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MEDIAkompakt 21: Schicksal vs. Zufall

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1/2017 NACHGEFRAGT & AUSPROBIERT<br />

13<br />

Und dann<br />

stürzt alles in sich zusammen.<br />

Bild: Sina Sikler<br />

Der erste Stein wird angestoßen, kippt und reißt den nächsten<br />

mit sich, dieser den folgenden und so geht es weiter, Stein für<br />

Stein, bis schließlich auch der letzte auf den Stoß seines<br />

direkten Nachbarn reagiert.<br />

VON SINA SIKLER<br />

Warum geschieht einem das, was<br />

einem tagtäglich geschieht? Wenn<br />

man diese Frage stellt, erhält man<br />

so viele verschiedene Antworten<br />

wie man Menschen gefragt hat. Die<br />

einen beteuern, dass das Karma-Konto des<br />

jeweiligen Akteurs für das verantwortlich ist, was<br />

ihm geschieht. Die Gedanken, Wünsche und<br />

Taten aus allen seinen Leben werden gespeichert<br />

und die Summe entscheidet über den Fortlauf des<br />

Lebens, beziehungsweise über das Leben als<br />

solches. Denn je nachdem wie viel gutes und<br />

schlechtes Karma man so angesammelt hat, wird<br />

man wieder geboren, oder erlangt irgendwann das<br />

End-Ziel der Erkenntnis. Wieder andere glauben<br />

an den Grundgedanken des Christentums und<br />

meinen, Gottes Macht reiche zwar aus, um alles<br />

Geschehen zu lenken, aber: der Mensch habe den<br />

freien Willen, er könne also letztendlich über sein<br />

Tun und somit über das Geschehen auf der Welt<br />

selbst bestimmen. Passiert einem etwas Schreck -<br />

liches, ein sogenannter <strong>Schicksal</strong>sschlag, wird das<br />

später oft als Erfahrung ausgelegt, als Etwas an<br />

dem derjenige reifen und stärker daraus hervor -<br />

gehen könne.<br />

Konfuzius’ Statement lautet: man begegnet<br />

den Menschen und Ereignissen, welchen man<br />

entspricht. All diese Wahrheiten haben eines<br />

gemeinsam: die Folge einer Handlung ist nichts<br />

Unabhängiges. Im Physikunterricht wird uns<br />

beigebracht, dass das Gesetz der Aktion und<br />

Reaktion universell gültig ist. Heißt: Man tut<br />

etwas, woraufhin unweigerlich etwas Anderes<br />

geschieht – drückt man mit vier Kilogramm Ge -<br />

wicht gegen eine Wand, drückt diese auch mit vier<br />

Kilogramm zurück. Die Reaktionen auf Taten sind<br />

zwar viel schwerer bis überhaupt nicht voraus -<br />

zusehen und der zeitliche Abstand zwischen den<br />

Taten und den darauffolgenden Reaktionen ist<br />

nicht berechenbar, ein Zusammenhang besteht<br />

dennoch. Der kippende Dominostein, der in der<br />

nächsten Sekunde alle anderen mit sich reißen<br />

wird, könnte ein Wort sein. Ein Wort, das ein<br />

Startsignal gibt, das Signal, auf welches hin alle<br />

Läufer losstürmen. In diesem Beispiel folgen<br />

Aktion und Reaktion unmittelbar aufeinander<br />

und jeder versteht den Zusammenhang.<br />

Wir alle entscheiden so viel. Täglich. Immer<br />

wieder aufs Neue. Tausende dieser Entschei -<br />

dungen wirken unbedeutend. Zum Beispiel: Laufe<br />

ich zur Uni, oder nehme ich den Bus? Diese<br />

Entscheidung wirkt zunächst unwichtig, für die<br />

Welt ist egal ob du läufst oder in den Bus steigst,<br />

der sowieso, auch ohne dich die gleiche Strecke<br />

fährt. Bis dir etwas passiert. Bis du zum Beispiel<br />

unterwegs von einem Auto angefahren wirst.<br />

Dann wirst du denken: Wäre ich doch mit dem<br />

Bus gefahren! Wie oft haben wir wohl schon eine<br />

Entscheidung getroffen, die uns vor etwas<br />

Schlimmem bewahrt hat? Wir können es nicht<br />

wissen. Andere Entscheidungen sind von Anfang<br />

an bedeutungsschwer. Wie zum Beispiel: soll ich<br />

in Stadt A oder B ziehen? Studieren oder arbeiten?<br />

In solchen Fällen wissen wir, dass die Ent -<br />

scheidung unseren weiteren Lebensweg prägen<br />

wird. Eine dritte Kategorie von Entscheidungen<br />

bilden die, die unbedeutend daherkommen, dann<br />

aber eine Kette von Reaktionen auslösen, die man<br />

nicht beabsichtigt hatte. So erinnern wir uns<br />

vielleicht gar nicht mehr an unsere auslösende<br />

Aktion, wenn die zugehörige Reaktion eintritt<br />

und nennen sie Karma, göttliche Vorsehung, Zu -<br />

fall, oder wie auch immer.<br />

Einen Tag vor der Präsidentschaftswahl in<br />

Amerika konnte man bei einem interaktiven Film<br />

von Galileo „You are President“ per App in die<br />

Rolle des Präsidenten schlüpfen und Entschei -<br />

dungen treffen. Den russischen Präsidenten an -<br />

gehen oder nachgeben? Die eigene Familie ins TV<br />

zerren oder den Präsidenten mit Under statement<br />

geben? Solche und weitere Fragen tauchten im<br />

Laufe der Story auf und die Mehrheit entschied.<br />

Auch jetzt gibt es das Ganze noch online zum Mit -<br />

machen. Galileo warnt in der Beschreibung des<br />

Spiels, dass eine Entscheidung, die man zu Beginn<br />

getätigt hat, einen am Schluss einholen und zur<br />

Katastrophe führen kann.<br />

Der erste Dominostein, der im interaktiven<br />

Spiel angestoßen wird, ist die Entscheidung, ob<br />

man nach einem Amoklauf zu Beginn die Waffen -<br />

gesetze lockern oder verschärfen möchte. Ent -<br />

scheidet man sich beispielsweise für verschärfen,<br />

stellt man das Recht eines Amerikaners sich zu<br />

verteidigen, also eine Waffe zu besitzen, infrage<br />

und dieses Recht ist in Amerika in der Verfassung<br />

verankert. Mit der Waffenlobby schafft man sich<br />

einen finanzkräftigen Gegner und viele der Bürger<br />

fühlen sich ihrer Freiheit beraubt. Andererseits<br />

sind 55 % der Amerikaner für schärfere Waffen-<br />

Kontrollen und befürworten diese Entscheidung.<br />

Fragen dieser Art werden im Verlauf des inter -<br />

aktiven Spieles viele gestellt und wohin das Ganze<br />

führt wird einem erst ganz am Ende klar, wenn die<br />

Reaktionen auf einen einprasseln. Hier wird noch<br />

einmal auf alle Entscheidungen, die man ge -<br />

troffen hat zurückgeblickt und es wird deutlich:<br />

was im ersten Moment wie eine gute Ent -<br />

scheidung wirkt, kann am Ende eine Katastrophe<br />

hervorrufen.<br />

Neugierig geworden?<br />

Es kann mitgespielt werden unter:<br />

http://www.galileo.tv/ausprobiert/you-are-president-der-inter<br />

aktive-film-zum-nachspielen/

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