16/3377 - Abgeordnetenhaus von Berlin
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Bericht des <strong>Berlin</strong>er Beauftragten für Datenschutz und<br />
Informationsfreiheit 2009<br />
Bundesgesetzgeber auch Hinweise dafür geben wird,<br />
welche Korrekturen am ELENA-Verfahrensgesetz<br />
notwendig sind.<br />
Steuerhinterziehung ist eine Straftat, die verfolgt<br />
werden muss. Über die Frage, mit welchen Mitteln<br />
dies geschehen darf, wird nicht erst seit 2007<br />
diskutiert. Damals kaufte der Bundesnachrichtendienst<br />
<strong>von</strong> einem Informanten Datenträger mit Informationen<br />
über mutmaßliche deutsche Steuerhinterzieher an, die<br />
ihr Geld „schwarz“ in Liechtenstein angelegt hatten.<br />
Diese Daten führten zu zahlreichen<br />
Steuerstrafverfahren. Auf den Datenträgern fanden<br />
sich allerdings auch Daten über steuerehrliche<br />
Bürgerinnen und Bürger, wie die Ermittlungen<br />
ergaben. Bevor das angerufene Bundesverfassungsgericht<br />
über die Rechtmäßigkeit dieser Datenerhebung<br />
und -verwertung entscheiden konnte, hat eine<br />
Landesregierung mit Rückendeckung der<br />
Bundesregierung weitere Datenträger mit<br />
Kontoinformationen Schweizer Banken über deutsche<br />
Kundinnen und Kunden angekauft, die Steuern<br />
hinterzogen haben sollen. Dieses Vorgehen wirft<br />
Fragen auf, die weit über die Bedeutung des<br />
Bankgeheimnisses hinausgehen. In einem Rechtsstaat<br />
dürfen Straftaten nur mit rechtsstaatlichen Mitteln<br />
verfolgt werden. Der regierungsamtliche Ankauf <strong>von</strong><br />
Daten, die jedenfalls in rechtswidriger,<br />
möglicherweise oder sogar strafbarer Weise erlangt<br />
wurden, gehört nicht dazu. Der Staat erschüttert<br />
dadurch vielmehr das Vertrauen der Menschen in die<br />
Beachtung <strong>von</strong> Geheimhaltungsbestimmungen – auch<br />
zum Schutz personenbezogener Daten –, deren Bruch<br />
mit Strafe bedroht ist.<br />
Eine geradezu groteske Wendung nimmt die ganze<br />
Angelegenheit, wenn die Senatsverwaltung für<br />
Finanzen nach Presseberichten Auskünfte über die<br />
Höhe der insgesamt in <strong>Berlin</strong> aufgrund <strong>von</strong><br />
Selbstanzeigen zu erwartenden Steuernachzahlungen<br />
mit Hinweis auf das „Steuergeheimnis“ ablehnt4.<br />
4 <strong>Berlin</strong>er Zeitung vom 9. Februar 2010<br />
Stellungnahme des Senats<br />
Gemäß § 85 Abgabenordnung (AO) haben die<br />
Finanzbehörden die Steuern nach Maßgabe der<br />
Gesetze gleichmäßig festzusetzen und zu erheben.<br />
Dies ist letztlich eine Folge aus dem<br />
grundgesetzlichen Gleichbehandlungsgebot nach<br />
Artikel 3 GG. Hinsichtlich der Besteuerung <strong>von</strong><br />
Kapitalerträgen ist in der Vergangenheit vom Bundesverfassungsgericht<br />
ein Vollzugsdefizit festgestellt<br />
worden. Nach § 208 Absatz 1 Nr. 3 Abgabenordnung<br />
(AO) ist es Aufgabe der Steuerfahndung, unbekannte<br />
Steuerfälle aufzudecken und zu ermitteln. Vor diesem<br />
Hintergrund kommt auch die entgeltliche Beschaffung<br />
<strong>von</strong> Kontendaten in Betracht, wenn diese werthaltig<br />
sind und zur Aufdeckung einer größeren Zahl <strong>von</strong><br />
Hinterziehungsfällen beitragen können.<br />
Eine solche Stellungnahme seitens der Senatsverwaltung<br />
für Finanzen ist dem Senat nicht bekannt.<br />
Es konnte lediglich ein Pressebericht der <strong>Berlin</strong>er<br />
Zeitung vom 8.2.2010 zu einem Einzelfall mit einer<br />
Nachzahlung i.H.v. 4,5 Mio. € recherchiert werden, zu<br />
dem sich die Senatsverwaltung für Finanzen laut<br />
Darstellung der Presse unter Hinweis auf das<br />
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