Taxi Times Berlin - Dezember 2016
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ANTRIEB<br />
DAS MÄRCHEN<br />
VON DER<br />
MANGELNDEN<br />
NACHFRAGE<br />
Das Wirtschaftsministerium bemüht sich,<br />
der Elektromobilität auf die Sprünge zu helfen.<br />
Die Autoindustrie findet den Schlüssel nicht.<br />
Uwe Beckmeyer, Parlamentar. Staatssekretär.<br />
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie wollte<br />
mit einer von ihm so genannten „Vernetzungskonferenz“<br />
die Protagonisten der Elektromobilität zusammenbringen.<br />
Experten sollten sich austau schen. Kooperationspartner sollten<br />
sich finden. Innovative Ele mente der Elektromobilität sollten<br />
zusammengeführt werden. Und neue Impulse sollten generiert<br />
werden.<br />
Ist es nicht in etwa das, was jede bessere Konferenz bringen<br />
soll? Vernetzungskonferenz hört sich bedeutender an als ein<br />
schlichtes E-Mo-Treffen. Wenn sonst nicht viel klingelt bei der<br />
Elektromobilität, dann muss eben Wortgeklingel helfen.<br />
Uwe Beckmeyer, parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister<br />
für Wirtschaft und Energie, warnte davor, dass ausländische<br />
Plattformunternehmer sich zwischen Kunden und<br />
Industrie schieben und diese zu verlängerten Werkbänken degradieren.<br />
Für den Handel, der üblicherweise zwischen Kunden und<br />
Herstellern sitzt, kommt er mit seiner Warnung stellenweise<br />
schon zu spät.<br />
Der stationäre Einzelhandel ist in manchen Branchen von<br />
Handelsplattformen schon weitgehend plattgemacht worden. Der<br />
traditionelle deutsche Versandhandel mit seinen Katalogen existiert<br />
praktisch nicht mehr (Neckermann, Quelle, Otto).<br />
Wenn die deutschen Autokonzerne nicht bald eine zugkräftige<br />
elektrische Lösung finden, kann es ihnen tatsächlich passieren,<br />
demnächst zu Auftragsproduzenten von Google, Apple und Co zu<br />
werden. Ihr derzeitiges Angebot – überteuerte E-Autos, die weniger<br />
können – will keiner haben, auch nicht mit Prämie.<br />
Die Bräsigkeit, mit der deutsche Autohersteller den Entwicklungsauftrag<br />
der Post ausgeschlagen haben, aus dem dann junge<br />
Leute von der RWTH Aachen den StreetScooter gemacht haben,<br />
und wie das Erfolgsmodell von Automanagern dann madig gemacht<br />
wurde, zeigt doch, dass die leitenden Herren in den Führungsetagen<br />
noch nicht verstanden haben, worum es geht. Die Aussage<br />
von VW-Chef Matthias Müller – „Am Angebot mangelt es nicht,<br />
sondern an der Nachfrage“ – haut in dieselbe Kerbe. Die Jungs,<br />
die in Aachen den StreetScooter für die Post ent wickelt haben,<br />
waren übrigens auch dabei.<br />
Die Nachfrage ist durchaus da. Das Angebot passt nicht. Die<br />
deutsche Autoindustrie versteift sich darauf, immer weiter ihre<br />
Verbrenner zu verkaufen, und unterschätzt damit das Umweltbewusstsein<br />
selbst der Autofahrer.<br />
Mal ehrlich: Welcher <strong>Taxi</strong>unternehmer würde nicht auf der<br />
Stelle ein Elektro-<strong>Taxi</strong> kaufen, wenn das genauso teuer und<br />
genauso leistungsfähig wie ein Verbrenner wäre? Warum wohl<br />
fahren in <strong>Berlin</strong> 1.000 Toyota-Hybrid-<strong>Taxi</strong>s? Die kosten unter dem<br />
Strich nicht mehr als ein Diesel und fahren wenigstens zum<br />
Teil elektrisch.<br />
Das einzige wirklich leistungsfähige Elektroauto kommt aus<br />
den USA und wird trotz seines gepfefferten Preises prompt als <strong>Taxi</strong><br />
eingesetzt. Die Deutschen können das nicht? Ich bin schon vor zehn<br />
Jahren mit einem vollelektrischen Brennstoffzellen- Mercedes<br />
mit gefahren. In den Handel gekommen ist er bis heute nicht.<br />
Staatssekretär Beckmeyer beteuert: „Die Elektromobilität ist<br />
ein zentraler Baustein der Energiewende und Schlüssel zur Mobilität<br />
der Zukunft. Sie bietet die Chance, technischen Fortschritt<br />
sowie Klima- und Umweltschutz miteinander zu verbinden. Wenn<br />
FOTOS: Bundesregierung / Bergmann; Mercedes-Benz<br />
28 DEZEMBER / <strong>2016</strong> TAXI