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BERGBAU<br />
WIRTSCHAFT<br />
Szenarien durch, wie sich das Reichweitenproblem unter Tage lösen<br />
ließe. Sie erörterten und verwarfen diverse Ideen – etwa zusätzliche<br />
Atemschutzgeräte an verschiedenen Punkten unter Tage zu deponieren<br />
oder eine Rettungskapsel als Anhänger hinter dem bestehenden<br />
Fahrzeug mitzuführen. „Da es keine brauchbare Lösung auf<br />
dem Markt gab, blieb am Ende der Gedanke, gemeinsam ein Fahrzeug<br />
zu entwickeln. Wir waren nicht nur Ideengeber, sondern auch<br />
der erste Kunde für etwas, das es so noch nicht gab“, erinnert sich<br />
Uchtenhagen.<br />
Wenn Atemschutzgeräte an Grenzen stoßen<br />
Kent Armstrong verweist auf ein Grubenfeuer im Jahr 1965 in der<br />
MacIntyre-Mine in Kanada als Wendepunkt. Das Unglück in rund<br />
1.500 Metern Tiefe führte vor Augen, dass Atemschutzgeräte mit<br />
zwei Stunden Einsatzdauer nicht mehr ausreichen, um in immer tieferen<br />
Gruben sicher und effektiv zu arbeiten. Drägers Kreislauf-Atemschutzgerät<br />
BG 174 schloss Mitte der 1960er-Jahre erstmals diese<br />
Sicherheitslücke. Es versorgte Einsatzkräfte mit bis zu vier Stunden<br />
Atemluft. Doch selbst dieser neue Standard reicht heute nicht mehr<br />
Mobile Gasmesstechnik<br />
hilft, Risikofaktoren<br />
im<br />
Wetterstrom<br />
zu kontrollieren<br />
aus, wenn die Hin- und Rückreise zum entferntesten Punkt einer<br />
Grube fast zwei Stunden in Anspruch nimmt. Gleichzeitig sind dem<br />
Ausbau mobiler Systeme physische Grenzen gesetzt: „Niemand kann<br />
ein Gerät auf dem Rücken tragen, das acht bis neun Stunden Atemluft<br />
vorhält“, erklärt Armstrong. Eine bessere Mobilisierung der Retter<br />
allein löst das Problem ebenso wenig. Rettungsfahrzeuge, die wie ein<br />
geländetauglicher Krankenwagen in die Grube einfahren, um Feuer<br />
zu bekämpfen und Verletzte zu versorgen, während die Bergleute in<br />
Flucht- und Rettungskammern ausharren, sind nichts Neues. „Derartige<br />
Lösungen sind seit einigen Jahren im Einsatz. Was bislang<br />
fehlte, war ein Fahrzeug mit einer Luftversorgung, die von der Umgebungsluft<br />
unabhängig ist“, sagt Armstrong. „In den Gesprächen mit<br />
Goldcorp stellte sich heraus, dass die beste Lösung aus einem Fahrzeug<br />
mit luftdichter Fahrerkabine und Kassette, gemeint ist die Rettungskammer,<br />
besteht, in dem ein Rettungsteam sicher unterwegs<br />
ist – und das eigene Atemschutzgerät erst dann aktiviert, wenn es<br />
am Einsatzort angekommen ist.“<br />
Eine solche „Rettungskammer mit Allradantrieb“ entwarfen Uchtenhagen<br />
und Armstrong in enger Abstimmung mit weiteren Experten<br />
bei Goldcorp sowie dem Bereich Engineered Solutions von Dräger,<br />
der über jahrzehntelange Erfahrung mit Atemluftversorgungssystemen<br />
verfügt. Zudem stießen sie auf einen weiteren erfahrenen Hersteller:<br />
die auf Bergbaufahrzeuge spezialisierte Maschinenfabrik Hermann<br />
Paus. Von der ersten Skizze bis zum fertigen Fahrzeug vergingen<br />
rund zweieinhalb Jahre, in denen alle drei Unternehmen die technischen<br />
Anforderungen ausarbeiteten und immer wieder Änderungen<br />
vornahmen. „Wir haben ein neues Konzept erfolgreich von der Idee<br />
in die Tat umgesetzt – und damit auch gezeigt, wie Grubenrettung im<br />
21. Jahrhundert aussehen kann. Seitdem ist das Interesse für solche<br />
Fahrzeuge merklich gestiegen“, sagt Armstrong.<br />
Bis zu 60 Prozent Steigfähigkeit und 33 km/h schnell<br />
Mit einer Spitzengeschwindigkeit von bis zu 33 Stundenkilometern<br />
und einer Steigfähigkeit von bis zu 60 Prozent ist das Fahrzeug<br />
auch für den rauen Einsatz unter Tage ausgelegt. Voll beladen<br />
wiegt es rund neun Tonnen. Fahrerkabine und Kassette sind<br />
FOTOS: DRÄGERWERK AG & CO. KGAA (3), DOUG GIBBONS/GOLDCORP INC<br />
Rettungsinsel:<br />
Bis zu 96 Stunden<br />
Schutz bietet diese<br />
Dräger Flucht- und<br />
Rettungskammer vor<br />
lebensbedrohenden<br />
Kontaminationen<br />
und Gasen – je nach<br />
Ausbaustufe finden<br />
hier bis zu 20 Menschen<br />
Unterschlupf<br />
DRÄGERHEFT 400 | 2 / 2016<br />
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