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GESUNDHEIT<br />
BLUTTRANSFUSIONEN<br />
Massenphänomen: Jeder dritte Mensch soll<br />
von einer Blutarmut betroffen sein – dahinter<br />
steckt ein Mangel an roten Blutkörperchen, der<br />
mit Blutkonserven ausgeglichen werden kann<br />
da ist“, findet Meybohm. Weil es daran<br />
offensichtlich mangelt, suchen die beiden<br />
Wissenschaftler auch die politische<br />
Bühne. Sie wünschen sich eine gesetzliche<br />
Regelung, nach der sich Patienten<br />
vier Wochen vor einem geplanten Eingriff<br />
einem Anästhesisten vorstellen müssen,<br />
damit eine mögliche Anämie geklärt und<br />
behandelt wird. In Frankfurt gibt es dafür<br />
eine eigene Ambulanz. Die beiden Ärzte<br />
haben auch gezeigt, dass diese Vorgehensweise<br />
kosteneffektiv sein kann: Hinsichtlich<br />
der direkten Kosten seien Diagnostik<br />
und Behandlung der Anämie günstiger als<br />
die Transfusion einer Blutkonserve.<br />
Viele Maßnahmen sind möglich<br />
Die Diagnostik und Behandlung der Anämie<br />
ist nur eine Säule des Patient Blood<br />
Managements. Es soll auch dafür sorgen,<br />
dass der Patient weniger Blut verliert –<br />
etwa, wenn Blutproben für das Labor<br />
abgenommen werden. Die hierfür genutzten<br />
Röhrchen sind standardisiert, müssen<br />
aber nicht bis ins obere Drittel gefüllt werden.<br />
Oft genügt eine deutlich kleinere Menge<br />
zur Bestimmung der Laborwerte. „Wer<br />
eine Woche auf der Intensivstation liegt,<br />
verliert allein durch die übliche Diagnostik<br />
bis zu einem halben Liter Blut, mitunter<br />
sogar mehr“, sagt Meybohm. „Schwerkranke<br />
können diese Menge nicht so einfach<br />
ausgleichen. Wir nehmen weniger Blut ab,<br />
bestimmen nur dann Laborwerte, wenn es<br />
klinische Anzeichen für eine Änderung gibt,<br />
und auch nur die Werte, die tatsächlich<br />
nötig sind.“ Schon während der Operation<br />
wird dafür gesorgt, dass der Patient weniger<br />
Blut verliert – etwa durch einen kleineren<br />
Hautschnitt oder blutsparende Operationstechniken.<br />
Das anfallende Wundblut<br />
wird zudem gesammelt, aufbereitet und<br />
dem Patienten zurückgegeben. Blutverluste<br />
ließen sich auch durch ein gutes Gerin-<br />
nungsmanagement vermeiden. Die dritte<br />
Säule ist ein sorgfältigerer Einsatz der Blutkonserven.<br />
„Patienten können ein gewisses<br />
Maß an Blutarmut tolerieren und kompensieren“,<br />
sagt Zacharowski. „In Deutschland<br />
gibt es aber einen Reflex, bei einem niedrigen<br />
Hämoglobinwert sofort zu transfundieren.<br />
Im Grunde behandeln wir eine Zahl,<br />
nicht aber den Patienten als Individuum.“<br />
Studie belegt Vorteile<br />
Dabei sagen die Leitlinien explizit, dass<br />
neben der gemessenen Hämoglobinkonzentration<br />
noch andere Kriterien für<br />
eine rationale Indikationsstellung herangezogen<br />
werden müssen. Zacharowski<br />
und Meybohm entwickelten daher aus<br />
der Querschnitts-Leitlinie der Bundesärztekammer<br />
eine Transfusionstrigger-<br />
Checkliste, die ihren Kollegen bei einer<br />
rationalen Indikationsstellung hilft. Dass<br />
das Patient Blood Management der tra-<br />
28 DRÄGERHEFT 400 | 2 / 2016