<br />
Organ „Neue Volksblätter“<br />
zusammengelegt.<br />
1943 wird auch das<br />
<strong>Osnabrücker</strong> Tageblatt<br />
bis 1945 in das Nazi-Blatt<br />
einverleibt.<br />
Wie kam es zur<br />
einen Zeitung?<br />
Im Jahre 1967 ist es mit<br />
dem bis dahin bestehenden<br />
„Dreiklang“ aus sozialdemokratischer<br />
Freier<br />
Presse, der konservativ-<br />
katholischen <strong>Osnabrücker</strong> Tagespost und<br />
dem unabhängigen <strong>Osnabrücker</strong> Tageblatt<br />
vorbei. Die Freie Presse wird als Ortsausgabe<br />
der Bielefelder Neuen Westfälischen bis Ende<br />
1967 ersatzlos eingestellt. Tagespost und<br />
Tageblatt fusionieren zur Neuen<br />
<strong>Osnabrücker</strong> Zeitung. | Heiko Schulze<br />
Redaktion des <strong>Osnabrücker</strong> Tageblatts im Jahr 1910<br />
Postadresse: Bierstraße 17/18 49074 Osnabrück<br />
Tel. 0541-750 23 40 Fax 0541-20 20 622<br />
zeitseeing@osnanet.de<br />
www.osnabrueck-stadtfuehrungen.d e<br />
Inh. Renate Frankenberg<br />
27
STADT- & LANDGESCHICHTEN<br />
1906 fährt die Straßenbahn erstmals durch<br />
Osnabrück. Hier die Haltestelle Lotterstraße.<br />
Eine Träne zum Abschied: 1960 endet das<br />
Zeitalter der Straßenbahn in Osnabrück.<br />
Schlagzeilen<br />
des Jahres 1960<br />
präsentiert: Osnabrück in den 50er und 60er Jahren<br />
14. März<br />
Im New Yorker Hotel Waldorf Astoria<br />
treffen sich der deutsche Bundeskanzler<br />
Konrad Adenauer und der<br />
israelische Ministerpräsident David<br />
Ben Gurion zum ersten Mal persönlich.<br />
Warum verschwand die Straßenbahn?<br />
Die Popularität der Straßenbahn hat ihre letzte Fahrt schon 66 Jahre überdauert. Und auch in<br />
Zukunft wird kaum eine Diskussion über den <strong>Osnabrücker</strong> Nahverkehr auf sie verzichten.<br />
Die Geschichte der „Elektrischen“<br />
begann 1906. Pferdeomnibusse, mit denen<br />
sich die <strong>Osnabrücker</strong> schon im späten 19.<br />
Jahrhundert kutschieren ließen, genügten<br />
den modernen Ansprüchen nicht mehr und<br />
so wurde ein 5.110 Meter langes Streckennetz<br />
entworfen, das auf zwei Linien durch<br />
die Innenstadt führte. Mit bis zu 15 km/h<br />
brachte die „blaue“ Route ihre Fahrgäste<br />
vom Hauptbahnhof zum Neumarkt, folgte<br />
der Großen Straße und steuerte schließlich<br />
über den heutigen Rißmüllerplatz<br />
die Lotter Straße an. Die rote Linie führte<br />
vom Hasetor durch die Hasestraße, nahm<br />
dann ebenfalls Kurs auf die Große Straße<br />
und ratterte anschließend durch die<br />
Johannisstraße bis zum Rosenplatz. In den<br />
folgenden Jahren wurde das Streckennetz<br />
ausgebaut, auch im Schinkel und an der<br />
Hastermühle konnten die <strong>Osnabrücker</strong><br />
nun die „Elektrische“ benutzen. Das<br />
beliebte Verkehrsmittel war allerdings<br />
schon in diesen Anfangsjahren Gegenstand<br />
hitziger Debatten. Die Wirtschaftskrise<br />
nach dem Ersten Weltkrieg erzwang<br />
1922 eine vorübergehende Einstellung<br />
des Betriebs, selten frequentierte<br />
Strecken mussten mit öffentlichen Geldern<br />
subventioniert werden und Anfang der<br />
1930er Jahre störten die nun schon wieder<br />
altertümlichen Metallschleifbügel den<br />
Empfang der nagelneuen Radiogeräte und<br />
mussten auf Kohleschleifbügel umgerüstet<br />
werden.<br />
Wer kam der<br />
Elektrischen in die Quere?<br />
Anderthalb Jahrzehnte später lagen die<br />
Schuttberge des Zweiten Weltkriegs auch<br />
auf den Straßen Osnabrücks. Überdies<br />
musste Strom gespart werden, auch bei<br />
der Elektrischen, die ihre Runden nun mit<br />
größeren, oft unvorhersehbaren Unterbrechungen<br />
drehte. Trotzdem beförderte<br />
sie bald wieder bis zu 70.000 Fahrgäste am<br />
Tag. Doch das Wirtschaftswunder, das<br />
in den 50er Jahren einen überraschend<br />
schnellen Weg aus der Krise bahnte, stellte<br />
das scheinbar unverwüstliche Vehikel<br />
vor noch größere Probleme. Die Straßenbahnen<br />
waren schließlich an ihre Schienen<br />
gebunden und mussten sich den Platz<br />
mit immer mehr Autos teilen, die vor,<br />
hinter und neben der Elektrischen durch<br />
die engen <strong>Osnabrücker</strong> Straßen wollten.<br />
Ein Blick auf die gesamtdeutsche Situation<br />
verdeutlicht die dramatischen Veränderungen:<br />
Zwischen 1957 und 1960<br />
konnten die deutschen Pkw-Hersteller<br />
ihre Inlandsproduktion von rund einer<br />
Million auf 1,8 Millionen Fahrzeuge nahezu<br />
verdoppeln. 1958 rang sich der Stadtrat<br />
zu einer weitreichenden verkehrspolitischen<br />
Entscheidung durch: Die Straßenbahn<br />
sollte abgeschafft und durch Oberleitungsbusse<br />
ersetzt werden, die bereits<br />
seit 1948 unterwegs waren. Osnabrücks<br />
beliebteste Bahn fuhr am 29. Mai 1960<br />
zum letzten Mal in ihr Depot, doch ihr<br />
Nachfolger überlebte sie nicht lange. Die<br />
Masten und Stromleitungen für die unflexiblen<br />
und wenig wirtschaftlichen<br />
Bilder Straßenbahnen © Stadtwerke Osnabrück // Wohnzimmer © arcona L<strong>IV</strong>ING<br />
O-Busse wurden 1968 wieder abgebaut.<br />
Die Zukunft gehörte den frei<br />
beweglichen Bussen, die in Osnabrück<br />
übrigens schon seit 1929 im<br />
Einsatz waren. Andere Kommunen folgten<br />
nicht der <strong>Osnabrücker</strong> Linie. So setzte<br />
beispielsweise die Nachbarstadt Bielefeld<br />
weiter auf die Schiene. Sie verfügt heute<br />
über ein modernes Stadtbahnsystem, das<br />
ständig ausgebaut wird.<br />
Kommt die<br />
Elektrische zurück?<br />
Könnte die Straßenbahn nicht auch im 21.<br />
Jahrhundert eine sinnvolle Alternative im<br />
<strong>Osnabrücker</strong> Personennahverkehr sein?<br />
Ja, meint die Stadtbahn-Initiative, und<br />
das nicht nur aus ökologischen Gründen.<br />
Aber auch einer der besten Kenner der<br />
<strong>Osnabrücker</strong> Verkehrsgeschichte, der<br />
sämtliche Modelle der hier eingesetzten<br />
Elektrischen eigenhändig nachgebaut hat,<br />
hält ein Comeback des ratternden Kultobjekts<br />
zumindest für möglich. „Technisch<br />
ist das absolut machbar und auch<br />
wirtschaftlich würde sich die Wiedereinführung<br />
der Straßenbahn – allein wegen<br />
des sogenannten „Schienenbonus, also<br />
der deutlich höheren Fahrgastzahlen –<br />
auf lange Sicht rentieren. Unsere Partnerstadt<br />
Angers hat ja vorgemacht, dass so<br />
etwas funktionieren kann“, sagt Alfred<br />
Spühr auf Nachfrage von „<strong>Osnabrücker</strong><br />
<strong>Wissen</strong>“. Trotzdem ist der Experte davon<br />
überzeugt, dass es nicht dazu kommen<br />
wird. „In Osnabrück fehlt einfach der<br />
politische Wille, um so eine Maßnahme<br />
konsequent umzusetzen.“<br />
| Thorsten Stegemann<br />
WISSEN KOMPAKT<br />
HAUSHALTE IN DEN<br />
FRÜHEN 60ERN<br />
Haushaltsgeräte, die heute zum<br />
Standard gehören, waren noch<br />
Luxusgüter, als die <strong>Osnabrücker</strong><br />
Straßenbahn ihre letzten Runden<br />
drehte. Das Wirtschaftswunder<br />
sollte daran bald Entscheidendes<br />
ändern, aber Anfang der 60er<br />
besaßen nur 14 % aller westdeutschen<br />
Haushalte ein Telefon.<br />
Einen Fernseher konnten sich<br />
34 % leisten, Kühlschränke gab<br />
es bei 52 %. 47 % der Haushalte<br />
verfügten allerdings über mechanische<br />
Nähmaschinen.<br />
30. März<br />
Die Bundesrepublik vereinbart<br />
Anwerberegelungen für "Gastarbeiter"<br />
mit Griechenland und Spanien.<br />
1955 hatte es bereits eine Vereinbarung<br />
mit Italien gegeben, in den 60ern<br />
folgen weitere mit der Türkei, Marokko,<br />
Portugal, Tunesien oder Jugoslawien.<br />
Das <strong>Osnabrücker</strong> Traditionsunternehmen<br />
Karmann hatte 1959 mit<br />
der Anwerbung ausländischer Arbeitnehmer<br />
begonnen und beschäftigte<br />
ein Jahr später 180 Mitarbeiter aus<br />
Italien und 20 aus Spanien.<br />
21. Juni<br />
Der deutsche Sprinter Armin Hary<br />
läuft in Zürich als erster Mensch der<br />
Welt die 100 Meter in zehn Sekunden.<br />
8. Juli<br />
Arbeitgeber und IG-Metall einigen<br />
sich auf die schrittweise Einführung<br />
der 40-Stunden-Woche.<br />
9. August<br />
Das Jugendarbeitschutzgesetz untersagt<br />
die Beschäftigung von Kindern<br />
unter 14 Jahren. Auch die Akkord- und<br />
Fließbandarbeit für Jugendliche wird<br />
verboten. Für diese Regelung hatte<br />
auch die <strong>Osnabrücker</strong> Arbeiterschaft<br />
jahrzehntelang gekämpft. Schon 1890<br />
entsandte sie eine entsprechende<br />
Resolution an den Deutschen<br />
Reichstag.<br />
8. November<br />
John F. Kennedy wird der jüngste<br />
Präsident der USA.<br />
28<br />
Das "Wohnzimmer" im <strong>Osnabrücker</strong> acrona L<strong>IV</strong>ING,<br />
eingerichtet im original Stil der Wirtschaftswunderzeit.<br />
29
MOMENTAUFNAHMEN<br />
Wie frostig<br />
ist die Region?<br />
Stimmungsvolle Winterlandschaften, wie sie<br />
unser Fotograf Oliver Schratz in der Nähe von<br />
Jeggen gefunden hat, sollten wir genießen! Seit<br />
1989 bescherten uns nur vier Winter mehr als<br />
20 Dauerfrost-Tage mit einer Höchsttemperatur<br />
unter 0,0°C. Im Gegenzug blieb die Region in<br />
der kalten Jahreszeit zumeist von Wetterkatastrophen<br />
verschont. Die letzte hatte es freilich in sich<br />
und ging als „Münsterländer Schneechaos“ in die<br />
Geschichte ein. Am 25. November 2005 fielen<br />
vom Emsland über Osnabrück und Münster bis<br />
hinunter ins Bergische Land und ins Ruhrgebiet<br />
streckenweise 50 Zentimeter Schnee. Es gab rund<br />
2.000 Unfälle und Schäden in Millionenhöhe.<br />
Außerdem waren 250.000 Menschen vom größten<br />
Stromausfall in Deutschland seit Ende des<br />
Zweiten Weltkriegs betroffen. | Thorsten Stegemann<br />
Foto © Blendeneffekte.de, Oliver Schratz<br />
30
STADT- & LANDGESCHICHTEN<br />
Das höchste Gebäude in Osnabrück:<br />
Der Fernmeldeturm auf dem Schinkelberg<br />
WIE HOCH IST OSNABRÜCK?<br />
Auch wenn die New Yorker oder Londoner Skyline wahrscheinlich mehr hermacht, muss<br />
Osnabrück sich mit seinen zum Teil schon historischen Bauwerken nicht verstecken. In luftiger<br />
Höhe lassen sich einige Kirchen, aber auch andere Gebäude antreffen.<br />
Mit einer Höhe von 47 Metern ist die<br />
Herz-Jesu-Kirche das elfthöchste Bauwerk<br />
in der Friedensstadt. Zudem ist sie<br />
die erste römisch-katholische Kirche,<br />
die nach der Reformation in Osnabrück<br />
errichtet wurde. Die Filialkirche, also<br />
Nebenkirche, sollte den angebundenen<br />
Dom St. Peter entlasten und wurde so auf<br />
einem Grundstück der Domschule erbaut.<br />
Vier Meter höher ist der Turm der Hauptkirche,<br />
des Doms. Das jahrhundertealte<br />
Bauwerk fällt mit seinen Doppeltürmen<br />
beim Spaziergang durch die Altstadt direkt<br />
ins Auge. Der Dom St. Peter war nach<br />
der Bistumsgründung<br />
durch<br />
Karl den Großen die erste Kirche in Osnabrück.<br />
Dicht danach folgt die Pauluskirche<br />
im Stadtteil Schinkel mit 53 Metern. Die<br />
evangelisch-lutherische Kirche besticht<br />
mit seinen auffälligen schwarzen Dach<br />
und dem schlanken Kirchturm.<br />
Auf Platz acht folgt die 56 Meter hohe<br />
St. Joseph Kirche mit der größten Kuppel<br />
Nordwestdeutschlands. Nach einer aufwendigen<br />
Renovierung der Kirche an der<br />
Miquelstraße befindet sich ebenfalls das<br />
Gemeindehaus in der Kirche.<br />
Einen Meter mehr verzeichnet die<br />
Johanniskirche. Mit ihrem Doppelturm<br />
erinnert die katholische Kirche spontan an<br />
den Dom. Doch St. Johann wurde deutlich<br />
später erbaut und ist durch seinem langgestreckten<br />
Hauptteil eine Hallenkirche.<br />
Vielen <strong>Osnabrücker</strong>n ist es bekannt:<br />
Das Iduna-Hochhaus am Erich-Maria-<br />
Remarque-Ring. Auf 67 Metern Höhe und<br />
21 Etagen ergeben sich zahlreiche Wohnmöglichkeiten.<br />
Was in den 1970er-Jahren<br />
noch revolutionär war, steht mit seiner<br />
graubraunen Außenfassade inmitten der<br />
Innenstadt. Das höchste Haus Osnabrücks<br />
prägt das Stadtbild jedoch ungemein. Auf<br />
dem nächsten Platz tummeln sich gleich<br />
zwei <strong>Osnabrücker</strong> Bauwerke. Mit 81<br />
Metern konkurrieren die Marienkirche<br />
und der Turm der Lackierhalle von VW<br />
Osnabrück um den vierten Platz. Direkt<br />
Luftbild © Frank Wollinger // Fernemeldeturm Schinkel © Deutsche Telekom AG<br />
am Marktplatz, neben<br />
dem <strong>Osnabrücker</strong> Rathaus, befindet sich<br />
eins der bedeutendsten Baudenkmäler<br />
der Stadt. Die evangelisch-lutherische<br />
Marienkirche ermöglichte archäologische<br />
Grabungen, durch die sich die Baugeschichte<br />
nachvollziehen ließ. So konnten<br />
mindestens drei Vorgängerbauten nachgewiesen<br />
werden.<br />
Im Industriegebiet Fledder ragt der VW-<br />
Turm in die Höhe. Anlass für die Montage<br />
des strahlende VW-Emblems war der Besuch<br />
des ehemaligen Bundespräsidenten<br />
Christian Wulff im Jahr 2011. Die<br />
Katharinenkirche knackt die Hundertermarke!<br />
Mit 103 Metern ist die<br />
Hallenkirche die höchste Kirche in<br />
Osnabrück. Der letzte Luftangriff auf die<br />
Hasestadt Ende des Zweiten Weltkrieges<br />
traf St. Katharinen hart. Aber es verging<br />
nicht viel Zeit, bis die Kirche 1950 wieder<br />
eingeweiht werden konnte.<br />
Auch auf dem Siegertreppchen stehen<br />
die drei Windkraftanlagen im Windpark<br />
am Piesberg mit jeweils 109 Metern<br />
Nabenhöhe. Mit einer Rotorgeschwindigkeit<br />
von bis zu 300 km/h und der Alt-<br />
Anlage aus dem Jahr 2002 können 3.900<br />
<strong>Osnabrücker</strong> Haushalte allein durch den<br />
Piesberger Ökostrom versorgt werden.<br />
Unangefochten an der Spitze der<br />
<strong>Osnabrücker</strong> Skyline ist der Fernmeldeturm<br />
auf dem Schinkelberg. Das eigentliche<br />
Bauwerk bringt es hierbei auf 126<br />
Meter, zählt man die Antenne hinzu, ragt<br />
der Funkturm sogar in 158 Meter Höhe.<br />
Auf 550 Treppen geht es sportlich nach<br />
oben in das Betriebsgeschoss. Ein Aufzug<br />
schafft die Strecke in 100 Sekunden.<br />
Die Top Eleven der höchsten Bauwerke<br />
in Osnabrück können sich in jedem Fall<br />
sehen lassen. Wer hoch hinaus will, kann<br />
sonntags von 11.30 bis 13 Uhr sein Durchhaltevermögen<br />
unter Beweis stellen.<br />
Wer die Treppen zum Marienkirchturm<br />
besteigt, kann sich auf einen atemberaubenden<br />
Ausblick freuen. | Eva Specker<br />
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06<br />
Deutschland verändert sich:<br />
Was für Folgen hat der<br />
demografische Wandel?<br />
10<br />
Steuerberater Marc Gösling verrät:<br />
Welche Steuervorteile können<br />
Immobilien bringen?<br />
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Ratgeber für Interessenten & Investoren<br />
Top-Thema:<br />
WANN WIRD DIE IMMOBILIE<br />
ZUR ALTERSVORSORGE? 04<br />
19<br />
Förderungen und Qualitätssiegel:<br />
Was bedeutet der Begriff<br />
„KfW-Standard“?<br />
21<br />
Pflegeimmobilien als sichere<br />
Kapitalanlage<br />
Barrierefrei bauen in nur 12 Monaten:<br />
Wie individuell ist der Bau von<br />
Pflegeeinrichtungen?<br />
33
LEBEN & GESELLSCHAFT<br />
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Wie schafft man einen Schrank(t)raum?<br />
Wenn die Klamotten wieder einmal eher zerknittert als tragfähig sind und Ordnung weit entfernt scheint, entsteht<br />
schnell der Wunsch nach einem größeren, komfortableren oder vielleicht sogar begehbaren Kleiderschrank.<br />
7 hilfreiche Tipps für mehr<br />
Ordnung im Kleiderschrank<br />
1. Überblick verschaffen!<br />
Was hat man? Was kann weg? Kleidung, die seit<br />
einem Jahr nicht mehr getragen wurde, kann<br />
(wirklich!) in die Altkleidersammlung wandern.<br />
2. Logistische Meisterleitung<br />
Was möchte man hängen und was wird<br />
zusammengelegt? Wie viele Kleiderbügel,<br />
Regale, Kästen oder Schubladen braucht man<br />
für seine Kollektion? Planung ist die halbe Miete<br />
beim Neuanfang im Kleiderschrank.<br />
3. Alles Wichtige im Blick<br />
Lieblingsteile, die man oft trägt, griffbereit nach<br />
vorne hängen - was wenig zum Einsatz kommt,<br />
findet weiter hinten, ganz oben oder unten<br />
seinen Platz.<br />
Clevere Schranklösungen. Vom klassischen Schwebetüren- oder<br />
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Bilder © Kluso Möbelgalerie<br />
Dabei ist ein geordneter Schrank überhaupt<br />
nicht schwer zu realisieren, wie der<br />
Schlafraumspezialist Andreas Sommer<br />
von der Kluso Möbelgalerie erklärt.<br />
Sogar sieben einfache Tipps für<br />
zukünftige Ordnung im Kleiderschrank<br />
verrät er im Info-Kasten rechts.<br />
Machen begehbare Kleiderschränke<br />
nur in einer großen Villa Sinn?<br />
In nahezu jeder Wohnung und allen Zimmern<br />
ist es möglich, mit den richtigen<br />
Schrankkonstruktionen und für oft schon<br />
kleines Budget Ordnung zu schaffen. Schaut<br />
man sich genau um, werden selbst in einer<br />
kleinen Wohnung Nischen und Ecken<br />
sichtbar, die ungenutzt sind – perfekte<br />
Plätze für moderne Schranksysteme. Vor<br />
allem Schiebetüren sind bei Schranklösungen<br />
oft von Vorteil. Da sie sich zur<br />
Seite öffnen lassen, nehmen sie wenig Platz<br />
weg. „Außerdem kann man zwischen<br />
verschiedenen Materialien und Optiken<br />
aus zum Beispiel Holz, Glas, Tapete<br />
oder Stoff wählen“, erklärt Andreas<br />
Sommer und fügt hinzu: „Mit einem<br />
aufgedruckten Wunschmotiv auf den<br />
Elementen wird der Schrank sogar schnell<br />
zu einem individuellem Unikat“.<br />
Wie löst man schräge Situationen?<br />
Schrägen sorgen für Gemütlichkeit, können<br />
aber auch einengen und verwehren<br />
Standardlösungen schnell den nötigen<br />
Platz. Hier können maßgenaue Einbauschränke<br />
und Schiebetürelemente helfen.<br />
Die Führungsschienen, durch die die<br />
Schiebetüren leise hin- und hergleiten<br />
können, werden hierbei einfach maßgefertigt<br />
vom Fachmann in die Schräge<br />
integriert. Zusätzlich passen sich abgeschrägte<br />
Türflügel ganz genau<br />
dem Winkel an. So kann auch trotz<br />
schwieriger Dachschrägen erstaunlich viel<br />
Stauraum erreicht werden.<br />
Ob mit oder ohne Schräge konstruiert - für<br />
Sommer steht fest: „Auf Maß angefertigte<br />
Konstruktionen wirken um ein vielfaches<br />
eleganter und durch Lösungen vom Boden<br />
bis zur Decke oder von einer zur anderen<br />
Wand wirkt der Raum stets deutlich aufgeräumter.“<br />
Können maßgefertigte<br />
Schränke umziehen?<br />
Auch dies ist laut Sommer nicht so schwer,<br />
wie oft angenommen. Wer sich von seinem<br />
Schranksystem beim Umzug nicht trennen<br />
kann oder zwecks Übernahme des Nachmieters<br />
oder Immobilien-Käufers keine<br />
Einigung findet, kann das System in der<br />
Regel auch mitnehmen. Natürlich passen<br />
die extra angefertigten Konstruktionen<br />
bei einem Umzug mit hoher Wahrscheinlichkeit<br />
nicht 1:1 in den neuen Raum. Die<br />
Elemente können aber meist gekürzt oder<br />
gekonnt vom Spezialisten verlängert,<br />
erneut individuell eingepasst und so auch<br />
im zukünftigen Zuhause weiter optimal<br />
genutzt werden. | Kristina Hoffmann<br />
4. Die Sortierung macht‘s<br />
Die Kleidungsstücke nach Farbe, Art oder Saison<br />
ordnen - erleichtert nach dem Winter das<br />
Wiederfinden der Frühlingsmode und nach dem<br />
Sommer das der warmen Kleidungsstücke.<br />
5. Licht ins Dunkel bringen<br />
Damit Kleidungsstücke in hinteren Ecken nicht<br />
in Vergessenheit geraten, kann man durch<br />
LED-Leuchten sowohl außerhalb des Schranks<br />
als auch im Inneren für gute Ausleuchtung<br />
sorgen. Und sieht schick aus!<br />
6. Schal-T(r)ick<br />
Kann man sich vor Schals und Tüchern kaum<br />
retten, können auch mal einfache Handtuchstangen<br />
helfen. Innen angebracht bieten sie<br />
eine praktische Möglichkeit, um die Halswärmer<br />
aufzuhängen.<br />
7. Living in a box<br />
Um (nicht nur) Schuhe vor dem Zustauben zu<br />
retten, kann man durchsichtige Kunststoffboxen<br />
nutzen. So sieht man auch direkt, was<br />
drin ist. Alternativ sollten blickdichte Aufbewahrungsboxen<br />
immer beschriftet werden.<br />
35
LEBEN & GESELLSCHAFT<br />
LEBEN & GESELLSCHAFT<br />
Wer feiert Gottesdienst im Ledenhof?<br />
Die christlichen Kirchen haben seit Jahren ein Problem: Ihre Gemeindemitglieder und<br />
Gottesdienstbesucher werden immer weniger. 2015 verzeichnete allein das Bistum Osnabrück<br />
3.010 Kirchenaustritte. Doch es gibt Menschen, die den Trend stoppen und Glauben und Kirche<br />
neu gestalten wollen.<br />
„Schön, dass Du da bist!“ heißt es an der<br />
Eingangstür des Ledenhofs in weißer<br />
Kreide auf einer großen, schwarzen Tafel.<br />
Hier findet ein Gottesdienst statt, doch an<br />
Kirche, Gebete und Messe denkt man<br />
nicht unbedingt, wenn der Blick auf das<br />
Buffet mit Kaffee, Kuchen und Leckereien<br />
fällt. Blumensträuße zieren die kleinen<br />
Tische. Vorne steht ein Flügel - Gitarre,<br />
Beamer und Laptop sind ebenfalls<br />
aufgebaut.<br />
Findet hier wirklich ein Gottesdienst statt?<br />
„Ja, klar“, sagt Tom Herter, Gemeindegründer<br />
und Pastor der Freien evangelischen<br />
Gemeinde Osnabrück (FeG). „Man<br />
muss sich in einer Gemeinde wohlfühlen<br />
und locker über das Thema Glauben<br />
sprechen können.“<br />
Wer dient wem?<br />
Nur noch wenige Christinnen und<br />
Christen gehen sonntags zum Gottesdienst<br />
oder beten das Vaterunser. Was<br />
früher ein Event für die ganze Familie<br />
war und ausschließlich in schicker<br />
Garderobe besucht wurde, ist heute oft<br />
nur noch eine Gewohnheit der älteren<br />
Generation. Für viele junge Menschen<br />
werden Gottesdienste schnell langweilig<br />
und ermüdend. „Die Kirche muss dem<br />
Menschen dienen und nicht der Mensch<br />
der Kirche“, sagt Tom Herter und ergänzt:<br />
„Man beschäftigt sich im Laufe des Lebens<br />
zwangsläufig mit den unterschiedlichsten<br />
Themen. Und nicht nur die Themen ändern<br />
sich, sondern auch der Mensch selbst. In<br />
einer Gemeinde, in der sich nichts tut,<br />
fühlt sich niemand wohl.“<br />
Aus diesem Grund stehen neue Aspekte<br />
im Vordergrund der FeG-Gottesdienste,<br />
die einmal im Monat stattfinden. Mal<br />
geht es um Beziehung, Partnerschaft<br />
und Sexualität, ein anderes Mal um die<br />
Berufswelt und die Frage, was der<br />
christliche Glauben damit zu tun hat.<br />
„Eine flexible Gemeinde, in der der<br />
Glaube authentisch gelebt wird und<br />
nichts peinlich sein muss“, schmunzelt<br />
Herter. Das klingt schon weniger nach<br />
einem müden Gähnen auf der Kirchenbank<br />
zwischen Predigt und Fürbitte.<br />
Wie funktioniert eine<br />
Gemeindegründung?<br />
Die Gründung einer Gemeinde ist<br />
vergleichbar mit dem Beginn eines<br />
Bilder © Philipp Eifler; nia-wortmusik.de<br />
Start-Up-Unternehmens. Dabei gibt es<br />
keine Prototypen. Die persönliche Überzeugung,<br />
der christliche Glaube, aber<br />
vor allem das Engagement stehen im<br />
Vordergrund. Doch eine Gemeindegründung<br />
ist kein Einzelprojekt. Tom Herter<br />
bestätigt, dass Menschen, die ehrenamtlich<br />
mitmachen und selbst gestalten<br />
wollen, das wichtigste Element sind.<br />
Außerdem müsse man schnell online sein<br />
und viral mitmischen. „Wir laden Euch<br />
zu unserem Gottesdienst nächste Woche<br />
ein!“ oder „Unsere Gemeinde verändert<br />
sich. Und damit auch unsere<br />
Homepage!“ – die FeG<br />
ist natürlich auch bei<br />
Facebook.<br />
Die Freie evangelische Gemeinde<br />
finanziert sich ausschließlich über<br />
Spenden. Der größte Teil kommt von<br />
der Inland-Mission, die zum Bund<br />
Freier evangelischer Gemeinden<br />
gehört. Aber auch einige private Spenden<br />
gehen auf das Konto der Gemeinde ein.<br />
Es ertönt die bis gerade noch schweigsame<br />
Gitarre im Ledenhof. In seiner<br />
Predigt spricht Tom Herter über moderne<br />
Themen und alltägliche Situationen. Da<br />
geht es auch schon mal um „Apps auf dem<br />
Smartphone“, „Sich im Club kennenlernen“<br />
oder „Pille und Pornografie“.<br />
Und nach dem Gottesdienst<br />
klappern dann wieder<br />
die Kaffeetassen.<br />
| Kristina Hoffmann<br />
WISSEN KOMPAKT<br />
EVANGELISCHE FREIKIRCHEN<br />
Freikirchliche Gemeinden befürworten<br />
die Trennung von Kirche<br />
und Staat. Aus diesem Grund wird<br />
auch keine Kirchensteuer erhoben,<br />
die Mitglieder spenden freiwillig.<br />
Außerdem sehen die meisten Freikirchen<br />
von der Säuglingstaufe ab.<br />
Jeder Mensch soll als Erwachsener<br />
frei entscheiden können, ob, wie<br />
und wann er getauft wird. Gemeindemitglieder<br />
können gleichzeitig<br />
Engagierte sein, die ihre Gemeinde<br />
selbst gestalten.<br />
Die evangelischen Freikirchen<br />
teilen das Erbe der Reformation,<br />
betonen die Verantwortung des<br />
Gewissens des Einzelnen und<br />
die Selbstständigkeit der Ortsgemeinde.<br />
Gleichzeitig sind sie untereinander<br />
und mit anderen Kirchen<br />
verbunden.<br />
Mehr gibt es hier: www.feg.de<br />
und www.feg-osnabrueck.de<br />
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37
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Coaching-Serie<br />
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LEBEN & GESELLSCHAFT<br />
Persönlichkeits-Ratgeber | Teil 1<br />
Was wird aus den<br />
guten Vorsätzen für 2017?<br />
Diät! Mehr Sport!! Mit dem Rauchen aufhören!!! Früher ins Bett gehen!!!! Weniger Alkohol!!!!! Die<br />
Liste der guten Vorsätze ist immer lang. Gerne am 1.1. des Jahres sagen wir: Ab jetzt wird alles<br />
anders ... und dann?<br />
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Quid agis* Akademie<br />
Dieser Beitrag von Daniela A. Ben Said<br />
eröffnet eine neue Kooperation mit der<br />
Quid agis*-Akademie. Sie bildet seit<br />
2013 Coaches, Trainer und Speaker<br />
aus. Ab 2017 handelt es sich um eine<br />
Fern-Ausbildung, sodass Interessentinnen<br />
und Interessenten zu jeder Zeit und<br />
völlig unabhängig von beruflichen oder weiteren<br />
Verpflichtungen in eine neue Karriere<br />
starten können.<br />
Ab sofort steuern Daniela A. Ben Said und<br />
ihre Speaker zu jeder Ausgabe einen Artikel<br />
für „<strong>Osnabrücker</strong> <strong>Wissen</strong>“ bei.<br />
Bild oben © Visions-AD, fotola.de // Workshop Bilder © Quid agis*, Daniela A. Ben Said<br />
Die Diät weicht der Schokolade, der<br />
Sport macht keinen Spaß, die Serie am<br />
Abend war dann doch zu spannend<br />
und so ein Glas Wein mit Freunden<br />
soll man sich auch nicht verwehren.<br />
Würden wir nur die Hälfte der guten<br />
Vorsätze umsetzen, dann wären wir heute<br />
wahrscheinlich ein gesunder, sportlicher<br />
und gut ausgeschlafener Mensch.<br />
Doch warum versuchen wir eigentlich<br />
immer wieder, zum Beginn eines neuen<br />
Jahres unser Leben umzukrempeln? Und<br />
warum scheitern wird damit in schöner<br />
Regelmäßigkeit?<br />
Warum werden wir schwach?<br />
Weil es oft gar nicht unsere Ziele sind,<br />
sondern nur Ziele von denen wir glauben,<br />
dass wir das tun sollten. Vor einer Hochzeit<br />
kann fast jede Frau die Disziplin eines<br />
Olympioniken aufbringen, weil sie will,<br />
dass die Hochzeitsbilder auf dem Kaminsims<br />
einfach wunderschön sind. Das ist<br />
dann ihre eigene Motivation. Wenn es nur<br />
darum geht, „man müsste sich mal gesünder<br />
ernähren“ ist einfach die Motivation<br />
nicht hoch genug.<br />
Wie schaffe ich es<br />
denn nun doch?<br />
1. Konkrete Ziele ins Auge fassen<br />
Setzen Sie sich ein ganz klares Ziel: Was<br />
will ich wie genau bis wann erreicht haben.<br />
Formulieren Sie ihr Ziel positiv (also nicht:<br />
ich will nicht mehr so viel Fast food essen<br />
– sondern – ich ernähre mich täglich mit<br />
Gemüse und Eiweiß.) Fragen Sie sich auch,<br />
was so gut daran ist, wenn Sie das Ziel erreicht<br />
haben und wie Sie sich dann fühlen.<br />
Sie müssen Bock auf ihr Ziel haben! Dann<br />
wird’s auch was mit der Umsetzung.<br />
2. Wer schreibt, der bleibt<br />
Das wussten unsere Großeltern schon:<br />
Wer schreibt, der bleibt. Es ist dann verbindlicher<br />
– so eine Art Vertrag mit uns<br />
selbst. Ein kleiner Zettel am Kühlschrank<br />
appelliert ans schlechte Gewissen und<br />
kann so daran erinnern, dass man sich<br />
heute eigentlich noch bewegen wollte.<br />
Hilfreich sind auch Tagebücher, in denen<br />
Erfolge und Misserfolge festgehalten<br />
werden.<br />
3. In kleinen Schritten zum Erfolg<br />
Viele Menschen setzen sich die Ziele<br />
zu hoch oder wollen zu viel auf einmal.<br />
Beginnen Sie mit einem perfekten Tag<br />
pro Woche und wenn das klappt – dann<br />
kommt der 2 Tag dazu usw. Wer alles auf<br />
einmal umsetzen will, hat das Scheitern<br />
schon vorprogrammiert.<br />
4. Sich regen, ist Segen! Und darüber<br />
reden bringt den Erfolg.<br />
Sprechen Sie mit Freunden und Bekannten<br />
über die Ziele. So fühlen Sie sich gleich<br />
stärker verpflichtet. Sinnvoll ist es auch,<br />
sich Gleichgesinnte zu suchen oder die<br />
ganze Familie miteinzubinden.<br />
5. Belohnen Sie sich!<br />
Belohnen Sie sich, auch für kleine Erfolge!<br />
Das streichelt die Seele, sorgt für Glücksmomente<br />
und motiviert, sein Ziel weiter<br />
zu verfolgen.<br />
Werden diese Tipps umgesetzt, stehen die<br />
Chancen nicht schlecht, dass die guten<br />
Vorsätze sogar den Februar erleben. Bei<br />
allen Vorsätzen ist es immer gut, sie sich<br />
zu setzen, da die Reflektion über sich selbst<br />
ein erster Schritt ist, um Dinge zu verändern.<br />
Und das können wir an 365 Tagen<br />
im Jahr jeden Tag wieder neu üben.<br />
Dabei wünsche ich Ihnen viel Erfolg.<br />
Und sollte ein Vorsatz sein, glücklicher zu<br />
sein, besuchen Sie unsere Tournee:<br />
www.allendorfundriehl-live.de/<br />
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Herzlichst, Ihre<br />
Daniela A. Ben Said<br />
Quid agis* GmbH<br />
Scharfe Hegge 35 · 49086 Osnabrück<br />
E-Mail: info@quid-agis.de<br />
Telefon: 05 41 / 58 05 78-10<br />
www.danielabensaid.com<br />
39
SPORT & GESUNDHEIT<br />
Hier werden koordinierte Fehleranalysen<br />
durchgeführt, außerdem beschäftigen sich<br />
Arbeitsgruppen mit Fragen des Risikomanagements,<br />
OP-Checklisten, Armbändern<br />
zur Patientenidentifizierung, Notfalltrainings,<br />
Medikationsplänen und anderen<br />
Aspekten der Qualitätssicherung. Am Ende<br />
geben die Experten praktische Empfehlungen<br />
zur Verbesserung der Patientensicherheit,<br />
die von allen Krankenhäusern frei<br />
genutzt werden können.<br />
Auf dem Finkenhügel profitiert man schon<br />
seit geraumer Zeit von der Arbeit des<br />
Aktionsbündnisses. Etwa bei den vielfältigen<br />
Sicherheitsvorkehrungen einer<br />
bevorstehenden Operation sowie der zweifelsfreien<br />
Identifikation von Patienten<br />
in jeder Situation. Außerdem führte das<br />
Klinikum das von dem Aktionsbündnis<br />
initiierte Meldesystem für sicherheits-<br />
relevante Ereignisse im Krankenhaus ein.<br />
Das „Critical Incident Reporting System“<br />
sammelt Behandlungsfehler und erforscht<br />
präventive Maßnahmen, um eine Wiederholung<br />
auszuschließen.<br />
„Nach den vielen positiven Erfahrungen<br />
mit diesem Netzwerk möchten wir uns<br />
auch selbst engagieren und mit unseren<br />
Experten an Methoden zur Verbesserung der<br />
Patientensicherheit arbeiten“, erklärt Steffen<br />
Jaeger. „Als aktiver Teil des Bündnisses<br />
sind wir außerdem noch enger mit den<br />
Themen befasst und können Optimierungspotentiale<br />
schneller erkennen und umsetzen.“<br />
| Redaktion<br />
WISSEN KOMPAKT<br />
WAS IST PATIENTENSICHERHEIT?<br />
Das Aktionsbündnis definiert den<br />
zentralen Begriff als „Abwesenheit<br />
unerwünschter Ereignisse“.<br />
Darunter sei „ein schädliches<br />
Vorkommnis“ zu verstehen, „das<br />
eher auf der Behandlung denn auf<br />
der Erkrankung beruht. Es kann<br />
vermeidbar oder unvermeidbar<br />
sein.“<br />
- Anzeigensonderseite -<br />
Wer sorgt für mehr Patientensicherheit?<br />
Die Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen der Bundesärztekammer<br />
entschieden im Jahr 2015 insgesamt 7.215 Mal<br />
über mutmaßliche Behandlungsfehler bundeseweit. In 2.132<br />
Fällen lag tatsächlich ein Fehlverhalten von Seiten des medizinischen<br />
Fachpersonals vor - für 1.774 Patienten ergab sich<br />
Im Herbst 20<strong>16</strong> ist das Klinikum Osnabrück dem „Aktionsbündnis<br />
Patientensicherheit“ beigetreten. In dem bundesweiten<br />
Experten-Netzwerk, das als gemeinnütziger Verein fungiert,<br />
engagieren sich Krankenhäuser, Fach- und Berufsverbände,<br />
Patientenorganisationen, Krankenkassen, Haftpflichtversicherungen<br />
und andere Akteure aus dem Gesundheitswesen.<br />
Ihr gemeinsames Ziel lautet: Aus Fehlern lernen und so mehr<br />
Sicherheit in der medizinischen Versorgung schaffen!<br />
daraus ein Anspruch auf Entschädigung. Im Vergleich zu den<br />
rund 700 Millionen ambulanten und stationären Behandlungsfällen<br />
bewegt sich die Zahl der Fehler im Promillebereich. Doch<br />
Steffen Jaeger, der Leiter des Qualitäts- und Risikomanagements<br />
am Klinikum Osnabrück, weiß, dass diese Zahlen die Realität nur<br />
Bild außen rechts OP Raum, Bild oben groß © Klinikum Osnabrück, //<br />
Armband © praisaeng, fotoila,de // Klemmbett © Peter Atkins; fotolia.de<br />
unvollständig abbilden.<br />
„Strittige Fälle sind hier ebenso wenig<br />
berücksichtigt wie diejenigen, die durch<br />
einen Vergleich beigelegt werden. Außerdem<br />
gibt es deutschlandweit im<br />
Bereich der Behandlungsfehler eine<br />
Dunkelziffer. Von all dem abgesehen ist<br />
natürlich jeder Fehler einer zu viel, weil er<br />
für die Betroffenen schwerwiegende Folgen<br />
haben kann“, sagt Jaeger.<br />
Es gibt also gute Gründe, das Thema<br />
Patientensicherheit noch stärker als bisher<br />
in den Fokus zu rücken. Das Aktionsbündnis<br />
bietet dafür eine optimale Basis.<br />
Klinikum Osnabrück GmbH<br />
Am Finkenhügel 1 · 49076 Osnabrück<br />
Telefon: : 0541 405 0 · Fax: 0541 405 4997<br />
E-Mail: info@klinikum-os.de<br />
www.klinikum-os.de<br />
40 41
SPORT & GESUNDHEIT<br />
Welcher Schwergewichtsboxer wurde nach<br />
einem Friedensnobelpreisträger benannt?<br />
4. September 1949: Rund 10.000 Besucher<br />
drängen sich auf dem Gelände des OTV, um<br />
den Kampf des <strong>Osnabrücker</strong> Schwergewichtlers<br />
Wilson Kohlbrecher gegen seinen Berliner Konkurrenten<br />
Hans-Joachim Drägestein zu verfolgen. Doch auch der<br />
Unparteiische erregt das Interesse des Publikums: Es ist<br />
kein Geringerer als Weltmeister Max Schmeling.<br />
Die Besten köche<br />
der<br />
region<br />
ESSEN & TRINKEN<br />
präsentiert von<br />
Drägestein ist zwei Jahre zuvor noch<br />
selbst gegen Schmeling angetreten und<br />
kennt auch seinen aktuellen Kontrahenten<br />
gut. Beide haben sich bereits mit wechselndem<br />
Erfolg im Ring gegenübergestanden.<br />
Doch an diesem Tag nutzt Kohlbrecher<br />
den Heimvorteil. An der Jahnstraße,<br />
wo sich heute das Uni-Sportzentrum<br />
erstreckt, besiegt er Drägestein nach<br />
Punkten.<br />
Ein knappes Jahr später kämpft<br />
Wilson Kohlbrecher auf der Berliner<br />
Waldbühne. Doch gegen den<br />
amtierenden Deutschen Meister<br />
steht er auf verlorenem Posten.<br />
Hein ten Hoff streckt den Herausforderer<br />
schon in der 2. Runde auf<br />
den Ringboden. 1952 bekommt<br />
Kohlbrecher eine weitere große<br />
Chance. In der Dortmunder<br />
Westfalenhalle kämpft er gegen<br />
Heinz Neuhaus um die Europameisterschaft<br />
im Schwergewicht.<br />
Aber auch diesmal geht<br />
der schlagstarke <strong>Osnabrücker</strong><br />
k.o. – allerdings erst in der vierten<br />
Runde. Wilson Kohlbrecher<br />
wurde am 9. November<br />
1918 in Hannover geboren. Der weltpolitisch<br />
interessierte Vater, der sein Geld<br />
als „Klempner“ verdiente, soll ihn nach<br />
dem amerikanischen Präsidenten Woodrow<br />
Wilson benannt haben, dem wegen<br />
seiner Verdienste um die Gründung des<br />
Völkerbundes der Friedensnobelpreis<br />
verliehen wurde. Kohlbrecher Jr. setzte<br />
allerdings eher auf handfeste Argumente.<br />
Nach einer erfolgreichen Zeit als Amateur<br />
wurde er 1947 Profiboxer. Die <strong>Osnabrücker</strong><br />
Klempner-Firma Kohlbrecher habe<br />
nun Aussicht, „mit erheblichem Kapitalaufwand<br />
ausgebaut zu werden“, schrieb<br />
„Der Spiegel“, denn figürlich sei Wilson<br />
immerhin ein deutscher Joe Louis: „Keine<br />
Unze Fett auf den Rippen; dafür aber mit<br />
unwahrscheinlichen Muskelpaketen<br />
gesegnet.“ Max Machon übernahm<br />
schließlich die Betreuung des Schwergewichtlers.<br />
Er wolle Kohlbrecher so<br />
herausbringen, „wie er es verdient“,<br />
gab der langjährige Manager von Max<br />
Schmeling zu Protokoll. Bis 1954 absolvierte<br />
der Boxer 45 Kämpfe, 26 Mal<br />
verließ er den Ring als Sieger. Doch zehn<br />
Niederlagen verhinderten den ganz großen<br />
Durchbruch. Nach dem Ende seiner<br />
Laufbahn war er – in Deutschland und den<br />
USA – noch lange Jahre als Catcher<br />
aktiv. Wilson Kohlbrecher starb am<br />
1. September 1972. | Thorsten Stegemann<br />
Autogrammkarte © Privatarchiv<br />
Bilder © Steigenberger Remarque<br />
www.dransmann.com<br />
Wo treffen sich Frische und Vielfalt aus der Region?<br />
Teil 2: Rotweinschaumsuppe mit Lammfilet und Artischocken<br />
Klassische Stilelemente im modernen Ambiente - seit August 20<strong>16</strong> präsentiert sich<br />
das Restaurant im Steigenberger Hotel Remarque in ungewohnter Optik. Showküche<br />
und die Weinwirtschaft erstrahlen in neuem Glanz. Eines aber ist gleich<br />
geblieben: Das Haus gehört weiter zu den festen Größen der <strong>Osnabrücker</strong><br />
Gastronomieszene.<br />
Küchendirektor Andreas Klatt und Küchenchef<br />
Jürgen Kloester sind seit 18 Jahren die<br />
Garanten für kulinarische Erlebnisse der besonderen<br />
Art. Und das kommt nicht von Ungefähr.<br />
„Regional trifft bei uns auf regional. z.B.<br />
beziehen wir den Spargel aus Damme. Unsere<br />
Küche ist einfach und jeder findet hier etwas“,<br />
erläutert Jürgen Kloester.<br />
Nachdem Andreas Klatt in unserer letzten<br />
Ausgabe in Rotwein geschmorte Ochsenbäckchen<br />
präsentierte, verrät uns Kloester heute<br />
das Rezept für Rotweinschaumsuppe mit<br />
Lammfilet und Artischocken. | Redaktion<br />
Einkaufsliste (für 4 Personen)<br />
0,75 l Rotwein<br />
0,25 l roter Portwein<br />
10 g Zucker<br />
300 g Wurzelgemüse<br />
(Schalotten, Sellerie, weißer Lauch)<br />
0,6 l Geflügelbrühe<br />
0,4 l Sahne<br />
etwas Piment<br />
Wacholder<br />
Estragon<br />
4 Lammfilets<br />
4 Artischocken<br />
Butter<br />
Rosmarin & Thymian<br />
Salz & Pfeffer<br />
Zubereitung<br />
„Rotweinschaumsuppe“<br />
mit Lammfilet und Artischocken<br />
Rot- und Portwein zusammen mit dem<br />
Zucker auf 0,1 l reduzieren. Wurzelgemüse<br />
putzen, schneiden, anschwitzen<br />
und mit Brühe, Sahne auffüllen. Gewürze<br />
dazugeben und köcheln lassen, anschließend<br />
durch ein feines Sieb passieren.<br />
Mit Salz und Pfeffer abschmecken, die<br />
Rotwein-Reduktion zugeben und aufmixen.<br />
Artischocken putzen, vierteln und in<br />
Salzwasser blanchieren. In Butter mit<br />
Rosmarin & Thymian braten.<br />
Lammfilets ebenfalls in Butter mit Rosmarin<br />
& Thymian braten, mit Salz & Pfeffer würzen.<br />
Lammfilets aufschneiden, zusammen mit<br />
den Artischocken in einem Teller arrangieren,<br />
mit der Suppe angießen.<br />
Wir wünschen Guten Appetit!<br />
42
NATUR & UMWELT<br />
Wer kennt die prachtvollste<br />
Antilope Afrikas?<br />
Die Großen Kudus gehören als eine von insgesamt sechs<br />
Antilopenarten im Zoo Osnabrück sicherlich zu den ruhigeren, unauffälligeren Tieren unter den<br />
Zoobewohnern. Dabei sind sie aber alles andere als langweilig:<br />
Geschichte(n) aus dem<br />
NATUR & UMWELT<br />
Sie leben zusammen mit den Netzgiraffen,<br />
Straußen und verwandten Antilopen wie den<br />
Impalas und Ellipsenwasserböcken auf der<br />
großen Anlage in der afrikanischen Tierwelt<br />
„Samburu“. Ursprünglich kommen Große<br />
Kudus aus Zentral-, Ost- und Südafrika.<br />
Dort leben sie zumeist in geschützten Gebieten<br />
oder auf privaten Farmen. Ihr Bestand<br />
wird derzeit als nicht gefährdet eingestuft.<br />
Woher stammt der<br />
Name „Großer Kudu“?<br />
Der Große Kudu wird als Paarhufer eingeordnet<br />
und gehört zur Familie der Hornträger.<br />
Mit einer Schulterhöhe von bis zu<br />
1,70 Meter gehören sie zu den mächtigsten<br />
und schönsten Antilopen Afrikas. Die Bullen<br />
tragen eindrucksvolle, schraubenförmig<br />
geschwungene Hörner, die bis zu 1,80 Meter<br />
lang werden. Damit haben sie die größten<br />
Gehörne aller Waldböcke. Es kann vorkommen,<br />
dass sich zwei Männchen im Kampf<br />
mit ihren Hörnern so ineinander verkeilen,<br />
dass sie sich nicht mehr befreien können und<br />
die Begegnung für beide tödlich endet. Die<br />
Fellfarbe reicht von einem hellen braun bis<br />
zu einem hellen grau. Besonders auffällig<br />
ist die Fellzeichnung der Großen Kudus:<br />
Dünne, weiße, vertikale Streifen zieren ihre<br />
Flanken. Die Männchen unterscheiden sich<br />
nicht nur durch ihre Hörner von den Weibchen,<br />
sie tragen eine deutlich erkennbare<br />
Halsmähne. Das Körpergewicht von Großen<br />
Kudus liegt zwischen 180 Kilogramm und<br />
310 Kilogramm, wobei die Männchen deutlich<br />
schwerer sind als die Weibchen.<br />
Nach einer Tragezeit von circa 280<br />
Tagen gebären die Weibchen ein<br />
Kalb, welches zwischen 15 und<br />
20 Kilogramm wiegt. Nach einer<br />
Säugezeit von sechs Monaten<br />
steigt der Nachwuchs auf eine<br />
rein pflanzliche Ernährung um.<br />
Hauptsächlich fressen Große Kudus Blätter,<br />
Kräuter, Früchte, Blüten und Gräser, die sie<br />
in den lichten Waldgebieten sowie Baumund<br />
Buschsavannen suchen.<br />
Wie schützen sie ihre<br />
Jungtiere vor Fressfeinden?<br />
Der Nachwuchs bleibt insgesamt zwei Jahre<br />
lang bei der Mutter. Dabei leben die Weibchen<br />
und Jungtiere in Gruppen von bis zu<br />
25 Individuen. Die Männchen bilden lockere<br />
Junggesellengruppen und suchen die Weibchen<br />
nur in der Brunftzeit auf. Die Jungtiere<br />
sind sogenannte „Ablieger“. Das bedeutet,<br />
dass sie sich an einem gut geschützten Ort<br />
ablegen und dort warten, während die Mutter<br />
auf Nahrungssuche geht. Erst nach rund<br />
zwei Wochen, wenn sie kräftig und schnell<br />
genug sind, laufen sie mit der Herde mit.<br />
Wie überlebt der Große Kudu in der<br />
trockenen und warmen Savanne?<br />
Große Kudus sind wahre Überlebenskünstler.<br />
Unter günstigen Bedingungen können sie<br />
ihren gesamten Wasserbedarf allein durch<br />
die in ihrer Nahrung enthaltene Feuchtigkeit<br />
decken. Lediglich in dürren Zeiten, wenn<br />
die Vegetation sehr trocken ist, sind sie auf<br />
Wasserstellen angewiesen. Dies ist eine besondere<br />
Anpassung an ihren ursprünglichen<br />
Lebensraum, die trockenen Savannen Afrikas.<br />
In diesem Zusammenhang bezeichnet<br />
man die Großen Kudus auch als Kulturfolger,<br />
weil sie künstlich angelegte Brunnen zu<br />
nutzen gelernt haben. Da sie sehr gut springen<br />
können, müssen die Zäune um derartige<br />
Brunnen, auf privaten Farmen beispielsweise,<br />
schon deutlich höher als zwei Meter sein, damit<br />
die Großen Kudus sie nicht überspringen<br />
können.<br />
Viele der in Afrika lebenden Antilopenarten,<br />
so auch die Großen Kudus, sind mit sehr<br />
großen Ohren ausgestattet. Diese dienen auf<br />
der einen Seite dem besseren Gehör, auf der<br />
anderen Seite folgt dieses Merkmal der sogenannten<br />
Allenschen Regel: Tierarten in wärmeren<br />
Gebieten haben größere Gliedmaßen<br />
als ihre Artverwandten in kälteren Gebieten.<br />
Indem sie überschüssige Wärme über die<br />
große Oberfläche der Ohren abgeben, können<br />
sie ihre Körpertemperatur besser regulieren.<br />
Wer die Großen Kudus im Zoo Osnabrück<br />
besucht, trifft auf den Bock Malabo<br />
und seine zwei Weibchen Louna und Nadra<br />
sowie den dreifachen Nachwuchs der Gruppe.<br />
Das Weibchen Nakia ist bereits im Jahr<br />
2015 im <strong>Osnabrücker</strong> Zoo geboren, die anderen<br />
beiden Sprösslinge, Lutalo und Nakawa,<br />
kamen im August und September 20<strong>16</strong> zur<br />
Welt. | Marie Meierhofer<br />
Bilder © Zoo Osnabrück // Afrika Hintergrund © canvasoflight, fotolia.de<br />
Sonnenstrahlen © Bernhard Volmer // Frosch © Hans-Detlev Kampf<br />
Wie holt man die Natur ins Museum?<br />
Die Natur und ihre Phänomene lösen immer wieder große Begeisterung bei uns Menschen aus.<br />
Doch wie kann man Sonnenstrahlen einfangen oder Tiere, die normalerweise menschenscheu sind,<br />
aus der Nähe betrachten? Museen und ihre Ausstellungen machen dies möglich.<br />
In der Dauerausstellung des Museums am<br />
Schölerberg werden Abbilder der echten<br />
Natur inszeniert und zeigen Ausschnitte<br />
aus der direkten Umwelt von Osnabrück.<br />
So kann man unter anderem durch den<br />
Wald spazieren und die dortigen Pflanzen<br />
und Tiere dieses komplexen Ökosystems<br />
einmal genauer kennenlernen. Der eher<br />
selten zu sehende Dachs ist einer dieser<br />
Waldbewohner. Doch es werden nicht<br />
nur Abbilder dieser Natur geschaffen,<br />
sondern auch vertiefende Zusammenhänge,<br />
wie Waldnutzung und Waldschäden,<br />
dargestellt. Zudem kann man sich „unter<br />
die Erde“ begeben. Dort begegnet man<br />
Lebewesen, denen wir Menschen sonst<br />
nur auf dem Kopf herumlaufen. Dazu<br />
gehören vor allem Springschwänze,<br />
Pseudoskorpione<br />
und<br />
Regenwürmer. Um diesen<br />
regionalen Bezug etwas<br />
zu erweitern, werden in<br />
regelmäßigen Abständen<br />
verschiedenste<br />
Sonderausstellungen<br />
gezeigt. Neben den erwähnten Inszenierungen<br />
und klassischen „Vitrinen-Ausstellungen“<br />
lässt sich die Natur mit ihren<br />
Phänomenen auch auf andere Art und<br />
Weise darstellen - mit Hilfe der Naturfotografie.<br />
In Osnabrück haben sich hierfür Fotografen<br />
zusammengetan, die sich in ihrer<br />
Freizeit unter anderem Lichtphänomenen<br />
der Natur gewidmet haben. Das Licht ist –<br />
neben dem Wasser – ein enorm wichtiger<br />
Faktor für einen Großteil der Organismen<br />
dieser Erde. Pflanzen könnten nicht wachsen,<br />
es gäbe keinen Tag-Nacht-Rhythmus,<br />
keinen Regenbogen oder keine Nordlichter.<br />
Es ist übrigens nicht selten, dass auch<br />
Nicht-<strong>Wissen</strong>schaftler einen<br />
wichtigen Beitrag zur<br />
Museumsarbeit leisten<br />
(sog. „Citizen<br />
Science“). Diese<br />
Form der Zusammenarbeit<br />
zwischen Wiss-<br />
Museum am Schölerberg<br />
Natur & Umwelt -<br />
Planetarium -<br />
Umweltbildungszentrum<br />
Klaus-Strick-Weg 10<br />
49082 Osnabrück<br />
Telefon: 0541 56003-0<br />
Öffnungszeiten:<br />
Montag: geschlossen · Dienstag: 9 bis 20 Uhr<br />
Mittwoch bis Freitag: 9 bis 18 Uhr<br />
Samstag: 14 bis 18 Uhr · Sonntag: 10 bis 18 Uhr<br />
www.museum-am-schoelerberg.de<br />
enschaftlern und der (oft unterschätzten)<br />
Expertise von Menschen, die sich neben<br />
ihrem Beruf der Natur und ihrer<br />
Vielfalt berufen fühlen, bringen immer<br />
wieder neue Aspekte in ein Museen ein.<br />
| Lisa Mammitzsch<br />
WISSEN KOMPAKT<br />
BILDER VON OSNABRÜCKER<br />
NATURFOTOGRAFEN<br />
Die Sonderausstellung „NATURlicht“<br />
zeigt einzigartige Momentaufnahmen<br />
der Naturschätze<br />
des heimischen Gartens, des<br />
<strong>Osnabrücker</strong> Landes, Helgolands,<br />
Islands, der afrikanischen Savanne,<br />
den Sümpfen Floridas bis hin<br />
zu den rauen Küsten der Falklandinseln.<br />
Präsentiert werden diese<br />
großformatigen Bilder von den<br />
<strong>Osnabrücker</strong> Naturfotografen.<br />
Dauer der Sonderausstellung:<br />
9.Dezember 20<strong>16</strong> bis 4. Juni 2017<br />
44<br />
45
HINTER DEN KULISSEN<br />
HINTER DEN KULISSEN<br />
Wer gibt grünes Licht in der City?<br />
Viele <strong>Osnabrücker</strong> Autofahrer kennen das: Nach einem stressigen Arbeitstag möchte man schnell<br />
nach Hause und die Füße hochlegen. Die Chancen dazu stehen gut, wenn man zur entsprechenden<br />
Zeit die „Grüne Welle“ auf dem Stadtwall erwischt. Wer entscheidet dabei über Rot, Gelb oder Grün?<br />
Wie wird die<br />
Ampelschaltung geregelt?<br />
Burghard Albers vom städtischen<br />
Fachdienst Verkehrsanlagen betritt<br />
morgens keine riesige Schaltzentrale<br />
mit unzähligen Rechnern. Es gibt<br />
keine Knöpfe oder Hebel, mit denen er<br />
die Ampeln auf Grün oder Rot stellen<br />
kann. Das wäre bei 205 Ampelanlagen<br />
im <strong>Osnabrücker</strong> Stadtgebiet<br />
auch wahrlich zu kompliziert. Vielmehr<br />
unterstützen ihn spezielle EDV-<br />
Programme bei der Arbeit. In einem<br />
Signalzeitenplan werden die Längen<br />
jeder Ampelphase festgelegt. Es entsteht<br />
ein mehrzeiliges Konstrukt, aus dem<br />
Burghard Albers bei der Arbeit<br />
ersichtlich ist, wie viele Sekunden jede<br />
Ampel einer Anlage rot bzw. grün ist.<br />
Vorher werden allerdings die Wege zu<br />
den Konfliktpunkten der verschiedenen<br />
Fahrtrichtungen gemessen. „Daraus<br />
ergibt sich für jeden Knotenpunkt<br />
eine Zwischenzeitenmatrix“, sagt<br />
Albers und erläutert: „In ihr ist die Zeit<br />
festgelegt, die zwischen dem Ende der<br />
Grünzeit des räumenden Verkehrsstromes<br />
und dem Beginn der Grünzeit<br />
eines einfahrenden Stromes bestehen<br />
muss, damit es nicht im schlimmsten<br />
Fall zu Kollisionen auf der Kreuzung<br />
kommt.“ Sind Signalzeitenplan und<br />
Zwischenzeitenmatrix für eine Ampelanlage<br />
erstellt und durch Computer-<br />
programm und mehrere Gegenkontrollen<br />
freigegeben, gehen diese an<br />
die Versorgungskästen der jeweiligen<br />
Anlage. Monteure geben die Pläne in<br />
ein spezielles Computerprogramm<br />
auf dem Rechner des Kastens ein und<br />
schon wird der Straßenverkehr einwandfrei<br />
geregelt. Gibt es Störungen<br />
bei einer bestimmten Ampelanlage,<br />
kann Burghard Albers dies direkt auf<br />
seinem Bildschirm im Büro mitverfolgen.<br />
Schaltet eine Ampel<br />
immer gleich?<br />
Ist eine Ampelanlage im sogenannten Festzeitprogramm,<br />
gibt es vier verschiedene<br />
Signalpläne, die den Verkehr regeln.<br />
Bilder © Kristina Hoffmann // Grafiken © Burghard Albers // Foto Ampel / Gewerkschaftsgebäude © blendeneffekte.de, Oliver Schratz<br />
Signalplan 1 greift bei „normalem“<br />
Verkehr, also außerhalb der Stoßzeiten.<br />
Wenn morgens der Berufsverkehr<br />
vermehrt in die Stadt gerichtet ist, wird<br />
automatisch Signalplan 2 geschaltet.<br />
Signalplan 3 regelt dies in umgekehrter<br />
Weise - wenn Autofahrer zum Feierabend<br />
die Stadt wieder verlassen. Das vierte und<br />
letzte Programm ist für die Nachtzeiten<br />
bestimmt. Jede zweite Ampelanlage im<br />
Stadtgebiet von Osnabrück geht nachts<br />
jedoch aus. Darüber hinaus gibt es noch<br />
verkehrsabhängige Schaltungen. Diese<br />
reagieren beispielsweise auf Signale durch<br />
Induktionsschleifen oder Videokameras.<br />
So funktionieren auch die meisten Fußgängerampeln:<br />
Passanten machen sich<br />
durch den Druckknopf am Ampelmast<br />
bemerkbar, um kurz darauf Grün zu<br />
sehen.<br />
Woher kommt das Licht<br />
in der Ampel?<br />
In Lichtsignalanlagen befinden sich<br />
lediglich weiße Glühbirnen. Die Lichtgeber<br />
des markanten Rot-, Gelb- und<br />
Grüntons sind tatsächlich die Gläser. Hier<br />
werden aber keine einfachen Gläser oder<br />
Kunststoffscheiben verwendet, sondern<br />
Material, dass eine gute Lichtdurchlässigkeit<br />
gewährleistet. Neben den montierten<br />
Abschirmblenden wirkt das Glas ebenfalls<br />
gegen „Phantomlicht“, das durch starke<br />
Sonneneinstrahlung entsteht. Außerdem<br />
wird hinter der Glühbirne oft ein Spiegel<br />
angebracht, um die Lichtausbeute zu<br />
optimieren. Bei der neueren LED-Technik<br />
wiederum wird jede einzelne LED-Leuchte<br />
in ihrer jeweiligen Farbe dargestellt.<br />
Wo stand Osnabrücks<br />
erste Ampel?<br />
Auf der Kreuzung Neumarkt/ Große<br />
Straße/ Johannisstraße. Im Dezember<br />
1936 schmückte erstmals eine sogenannte<br />
Heuerampel den heutigen Neumarkt.<br />
Gleichzeitig mussten <strong>Osnabrücker</strong>innen<br />
und <strong>Osnabrücker</strong> von nun an mit ihren<br />
fahrbaren Untersätzen warten oder beim<br />
Spaziergang auch auf der Kreuzung<br />
Wittekindstraße/ Möserstraße innehalten,<br />
bis der Zeiger auf Grün stand und den Weg<br />
freigab. | Kristina Hoffmann<br />
WISSEN KOMPAKT<br />
HEUERAMPELN<br />
Von 1930 bis in die 60er-Jahre<br />
wurden in Deutschland unter<br />
anderem auch Heuerampeln als<br />
Lichtsignalanlagen verwendet.<br />
Die würfelförmigen Ampeln hingen<br />
über der Mitte einer Straßenkreuzung<br />
an Drahtseilen. Rote<br />
und grüne Kreissegmente<br />
zierten eine Drehscheibe, in deren<br />
Mitte ein Zeiger die jeweilige Rotbeziehungsweise<br />
Grünphase<br />
signalisierte.<br />
Hasetor-Grafik mit Signalzeitenplan<br />
2015-09-21_Stadtblatt-Campus.indd 1 21.09.15 15:45<br />
47
KUNST & KULTUR<br />
KUNST & KULTUR<br />
Warum spricht die<br />
Justiz kein Recht?<br />
Vergessene Bücher (4): Günther Weisenborns Roman „Der Verfolger“<br />
Er bekämpfte den Faschismus nicht nur literarisch, sondern unterstützte mitten in Berlin die Widerstandsgruppe<br />
„Rote Kapelle“. 1942 wurde Günther Weisenborn verhaftet, erst zum Tod und dann – nach einer<br />
entlastenden Zeugenaussage – zu zehn Jahren Festungshaft verurteilt. Die Kurzgeschichte „Die Aussage“,<br />
in der er die dramatischen Erlebnisse in der Todeszelle beschreibt, ist bis heute Schullektüre, aber auch sein<br />
einziges Werk, das die Jahrzehnte überdauert hat.<br />
Dabei gehörte Günther<br />
Weisenborn, der 1902 in<br />
Velbert geboren wurde<br />
und 1969 in Berlin starb,<br />
zu den profiliertesten<br />
deutschen Autoren des<br />
20. Jahrhunderts. Schon<br />
seit erstes Theaterstück<br />
„U-Boot S 4“, das 1928<br />
zeitgleich in Berlin<br />
(wo Heinrich George<br />
eine der Hauptrollen<br />
übernahm) sowie in<br />
Oldenburg, Bonn und<br />
Stuttgart uraufgeführt<br />
wurde, stellte bohrende<br />
Fragen nach<br />
der politischen und<br />
gesellschaftlichen<br />
Verantwortung für<br />
Krieg und Gewalt. Es<br />
war das erste, aber<br />
nicht das letzte Weisenborn-Drama,<br />
das<br />
in der rechtsnationalen<br />
Presse einen<br />
Sturm der Entrüstung<br />
provozierte.<br />
1933 wurden seine<br />
Bücher verboten.<br />
Weisenborn<br />
ging zunächst in Exil, kehrte dann<br />
aber nach Deutschland zurück und<br />
begann ein gefährliches Doppelleben.<br />
Er arbeitete im nationalsozialistischen<br />
Kulturbetrieb und unterstützte gleichzeitig<br />
die Gruppe um Harro Schulze-Boysen<br />
und Arvid Harnack, die zur<br />
„Roten Kapelle“ gehörte und zahlreiche<br />
Widerstandsaktionen durchführte.<br />
Nach Kriegsende war Weisenborn, der<br />
sich immer wieder mit dem haltlosen<br />
Vorwurf ein sowjetischer Spion zu sein<br />
konfrontiert sah, an der Gründung des<br />
Hebbel-Theaters und der Zeitschrift<br />
„Ulenspiegel“ beteiligt.<br />
„Ich leb nicht für etwas … ich will auch<br />
nicht für etwas sterben, auch nicht fürs<br />
Vaterland!“<br />
Zitat aus „U-Boot S4“<br />
Er widmete sich aber vor allem der<br />
Geschichte des deutschen Widerstands,<br />
dem er in dem Schauspiel „Die<br />
Illegalen“ (1946), das innerhalb von<br />
zwei Jahren angeblich auf 350 Bühnen<br />
gespielt wurde, in dem bahnbrechenden<br />
Dokumentarband „Der lautlose<br />
Aufstand“ (1953) oder in dem Drehbuch<br />
zu Falk Harnacks Film „Der 20.<br />
Juli“ (1955) ein Denkmal setzte.<br />
Bilder © wikimedia.org // Zitat-Quellen © Günther Weisenborn: Theater, Bandd 3: Frühe Stücke, Henschelverlag Berlin 1967, S. 37 Günther Weisenborn: Memorial / Der Verfolger, Aufbau-Verlag Berlin 1962, S.369/381<br />
Sechs Jahre später erschien<br />
der Roman „Der Verfolger“<br />
mit dem Untertitel „Die<br />
Niederschrift des Daniel<br />
Brendel“. Hier thematisiert<br />
Weisenborn ein dunkles<br />
Kapitel der deutschen<br />
Nachkriegsgeschichte.<br />
Es beginnt um drei Uhr<br />
morgens in einem parkenden<br />
Auto. Am Steuer<br />
wartet ein Mann auf<br />
den Spitzel, der seine<br />
Widerstandsgruppe „Die<br />
silberne Sechs“ einst an<br />
die Gestapo verraten<br />
hat. Daniel Brendel will einen tödlichen<br />
Unfall vortäuschen, doch Paul<br />
Riedel, der Denunziant, lässt exakt<br />
61 Minuten auf sich warten. In dieser<br />
Zeit rollt Brendel den Fall ein<br />
letztes Mal auf. Die Leser begleiten<br />
ihn durch die Bombennächte des<br />
Zweiten Weltkriegs, zu konspirativen<br />
Treffen, in die Gefängniszelle<br />
und vor Gericht. Sie werden aber<br />
auch Zeugen, wie Brendel nach 1945<br />
vergeblich versucht, die Juristen der<br />
Bundesrepublik in den Dienst der<br />
Gerechtigkeit zu zwingen. Richter,<br />
Verteidiger und Staatsanwälte<br />
wollen mit der braunen Vergangenheit,<br />
die auch ihre eigene ist,<br />
nichts mehr zu tun haben. Akten<br />
und Zeugen seien unauffindbar,<br />
befindet Brendels Rechtsbeistand<br />
und folgert: „Wir müssen die Akten<br />
schließen, so leid es mir tut.“ In<br />
den Erfahrungen seiner Hauptfigur<br />
spiegeln sich die von Günther<br />
Weisenborn, der nach dem Krieg<br />
versucht, einen Prozess gegen Manfred<br />
Roeder, den Chefankläger der<br />
„Roten Kapelle“, anzustrengen. Die<br />
Ermittlungen gegen den fanatischen<br />
Nationalsozialisten, der stolz<br />
darauf ist, „dem Führer etwa 90<br />
Köpfe zur Verfügung gestellt“ zu<br />
haben, werden aber verschleppt und<br />
schließlich eingestellt.<br />
Das Gros der deutschen Bevölkerung<br />
hat freilich ebenfalls kein Interesse<br />
daran, sich intensiver mit<br />
seiner Geschichte auseinanderzusetzen:<br />
„Wollten sie, die uns damals vergessen<br />
hatten, als wir in die Keller des Todes<br />
hinabgeschleudert wurden, wollten sie<br />
wirklich nicht erfahren, was sich damals<br />
zugetragen hatte? Nein, sie wollten<br />
nichts wissen. Sie fragten nicht.<br />
Sie liefen durch die Ruinenfelder und<br />
jagten nach einem Stück Brot oder Zigaretten.“<br />
Zitat aus „Der Verfolger“<br />
Hat Daniel Brendel deshalb das<br />
Recht, Selbstjustiz zu üben? Seine<br />
frühere Weggefährtin Eva schlägt<br />
ihm eindringlich andere Wege vor,<br />
um Vergangenes zu bewältigen und<br />
Zukunft zu gestalten. Doch Brendels<br />
Entscheidung fällt erst um 4.01<br />
Uhr …<br />
1955 kauften Günther Weisenborn<br />
und seine Frau Joy ein kleines Haus<br />
in Aragone. Der Landstrich im<br />
Tessin erwies sich als Treffpunkt<br />
der (antifaschistischen) Dichter<br />
und Denker. In der näheren Umgebung<br />
hatten auch die in Osnabrück<br />
geborenen Schriftsteller Erich<br />
Maria Remarque und Heinz Liepman<br />
eine Bleibe gefunden. Zum<br />
Freundeskreis gehörten überdies<br />
Autoren wie Alfred Andersch<br />
oder Robert Neumann.<br />
| Thorsten Stegemann<br />
WISSEN KOMPAKT<br />
WEISENBORN LESEN<br />
Die genannten und alle anderen<br />
Werke sind heute nur<br />
noch antiquarisch erhältlich.<br />
In der Stadt- und Unibibliothek<br />
finden sich einige wenige<br />
Bücher Weisenborns –<br />
„Der Verfolger“ ist allerdings<br />
nicht dabei.<br />
49
KUNST & KULTUR<br />
Der Kalender-Tipp<br />
wird präsentiert vom<br />
Für<br />
Für<br />
Stadtlichter.<br />
Stadtlichter.<br />
Wer fotografiert Bücher?<br />
Bücher und ihre ästhetische Faszination sind das Thema des 1960 geborenen <strong>Osnabrücker</strong><br />
Fotografen und Pädagogen Richard Otten-Wagener, der seine Arbeiten seit 2005 bereits in<br />
zahlreichen Ausstellungen präsentiert und als Kalender-Editionen veröffentlicht.<br />
Durch kreativen Lichteinsatz und bewusst<br />
klare Strukturen, die das Auge gekonnt<br />
leiten, lässt Otten-Wagener den Betrachter<br />
mit seinen künstlerischen Aufnahmen<br />
das Buch als Phantasie- und Inspirationsquelle<br />
ganz neu entdecken. Mithilfe von<br />
Perspektive, grafischen Elementen oder<br />
Lichteinfall macht der Fotograf aus Dingen<br />
des alltäglichen Lebens Kunst-Objekte,<br />
die zum Staunen einladen. Es gelingt<br />
ihm so, das Buch zum<br />
Symbol für freie Gedanken, Träume und<br />
Fantasien werden zu lassen. Auch der<br />
Kalender „Offene Bücher“ für das Jahr<br />
2017 ist wieder von Monat zu Monat ein<br />
wahrer Augenschmaus - nicht nur für<br />
Bibliophile. Für 2017 hat Richard Otten-<br />
Wagener außerdem zwei Foto-Kalender<br />
im Format DIN A3 zu den Themen<br />
„Mohn“ und „Sinnbilder“ zusammengestellt.<br />
Auf der Homepage des Fotografen werden<br />
alle drei Kalender im Detail vorgestellt:<br />
www.otten-wagener.de<br />
Sie können hier zum Preis von 20 € bestellt<br />
werden. | Beatrice le Coutre-Bick<br />
„<strong>Osnabrücker</strong> <strong>Wissen</strong>“ verlost zwei<br />
Exemplare des Kalenders „Offene<br />
Bücher“ für das Jahr 2017.<br />
Mehr auf Seite 59!<br />
Bilder © Richard Otten-Wagener<br />
Der Fotograf<br />
Richard Otten-Wagener<br />
WISSEN KOMPAKT<br />
AUSSTELLUNG IM JANUAR UND<br />
FEBRUAR 2017<br />
Vom 9. Januar 2017 bis zum <strong>16</strong>.<br />
Februar 2017 ist eine Ausstellung<br />
mit Bildern von Otten-Wagener<br />
in der Katholischen Familien-<br />
Bildungsstätte (Große Rosenstr.18<br />
49074 Osnabrück) zu sehen. Sie<br />
trägt den Titel „Sinnbilder – Die<br />
Impression des Vertrauten“.<br />
50
KUNST & KULTUR<br />
Was tun, wenn Pamina krank wird?<br />
Als Lisa-Marie Oliva um neun Uhr morgens ihr Büro im Theater am Domhof betritt, leuchtet<br />
bereits der kleine eckige Briefkasten auf ihrem Telefon. Unter den vielen Anrufen ist auch eine<br />
Sängerin, die in der Oper „Die Zauberflöte“ eine Hauptrolle verkörpert. Lisa-Marie Oliva, Leiterin<br />
des Künstlerischen Betriebsbüros, wird nervös, denn ein Anruf eines Darstellers heißt oft nichts<br />
Gutes. Die Vermutung bestätigt sich. „Paminas“ Stimme funktioniert nicht, wie sie sollte. Sie wird<br />
am Abend nicht auf der Bühne stehen können. Und nun?<br />
Jetzt muss Lisa-Marie Oliva schnell handeln.<br />
Am Theater Osnabrück gibt es für<br />
diese Partie keine feste Zweitbesetzung, die<br />
mal eben einspringen kann. Ist vor Beginn<br />
der Spielzeit schon sicher, dass dieser oder<br />
jener Sänger an einem Auftrittstermin<br />
verhindert sein wird, lässt sich im Vorfeld<br />
leicht ein Gast organisieren. Doch wenn<br />
ein wichtiger Darsteller kurzfristig ausfällt,<br />
wünschen sich die Leiterin des Künstlerischen<br />
Betriebsbüros und ihre Kollegin<br />
Patricia Vieregg schon mal eine Kristallkugel<br />
auf ihrem Schreibtisch. In einem<br />
solchen Fall muss unverzüglich das<br />
gesamte Team informiert werden. Dazu<br />
zählen vor allem der Intendant des<br />
Theaters, der musikalische Leiter und der<br />
Regieassistent. Zusammen wird überlegt,<br />
ob für die Aufführung eine geeignete<br />
Sängerin aus einer anderen Stadt nach<br />
Osnabrück geholt werden kann. Intendant<br />
Dr. Ralf Waldschmidt schlägt einige<br />
ihm bekannte Optionen vor. Es wird telefoniert,<br />
Kontakte werden hergestellt, doch<br />
keiner antwortet oder hat Zeit.<br />
Ein Glück, es ist nicht Sonntag! Das<br />
heißt, Lisa-Marie Olivia kann sich an die<br />
ZAV-Künstlervermittlung (Zentrale Auslands-<br />
und Fachvermittlung) wenden und<br />
zwischen Künstlerinnen wählen, die „ihre“<br />
Pamina vertreten könnten. Wieder wird<br />
telefoniert. Niemand hat Zeit, niemand<br />
kann die gespielte Fassung auswendig.<br />
Langsam wird die Angelegenheit zur Zitterpartie.<br />
Dann wirft die Chefdisponentin<br />
einen Blick auf die ellenlangen Listen, auf<br />
denen alle Darstellerinnen verzeichnet<br />
sind, die für eine bestimmte Rolle in Frage<br />
kommen. Richtig! Bei einer Sängerin aus<br />
Hamburg haben sie es noch nicht versucht.<br />
Es tutet, der Anruf geht durch und Volltreffer!<br />
Sie beherrscht den Text und kann<br />
Bild © Uwe Lewandowski<br />
in den nächsten drei Stunden in Osnabrück<br />
sein. Erleichterung! Das Theater Osnabrück<br />
hat für solche Fälle, die immer einmal wieder<br />
vorkommen, auch wenn wir diesen speziellen<br />
frei erfunden haben, einen Notfalletat. Fahrt,<br />
Übernachtung und natürlich die Abendgage<br />
der „Ersatz-Pamina“ werden daraus bezahlt.<br />
Hier werden keine Kosten und vor allem<br />
Mühen gescheut, denn fest steht: Ohne<br />
Pamina keine „Zauberflöte“! Eine abgesagte<br />
Vorstellung hätte dann nicht nur Einnahmeeinbußen,<br />
sondern vor allem ein enttäuschtes<br />
Publikum zur Folge. Gerade in der Winterzeit<br />
ist das Krankheitsrisiko natürlich höher. Dass<br />
deswegen ein Stück ausfallen muss,<br />
kommt trotzdem sehr selten vor. „Der<br />
Vorhang muss einfach aufgehen“, weiß<br />
Chefdisponentin Patricia Vieregg. Und<br />
genau das macht der Vorhang auch: Es<br />
kann gespielt werden! Der Abend ist<br />
gerettet. | Kristina Hoffmann<br />
WISSEN KOMPAKT<br />
SPIELTERMINE IM<br />
THEATER AM DOMHOF<br />
So., 18.12.20<strong>16</strong> | 15:00 Uhr<br />
Di., 20.12.20<strong>16</strong> | 19:30 Uhr<br />
Fr., 23.12.20<strong>16</strong> | 19:30 Uhr<br />
Mo., 26.12.20<strong>16</strong> | 19:30 Uhr<br />
Do., <strong>16</strong>.03.2017 | 19:30 Uhr<br />
Mi., 22.03.2017 | 19:30 Uhr<br />
So., 09.04.2017 | 15:00 Uhr<br />
Mo., 17.04.2017 | 15:00 Uhr<br />
Weitere Informationen unter:<br />
www.theater-osnabrueck.de<br />
53
FAMILIE & SOZIALES<br />
FAMILIE & & SOZIALES<br />
Für wen schiebt man<br />
einen Kaffee auf?<br />
Gesamtindex Soziale Ungleichheit<br />
Die Überlagerung von Statusindex und Dynamikindex<br />
lässt sich in einer Karte darstellen. Um<br />
die verschiedenen Ausprägungen grafisch zu<br />
veranschaulichen wird hierbei auf eine Kreuztabelle<br />
zurückgegriffen. Durch die Kombination<br />
der vier Statusindex-Gruppen („hoch“, „mittel“,<br />
Wo drohen soziale Schieflagen?<br />
„niedrig“ und „sehr niedrig“) und der drei Dynamikindex-Gruppen<br />
(„positiv“, „stabil“ und „negativ“)<br />
kann jeder statistische Bezirk entsprechend<br />
des so gebildeten Gesamtindex soziale<br />
Ungleichheit (Status/Dynamik-Index) einer der<br />
zwölf Kategorien zugeordnet werden.<br />
Abbildung 2: Gesamtindex Soziale Ungleichheit - Kreuztabelle<br />
Mitte Oktober stellte Status die 2015Stadt Osnabrück ihr Sozialmonitoring für das Jahr 2015 vor und<br />
hoch mittel niedrig sehr niedrig<br />
konstatierte positiv eine alles in allem „stabile Gesamtsituation“. Doch in 11 von 118 untersuchten<br />
Dynamik<br />
stabil<br />
Bezirken sah die Lage anders aus.<br />
2014-2015<br />
negativ<br />
Überträgt man diese Systematik auf eine Karte,<br />
ergibt sich das unten dargestellte Bild. Statistische<br />
Bezirke, die über keine farbliche Füllung<br />
verfügen, wurden aus der Berechnung ausgenommen,<br />
da sie über zu wenig Einwohner<br />
verfügen (eine Auflistung findet sich im Anhang<br />
2). Die Kombination hoher Status und positive<br />
Dynamik sowie hoher Status und negative Dynamik<br />
sind im Fall Osnabrücks nicht vergeben.<br />
Abbildung 3: Gesamtindex Soziale Ungleichheit - Räumliche Verteilung<br />
Gesamtindex Soziale Ungleichheit<br />
Für Gebiete der Stadtteile Schinkel, Fledder, Widukindland,<br />
Eversburg, Hafen, Darum-Gretesch-Lüstringen und Dodesheide<br />
bestehe ein „besonderer sozialer Aufmerksamkeitsbedarf“ stellten<br />
die Autoren fest. Hier leben gut 21.000 Menschen, die überdurchschnittlich<br />
häufig von (Langzeit)arbeitslosigkeit sowie Kinderoder<br />
Altersarmut betroffen sind und entsprechende Transferleistungen<br />
beziehen.<br />
Die Überlagerung von Statusindex und Dynamikindex<br />
lässt sich in einer Karte darstellen. Um<br />
die verschiedenen Ausprägungen grafisch zu<br />
veranschaulichen wird hierbei auf eine Kreuztabelle<br />
zurückgegriffen. Durch die Kombination<br />
der vier Statusindex-Gruppen („hoch“, „mittel“,<br />
„niedrig“ und „sehr niedrig“) und der drei Dyna-<br />
Da die Entwicklung in vielen Bezirken schon seit<br />
Jahren anhält, befürchten Experten, dass sich hier<br />
dauerhaft „soziale Problemlagen“ bilden könnten.<br />
Abwärtstrends lassen sich freilich auch umkehren<br />
– etwa durch eine zielgerichtete Wohnungsbaupolitik<br />
oder eine Intensivierung der Sozialarbeit vor<br />
Ort. Auch Wolfgang Griesert will sich nicht mit<br />
der aktuellen Situation zufrieden geben. Im Vorwort<br />
zum „stabil“ neuen Sozialmonitoring und „ne-<br />
verspricht der<br />
mikindex-Gruppen („positiv“,<br />
gativ“) kann jeder statistische Oberbürgermeister Bezirk entsprechend<br />
des so gebildeten Gesamtindex soziale<br />
weitere Anstrengungen – im<br />
Rahmen des Stadtentwicklungsprojekts „Migration<br />
und Teilhabe“, beim Handlungsprogramm<br />
Ungleichheit (Status/Dynamik-Index) einer der<br />
„Bezahlbarer Wohnraum“ oder auch bei der<br />
zwölf Kategorien zugeordnet Bewerbung werden. um die Fortführung des Programms<br />
„Soziale Stadt“ im <strong>Osnabrücker</strong> Stadtteil Schinkel.<br />
| Redaktion<br />
Schützende Hände © Photocreo Bednarek, fotolia.de // Grafik © Stadt Osnabrück<br />
Bilder Kaffee © Sina-Christin Wilk // alter Mann mit Kaffee Tasse © Alextype, fotolia.de<br />
Als Carlos Tomas, Geschäftsführer der Kaffeerösterei „Kaffee 1871“, 2013 auf einer Messe in<br />
Triest war, lernte er das Projekt „Suspended Coffee Supporter“ kennen. Die Idee ist ebenso<br />
einfach wie überzeugend: Kunden, die im Ladengeschäft einkaufen oder sich in den Cafébereich<br />
setzen, können einen Kaffee, den sie selbst nicht trinken, bezahlen. Dieser wird dann als<br />
spezieller Gutschein zur Verfügung gestellt und an Bedürftige ausgegeben.<br />
Das Angebot wird auch in Osnabrück<br />
positiv aufgenommen, erzählt Tomas.<br />
Einige (Stamm)Gäste bezahlen regelmäßig<br />
einen zweiten Kaffee, andere zeigen sich<br />
gerade zur Oster- oder Weihnachtszeit<br />
besonders spendabel.<br />
Wer trinkt den<br />
„aufgeschobenen Kaffee“?<br />
In der Szene der Obdachlosen, an die sich<br />
das Angebot hauptsächlich richtet, ist<br />
das Projekt samt Anlaufstellen bekannt.<br />
Mund-zu-Mund-Propaganda scheint hier<br />
die beste Werbung zu sein. Gelegentlich<br />
gehen die Mitarbeiter des „Kaffee 1871“<br />
auch zu den bekannten Hotspots der<br />
Innenstadt und liefern das Getränk frei<br />
Haus. Wenngleich die Zielgruppe überaus<br />
dankbar für eine wärmende Tasse<br />
Kaffee ist, sei die Hemmschwelle recht<br />
groß, das Angebot aktiv in Anspruch<br />
zu nehmen, berichtet Tomas. „Häufig<br />
sehen wir Menschen, die vor unserem<br />
Ladenfenster stehen und versuchen, auf<br />
sich aufmerksam zu machen.“<br />
Was motiviert zur<br />
Teilnahme?<br />
Tomas, der brasilianische und portugiesische<br />
Wurzeln hat, hält optimistisch an<br />
der Idee des „aufgeschobenen Kaffees“ fest<br />
und engagiert sich darüber hinaus mit dem<br />
Verkauf seiner Feinkostprodukte der Marke<br />
„Genuss-Mafia“ für wohltätige Zwecke<br />
in der Region. Aus seinem privaten Umfeld<br />
seien ihm Not und Elend bekannt, deshalb<br />
wisse er, dass man Menschen selbst<br />
mit kleinen Gesten eine große Freude<br />
bereiten könne. Eben deshalb sei er 2014<br />
kurzentschlossen Mitglied im Verband<br />
„Suspended Coffees Germany“ geworden,<br />
um die Aktion nach Osnabrück zu holen.<br />
Inzwischen haben sich in ganz<br />
Deutschland weitere Cafés angeschlossen,<br />
eine Übersicht gibt es auf der<br />
Homepage: www.suspendedcoffee.de<br />
| Sina-Christin Wilk<br />
WISSEN KOMPAKT<br />
SUSPENDED COFFEE<br />
Seinen Ursprung hat der Suspended<br />
Coffee in Italien: Im Ersten Weltkrieg<br />
verloren viele Menschen ihre wirtschaftliche<br />
Grundlage. Da der Kaffee<br />
einen besonderen Stellenwert hatte,<br />
wurde die Tradition begründet, bedürftigen<br />
Mitmenschen aus Solidarität<br />
ein Heißgetränk zu spendieren<br />
– den „Caffè Sospeso“.<br />
Weitere Infos: www.kaffee1871.de<br />
Abbildung 2: Gesamtindex Soziale Ungleichheit - Kreuztabelle<br />
<strong>16</strong><br />
Dynamik<br />
2014-2015<br />
positiv<br />
stabil<br />
negativ<br />
Status 2015<br />
hoch mittel niedrig sehr niedrig<br />
Überträgt man diese Systematik auf eine Karte,<br />
ergibt sich 54 das unten dargestellte Bild. Statistische<br />
Bezirke, die über keine farbliche Füllung<br />
verfügen (eine Auflistung findet sich im Anhang<br />
2). Die Kombination hoher Status und positive<br />
Dynamik sowie hoher Status und negative Dy-<br />
55
Wer trug sich ins<br />
Goldene Buch ein?<br />
Teil <strong>16</strong>: Günter Grass<br />
Er war einer der bedeutendsten, aber auch einer der streitbarsten<br />
deutschen Schriftsteller des 20. und frühen Jahrhunderts. Und so wird<br />
sein Name mit der „Blechtrommel“, „Katz und Maus“ oder dem „Butt“,<br />
verbunden bleiben, aber auch mit dem bizarren Gedicht „Was gesagt<br />
werden muss“ oder dem späten Geständnis, als 17-Jähriger Angehöriger<br />
der Waffen-SS gewesen zu sein.<br />
Bei seinen drei Besuchen in Osnabrück zeigte sich Günter Grass (1927-<br />
2015) ebenfalls äußerst diskussionsfreudig. Zum ersten Mal kam der<br />
Literatur-Nobelpreisträger am 12. Juni 2002 in die Hasestadt, um aus<br />
seiner Novelle „Im Krebsgang“ zu lesen. Seine letzte Visite datiert vom<br />
Januar 2014, als Grass eine Ausstellung seiner Grafiken im Kunstquartier<br />
des BBK eröffnete und in der OsnabrückHalle Ausschnitte aus<br />
dem Roman „Hundejahre“ vortrug. | Thorsten Stegemann<br />
56<br />
SCHÖNE GRÜSSE & GOLDENES BUCH<br />
Postkarte: Privatarchiv<br />
Hallo, wie geht‘s?“<br />
"<br />
GRÜSSE AUS DER REGION!<br />
Im Mai 1930 reiste Lilly Vogel mit ihren Kindern nach Osnabrück<br />
und ließ den „lieben Verwandten“ im heimischen Erzgebirge herzliche<br />
Grüße zukommen. Die Natur stehe hier zwar in voller Blüte, es sei aber<br />
immer noch ziemlich kühl.<br />
Die Vorderseite der Postkarte zeigt das bis heute unveränderte „Brautportal“<br />
der Marienkirche. Die Figuren links und rechts stellen das<br />
Gleichnis von den klugen und törichten Jungfrauen aus dem Matthäus-<br />
Evangelium dar – über dem Portal ist die Krönung der Gottesmutter<br />
Maria zu sehen.<br />
Empfänger des Grußes war die Familie Karl August Gläser, die in<br />
Drehbach eine Strumpffabrik betrieb. Das 1925 errichtete, inzwischen<br />
denkmalgeschützte Gebäude dient heute als Bürgerhaus.<br />
| Thorsten Stegemann<br />
Günter Grass beim Eintrag ins Goldene Buch der Stadt<br />
Archivfoto © Kurt Löckmann, Presse- und Informationsamt Stadt Osnabrück // Unterschriftenbild © Stadt Osnabrück | Postkarte: Privatarchiv<br />
Karikatur © Marcus Wolf<br />
Was wurde aus dem sauren Regen?<br />
Im Haus durften sie nicht nadeln, draußen konnten sie es nicht mehr, weil der saure<br />
Regen die deutschen Wälder zum Massensterben verurteilt hatte. Die hitzige Diskussion,<br />
die Fritz Wolf 1984 zu einem boshaften Weihnachtsgruß inspirierte, hat sich<br />
inzwischen beruhigt. Heute gibt es in Deutschland gut elf Millionen Hektar Waldfläche,<br />
deutlich mehr als in den frühen 80ern. War die Sorge vor dem ökologischen Raubbau<br />
deshalb übertrieben? Oder verdankt der Wald seine vorläufige Erholung einem veränderten<br />
gesellschaftlichen Bewusstsein und schärferen Umweltgesetzen?<br />
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Fritz Wolf wurde am 7. Mai 1918 in<br />
Mülheim an der Ruhr geboren und<br />
starb am 23. Dezember 2001 in<br />
Bad Rothenfelde. Im Vorfeld seines<br />
100. Geburtstages erinnern wir in<br />
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zur Verfügung stehen, entscheidet das Los.<br />
Das Redaktionsteam wünscht viel Erfolg!<br />
Der Rechtsweg ist ausgeschlossen, keine Auszahlung der Preise in bar.<br />
Mitarbeiter und Angehörige der teilnehmenden Unternehmen sind<br />
von der Verlosung ausgeschlossen.<br />
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Ober- und<br />
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