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Medien im Systemvergleich - Eine ordnungsökonomische Analyse ...

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um die Bereitstellung von Inhalten und die Sicherung von Qualitätsstandards (viertes<br />

Ordnungsproblem), zum anderen darum, finanzielle Rahmenbedingungen für die<br />

einzelnen Anbieter zu setzen. Vor allem in einem binnenpluralistischen öffentlichrechtlichen<br />

Rundfunksystem wie in Deutschland ist zu erwarten, daß die politischen<br />

Parteien die Personalentscheidungen beeinflussen wollen, um die <strong>Medien</strong> als<br />

Sprachrohr für die eigenen parteipolitischen Positionen zu nutzen. Dies kann zur<br />

Politisierung des Rundfunks führen und dadurch die Legit<strong>im</strong>ationsbasis für öffentlichrechtlichen<br />

Rundfunk schwächen, die unmittelbar von der Staatsferne hergeleitet<br />

werden kann (siehe Kapitel 4).<br />

Im Zusammenhang mit der Gefahr der <strong>Medien</strong>, zum „Sprachrohr“ der politischen<br />

Parteien zu werden, ist daran zu erinnern, daß jede wirtschaftspolitische Maßnahme der<br />

Regierung einer gründlichen Erläuterung bedarf; sie muß in Zusammenhang mit einem<br />

wirschaftspolitischen Leitbild und einer politischen Zielrichtung verdeutlicht werden.<br />

Selbst wirtschaftspolitische Zwangsmaßnahmen einer autoritären Regierung, etwa in<br />

Kriegs- und Krisenzeiten, müssen zumindest in der mittleren Frist die prinzipielle<br />

Zust<strong>im</strong>mung der Bevölkerung finden. Ist dies nicht der Fall, kommt es zu zahlreichen<br />

Ausweichreaktionen der Menschen, vor allem in die Schattenwirtschaft. Wie Noelle-<br />

Neumann (1996, S. 274 ff.) dies treffend formuliert: „Wer die öffentliche Meinung<br />

verliert, ist kein König mehr“. Wenngleich neben den elektronischen Massenmedien<br />

auch andere Kommunikationskanäle existieren, um der Bevölkerung politische<br />

Botschaften zu vermitteln, bleibt das Fernsehen in diesem Bereich unangefochten das<br />

Leitmedium für eine politische Kommunikation, mit der breite Bevölkerungs- und<br />

Wählerschichten erreicht werden können.<br />

Die Bedeutung der elektronischen <strong>Medien</strong> für die Darstellung und Vermittlung von<br />

Politik dürfte in den nächsten Jahren weiter zunehmen. Manche Zeitgenossen sehen sich<br />

sogar am Beginn eines „visuellen Zeitalters“. Die Bedeutungszunahme des Fernsehens<br />

ist insbesondere dann zu erwarten, wenn sich die Individualisierungtendenzen in der<br />

Gesellschaft weiter verstärken (vgl. Putnam 2000; Wentzel 1998a). Es ist offenkundig,<br />

daß die „klassischen Diskussionsforen“ der Demokratie, also etwa die politischen<br />

Parteien und Bürgervereinigungen, die Gewerkschaften und die Kirchen, unter<br />

permanentem Mitgliederschwund leiden. Hierdurch wird – wie bereits erwähnt – deren<br />

Wirkung als „ordnende Potenz“ in der Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung sowie als<br />

„Träger von Sozialkapital“ (Putnam 2000) gemindert. Putnam sieht in diesem<br />

Zusammenhang sogar die Gefahr, daß das Sozialkapital einer Gesellschaft hierdurch<br />

dauerhaft schaden nehmen kann 18<br />

. Um diesen Effekt zu kompensieren, dürften sich die<br />

politischen Parteien in besonderer Weise um den Fernsehzuschauer bemühen – und daß<br />

nicht nur zu Zeiten des Wahlkampfes. In der medienwissenschaftlichen Diskussion wird<br />

18<br />

Die Studie von Putnam (2000) ist in diesem Zusammenhang besonders zu beachten,<br />

weil er als Ursache für die zunehmende Individualisierung und das abnehmende<br />

gesellschaftliche Engagement, die er empirisch in den Vereinigten Staaten feststellt, von<br />

allem den hohen Fernsehkonsum verantwortlich macht.<br />

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