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Ausgabe 6/2011 - Webway

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lässt. Es ent steht eine neue Form der Spezifikation bei den Leistungen,<br />

die in ein Pro dukt gruppenbudget um gesetzt wird. Erst durch die Konkretisierung<br />

der Mittelver wendung kön nen Parlament bzw. Stimmbürger<br />

ihre durch die Verfassung zugewiesene Budgethoheit weiter wahr -<br />

nehmen. Zwi schen der Regierung und den unteren Verwaltungs -<br />

einheiten wer den auf der Basis der Pro duktgruppenbudgets Leistungsvereinbarungen<br />

ab geschlossen, die einen direkten Zusam menhang mit<br />

den Globalbudgets haben müssen. Bei der Vor bereitung der Lei s -<br />

tungs ver einbarungen muss die Verwaltung berücksichtigen, welche<br />

Leistungs empfänger die Po litik als Kunden zulassen möchte. Anschließend<br />

sind die Bedürf nisse dieser Kunden möglichst ge nau zu erfassen.<br />

Die einzelnen Verwaltungseinheiten haben sich bei der Leistungs -<br />

erbringung immer daran zu orientieren.<br />

7. Niederlande<br />

Die Niederlande sind in 12 Provinzen (niederländisch: provincies)<br />

eingeteilt. Diese sind in 467 Gemeinden („gemeenten“) untergliedert.<br />

Bekannt wurde vor allem das nach der Stadt Til burg benannte „Tilburger<br />

Modell“, das die Grundlage für das von der KGSt (damals: Kom -<br />

mu nale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungs vereinfachung) für<br />

Deutschland ent wickelte „Neue Steuerungsmodell“ bildete. Ursprünglich<br />

bestand die Innovation in der Ein richtung einer neuen Fachbereichsstruktur,<br />

dem ein Kollegium von Bürgermeistern und Bei ge ord -<br />

neten vor stand. Als Stabstelle stand dem Kollegium ein Steuerungsdienst<br />

zur Ver fügung. An der Spitze eines Fachbereichs stand jeweils<br />

ein Direktor, dessen Vertreter zwin gend ein Con troller sein musste 11 .<br />

Heute wird das Tilburger Modell deutlich anders inter pretiert. Einer<br />

der Eckpunkte ist die Transparenz über die finanziellen Ressourcen<br />

und die erreichten Er gebnisse. Ein wei terer Punkt, der häufig unterschätzt<br />

wird, sind die Be mühungen, durch Trai nings programme die<br />

Qualität des Personalkörpers zu erhöhen und sicher zu stellen, dass die<br />

Arbeit auch Spaß macht. In Tilburg haben alle Mitarbeiter die Chance,<br />

unabhängig von ihrem Bildungs hin ter grund durch individuelle Förderung<br />

Führungs positionen zu erreichen.<br />

Ein Schlüsselelement bildet der Kunde, die Einwohnerschaft von Tilburg.<br />

Alle Dienst lei stungen für die Bürger wurden an einem Ort gebündelt,<br />

so dass die Bürger nicht mehr bei ver schiedenen Ämtern anfragen<br />

müssen. Ein zweites Element des Tilburger Modells ist die Ein -<br />

teilung in „Nachbarschaften“. Tilburg ist in vier Bezirke unterteilt. In<br />

jedem von ihnen gibt es ein Bezirksbüro mit einem Bezirksleiter. Der<br />

Bezirksleiter ist das Bindeglied bei Fragen, die eine bestimmte Nachbarschaft<br />

und deren Ämter betreffen. Der dritte Eckstein sind die Strategien.<br />

Das jüngste Element des Tilburg-Modells bildet die Dienstleis -<br />

tungsabteilung. Die se Abteilung stellt anderen Ämtern Dienstleistungen<br />

wie IT, Personal, Kommunikation, Rechts beihilfe und vieles mehr<br />

zur Verfügung. Sie hat 400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.<br />

8. Deutschland<br />

Deutschland gliedert sich in 16 Bundesländer. Die drei Stadtstaaten<br />

Berlin, Hamburg und Bremen bestehen nur aus einer bzw. im Falle<br />

Bremens aus zwei (kreisfreien) Städten. Die 13 Flächenstaaten gliedern<br />

sich in (Land-) Kreise und kreisfreie Städte (bzw. Stadtkreis). In<br />

einigen Bundesländern gibt es über den Landkreisen und kreisfreien<br />

Städten noch Regierungsbezirke. Die (Land-) Kreise gliedern sich in<br />

Städte und Gemeinden.<br />

Das „Neue Steuerungsmodell“ (NSM) 12 in seiner Originalfassung<br />

von 1993 weist einige wesent liche Unterschiede zu anderen nationalen<br />

Modernisierungsprogrammen auf: Es fällt zunächst auf, dass vor allem<br />

Strukturelemente implementiert wurden, während Prozess ele mente<br />

unterbelichtet blieben. Ebenso fehlen Anknüpfungspunkte an bereits<br />

früher erfolgte Veränderungen in einzelnen Politikfeldern. Die Erkenntnisse<br />

der Verwaltungs wis senschaft, beispielsweise über das<br />

schwierige Verhältnis von Politik und Verwaltung, blieben so gut wie<br />

ausgeklammert. Gleichwohl lässt sich das NSM als eine Variante des<br />

NPM be stimmen.<br />

Mit dem Neuen Steuerungsmodell wurde konzeptionell ein Schritt in<br />

Richtung eines Wan dels der öffentlichen Verwaltung hin zum Dienst-<br />

www.buergermeisterzeitung.at | de<br />

FACHTHEMA<br />

leistungsunternehmen gemacht. Die büro kra tische Struktur der Kommunalverwaltung,<br />

die strenge Arbeitsteilung und Hierarchisierung bildeten<br />

nach Ansicht der KGSt zu einem System der organisierten<br />

Unver antwortlichkeit. Mit den Grundideen des NSM hat die KGSt einen<br />

Bruch mit ihren früheren Empfehlungen voll zogen. Im Ergebnis<br />

hat die KGSt damit eine umfassende Reformwelle aus gelöst und hat<br />

ein positives Klima für Veränderungen geschaffen. Die meisten (west -<br />

deutschen) Kommunen ha ben sich am NSM orientiert und haben einzelne<br />

Instrumente aus dem Modell umgesetzt. Die Kommunen haben<br />

sich mit ihren Produkten und ihrem Service, auch in den Augen der<br />

Bür gerinnen und Bürger in Richtung moderner Dienstleistungsunter -<br />

nehmen entwickelt. Teil kon zep te des NSM (Ressourcenver -<br />

brauchskonzept: Neues Kom munales Rechnungs- bzw. Fi nanzwesen;<br />

Zielvereinbarungen: Tarifverträge für den öf fent lichen Dienst) sind inzwischen<br />

zu verbindlichen Vorgaben geworden. Beispiele für eine Implementierung<br />

des NSM als Ge samtkonzept finden sich indes so gut<br />

wie nicht.<br />

9. Fazit<br />

Für die USA beschreibt GUY PETERS das Ergebnis des Reformprozesses<br />

mit den Worten vom Ver sagen der „managerial reform in a managerial<br />

society“ 13 . In Neuseeland entschied man sich für eine Organisation<br />

der öffentlichen Verwaltung nach dem Vorbild privater Unter -<br />

nehmen, während der Schwerpunkt in Australien eher bei der Stärkung<br />

zentraler Kontroll rechte in Verbindung mit einer Reform der Finanzen<br />

lag. Grundelement der Bemühungen in Groß britannien waren<br />

Marktorientierung und mehr Wettbewerb, in Schweden stand die Stär -<br />

kung der kommunalen Ebene im Vordergrund. Während in den USA<br />

aus der Reform der Zentral regierung nur wenig wurde, brachte die<br />

Ökonomisierung der Kommunalver waltung in Groß britannien und<br />

Neuseeland die erwünschten Effekte durchaus. Skandinavien fällt vor<br />

allem durch umfassende Gebietsreformen auf, verbunden mit entsprechenden<br />

Funktional re formen. Ebenfalls eine recht einheitliche Gruppe<br />

bilden Deutschland, die Schweiz und die Nieder lande, wo gegenüber<br />

dem NPM deutlich abgewandelte Modelle um gesetzt wurden 14 .<br />

Die untersuchten Staaten sind recht unterschiedliche Wege gegangen,<br />

was vor dem Hinter grund teilweise weit reichender rechtlicher<br />

Rahmenbedingungen, großen Unterschieden in der Verwaltungsorganisation<br />

und in der Verwaltungskultur auch nicht sehr überrascht. In<br />

vie len der nicht betrachteten Staaten kommt dem NPM dagegen bis<br />

heute eine nur mar ginale Bedeutung zu. Deutschland nimmt im internationalen<br />

Vergleich eine besondere Rolle ein. Einerseits erschweren<br />

rechtsstaatliche Traditionen eine Ökonomisierung ungleich stär ker als<br />

in anderen Staaten, andererseits ist der Wille zur Durchführung von<br />

Reformen bis heute fast ungebrochen 15 . Ähnlich wie in der Schweiz<br />

und in den Niederlanden gingen die Re formbemühungen in Deutschland<br />

von der kommunalen Ebene aus. Insbesondere in Neu seeland<br />

und Großbritannien waren die Reformen mehr oder weniger staatlich<br />

verordnet, in den USA zum Teil sogar fast ausschließlich auf die staatliche<br />

Ebene bezogen.<br />

In Deutschland wurde dem Bürokratiemodell, das maßgeblich zur<br />

Etablierung liberaler und demokratischer Ver fassungsordnungen im<br />

letzten Jahrhundert beigetragen hat, mit dem NSM eine Konzeption<br />

entgegen gestellt, die zweifellos nicht perfekt ist und einige Fragen of -<br />

fen lässt. Immerhin hat das NSM aber einen Paradigmen wechsel bewirkt<br />

und eine Phase grund legender Systemveränderungen in den<br />

Kommunen eingeleitet. Es ist von einem Re formkonzept zu einem heute<br />

in Theorie und Praxis breit ak zeptierten und um gesetzten Füh rungsund<br />

Steuerungssystem geworden, dessen Kon zeption und Be griff lich -<br />

keit auch auf Bundes- und Landesebene übernommen wurden. ➧<br />

11 Quelle: Krähmer (1994).<br />

12 Vgl. Kegelmann (2007); Baunack-Bennefeld; Elsenbroich; Gladow; Kutz;<br />

Schmidt; Steffen; Weidemann (2006).<br />

13 PETERS (2003).<br />

14 Vgl. dazu die einzelnen Beiträge in Hood; Schuppert (2003).<br />

15 MILLER (2010).<br />

Bürgermeister Zeitung 6/<strong>2011</strong><br />

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