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Die Kriegsgefangenen der Mittelmächte in Rußland im Ersten ...

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machte sich während dieser langen Eisenbahnfahrt beson<strong>der</strong>s angenehm fühlbar. In<br />

allen größeren Eisenbahnstationen s<strong>in</strong>d große Ausspeisehallen für das Militär e<strong>in</strong>gerichtet.<br />

Es s<strong>in</strong>d <strong>im</strong> Rohziegelbau hergestellte Gebäude mit riesigen Sälen. [...] mehrere<br />

riesige Oefen sorgen für e<strong>in</strong>e wohltuende Wärme. In sehr re<strong>in</strong> gehaltenen, mo<strong>der</strong>n e<strong>in</strong>gerichteten<br />

Küchen wird die Menage bereitet.“ 1<br />

Der anonyme Soldat S<strong>in</strong>cerus Vernalis schil<strong>der</strong>t ihre erste Verköstigung mit Kascha (=<br />

Buchweizengrütze) h<strong>in</strong>gegen so: „Als wir sie [...] zum ersten Male kosteten, entfiel uns<br />

<strong>der</strong> Holzlöffel [...] und alle glaubten wir, dem Hungertode entgegen gehen zu müssen.“ 2<br />

Erreichte <strong>der</strong> Zug e<strong>in</strong>en solchen Punkt <strong>in</strong> <strong>der</strong> Nacht, so gab es dann die Verpflegung,<br />

was <strong>in</strong> <strong>der</strong> Memoirenliteratur häufig empört bemängelt wird. An den Tagen, an denen<br />

ke<strong>in</strong> Verpflegungspunkt erreicht wurde, sollten die gefangenen Mannschaften 25<br />

Kopeken Verpflegungsgeld erhalten. 3 Nur selten wird <strong>in</strong> den Erlebnisberichten<br />

beschrieben, daß diese Summe auch tatsächlich ausbezahlt worden sei. In <strong>der</strong> Regel<br />

habe <strong>der</strong> russische Transportführer das Geld ganz o<strong>der</strong> teilweise unterschlagen, so daß<br />

die Gefangenen ihre letzten Mittel ausgeben hätten müssen o<strong>der</strong> ganz ohne Verpflegung<br />

geblieben seien. 4 Oft hätten sie, um nicht zu verhungern, Kleidungsstücke verkauft. Der<br />

Soldat Brodde bemerkt dazu: „So kam mancher von uns an dem Best<strong>im</strong>mungsort halbnackt<br />

an.“ 5<br />

<strong>Die</strong>se Zustände werden teilweise durch russische Dokumente bestätigt. Der<br />

Stabskommandeur des Irkutsker Militärbezirks, Abteilung Generalquartiermeister,<br />

schickte am 1. 1. 1915 (19. 12. 1914) e<strong>in</strong> Zirkularschreiben u.a. an den Kommandanten<br />

<strong>der</strong> Gar���������������������������������������������������������������������<br />

daß <strong>der</strong> Hauptbevollmächtigte des Allrussischen Zemstvobundes für die Hilfe für<br />

Kranke und Verwundete des Krieges sie <strong>in</strong> Kenntnis gesetzt habe, daß nach<br />

vorliegenden Mitteilungen „... Vorfälle beobachtet wurden, <strong>in</strong> denen sich Leiter <strong>der</strong><br />

Begleitkommandos, die <strong>in</strong> die östlichen Gouvernements und Sibirien verschickte<br />

1 Stoß, S. 49/50; siehe auch ebenda, S. 107.<br />

2 S<strong>in</strong>cerus Vernalis, S.7; siehe auch Meyer, S. 25; Josef Pfeffer, Me<strong>in</strong>e Erlebnisse <strong>in</strong> russischer Gefangenschaft<br />

und Flucht von <strong>der</strong> Murman-Bahn 1915/16, Vockenrode [1917], S. 43/4.<br />

3 Siehe Brändström, S. 9.<br />

4 Siehe Alfred Engelmann, Nach 2½jähriger Gefangenschaft <strong>in</strong> Sibirien und <strong>der</strong> Ukra<strong>in</strong>e durch die russische<br />

Front entflohen. Erlebnisse des Utffz. Schuffenhauer von e<strong>in</strong>em sächs. Landwehr-Reg<strong>im</strong>ent, Leipzig<br />

[1918], S. 19; Hittmair, S. 15; Köstenberger, Sechs Jahre, S. 9; Meier-Gräfe, Tsche<strong>in</strong>ik, S. 87; Meyer,<br />

S. 25, 27;Victor Nowak, Bil<strong>der</strong> aus <strong>der</strong> Er<strong>in</strong>nerung e<strong>in</strong>es Austausch<strong>in</strong>validen. Erlebnisse, Beobachtungen<br />

und Leiden <strong>in</strong> russischer Kriegsgefangenschaft, Wien 1917, S. 32; Joseph Scholz, Er<strong>in</strong>nerungen, Erlebnisse<br />

und Flucht aus me<strong>in</strong>er Kriegsgefangenschaft <strong>in</strong> <strong>Rußland</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeit vom 3. September 1915 bis 6.<br />

Juni 1918, Münsterberg <strong>in</strong> Schl. [1923], S. 9/10; Schulte vom Brühl, S. 23; S<strong>in</strong>cerus Vernalis, S. 20;<br />

Stoß, S. 50; Klante, <strong>Die</strong> deutschen <strong>Kriegsgefangenen</strong>, S. 183.<br />

5 Brodde, S. 23; siehe auch Nowak, S. 31; Scholz, S. 10, 32.

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