COMPACT-Magazin 03-2017
Schulz wird Merkel
Schulz wird Merkel
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<strong>COMPACT</strong> Editorial<br />
Schulz wird Merkel<br />
Meine Prognose: Er schafft’s. Sein bestes Argument<br />
ist Angela Merkel. Die Leute können sie einfach<br />
nicht mehr sehen: die Topffrisur, die Raute, die<br />
abgeknabberten Fingernägel, die mäandernde Betulichkeit.<br />
Und dann ihr Altersstarrsinn! Das Diktum<br />
«Wir schaffen das» ein Mal zum Besten zu geben,<br />
hätte ihr das schafsgeduldige Wahlvolk noch<br />
durchgehen lassen: Es waren chaotische Tage Anfang<br />
September 2015, da kann einer Mutti so ein<br />
Fauxpas schon mal rausrutschen. Aber diese Dreiwort-Schlaftablette<br />
auch noch hochzuhalten, nachdem<br />
ihre Fachkräfte den deutschen Michel schon<br />
aus dem Schlummer gebombt hatten, war eine unglaubliche<br />
Instinktlosigkeit. Dass sie überhaupt<br />
noch im Amt ist, geht auf die Kastration der Union<br />
zurück: Allen Opponenten von Friedrich Merz<br />
über Karl-Theodor zu Guttenberg bis zu Wolfgang<br />
Schäuble hat sie die Eier abgeschnitten. Jetzt sind<br />
nur noch flaumbärtige Konfirmanden wie Norbert<br />
Röttgen und Eunuchen wie Peter Altmaier übrig.<br />
Merkel hat dermaßen fertig, dass sie jeder mit<br />
Erfolgsaussicht herausfordern könnte, der einen<br />
Wandel verspricht. Er darf nur nicht – etwa als Minister<br />
der Großen Koalition – selbst ihren Dreck an<br />
sich kleben haben. Deswegen schieden Sigmar Gabriel<br />
und Frank-Walter Steinmeier aus, deswegen<br />
holten die Sozis mit Martin Schulz einen Kandidaten<br />
aus dem fernen Brüssel. Für politisch Interessierte<br />
hat er die Ausstrahlung eines «feuchten Lappens»,<br />
die der Brexit-Führer Nigel Farage einst dem EU-<br />
Ratspräsidenten Herman Van Rompuy attestierte.<br />
Aber die breite Masse könnte auf den Bluff hereinfallen:<br />
Oberflächlich betrachtet ist der joviale Rheinländer<br />
tatsächlich eine Alternative zu der vertrockneten<br />
Uckermärkerin. Endlich tritt mal wieder ein<br />
Mann an und endlich einmal keine ostdeutsche Pfaffenseele,<br />
werden viele denken. Schulz gibt den Kumpel,<br />
mit dem man gerne ein paar Pilsken kippen würde,<br />
um zu testen: Ist er wirklich abstinent geworden?<br />
Er läuft breitbeinig, er kann fluchen, er kann sich notfalls<br />
auch Pipi aus den Augen drücken – das sind Eigenschaften,<br />
die der gefühlsarmen und menschenscheuen<br />
Kanzlerin gänzlich fehlen.<br />
Aber eine politische Alternative ist er nicht, ganz<br />
im Gegenteil. Wenn Thilo Sarrazin schreibt, Schulz<br />
stimme bei den Inhalten zu 95 Prozent mit Merkel<br />
überein, so ist das eine Untertreibung. In Wirklichkeit<br />
sind es 150 Prozent. Die für den deutschen Steuerzahler<br />
desaströse Euro-Rettung wollten beide – er<br />
aber hätte für Euro-Bonds gerne auch noch unsere<br />
Spareinlagen verpfändet. Während die Kanzlerin<br />
die inflationäre Geldvermehrung durch die Europäische<br />
Zentralbank stillschweigend unterstützt, setzt<br />
er mit der Forderung nach weiteren Hilfen für die defizitären<br />
Südmitglieder noch eins oben drauf. Auch<br />
ihre Frontstellung gegen Donald Trump wird er noch<br />
verstärken: Er kann sie mit dem traditionellen Antiamerikanismus<br />
aus seinen Juso-Tagen pfeffern –<br />
obwohl dieser aus Zeiten stammt, als man in Washington<br />
Atomschläge auf Moskau plante und nicht,<br />
wie aktuell, die Verständigung sucht. Unter Merkel<br />
ist Deutschland der US-Kettenhund gegen Russland.<br />
Der eingefleischte Eurokrat Schulz aber will mehr:<br />
Dass aus der EU ein Imperium wird, das eigenständig<br />
auftrumpfen kann.<br />
Vor allem wird er in den Schicksalsfragen unserer<br />
Nation dort weitermachen, wo die Kanzlerin<br />
aufgehört hat: bei Islamisierung und Massenzuwanderung.<br />
«Was die Flüchtlinge mit zu uns bringen,<br />
ist wertvoller als Gold», jubilierte er schwülstig<br />
im Juni 2016. Jetzt legte er im Spiegel nach: «Der<br />
Traum von Europa (…) – schauen Sie in die Gesichter<br />
der Flüchtlinge, dann sehen Sie diesen Traum.<br />
Das sind Menschen, die vor Krieg, Hass, Gewalt und<br />
Unrechtssystemen fliehen.» Dass darunter Sozialbetrüger,<br />
Scharia-Anhänger, Vergewaltiger und Terroristen<br />
sind – haben wir das je von Schulz gehört?<br />
Chefredakteur Jürgen Elsässer.<br />
Foto: Jörg Gründler<br />
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