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MEDIZINISCHE VERSORGUNG<br />
ZENTRALASIEN<br />
Auf Rosen<br />
gebettet<br />
Das Khatlon Inter-District Multipurpose Hospital<br />
in Dangara ist eine Vorzeigeklinik in Tadschikistan – vor<br />
allem Herz-Kreislauf-Erkrankungen werden hier behandelt,<br />
die auch aufgrund des extremen Klimas auftreten.<br />
Text: Barbara Schaefer<br />
AAls Kahraman Kamolov, Anästhesist und Intensivmediziner,<br />
vor drei Jahren nach Moskau reiste, ging er mit leuchtenden<br />
Augen durch die Krankenhäuser. Die tadschikische Regierung<br />
hatte die Exkursion organisiert. Ärzte der ehemaligen sowjetischen<br />
Teilrepublik sollten Kliniken in der russischen Hauptstadt<br />
besichtigen. Kamolov, väterlicher Typ mit dickem Schnauzer<br />
und buschigen Augenbrauen, fragte sich: „Wann werden wir so<br />
fortschrittlich sein?“ Er grinst und zeigt auf einen OP-Saal. „Ein<br />
Jahr später war es so weit.“<br />
2014 öffnete das Allgemeine Krankenhaus in Dangara, rund<br />
100 km südlich der Hauptstadt Dushanbe. Kamolov wurde zum<br />
Chefarzt berufen. Das vierstöckige Gebäude ruht wie ein Fremdkörper<br />
in der 25.000-Seelen-Gemeinde, umgeben von flachen<br />
Lehmhäusern und einigen Kommunalkas, den Wohnblocks aus<br />
russischer Zeit. Kamolov wurde in Dangara geboren. Schon als<br />
kleiner Junge wollte er Arzt werden, der Vater litt unter Nierensteinen.<br />
„Ich konnte das kaum mit ansehen, er hatte fürchterliche<br />
Schmerzen. Ich wollte Mediziner werden, um Menschen zu<br />
helfen.“ Kamolov spricht leise, das ist typisch für die Bevölkerung<br />
des zentralasiatischen Landes. Auch auf den Straßen und Märkten<br />
ist das so. Man hält sich zurück. Wie fast alle Ärzte hier studierte<br />
Kamolov im Land, machte 1985 seinen Abschluss an der<br />
medizinischen Fakultät der Universität in Dushanbe. Die Ausbildung<br />
zu Sowjetzeiten sei gut gewesen. Um das Krankenhaus<br />
in Dangara zu bauen, bedurfte es finanzieller Unterstützung.<br />
Das Geld kam vom OPEC-Fonds für Internationale Entwicklung<br />
– mehrere Millionen US-Dollar wurden bewilligt. Die Klinik versorgt<br />
etwa zwei Millionen Menschen in der Provinz Khatlon, also<br />
gut ein Viertel der Gesamtbevölkerung. Über Kamolovs Schreibtisch<br />
hängt, wie in allen offiziellen Räumen des Landes, ein Porträt<br />
des Präsidenten. Auch Emomalii Rahmon wurde in Dangara<br />
geboren, er ist seit 1994 Staatsoberhaupt. Kamolov sitzt hinter<br />
einem Schreibtisch und sagt über seine Klinik: „Mit der hochmodernen<br />
Ausstattung verlieren wir weniger<br />
Patienten – das ist eine ungeheure Verbesserung.<br />
Ärzte und Pflege personal haben<br />
zudem an Selbstvertrauen gewonnen.“<br />
Folgen des Bürgerkriegs<br />
Er erlebe nun wieder die Momente, wegen<br />
derer er Arzt geworden sei. Wenn es einem<br />
Patienten besser geht, „und man das Glück<br />
in seinen Augen und in den Gesichtern<br />
der Angehörigen sieht.“ Ein Fall ist ihm<br />
besonders in Erinnerung geblieben: „Ein<br />
Mädchen verunglückte beim Spielen, ein<br />
dicker Stahldraht steckte in seinem Kopf.<br />
Es war drei Wochen bewusstlos, aber dann<br />
ist es aufgewacht. Es lebt, und es geht ihr<br />
gut.“ In vielen anderen Kliniken des Landes<br />
hätte es nicht gerettet werden können.<br />
Noch immer leidet Tadschikistan<br />
unter den Folgen des Bürgerkriegs (1992–<br />
1997). Den kleinen Gesundheitszentren –<br />
in den Machalla genannten und selbstverwalteten<br />
Stadtvierteln – aber auch den<br />
Distriktkrankenhäusern fehlt es an vielem.<br />
FOTOS: BARBARA SCHAEFER, NOZIM KALAND/PICTURE ALLIANCE(2)<br />
36 DRÄGERHEFT 400 | 2 / 2016