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Apropos - MTU

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A tognum gRouP BRAnD<br />

<strong>MTU</strong>report<br />

Das Magazin der Marken <strong>MTU</strong> und <strong>MTU</strong> Onsite Energy I Ausgabe 03 I 2011 I www.mtu-online.com<br />

„Landwirtschaft ist Hightech“<br />

Cathrina Claas­Mühlhäuser im Interview<br />

Acker-Fiction<br />

Schräges Design für schwere Landfahrzeuge<br />

Einer für alle<br />

Einzylinderprüfstände in der Motorenentwicklung


2 I <strong>MTU</strong> Report 03/11<br />

Editorial<br />

Joachim Coers, Vorsitzender des<br />

Vorstands der Tognum AG sowie<br />

Vorsitzender der Geschäftsführung<br />

der <strong>MTU</strong> Friedrichshafen GmbH<br />

Liebe Leserinnen und Leser,<br />

am 1. Oktober habe ich den Vorstandsvorsitz von Tognum übernommen und freue mich,<br />

Sie als Leser des <strong>MTU</strong> Report an dieser Stelle persönlich anzusprechen. Mit einem Wechsel<br />

in der Chefetage sind naturgemäß Fragen verbunden – vor allem, wenn das Unternehmen<br />

parallel dazu neue Eigentümer bekommt: Was bleibt, was wird anders? Ich versichere<br />

Ihnen: Kontinuität ist mir wichtig. Ich möchte den Wachstumskurs der letzten Jahre fortsetzen.<br />

Denn als stellvertretender Vorstandsvorsitzender habe ich mit Volker Heuer zusammen<br />

die Strategie entwickelt: Wir wollen auch in Zukunft als bevorzugter Partner die<br />

besten Lösungen anbieten. Das gilt nach wie vor – uneingeschränkt. Unsere Antriebssysteme<br />

und Energieanlagen sollen auch zukünftig im Markt Standards setzen.<br />

Genauso liegt es mir am Herzen, unsere Kunden noch besser kennen zu lernen und zugleich<br />

zu erfahren, wie sie unsere Antriebs­ und Energieanlagen einsetzen. Meine erste<br />

Woche als CEO habe ich daher in den USA verbracht. In Mankato haben wir wie jedes<br />

Jahr unser „Onsite­Energy­Oktoberfest“ gefeiert. Diese Gelegenheit habe ich genutzt, um<br />

möglichst viele Kunden und Distributoren persönlich zu treffen. Mir war es wichtig, ihnen<br />

zu zuhören und herauszufinden, was ihre Bedürfnisse sind. Auf diesen Austausch werden<br />

meine Kollegen und ich auch in Zukunft großen Wert legen.<br />

Dies gilt selbstverständlich auch bei der Entwicklung unserer Motoren. Wir arbeiten hart,<br />

um Ihnen stets die besten Lösungen in den Bereichen Antrieb und Energie zu bieten.<br />

Dass diese Arbeit erfolgreich ist, zeigen die Motoren, die wir in diesem Jahr auf der weltweit<br />

größten Landtechnikmesse Agritechnica vorstellen. Um die ab dem Jahr 2014 geltenden<br />

Emissionsgrenzwerte einzuhalten, benötigen sie lediglich einen SCR­Katalysator.<br />

Den Einsatz eines Dieselpartikelfilters ersparen wir unseren Kunden. Die Motoren werden<br />

Mähdrescher genauso antreiben können wie kleinere Bergbaufahrzeuge oder Bagger.<br />

Diese vielen verschiedenen Einsatzfelder unserer Motoren faszinieren mich immer wieder<br />

aufs Neue. In dieser Ausgabe des <strong>MTU</strong> Report lesen Sie, wie unsere Antriebssysteme die<br />

spektakulärsten Megayachten antreiben, die Hauptrolle auf Europas größtem Rangierbahnhof<br />

spielen und unsere Motoren in Stromaggregaten die entlegensten Gegenden in Indonesien<br />

zuverlässig mit Strom versorgen. Spannend! In diesem Sinne – entdecken auch<br />

Sie die Welt unserer vielfältigen Antriebs­ und Energielösungen. Ich wünsche Ihnen viel<br />

Vergnügen bei der Lektüre dieses <strong>MTU</strong> Report!<br />

Ihr Joachim Coers


02 Editorial<br />

C&I<br />

04 „Landwirtschaft ist Hightech“<br />

Claas­Aufsichtsratschefin und Enkelin<br />

des Firmengründers spricht über Mähdrescher,<br />

Veränderungen in der Landwirtschaft<br />

und <strong>MTU</strong>­Motoren.<br />

10 Acker-Fiction<br />

Sind Mähdrescher wie aus dem Science­<br />

Fiction­Roman die Zukunft? Designer<br />

Dominic Schindler glaubt fest daran.<br />

14 Nachrichten<br />

Technologie<br />

18 Einer für alle<br />

Auf Einzylinderprüfständen wird der<br />

Verbrennungsprozess von Dieselmotoren<br />

untersucht.<br />

Marine<br />

22 Rendezvous der Megayachten<br />

Das Fürstentum Monaco ist nicht nur<br />

Treffpunkt der Schönen und Reichen,<br />

sondern auch Schauplatz einer Yachtmesse<br />

der Superlative.<br />

30 Tiefenspannung<br />

Weiterentwickelte Ladeaggregate<br />

helfen dabei, dass U­Boote bald noch<br />

länger abtauchen können.<br />

4<br />

Marine<br />

34 Sound of Silence<br />

Mit sauberen und geräuscharmen<br />

Motoren erscheint die Natur des<br />

Prinz­William­Sunds in Alaska noch<br />

beeindruckender.<br />

After Sales<br />

36 Man lebt nur zweimal<br />

Grunderneuerte Motoren bewähren sich<br />

im harten Einsatz bei der Öl­ und Gasförderung<br />

in Fracing­Trucks.<br />

Energie<br />

40 Die Welt im Dorf<br />

Stromaggregate mit <strong>MTU</strong>­Motoren rücken<br />

die Menschen in den entlegensten Gebieten<br />

Indonesiens näher an die Welt heran.<br />

46 Quartier Idéal<br />

Im Freiburger Vorzeigestadtteil Vauban<br />

leben die Menschen ökologisch und nachhaltig.<br />

Ein Blockheizkraftwerk von <strong>MTU</strong><br />

Onsite Energy trägt dazu bei.<br />

Bahn<br />

52 Bergtour<br />

4.000 Wagen rollen in 24 Stunden über<br />

einen fünf Meter hohen Berg. Europas<br />

größter Rangierbahnhof ist faszinierend.<br />

Technologie<br />

58 Aufgeschlüsselt<br />

<strong>MTU</strong>­Experten erklären mit technischen<br />

Artikeln Schlüsseltechnologien der<br />

Motorenentwicklung.<br />

59 <strong>Apropos</strong><br />

10<br />

18<br />

22<br />

46<br />

Mehr dazu...<br />

Inhalt<br />

Ein Thema interessiert Sie besonders und<br />

Sie suchen mehr Informationen? Dann<br />

nutzen Sie die schwarz­weißen Codes am<br />

Ende einiger Artikel. Hinter diesen stecken<br />

entweder eine Website mit mehr Informationen,<br />

Bilder oder ein Video. Um die Codes<br />

lesen zu können, benötigen Sie lediglich<br />

ein Java­fähiges Kamera­Handy mit Internetzugang<br />

und eine Reader­Software auf<br />

dem Handy. Diese ist je nach Handymodell<br />

unterschiedlich und kostenlos im Internet<br />

erhältlich.<br />

So funktioniert’s:<br />

1 Fotografieren Sie den Code mit Ihrem<br />

Smartphone ab.<br />

2 Die Reader­Software entschlüsselt die im<br />

Code enthaltenen Informationen. Sobald<br />

die Applikation das Bild erkannt hat, wird<br />

der Inhalt (Video, Website, Bilder) direkt auf<br />

Ihrem Smartphone angezeigt.<br />

<strong>MTU</strong> Report 02/11 I 3<br />

1<br />

2


C&I<br />

Cathrina Claas­Mühlhäuser über neuste Entwicklungen in der Landwirtschaft<br />

„Landwirtschaft<br />

ist Hightech“<br />

Die Landwirtschaft ist im Wandel – ein paar Zahlen verdeutlichen<br />

das: Zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren fast zwei<br />

Drittel der Deutschen Landwirte. Heute sind es nur noch drei<br />

Prozent. Auch in den USA sank die Zahl von der Hälfte der<br />

Bevölkerung im Jahr 1920 auf heute gut ein Prozent. Dafür<br />

verdreifachte sich dort die Durchschnittsgröße der Farmen<br />

von 1935 bis 1985.<br />

Die Mechanisierung veränderte die Landwirtschaft: Große<br />

Felder eignen sich besser für Maschinen, also wurden kleine<br />

Felder zusammengelegt. Große Betriebe konnten sich die<br />

Maschinen eher leisten, kleine Betriebe verschwanden: Nicht<br />

mehr Pferde oder später kleinere Traktoren prägen die Landwirtschaft<br />

heute, sondern riesige Erntemaschinen. Mähdrescher<br />

sind groß wie Einfamilienhäuser und können in einer<br />

Stunde so viel Getreide mähen, dass man damit Brot und Brötchen<br />

für eine ganze Großstadt backen könnte. Eine Erntemaschine<br />

für Zuckerrüben erntet diese nicht nur, sondern reinigt<br />

sie noch auf dem Feld und lädt sie zum Abtransport in das bereitstehende<br />

Fahrzeug. Motoren von <strong>MTU</strong> sorgen dafür, dass<br />

diese Fahrzeuge zuverlässig angetrieben werden. Ihre Leistung<br />

ist seit vielen Jahren bekannt und bewährt. Gesunken ist aber<br />

der Kraftstoffverbrauch und die Schadstoffe, die die Motoren<br />

ausstoßen.<br />

Im Interview erläutert Cathrina Claas­Mühlhäuser, was sie an<br />

Mähdreschern fasziniert, wie Claas auf die Veränderungen<br />

in der Landwirtschaft reagiert und was sie an <strong>MTU</strong>­Motoren<br />

schätzt. Sie ist nicht nur die Enkelin des Claas­Firmengründers<br />

August Claas, sondern seit einem Jahr auch Aufsichtsratschefin<br />

des weltweit viertgrößten Herstellers von Land­ und<br />

Erntemaschinen.<br />

4 I <strong>MTU</strong> Report 03/11<br />

Claas baut in der Hauptsache Erntemaschinen<br />

und Traktoren. Haben Sie ein Lieblingsfahrzeug?<br />

Das Haus meiner Eltern steht ja auf dem Fabrikgelände<br />

am Stammsitz von Claas in Harsewinkel.<br />

Dort bin ich inmitten von Mähdreschern aufgewachsen.<br />

Damit ist diese Frage sicher beantwortet.<br />

Was fasziniert Sie daran?<br />

Ein Mähdrescher ist eine Fabrik auf Rädern.<br />

Unser Topmodell drischt in einer guten halben<br />

Stunde genug Weizen, um eine Stadt wie Frankfurt<br />

einen Tag lang mit Brot und Brötchen zu<br />

versorgen. Das ist schon faszinierend.<br />

Ihr Großvater ist der Gründer ihres Unternehmens,<br />

ihr Vater folgte ihm, jetzt sitzen<br />

Sie an der Spitze des Aufsichtsrats. Hatten Sie<br />

überhaupt eine Wahl, ob Sie diesen Weg<br />

wirklich gehen möchten?<br />

Ganz klar ja. Mein Vater hat mich gefragt, aber<br />

nie Druck ausgeübt. Die Verantwortung für 9.000<br />

Mitarbeiter kann man auch nur übernehmen,<br />

wenn man sich selbst dafür entscheidet und<br />

Spaß an dieser Arbeit hat.<br />

Wir wissen, dass Sie das Frauen­Thema langweilt.<br />

Daher nur zwei Fragen, dann haben wir<br />

es hinter uns. Wie fühlen Sie sich als Frau in<br />

einem Unternehmen, dessen Produkte eigentlich<br />

nur Männer so richtig spannend finden?<br />

Eine Arbeit gut zu machen, hat mit einer guten<br />

Ausbildung, Kompetenz, Erfahrung und der Bereitschaft<br />

zur Übernahme von Verantwortung zu


Mit Mähdreschern aufgewachsen und<br />

seit einem Jahr Chefin im Claas-Aufsichtsrat:<br />

Cathrina Claas-Mühlhäuser<br />

spricht im Interview über ihre Rolle im<br />

Unternehmen.<br />

Cathrina Claas-Mühlhäuser<br />

Cathrina Claas­Mühlhäuser ist das<br />

einzige Kind von Helmut Claas, 85.<br />

Sie wird 1975 in Harsewinkel geboren.<br />

Nach einer Ausbildung zur Industriekauffrau<br />

studiert sie in St. Gallen<br />

(Schweiz) Betriebswirtschaft und absolviert<br />

ein Trainee­Programm bei ABB.<br />

Mit 25 Jahren erhält sie bei Claas einen<br />

Sitz im Aufsichtsrat und Gesellschafterausschuss,<br />

dem wichtigsten Gremium<br />

des Familienkonzerns. Drei Jahre<br />

später, im Jahr 2004, rückt sie auf zur<br />

Stellvertreterin ihres Vaters. Im Jahr<br />

2010 übernahm sie von ihm den Chefsessel<br />

im Aufsichtsrat.<br />

<strong>MTU</strong> Report 03/11 I 5<br />

MEMO


C&I<br />

«Wir werden immer schlagkräftigere, intelligentere<br />

und vernetzt agierende Maschinen sehen.»<br />

Cathrina Claas-Mühlhäuser<br />

„Eine Fabrik auf Rädern“ nennt Cathrina Claas-Mühlhäuser einen Mähdrescher. In einer halben Stunde drischt er so viel<br />

Weizen, dass man damit so viel Brot backen könnte, dass alle Bewohner einer Großstadt davon satt werden.<br />

6 I <strong>MTU</strong> Report 03/11


„Viele Frauen finden Landmaschinen toll“, sagt Cathrina Claas-Mühlhäuser. Eine Arbeit gut zu machen, hat ihrer<br />

Meinung nach nichts mit dem Geschlecht, sondern mit einer guten Ausbildung, Kompetenz, Erfahrung und der<br />

Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung zu tun.<br />

tun. Das ist nicht an ein Geschlecht gebunden.<br />

Außerdem finden auch sehr viele Frauen Landmaschinen<br />

toll.<br />

Ihr Image – frisch, fröhlich, weiblich – ist in<br />

der Branche sicherlich ungewöhnlich. Haben<br />

Sie da nicht oft Sorge, dass dieses Image<br />

kippt und es plötzlich heißt: zu jung, zu naiv,<br />

zu weiblich?<br />

Nein, das war nie der Fall.<br />

Sie haben nicht den klassischen Weg – von<br />

unten nach oben – gewählt, sondern sind<br />

gleich im Aufsichtsrat von Claas eingestiegen.<br />

Ein Posten, den sonst nur Leute bekommen,<br />

die sich viele Jahre lang in der Wirtschaft<br />

bewährt haben. Was qualifiziert Sie dafür?<br />

Wenn man so will bin ich ja seit über 30 Jahren<br />

bei Claas, einfach weil ich mit dem Unternehmen<br />

aufgewachsen bin. Unternehmerisches Denken<br />

und Handeln habe ich von meinem Vater gelernt,<br />

der mich immer gefördert und gefordert hat.<br />

Welche Märkte sind für Claas in Zukunft<br />

besonders interessant?<br />

Neben unseren angestammten Märkten rückt<br />

Asien immer mehr in den Fokus. Wir sind seit<br />

vielen Jahren in Indien mit eigener Produktion<br />

vertreten.<br />

Ihre Fahrzeuge sind in vielen Ländern dieser<br />

Welt im Einsatz, überall gibt es sicherlich<br />

unterschiedliche Einsatzprofile. Wie stellen<br />

Sie sich darauf ein?<br />

Wir bauen Maschinen für Profis. Dabei umfasst<br />

das jeweilige Produktportfolio bei Mähdreschern,<br />

Häckslern, Traktoren, Pressen und Futtererntemaschinen<br />

immer die Kundenanforderungen, die<br />

bei kleinen bäuerlichen Betrieben anfangen und<br />

bei Großbetrieben, die ganze Flotten unterhalten,<br />

enden. Bei Traktoren zum Beispiel reicht die Leistungspalette<br />

von 70 bis 526 PS.<br />

Die Landwirtschaft ist im Wandel: Wir kennen<br />

als Kinder noch die vielen, kleinen Bauernhöfe,<br />

auf denen die Kühe auf der Wiese<br />

grasten und der Bauer abends die Milch verkaufte.<br />

Heute gibt es weniger Bauernhöfe und<br />

diese sind große Agrarbetriebe. Wie haben Sie<br />

bei Claas auf diese Veränderungen reagiert?<br />

Wir leben ja mit unseren Kunden und entwickeln<br />

unsere Maschinen für sie. Dabei geht es weniger<br />

um das Reagieren als um das Antizipieren von<br />

maßgeblichen Trends und die Entwicklung von<br />

Lösungen für aktuelle und künftige Szenarien.<br />

Das ist bisher gelungen und wird sicher auch in<br />

Zukunft funktionieren.<br />

Was sind die Anforderungen, die Ihre Kunden<br />

an Sie stellen?<br />

Unsere Kunden wollen Lösungen für die<br />

Aufgaben, denen sie sich stellen. Dabei geht es<br />

immer mehr um komplette Prozessketten und<br />

weniger um die Leistungsfähigkeit einzelner<br />

Maschinen. Deshalb nehmen die Themen Elektronik<br />

und Vernetzung immer mehr Raum ein.<br />

Welche Rolle spielt Hightech in der Landwirtschaft?<br />

Professionell betriebene Landwirtschaft ist heute<br />

<strong>MTU</strong> Report 03/11 I 7


C&I «Der Motor treibt alle Aggregate des Mähdreschers<br />

an. Deshalb ist er natürlich schon<br />

bei der Konstruktion ein Kernelement.»<br />

Hightech. Die Ressource Land ist nicht vermehrbar.<br />

Da immer mehr Menschen ernährt werden<br />

müssen, muss Landwirtschaft maximale Erträge<br />

bringen und das nachhaltig. Das funktioniert<br />

nur mit modernen wissenschaftlichen und technischen<br />

Methoden.<br />

Auf welche Innovationen müssen wir uns in<br />

den nächsten Jahren gefasst machen?<br />

Wir werden immer schlagkräftigere, intelligentere<br />

und vernetzt agierende Maschinen sehen. Größer<br />

werden die meisten Maschinen kaum, weil gerade<br />

im Bereich der Selbstfahrer dann die Straßenzulassung<br />

nicht mehr gewährleistet wäre.<br />

Und welche Rolle spielt das Design Ihrer<br />

Fahrzeuge? Ein Designer aus Österreich hat<br />

Vorschläge gemacht, wie Mähdrescher in<br />

Zukunft aussehen könnten. Sie sehen eher<br />

aus wie Raumschiffe als konventionelle Erntemaschinen.<br />

Könnten Sie sich solch ein Design<br />

vorstellen?<br />

Design heißt ja nicht, ein Objekt „schön“ zu<br />

machen, sondern Form und Funktion zusammenzubringen.<br />

Deshalb ist Design für uns sehr wichtig,<br />

denn Claas Maschinen zeichnen sich auch<br />

durch großen Bedienkomfort und sehr gute Funktionalität<br />

aus.<br />

Wie wichtig ist der Motor bei der Konstruktion<br />

von schweren Landmaschinen?<br />

Da sind Mähdrescher ein gutes Beispiel: Diese<br />

Maschinen sind nur wenige Wochen pro Jahr<br />

im Einsatz, das heißt sie müssen sich in diesen<br />

kurzen Erntephasen als extrem zuverlässig,<br />

robust und leistungsstark erweisen. Längere<br />

Standzeiten mitten in der Ernte sind nicht akzeptabel.<br />

Der Motor treibt alle Aggregate des Mähdreschers<br />

an. Deshalb ist er natürlich schon bei<br />

der Konstruktion ein Kernelement.<br />

Ist es Ihren Kunden wichtig, welcher Motor<br />

das Fahrzeug antreibt?<br />

Ja, die Kunden wollen natürlich wissen, welche<br />

Komponenten wir verbauen. Mit Claas Power<br />

Systems, kurz CPS, integrieren wir komplette<br />

Antriebsstränge einschließlich Motoren in unseren<br />

Maschinen. Da ist es wichtig, namhafte<br />

Partner wie <strong>MTU</strong> zu haben.<br />

8 I <strong>MTU</strong> Report 03/11<br />

Cathrina Claas-Mühlhäuser<br />

Was schätzen Sie an <strong>MTU</strong>­Motoren?<br />

Im Grunde genommen habe ich die wichtigsten<br />

Kriterien schon genannt. Sehr wichtig sind natürlich<br />

auch Wirtschaftlichkeit und ein guter Service<br />

sowie eine schnelle und zuverlässige Ersatzteilversorgung.<br />

Da spielt <strong>MTU</strong> in der ersten Liga.<br />

Künftig werden Motoren von <strong>MTU</strong> im unteren<br />

Leistungsbereich nicht mehr Mercedes­Benz<br />

heißen, sondern <strong>MTU</strong>. Sie beruhen aber weiter<br />

auf Daimler­Technologien. Wie wichtig ist<br />

dies Ihren Kunden?<br />

Beide Namen haben einen guten Klang. Das ist<br />

dann eher eine Frage der entsprechenden Kommunikation.<br />

Was sind die Herausforderungen bei der<br />

Integration künftiger Antriebsanlagen, die die<br />

Emissionsgrenzwerte der Behörden erfüllen,<br />

dafür aber eine SCR­Anlage benötigen?<br />

Es sind sicher technische Herausforderungen zu<br />

bewältigen, denn die Abgasreinigungsanlagen<br />

brauchen Platz, das heißt hier sind konstruktive<br />

Anpassungen vorzunehmen. Hinzu kommt die<br />

Frage nach den Kosten, denn Abgasreinigungssysteme<br />

kosten Geld.<br />

Nicht nur die Motoren, sondern auch die<br />

Fahrzeuge insgesamt werden immer komplexer<br />

werden. Wie reagieren Sie darauf, um<br />

ihren Kunden den bestmöglichen Service zu<br />

bieten?<br />

Wir haben ja die aktuellen Entwicklungen mit<br />

vorangetrieben. Natürlich haben wir unsere Service­<br />

und Logistiksysteme und ­netzwerke permanent<br />

angepasst. Gerade bei Erntemaschinen<br />

ist schneller und zuverlässiger Service neben der<br />

Qualität der Maschinen das wichtigste Argument<br />

für eine Kaufentscheidung. Auf diesem Sektor<br />

sind wir gut aufgestellt und wir arbeiten immer<br />

daran, noch besser zu werden.<br />

Interview: Lucie Dammann<br />

Bilder: Claas, Tognum-Konzernarchiv<br />

Ihre Fragen beantwortet:<br />

Frank Bühl<br />

frank.buehl@mtu­online.com<br />

Tel. +49 7541 90­8742


Neue Motoren für Hightech-Fahrzeuge<br />

Auf der weltweit größten Landtechnikmesse<br />

Agritechnica hat <strong>MTU</strong> die neuen Agrarmotoren<br />

vorgestellt, die die ab dem Jahr 2014 geltenden<br />

Emissionsrichtlinien der EU­Stufe IV und US­<br />

Stufe EPA Tier 4 final erfüllen. Die neu entwickel<br />

ten Motoren der Baureihen 1000, 1100,<br />

1300 und 1500 benötigen ausschließlich eine<br />

SCR­Abgasnachbehandlung, um die Emissionsgrenzwerte<br />

einzuhalten. Ein Dieselpartikelfilter<br />

ist nicht erforderlich. Die Motoren decken den<br />

Leistungsbereich unter 560 Kilowatt ab. Für<br />

Leistungen bis 730 Kilowatt werden ab 2014<br />

die Agrarmotoren der Baureihe 1600 eingeführt.<br />

Sie benötigen weder ein SCR­System noch<br />

einen Dieselpartikelfilter. „Wir sind stolz, unseren<br />

Kunden auch in Zukunft für alle landwirtschaftlichen<br />

Anwendungen Motoren ohne Dieselpartikelfilter<br />

anbieten zu können. Sie sind<br />

sauberer als je zuvor und verbrauchen sogar<br />

noch weniger Kraftstoff als die heutigen Motoren“,<br />

so Technikvorstand Dr. Ulrich Dohle.<br />

Mit Leistungen von 100 bis 460 Kilowatt führt<br />

<strong>MTU</strong> ab 2014 die neuen Motoren der Baureihen<br />

1000, 1100, 1300 und 1500 ein. Diese Motoren<br />

sind speziell für Off­Highway­Anwendungen im<br />

Bau­, Industrie­ und Agrarbereich entwickelt<br />

worden und basieren auf Daimler­Technologie.<br />

Die extrem niedrigen Stickoxid­ und Partikelgrenzwerte<br />

der EU­Stufe IV und EPA Tier 4 final<br />

werden sie mit einer SCR­Abgasnachbehandlung<br />

erfüllen. Bereits im Jahr 2010 hat <strong>MTU</strong> als<br />

einer der ersten Motorenhersteller die gesamte<br />

Motorfamilie seiner Industriemotoren für die<br />

ab dem Jahr 2014 geltenden Emissionsstufen<br />

im Leistungsbereich unter 560 Kilowatt präsentiert.<br />

Verglichen mit den Antrieben für die<br />

EU­Stufe IIIB bzw. für EPA Tier 4 interim profitieren<br />

die Endkunden von einem bis zu fünf Prozent<br />

geringeren Kraftstoffverbrauch, einer bis<br />

zu 20 Prozent verlängerten Lebensdauer, einem<br />

höheren Drehmoment bei niedrigen Motordrehzahlen,<br />

einer leistungsstärkeren Motorbremse<br />

sowie einer schnellen und einfachen Wartung.<br />

Ab dem Jahr 2014 erweitern die Motoren<br />

der Baureihe 1600 das Programm bis auf<br />

730 Kilowatt. Diese Off­Highway­Motoren können<br />

in Anwendungen, wie Feldhäckslern oder<br />

anderen landwirtschaftlichen Fahrzeugen und<br />

Geräten mit hohem Leistungsbedarf zum Einsatz<br />

kommen. Sie erfüllen die US­amerikanischen<br />

Abgasnormen der Stufe EPA Tier 4 final<br />

innermotorisch mit Abgasrückführung sowie<br />

mit einem Dieseloxidationskatalysator. Um den<br />

Kraftstoffverbrauch zu minimieren, hat <strong>MTU</strong> besonderes<br />

Augenmerk auf die Optimierung des<br />

Verbrennungsprozesses gelegt. Insgesamt profitiert<br />

der Kunde von einem integrierten System<br />

mit niedrigen Umrüstungs­ und Betriebskosten.<br />

Der Sechszylinder-Reihenmotor der Baureihe 1100<br />

wird mit einer Leistung von 280 bis 320 Kilowatt<br />

erhältlich sein.<br />

Bis zu 460 Kilowatt Leistung haben die Motoren der<br />

Baureihe 1500.<br />

Im Leistungsbereich von 100 bis 260 Kilowatt stehen<br />

ab dem Jahr 2014 Motoren der Baureihe 1000<br />

zur Verfügung.<br />

Die Motoren der Baureihe 1300 werden 340 bis 380<br />

Kilowatt Leistung haben.<br />

Im Jahr 2014 werden die Motoren der Baureihe<br />

1600 auch für landwirtschaftliche Anwendungen<br />

erhältlich sein. Mit zehn oder zwölf Zylindern<br />

erzeugen sie bis zu 730 Kilowatt Leistung.<br />

<strong>MTU</strong> Report 03/11 I 9<br />

MEMO


10 I <strong>MTU</strong> Report 03/11<br />

Dominic Schindler ist<br />

Designer. Sein Ziel: Nutzfahrzeugen<br />

ein neues<br />

Outfit zu verpassen.


Produktdesign in der Investitionsgüterindustrie<br />

Acker-Fiction<br />

Vom „Hirngespinst“ zum Serienprodukt: Dominic Schindler zeichnet zunächst kreative<br />

Entwürfe, um auf deren Grundlage das Design des Produktes zu entwickeln.<br />

Mähdrescher wie aus dem Science-Fiction-<br />

Roman und Muldenkipper, die auf einmal<br />

gar nicht mehr wie Ungetüme wirken. Das<br />

ist Dominic Schindlers Welt. Der Österreicher<br />

gestaltet Investitionsgüter. Dabei geht<br />

es ihm nicht nur ums Design. Funktionalität<br />

ist ihm genauso wichtig.<br />

Warum sieht ein Mähdrescher so aus wie er<br />

aussieht? Groß, eckig – ein riesiger Kasten, der<br />

vorne eine längliche Spindel und hinten eine eher<br />

unauffällige Öffnung hat. Kein Kandidat für einen<br />

Schönheitswettbewerb. Aber er fährt und mäht<br />

zuverlässig, und darauf kommt es schließlich an.<br />

„Nein“, sagt Dominic Schindler. Während er das<br />

sagt, wirkt er geradezu entrüstet. Als hätte man<br />

ihm gerade vorgeschlagen, statt seiner blauen<br />

Jeans mit giftgrünem Gürtel einen schwarzen<br />

Anzug mit Schlips zu tragen. Dominic Schindler<br />

ist Produktdesigner und Geschäftsführer der<br />

österreichischen Agentur Dominic Schindler<br />

Creations. Mit seinem Team hat er es sich zum<br />

Ziel gemacht, Industriegütern ein neues Outfit zu<br />

verpassen. Er ist überzeugt davon: Ein Produkt –<br />

sei es ein Handy, ein Navigationssystem oder ein<br />

Mähdrescher – muss nicht nur funktionieren, es<br />

muss auch gut aussehen.<br />

Raumschiff auf dem Getreidefeld<br />

Deswegen hat er mit seinem Team Vorschläge gemacht,<br />

wie man Mähdrescher designen könnte:<br />

Riesige Ketten ersetzen die eher schmächtig aussehenden<br />

Räder. Durch die großen Fenster in der<br />

Fahrerkabine wirkt der Fahrer wie der Star dieses<br />

ungewöhnlichen Gefährts. Gerade Linien gibt<br />

es kaum noch, alles wirkt rund und bunt. Raumschiff<br />

Enterprise auf dem Getreidefeld! Fehlt nur<br />

noch, dass Captain Kirk gleich aussteigt und über<br />

den Acker läuft. Dieses Gefährt soll mähen können?<br />

„Ja“, sagt Dominic Schindler. Er ist sicher,<br />

dass es diesen Mähdrescher irgendwann geben<br />

wird. Denn der sehe nicht nur besser aus als bisherige<br />

Mähdrescher. Der Designer hält ihn auch<br />

für besser. Der Kettenantrieb verteilt das Gewicht<br />

des Mähdreschers auf eine größere Fläche. Damit<br />

wird der Boden nicht so sehr verdichtet und<br />

das Fahrzeug kann zudem besser auf sandigem<br />

Grund fahren. Dominik Schindler zweifelt auch<br />

Bewährtes an: Die Lenkung ist nicht wie bisher<br />

üblich im Heck; lenkbare Vorderachsen verhelfen<br />

dem Science­Fiction­Drescher dagegen zu einem<br />

kleineren Wendekreis und sorgen auf der Straße<br />

für verbesserte Lenkeigenschaften. Durch die riesiegen<br />

Fenster in der Kabine hat der Fahrer einen<br />

viel besseren Blick.<br />

Patentsammler<br />

„Uns geht es zwar in erster Linie darum, das Design<br />

eines Fahrzeugs zu verbessern. Doch dabei<br />

haben wir immer auch die Funktion im Auge“, so<br />

der Designer. Designer möchte er eigentlich ungern<br />

genannt werden. „Wir machen mehr als nur<br />

Design“, bekräftigt er. Stolz erzählt er davon, im<br />

vergangenen Jahr mit seiner Agentur über ein<br />

Dutzend Patente bekommen zu haben – keine<br />

Designpatente, sondern Funktionspatente.<br />

Teams mit verschiedenen Experten<br />

Ja, Schindler ist ein Querdenker. Einer, den man<br />

auf den ersten Blick leicht unterschätzen könnte.<br />

Mit Jeans, einem quietsch­grünen Gürtel und seinen<br />

bunten Schuhen könnte er auch als Student<br />

oder Lebenskünstler durchgehen. Doch hinter<br />

dem kreativen Kopf steckt mehr. Nach dem De­<br />

sign­Studium an der bekannten Parsons School<br />

of Design in New York und Paris hat Dominic<br />

Schindler an der Harward Business School Wirtschaft<br />

studiert. „Schön ist ja immer subjektiv, daher<br />

will ich meine Produkte nicht allein nach ihrer<br />

Optik bewerten“, sagt er. „Wenn ich ein Produkt<br />

designt habe, muss es danach auch besser sein<br />

als davor“, schiebt er nach. 20 Leute beschäftigt<br />

der 30­Jährige mittlerweile in seiner Agentur.<br />

Viele sind Designer – teilweise mit einem sehr<br />

künstlerischen Hintergrund, andere sind eher die<br />

Techniker – aber auch Psychologen und Anthropologen<br />

sind dabei. Je nach Projekt setzt er seine<br />

Teams mit verschiedenen Experten zusammen.<br />

Vom Hirngespinst zum Serienprodukt<br />

Wenn die loslegen, dann dürfen sie extrem kreativ<br />

sein. „In der ersten Phase eines Projektes<br />

zeichnen wir ein Hirngespinst“, sagt Schindler,<br />

lacht dabei verschmitzt und zeigt zwei Beispiele:<br />

ein Cabriolet mit transparenter Motorhaube und<br />

England<br />

Belgien<br />

Frankreich<br />

Holland<br />

Deutschland<br />

KARTE<br />

Bregenz<br />

<strong>MTU</strong> Brown <strong>MTU</strong> Brown<br />

0-17-28-62 80% der Farbe 60%<br />

CMYK CMYK CMYK<br />

Schweiz Österreich<br />

Italien<br />

C&I<br />

40% 20%<br />

CMYK CMYK<br />

<strong>MTU</strong> Blue <strong>MTU</strong> Blue<br />

60% 40% 20%<br />

50-25-0-10 80% der Farbe<br />

CMYK CMYK CMYK<br />

CMYK CMYK<br />

<strong>MTU</strong> Report 03/11 I 11


C&I<br />

Auch von Muldenkippern, Capriolets<br />

und Motoren hat Dominic Schindler<br />

schon Entwürfe gezeichnet.<br />

mit überdimensionierten Reifen sowie einen Muldenkipper<br />

mit riesigen Lufteinlassern und in die<br />

Verkleidung integrierten Nebelscheinwerfern.<br />

„Wir wissen auch, dass das so nie gebaut wird.<br />

Aber so können wir die Richtung bestimmen, in<br />

die es gehen soll“, erklärt er. Dann beginnt die<br />

„Knochenarbeit“, wie Schindler die zweite Phase<br />

nennt. Hier sitzt er mit Entwicklern und Konstrukteuren<br />

der Kunden an einem Tisch, um das neue<br />

Design den technischen Erfordernissen anzupassen.<br />

Auf der einen Seite die kreativen Künstler<br />

mit vielen verrückten Ideen im Kopf. Auf der anderen<br />

Seite die Konstrukteure – Realisten – die<br />

sich nur von harten Zahlen überzeugen lassen.<br />

Man kann sich nur zu gut vorstellen, wie diese<br />

Runden aussehen. „Die Gespräche sind nicht<br />

immer leicht, aber wir profitieren voneinander –<br />

wirklich.“ Schindler glaubt, dass er die Konstrukteure<br />

mit seinen verrückten Ideen oft weiterbringt<br />

und motiviert, in ein Gebiet vorzudringen, das sie<br />

bisher kaum interessiert hat. Selber ist er aber<br />

auch auf deren Wissen angewiesen. „Wir wollen<br />

am Ende über unsere romantische Designwelt<br />

ein Produkt mit einer hochwertigen Ausstrahlung<br />

schaffen, das auch noch besser ist als bisher“,<br />

fasst er zusammen. Das Produkt muss nicht unbedingt<br />

teurer sein als zuvor. „Oft schaffen wir es<br />

sogar, durch den Einsatz neuer Materialien, die<br />

Produktionskosten zu senken“, erzählt er und widerspricht<br />

damit dem Vorurteil, dass gut aussehende<br />

Produkte meistens teurer sind als andere.<br />

Investitionsgüter als Nische für Designer<br />

Warum gerade Mähdrescher? Hat er als Desig<br />

ner nicht den Traum, Produkte zu entwerfen, die<br />

mehr Leute interessieren. Handys, Uhren, Autos?<br />

„Nein“, sagt er und lacht. Dominic Schindler sucht<br />

12 I <strong>MTU</strong> Report 03/11<br />

«Wir wollen über unsere romantische Designwelt ein Produkt<br />

mit einer hochwertigen Ausstrahlung schaffen, das auch noch<br />

besser ist als bisher.» Dominic Schindler, Designer<br />

die Herausforderung. Kein Wunder, könnte man<br />

sagen – bei der Familie. Sein Urgroßvater war<br />

der Erfinder der ersten vollelektrischen Küche<br />

der Welt, sein Großvater entwickelte den Sonnenschutz<br />

„Piz Buin“. Einfach nur ein Designer<br />

unter vielen anderen zu sein, das wäre nichts gewesen<br />

für den Österreicher. Dominic Schindler<br />

suchte die Nische – und fand sie in der Investitionsgüterindustrie.<br />

Hier könne er noch viel bewegen,<br />

war er sich sicher, als er vor fünf Jahren die<br />

ersten Aufträge annahm. Riesige Werkzeugmaschinen<br />

hat er schon gestaltet ­ und eine Tablettenpressmaschine.<br />

Seine Fahrzeugideen fahren<br />

bisher noch nicht auf der Straße. „Doch das wird<br />

sich ändern“, sagt er mit solch einer Selbstverständlichkeit,<br />

dass man es einfach glauben muss.<br />

Bei einer Umfrage auf der weltweit größten Maschinenbaumesse<br />

„Emo“ sei herausgekommen,<br />

dass 80 Prozent der Konsumenten sich bei ihrer<br />

Kaufentscheidung vom Design beeinflussen lassen.<br />

„Die tun das bewusst, die anderen 20 Prozent<br />

unbewusst“, erklärt er.<br />

Automobilhersteller Vorreiter<br />

Vorreiter sei die Automobilindustrie. „Da hat vor<br />

20 Jahren auch kaum noch einer an das Design<br />

gedacht. Heute ist es ein entscheidendes Verkaufsargument“.<br />

Als Beispiel nennt er BMW oder<br />

Mercedes­Benz, zwei große deutsche Automobilmarken.<br />

Früher seien deren Autos technisch einfach<br />

besser gewesen als die der Konkurrenz.<br />

Doch heute sei das anders. „Ein Toyota baut<br />

technisch mindestens so gute Autos wie BMW“,<br />

behauptet Schindler. „Trotzdem bezahlen die<br />

Leute für einen BWM viel mehr.“ Der Grund:<br />

BWM habe es geschafft, den Autos ein sehr<br />

hochwertiges Image zu geben – mit Hilfe eines<br />

hochwertigen Designs. Dieser Trend sei auch in<br />

der Nutzfahrzeugindustrie unaufhaltsam. „Auch<br />

hier werden die Produkte immer vergleichbarer.<br />

Über Emotionalität und Wertevermittlung können<br />

sich die Hersteller aber noch unterscheiden“, so<br />

der Designer.<br />

Nicht überall auf der Welt sind diese Werte gleich.<br />

So interessieren sich Asiaten eher für kleinere<br />

und fein gestaltete Produkte. Amerikaner dagegen<br />

lieben das große, schwere Design. Europäer<br />

seien noch einmal anders. „Die sind sehr traditionell<br />

und ihr Geschmack richtet sich oft nach<br />

dem, was sie von Kindesalter an gelernt haben“,<br />

so Schindler. Doch was bedeutet das für das Design<br />

von Fahrzeugen? Müssen die je nach Land<br />

anders gestaltet werden? „Nicht unbedingt“, behauptet<br />

Schindler. Die Automobilindustrie, die in<br />

Asien zum Teil andere Fahrzeuge als in Europa<br />

verkaufe, mache das zwar. Allerdings zeige das<br />

Beispiel Apple, dass es auch anders geht. Die<br />

Produkte sind auf der ganzen Welt erfolgreich –<br />

immer im gleichen Design. Und während er das<br />

sagt, holt der Designer sein Blackberry raus. Ein<br />

Blackberry für einen Designer – kein trendiges<br />

I­Phone von Apple? Das ist ungewöhnlich, passt<br />

aber ins Bild. Dominic Schindler geht seinen eigenen<br />

Weg – einen Weg, auf dem er das Design<br />

von Mähdreschern, Muldenkippern, Maschinen<br />

und Anlagen revolutioniert. „Ich bekomme jedes<br />

Mal auf's Neue ein richtiges Glücksgefühl, wenn<br />

ich sehe, dass in der Industrie funktionale Güter<br />

im richtigen Design präsentiert werden”, sagt der<br />

Designer, der vor allem Querdenker ist.<br />

Text: Lucie Dammann<br />

Bilder: Robert Hack


„In der Automobilindustrie<br />

hat vor 20 Jahren<br />

auch noch keiner an das<br />

Design gedacht, heute ist<br />

es ein entscheidendes<br />

Verkaufsargument“, sagt<br />

Dominic Schindler.


Nachrichten<br />

14 I <strong>MTU</strong> Report 03/11<br />

<strong>MTU</strong>-Motoren werden Züge antreiben, die in Sibirien Kohle transportieren.<br />

Sibirisches Doppel<br />

Mehr als 2.000 Kilometer Strecke, ein steiniges Gebirge und Temperaturen weit<br />

unter dem Gefrierpunkt – das werden ab dem Frühjahr 2012 die Einsatzbedingungen<br />

für zwei 4000er Bahnmotoren von <strong>MTU</strong> im russischen Sibirien sein. Die<br />

<strong>MTU</strong> Friedrichshafen liefert zwei Antriebsaggregate bestehend aus je einem Bahnmotor<br />

vom Typ 20V 4000 R43 mit einem angeflanschten Traktions­ und Hilfsgenerator<br />

und maßgeschneiderter Automation. Die Automationen CaPoS und Powerline<br />

sind speziell auf die Anforderungen in Sibirien angepasst. Der Auftrag ist das erste<br />

Ergebnis aus dem gemeinsamen Joint Venture von Tognum und dem russischen<br />

Eisenbahnhersteller Transmashholding, das beide Unternehmen im Juli 2011 unterzeichnet<br />

haben.<br />

Die <strong>MTU</strong>­Motoren werden eine Sektionslokomotive antreiben, die auf der parallel<br />

zur Transsibirischen Eisenbahn verlaufenden Baikal­Amur­Magistrale fährt. Sie<br />

transportiert Kohle und andere Rohstoffe vom Ostsibirischen Nerjungri an den Pazifik<br />

nach Sovetskaya und Wladiwostok. Die Lokomotive vom Typ 2TE25A ist die erste<br />

russische AC/AC Lokomotive und wird bisher von jeweils einem Kolomna Motor mit<br />

2500 Kilo watt und einem russischen Generator angetrieben. Nach der Umrüstung<br />

zum Jahresende 2011 mit <strong>MTU</strong>­ Motoren fährt die Lokomotive mit je 2.700 Kilowatt<br />

Leistung. Wegen den langen, teilweise gebirgigen Strecken besteht die Lokomotive,<br />

wie viele russische Lokomotiven, aus zwei Sektionen, bestehend aus Motor, Traktionsgenerator,<br />

Hilfsgenerator und Umrichter. Im Jahr 2012 wird <strong>MTU</strong> weitere Lokomotiven<br />

dieses Typs mit Motoren beliefern.<br />

Die Motoren müssen härtesten<br />

Bedingungen, wie Temperaturen<br />

weit unter dem Gefrierpunkt<br />

trotzen.


Energie für Flüssigerdgas<br />

Auf Curtis Island an der Ostküste Australiens sollen jährlich bis zu 7,8 Millionen Tonnen<br />

Flüssigerdgas gewonnen werden. Zum Aufbau der Infrastruktur stellt <strong>MTU</strong> Onsite Energy<br />

sieben Aggregate zur Stromerzeugung zur Verfügung. Die Aggregate bestehen aus<br />

einem Motor des Typs 20V 4000 G63L und einem 11kV­Marathon­Generator. <strong>MTU</strong> wird<br />

ferner neun Hauptantriebsmotoren vom Typ 12V 2000 M61 für Frachtschiffe liefern, die<br />

vom Hafen in Gladstone nach Curtis Island fahren. Das Projekt GLNG (Gladstone Liquefied<br />

Natural Gas) umfasst die Erschließung von Kohleflöz­Gasfeldern in den Surat­ und<br />

Bowen­Bassins, eine Gas­Förderpipeline von den Gasfeldern nach Gladstone sowie zwei<br />

Flüssigerdgas­Züge auf Curtis Island. Aufgrund seiner vergleichsweise geringen Kohlenstoffdioxid­Werte<br />

ist Flüssigerdgas einer der saubersten fossilen Brennstoffe. Durch den<br />

Export von Flüssigerdgas nach Asien können dort umweltschädliche Kraftstoffe bei der<br />

Stromerzeugung verdrängt und der CO 2 ­Ausstoß reduziert werden.<br />

Auf Curtis Island sollen jährlich bis zu 7,8 Millionen Tonnen Flüssigerdgas gewonnen werden.<br />

Mehr Trainingsfläche<br />

Mit mehr als 2.800 Quadratmetern ist das neue Trainingscenter von Tognum America<br />

in Canton/Michigan fast vier mal so groß wie das bisherige. „Wir erwarten, dort mehr<br />

als vier mal so viel Besucher wie bisher zu empfangen: Endkunden genauso wie Distributoren<br />

und OEMs“, so Senior Manager Wolfgang Griener. Der Grundriss ist dem<br />

Schulungszentrum von Tognum in Friedrichshafen nachempfunden und besteht aus<br />

einer geräumigen Ausstellungshalle, Lagerfläche, Ladedocks und Unterrichtsräumen.<br />

Tognum hat in Canton/Michigan ein<br />

neues Trainings center eröffnet.<br />

Bisher fuhren die Talgo-Züge vom Typ Renfe 130 rein elek -<br />

trisch. Jetzt hilft ein <strong>MTU</strong>-Dieselmotor auf nicht-elektrifizierten<br />

Strecken aus.<br />

Diesel trifft Elektro<br />

Der spanische Eisenbahnhersteller Talgo rüstet derzeit<br />

15 ursprünglich rein elektrisch fahrende Hochgeschwindigkeitszüge<br />

des Renfe­Typs 130 mit <strong>MTU</strong>­Motoren zu Bimode­Zügen<br />

auf. Die vorhandenen Züge der Renfe­ Serie 130<br />

werden um einen Tender, einen Wagen mit Antriebsmodul<br />

erweitert. Je ein Dieselmotor vom Typ 12V 4000 R43L mit<br />

angeflanschtem Traktionsgenerator wird in die beiden Diesel­Antriebsmodule<br />

installiert. So können die Züge jetzt<br />

auch auf nicht­elektrifizierten Strecken eingesetzt werden.<br />

Mit einer Leistung von 3.600 Kilowatt schaffen die Züge<br />

im Dieselbetrieb eine Höchstgeschwindigkeit von 180 Kilometern<br />

pro Stunde. Jeder Zug bietet in den Waggons zwischen<br />

den beiden Triebköpfen Platz für 265 Passagiere.<br />

Ab Mitte des Jahres 2012 werden die Züge auf der Strecke<br />

Madrid – A Coruna fahren.<br />

<strong>MTU</strong> Report 03/11 I 15


Nachrichten<br />

16 I <strong>MTU</strong> Report 03/11<br />

Sechs der sieben Plattformschiffe des brasilianischen Betreibers<br />

Starnav werden von <strong>MTU</strong>-Motoren angetrieben.<br />

Vier harte Kerle<br />

Die Brasilianische Werft Detroit Brasil Ltda hat vier Motoren<br />

des Typs 16V 4000 M63 mit einer Leistung von 2.000 Kilowatt<br />

geordert. Bei den vier Ironmen­Motoren handelt es<br />

sich um das zweite Los von Motoren, die Detroit Brasil Ltda<br />

bestellt hat, nachdem der Betreiber Starnav in Macae im<br />

Bundesstaat Rio de Janeiro drei ähnliche Schlepper mit 70<br />

Tonnen Pfahlzug, ausgerüstet mit demselben Motortyp, in<br />

Betrieb genommen hatte.<br />

Zwei Katamarane mit <strong>MTU</strong>-Motoren werden zwischen den Inseln<br />

von Guadeloupe pendeln.<br />

Fahrt ins Paradies<br />

Es gibt wohl nur wenige Einsatzorte, die schöner sind als die<br />

der beiden Katamarane Perle Express und Liberty. Seit Oktober<br />

2011 pendeln sie zwischen drei Inseln der idyllischen französischen<br />

Inselgruppe Guadeloupe inmitten der französischen<br />

Antillen in der Karibik. Mit an Bord: Je zwei 16­Zylinder­<strong>MTU</strong>­<br />

Motoren der Baureihe 4000 mit je 2.465 Kilowatt Leistung. Sie<br />

treiben die beiden 47­Meter­langen Fähren zu einer Höchstgeschwindigkeit<br />

von bis zu 32 Knoten an. Die Werft Austal<br />

hatte die Fähren im westaustralischen Henderson gebaut. Der<br />

Auftrag des Betreibers L’Express des Iles war im Juni 2010 an<br />

Austal gegangen. Auch die Vorgänger­Passagierkatamarane<br />

kamen aus dem Hause Austal: die seit 1998 einge setzten<br />

Opale Express und Jade Express sowie die im Jahr 2005 in<br />

Betrieb genommenen Gold Express und Silver Express.<br />

Seit 30 Jahren fahren die Fregatten der kolumbianischen Marine<br />

mit <strong>MTU</strong>-Motoren der Baureihe 1163.<br />

Tauschgeschäft<br />

Die kolumbianische Marine motorisiert ihre vier Fregatten<br />

Almirante Padilla, Caldas, Antioquia und Independiente<br />

neu. Seit 30 Jahren fahren diese erfolgreich mit <strong>MTU</strong>­Motoren<br />

der Baureihe 1163, und das soll auch so bleiben. Im<br />

Zuge einer umfassenden Modernisierung erhalten die Fregatten<br />

neue Hauptmotoren, neue Bordstromsysteme und<br />

ein neues Überwachungs­ und Steuerungssystem „Callosum“,<br />

von <strong>MTU</strong> zugeschnitten auf ihre bevorstehenden<br />

Missionen. Dank ihrer kompakten Bauweise passen die<br />

neuen 16­Zylinder­Motoren vom Typ 1163 TB 73L perfekt<br />

in den Maschinenraum. „Wir wollten mit den bestehenden<br />

Möglichkeiten das Optimum heraus holen“, so Javier Diaz,<br />

Kapitän zur See und Projektleiter der kolumbianischen Marine.<br />

„Die gleiche Motorbaureihe in ähnlicher Konfiguration<br />

stellte für uns die ideale Lösung dar.“ Die Motoren dieser<br />

Baureihe gehören dank ihrer Zuverlässigkeit, der hohen<br />

Leistungsdichte und einer schnellen Beschleunigung zu<br />

den meist verwendeten Motoren im militärischen Schiffsbereich.<br />

In der kolumbianischen Militärwerft COTECMAR wurden die<br />

Fregatten Almirante Padilla, Caldas, Antioquia und Independiente<br />

mit neuen <strong>MTU</strong>-Motoren ausgestattet.


Notstromaggregate von <strong>MTU</strong> Onsite Energy sichern den Betrieb der neuen Landebahn des<br />

Flughafens in Hurghada ab.<br />

Im Land der Pharaonen<br />

Der Flughafen im ägyptischen Urlaubsparadies Hurghada hat eine neue Landebahn<br />

und ein weiteres Terminalgebäude bekommen. Für die Notstromversorgung liefert<br />

<strong>MTU</strong> Onsite Energy in Zusammenarbeit mit dem ägyptischen Distributor MCV Egypt<br />

zwölf Aggregate. Vier davon basieren auf Motoren des Typs 10V 1600 G20F und<br />

haben eine elektrische Leistung von jeweils 500 kVA. Sie decken den Notstrombedarf<br />

der neuen Landebahn ab und sorgen dafür, dass auch im Falle eines Ausfalls<br />

des öffentlichen Stromnetzes die Flugzeuge sicher starten und landen können. Weitere<br />

acht Aggregate basieren auf Motoren der Baureihe 2000. Sie haben eine Leistung<br />

von 880 kVA (Typ 12V 2000 G65TD), bzw. 1.265 kVA (Typ 18V 2000 G65TD).<br />

Während eins für den mobilen Einsatz in einen schalldichten Container installiert ist,<br />

sichern die anderen die Notstromversorgung des neuen Terminalgebäudes und der<br />

Kühlan lage ab. Die technischen Anforderungen an den Betrieb von Stromaggregaten<br />

für den Flugverkehr sind streng geregelt. Dies betrifft insbesondere die Stabilität<br />

von Spannung und Frequenz bei Aufschaltung unterschiedlichster Verbraucher, wie<br />

Aufzug, Licht oder Datenverarbeitung.<br />

Spitzenleistung für die Royals<br />

Im Jahr 2015 soll General Dynamics UK die ersten gepanzerten Aufklärungsfahrzeuge<br />

Scout and Specialist Vehicles (SV) an Royal British Army liefern. Der Motor 8V 199 TE21<br />

für Scout SV basiert auf einem Lkw­Motor von Mercedes­Benz und ist von <strong>MTU</strong> für<br />

militärische Anwendungen spezifiziert worden. Hierzu zählen insbesondere die Leistungssteigerung<br />

gegenüber dem Lkw­Motor (von 480 auf 600 Kilowatt) und ein verbessertes<br />

Drehmoment von 3.000 Newtonmetern durch Anpassung von Turboaufladung, Einspritzung<br />

und elektronischer Steuerung sowie der zweistufige Luft­Wasser­Ladeluftkühler,<br />

zwei getrennte Kühlkreisläufe (Hoch­ und Niedertemperaturkreislauf) und der Trockensumpf<br />

zur Ölversorgung. So können<br />

die technischen Anforderungen an<br />

militärische Fahrzeuge, wie hohe<br />

Leistung und kompakte Bauweise<br />

unter extremen Einsatzbedingungen<br />

mit den wirtschaftlichen Vorteilen<br />

des kommerziellen Grundmotors in<br />

Einklang gebracht werden.<br />

<strong>MTU</strong> liefert die Motoren für neue<br />

Fahrzeuge der britischen Armee.<br />

Kurz notiert:<br />

Neue Eigentümer<br />

Die Daimler AG und die Rolls­Royce Holding plc. haben<br />

alle relevanten regulatorischen Freigaben der Behörden<br />

für die Übernahme der Tognum AG erhalten. Damit hat<br />

Tognum jetzt neue Eigentümer, die das Unternehmen zu<br />

einem weltweiten Marktführer für Industriemotoren und<br />

Energieanlangen weiterentwickeln wollen.<br />

Als Gemeinschaftsunternehmen von Daimler und Rolls-Royce<br />

soll Tognum weiter wachsen.<br />

Löschkraft für Japan<br />

Die Tokioter Feuerwehr bekommt ein neues, 42 Meter<br />

langes Feuerwehrschiff. Es wird damit das größte in der<br />

aus neun Feuerlöschbooten bestehenden Flotte sein, die<br />

in der Tokioter Bucht im Einsatz ist. Der Schiffsantrieb besteht<br />

aus einem 12V 2000 M94 Motor sowie zwei Motoren<br />

des Typs 12V 4000 M93L und kann eine Leistung von<br />

6.500 Kilowatt erbringen.<br />

Neues Führungsquartett<br />

Tognum hat seit dem 1. Oktober 2011 wie geplant eine<br />

neue Führungsspitze: Joachim Coers hat das Amt des<br />

Vorstandsvorsitzenden übernommen und Dieter Royal das<br />

des Finanzvorstandes. Coers folgt Volker Heuer nach, der<br />

am 30. September in den Ruhestand gegangen ist. Zuvor<br />

war Coers Finanzvorstand, Leiter des Ressorts Konzerndienstleistungen,<br />

Arbeitsdirektor und stellvertretender<br />

Vorstandsvorsitzender von Tognum. Die gesamte Marktverantwortung<br />

für die beiden Geschäftsbereiche Engines<br />

und Onsite Energy ist seit Oktober in einem Vorstandsressort<br />

gebündelt.<br />

<strong>MTU</strong> Report 03/11 I 17


An Einzylinder-Prüfständen in Magdeburg<br />

und Friedrichshafen wird der Verbrennungsprozess<br />

von <strong>MTU</strong>-Diesel- und<br />

Gasmotoren optimal weiterentwickelt.<br />

18 I <strong>MTU</strong> Report 03/11


Die Motoren­Entwickler bei <strong>MTU</strong> setzen verstärkt auf Einzylinder­Prüfstände<br />

Einer für alle<br />

Die Verbrennung des Kraftstoffs ist das,<br />

was den Dieselmotor im Innersten antreibt.<br />

Jetzt und in Zukunft ist sie Quelle und Ausgangspunkt<br />

vieler wichtiger technologischer<br />

Potenziale im gesamten Triebwerk. Dazu<br />

gehört alles, was die Betreiber besonders<br />

interessiert: günstiger Verbrauch, geringer<br />

Verschleiß, eine hohe Lebensdauer, und<br />

nicht zuletzt ein möglichst niedriger Geräuschpegel.<br />

Deshalb wird der Verbrennungsprozess<br />

auf den Einzylinder-Prüfständen<br />

der <strong>MTU</strong> besonders intensiv unter die<br />

Lupe genommen. Und dies mit deutlich steigendem<br />

Aufwand: Seit Mitte 2011 erweitern<br />

vier neue Einzylinder-Prüfstände am Standort<br />

Magdeburg die bestehenden Anlagen in<br />

Friedrichshafen.<br />

„Sehen Sie den Unterschied?“ – Prüfstandsfahrer<br />

Ivica Tolic hält zwei Kolbenböden ins Neonlicht<br />

vom Einzylinder­Prüfstand 112 in Friedrichshafen.<br />

Die Frage ist rein rhetorisch, denn mit bloßem<br />

Auge sind beide Varianten nicht zu unterscheiden.<br />

Derartig kleine Unterschiede bei Kolben,<br />

Kolben böden, Zylinderlaufbuchsen, Injektoren<br />

und anderen Zylinder­Bauteilen sind auf den<br />

neun Einzylinder­Prüfständen an den Tognum­<br />

Standorten Friedrichshafen und Magdeburg das<br />

tägliche Brot der Techniker und Ingenieure. Hier<br />

werden Zylinder­Konzepte, Verbrennungsverfahren<br />

und Werkstoffe messtechnisch bis ins letzte<br />

Detail untersucht. Unzählige Varianten von Zylinderbauteilen<br />

werden erprobt, die Messdaten teilweise<br />

in Echtzeit analysiert und an Bildschirmen<br />

dargestellt – ein Hightech­Labor für Diesel­ und<br />

Gasmotoren.<br />

Wortwörtlich werden auf Einzylinder­Prüfständen<br />

Motoren getestet, die mit einem einzigen Zylinder<br />

ausgestattet sind. Dies sind reine Versuchsmotoren,<br />

wogegen im <strong>MTU</strong>­Produktportfolio<br />

ausschließlich Vollversionen der entsprechenden<br />

Motorbaureihen mit sechs und mehr Zylindern<br />

angeboten werden. Die Einzylinder­Motoren liefern<br />

sowohl Ergebnisse für Grundlagenuntersuchungen<br />

im Bereich Vorserienentwicklung als<br />

auch die Brennverfahren für konkrete Serienprojekte.<br />

Sie stellen damit einen wichtigen Beitrag<br />

bei der Entwicklung von Motoren dar. Anschließend<br />

werden die Motoren dann im Bereich Serien ­<br />

entwicklung auf Vollmotor­Prüfständen bis zur<br />

Serienreife weiterentwickelt.<br />

Warum spielen gerade der einzelne Zylinder und<br />

seine Bauteile eine so gewichtige Rolle bei der<br />

Motorenentwicklung? „Im Zylinder findet die Verbrennung<br />

statt, die wiederum eine Schlüsselrolle<br />

für Leistung, Verbrauch und Emissionen spielt“,<br />

erläutert Alexander Wasgindt, Teamleiter Verbrennungsentwicklung<br />

bei <strong>MTU</strong>. Generell geht es<br />

Technologie<br />

«Die Verbrennung ist ein<br />

wichtiger Baustein, um den<br />

gesamten Motor optimal zu<br />

gestalten.»<br />

Alexander Wasgindt, Teamleiter Verbrennungsentwicklung<br />

dabei heute darum, die Motoren noch sauberer<br />

und sparsamer zu machen. Die gesamte Klavia tur<br />

von Einspritz­ und Verbrennungsverfahren, von<br />

der Voreinspritzung bis zur Abgasrückführung,<br />

wird dabei durchgespielt. Nicht nur alle Bauteile,<br />

sondern auch alle Randbedingungen und Einstellungen<br />

werden beliebig variiert, sei es die Kühlung,<br />

die Aufladung oder die Ölschmierung. „Die<br />

Verbrennung,“ so Wasgindt, „ist ein wichtiger<br />

Baustein, um den gesamten Motor optimal zu<br />

gestalten.“<br />

Modernste Prüfstandstechnik erlaubt höchst präzise Steuerungs- und Messabläufe beim Testen<br />

von Verbrennungskonzepten.<br />

<strong>MTU</strong> Report 03/11 I 19


Auf den <strong>MTU</strong>-Einzylinder-Prüfständen werden verschiedene Bauteil-Varianten, wie Kolben,<br />

die sich oft nur durch mikroskopische Unterschiede auszeichnen, erprobt.<br />

20 I <strong>MTU</strong> Report 03/11<br />

Warum dann Einzylinder­Prüfstände? Wäre es<br />

letztlich nicht doch besser und vor allem messtechnisch<br />

verlässlicher, den kompletten 8­, 12­<br />

oder 20­Zylinder­Motor zu testen, der beim<br />

Kunden zum Einsatz kommt? „Das ist bei der<br />

großen Zahl von Versuchsreihen bei der Verbrennungsentwicklung<br />

schlicht unwirtschaftlich, nicht<br />

ökologisch und nicht effizient“, so Wasgindt. Denn<br />

ob Einzylinder oder Vollmotor – in den Zylindern<br />

spielt sich dasselbe ab. Einzylinder­Messdaten<br />

sind somit weitgehend repräsentativ für den Verbrennungsvorgang<br />

in allen Zylindern eines Motors.<br />

Die abgespeckte Motorversion bietet dabei mehrere<br />

Vorteile: So liegt es auf der Hand, dass sie<br />

erheblich weniger Kraftstoff bei den Versuchsläufen<br />

verbraucht und damit die Umwelt schont. Ein<br />

weiterer Vorteil besteht in dem weit geringeren<br />

Zeit­, Material­ und Kostenaufwand beim Durchtesten<br />

verschiedener Bauteilvarianten.<br />

Einzylinderprüfstände werden wichtiger<br />

Die Bedeutung von Einzylinder­Prüfständen hat<br />

in den vergangenen Jahren beträchtlich zugenommen.<br />

Treibende Kraft sind dabei die immer<br />

schärfer werdenden gesetzlich vorgeschriebenen<br />

Emissionsgrenzwerte. Dabei ist man vor allem<br />

bei der Emissionsmessung in immer kleinere<br />

Größen ordnungen bei immer größerer Genauigkeit<br />

vorgestoßen. Bis vor zehn Jahren durfte<br />

ein Motor über zehn Gramm Stickoxide pro Kilowattstunde<br />

ausstoßen, mittlerweile ist es weniger<br />

als ein Gramm pro Kilowatt stunde. „Noch<br />

vor fünf Jahren hätte man das gar nicht messen<br />

können“, betont Dr. Michael Thoma vom Bereich<br />

Messtechnik.<br />

Mit Blick auf die rein innermotorische Brennraumgestaltung<br />

und die Gestaltung der Einspritztechnologie<br />

kann man die strengen Grenzwerte


«Früher mussten wir diese<br />

Daten für die Berechnung<br />

sehr aufwändig dokumentieren<br />

und aufbereiten. Jetzt<br />

haben wir das Ergebnis in<br />

Echtzeit auf dem Bildschirm<br />

und können so den Verbrennungsprozess<br />

schneller<br />

bewerten.»<br />

Alexander Wasgindt, Teamleiter Verbrennungsentwicklung<br />

nur unterschreiten, indem alle technischen Möglichkeiten<br />

ausgeschöpft und mit höchster Präzision<br />

umgesetzt werden. Das Zusammenspiel<br />

der Konstruktion des Brennraums mit weiteren<br />

Technologien, wie Einspritzung, Elektronik, Abgasrückführung<br />

bis hin zu außermotorischen<br />

Maßnahmen hat die Zahl der Variablen bei Versuchsreihen<br />

enorm vergrößert. Auf Einzylinder­Prüfständen<br />

müssen alle diese Faktoren<br />

berücksichtigt werden. „Praktisch bedeutet das:<br />

Wir müssen viel mehr Messreihen fahren als früher“,<br />

betont Alexander Wasgindt.<br />

Angesichts der enorm gestiegenen Zahl von<br />

Messreihen bringen die neuen Einzylinder­Prüfstände,<br />

die Mitte des Jahres 2011 am Tognum­<br />

Standort Magdeburg eingerichtet wurden, eine<br />

deutliche Entlastung. Zusätzlich zu einem Einzylinder­Prüfstand<br />

für die Baureihe 8000 wurden<br />

hier vier weitere Einzylinder­Prüfstände eingerichtet,<br />

von denen einer als Gasmotorprüfstand<br />

ausgelegt ist. Durch eine variable Mischung von<br />

Erdgas, Kohlendioxid und Propan können verschiedenste<br />

Gasqualitäten von kohlendioxidreichem<br />

Biogas bis zu hochwertigem Erdgas<br />

nachgebildet und die Verbrennung so für ein<br />

weites Feld möglicher Anwendungen optimiert<br />

werden. „Gerade die gasmotorischen Brennverfahren<br />

werden wir hier in Magdeburg in Zukunft<br />

noch intensiver untersuchen und weiterentwickeln“,<br />

betont Dr. Jan Piatek, Leiter der Einzylinder­Prüfstände.<br />

Da es um die Entwicklung<br />

umweltfreundlicher Zukunftstechnologien geht,<br />

unterstützt das Land Sachsen­Anhalt die neuen<br />

Prüfstände.<br />

Simulation am Computer<br />

Eine wichtige Rolle bei der Verbrennungsentwicklung<br />

spielt zunehmend die Berechnung des<br />

Verbrennungsvorgangs am Computer. Prüfstands­<br />

versuch und Berechnung – auch Simulation genannt<br />

– bilden das klassische Geschwisterpaar<br />

der modernen, wissenschaftlichen Methodik in<br />

der Motorenentwicklung. Zusammen geben sie<br />

schneller und genauer Einblicke in die Verbrennung.<br />

Der Versuch liefert hierbei reale Messdaten.<br />

Die Simulation erlaubt zusätzlich einen rechnerischen<br />

Blick in die Tiefen der Verbrennung, um<br />

besser zu verstehen, welche physikalischen Zusammenhänge<br />

zwischen dem messtechnisch<br />

unzugänglichen Geschehen im Motor und den<br />

messbaren Motordaten bestehen. „So wissen<br />

die Verbrennungsentwickler genau, wo sie an­<br />

Technologie<br />

die Geometrie des Verbrennungsraums sowie die<br />

Eigenschaften des Kraftstoff/Luft­Gemisches.<br />

So hochentwickelt die Verbrennungssimulation<br />

mittlerweile ist, so werden die Messdaten der<br />

Einzylinder­Prüfstände doch häufig genutzt, um<br />

die Rechenergebnisse zu prüfen. Wie eng Entwicklungsprüfstände<br />

und Simulation mittlerweile<br />

zusammenarbeiten, zeigt wieder ein Blick auf<br />

den Steuer­ und Überwachungsstand von Prüfstand<br />

112: Auf zwei der Bildschirme wird der<br />

aktuelle Brenn­ und Temperaturverlauf berechnet<br />

und dargestellt. Die Software dafür wurde von<br />

Die Berechnung am Computer erschließt ein tieferes Verständnis von Verbrennungsvorgängen.<br />

setzen müssen, um die Verbrennung gemäß den<br />

Entwicklungszielen zu verbessern“, erläutert Ralf<br />

Speetzen, Teamleiter für Hydraulik und Verbrennungsanalyse.<br />

Bei diesen Berechnungsaufgaben geht es um komplexe<br />

physikalisch­mathematische Modelle, die nur<br />

durch eine hohe Rechnerleistung zu bewältigen<br />

sind. Bei der Eingabe der Startwerte am Computer<br />

wird eine Vielzahl von Faktoren berücksichtigt, um<br />

Druck, Wärme und Emissionen innerhalb des Verbrennungsvorgangs<br />

zu berechnen. Dazu gehören<br />

alle physikalischen Eckwerte, wie Zusammensetzung,<br />

Dichte, Viskosität und andere Eigenschaften<br />

des Kraftstoffs, der Ablauf des Einspritzvorgangs,<br />

der Rechenabteilung entwickelt und zur Verfügung<br />

gestellt. „Früher mussten wir diese Daten<br />

für die Berechnung sehr aufwändig dokumentieren<br />

und aufbereiten, jetzt haben wir das Ergebnis<br />

in Echtzeit auf dem Bildschirm und können so<br />

den Verbrennungsprozess schneller bewerten“,<br />

so Wasgindt.<br />

Text: Wolfgang Stolba<br />

Bilder: Foto Fuchs, Robert Hack<br />

Ihre Fragen beantwortet:<br />

Alexander Wasgindt<br />

alexander.wasgindt@mtu­online.com<br />

Tel. +49 7541 90­3157<br />

<strong>MTU</strong> Report 03/11 I 21


Marine<br />

22 I <strong>MTU</strong> Report 03/11<br />

Monaco Yacht Show<br />

Rendezvous<br />

der<br />

Megayachten<br />

Es gibt nicht viele Orte auf der Welt, wo eine<br />

40-Meter-lange Yacht kaum auffällt. Der Hafen Port<br />

Hercules von Monaco ist einer davon. Da liegt die<br />

43-Meter-lange El Sea neben der 37-Meter-langen<br />

Izumi. Nicht weit von ihnen liegt die Icon – schlappe<br />

62 Meter lang. It’s Showtime in Monaco. Jedes Jahr<br />

im September ist der Hafen für vier Tage Schauplatz<br />

einer Messe der Superlative: der Monaco Yachtshow.<br />

Vom 21. bis 24. September 2011 war der Hafen von Monaco Treffpunkt<br />

der Megayachtszene. Werften, Architekten, Designer, Berater<br />

und Zulieferer stellten vor, was sie für die Welt der „Schönen<br />

und Reichen“ im Angebot haben.


<strong>MTU</strong> Report 03/11 I 23


Marine<br />

„Ich liebe meinen <strong>MTU</strong>-Motor“, sagt Yachtbesitzer Frans Heesen (im Bild rechts,<br />

links Wouter Hoek von <strong>MTU</strong> Benelux).<br />

Wie beliebt eine Yacht ist, erkennt man an der Anzahl der Schuhe, die vor ihr steht.<br />

24 I <strong>MTU</strong> Report 03/11<br />

Woran erkennt man die Beliebtheit einer Yacht? An der<br />

Anzahl der Stockwerke? Der Länge? Der Farbe? Nein, an<br />

der Menge der Schuhe, die sich in den Körben vor der<br />

Gangway stapeln, die auf ein Schiff führt. Denn auf eine<br />

Yacht geht man nicht mit Straßenschuhen, viel zu edel<br />

sind die Materialien. Man geht barfuß über die glänzenden<br />

Mamorböden oder dicken Teppiche. Überhaupt ist in der<br />

Welt der Yachtsuperlative einiges anders als gedacht. Die<br />

Teppiche, die die Yachten miteinander verbinden, sind nicht<br />

rot, sondern blau – azurblau, wie das Wasser im Hafen.<br />

Und neben Sonnenbrillen und iPhones scheinen Putzlappen<br />

die häufigsten Gegenstände auf der Messe zu sein.<br />

Überall wird gewischt und gerieben, alles glänzt und spiegelt<br />

– selbstverständlich auch der <strong>MTU</strong>­Motor in der Yacht<br />

My Petra. Er ist weiß und die Zylinderkopfhauben spiegeln<br />

in Chrom. „Ich liebe meinen <strong>MTU</strong>­Motor“, sagt Besitzer<br />

Frans Heesen. Ihm gehörte bis vor kurzem die Heesen­<br />

Werft in den Niederlanden, die er aber nun verkauft hat.<br />

Auch die My Petra möchte er verkaufen und sich dafür ein<br />

neues Schiff bauen lassen. Es soll größer sein als die My<br />

Petra, denn Frans Heesen hat sieben Enkelkinder, die alle<br />

ihren Platz auf der Yacht haben sollen. Doch eins ist gleich:<br />

Auch das neue Schiff soll von zwei 4000er­<strong>MTU</strong>­Motoren<br />

angetrieben werden. Und ebenso wie ihre Vorgängerin<br />

wird die Yacht nach Heesens Frau benannt: Lady Petra soll<br />

sie heißen – ein Geschenk, das Petra Heesen an ihrem<br />

Geburtstag am 25. April erhalten soll.<br />

Diskretion ist Programm<br />

Die Offenheit, mit der Frans Heesen von seiner Yacht<br />

spricht, ist in der Branche nicht selbstverständlich. Diskretion<br />

ist Programm. Auf die Decks kommt man nur mit<br />

persönlicher Einladung. Ernsthafte Interessenten kommen<br />

inkognito und streng abgeschirmt. Gerade in Zeiten von<br />

Krisen und Sparpaketen möchten die Yachtbesitzer ihren<br />

Wohlstand nicht zur Schau stellen. Denn es gibt wohl kaum<br />

Vergleichbares auf der Welt, was so teuer und gleichzeitig<br />

so offensichtlicher Luxus ist wie eine Megayacht. Was<br />

sie kostet – auch hier ist die Branche diskret. Zwar gibt<br />

es die Formel, dass jeder Yachtmeter eine Millionen Euro<br />

kostet, aber die stimmt längst nicht immer. Auch die Breite<br />

sei wichtig, denn die habe ja Einfluss auf die Menge des<br />

edlen Materials, das in der Yacht verbaut werde. Das sagt<br />

Matthias Kundert, Chefingenieur auf der My Petra. Er steht<br />

im Maschinenraum des Schiffes und poliert die Zylinderkopfhauben<br />

des Motors. Wenn Interessenten kommen, soll<br />

alles glänzen. „Der Motor ist klasse, 2.720 Kilowatt geballte<br />

Kraft. Ich hatte noch nie Probleme mit ihm“, lobt er<br />

sein weißes Schmuckstück. Die Frage, warum dieses denn<br />

poliert sein müsse, kann er so recht gar nicht beantworten.<br />

Das gehöre sich einfach.<br />

Nur Fachpublikum, keine Touristen<br />

Genauso gehört es sich auch für Frans Heesen, jedes Jahr<br />

wieder nach Monaco zu kommen. Er war schon bei der<br />

allerersten Monaco Yacht Show vor 22 Jahren dabei und


2<br />

1 Die Yacht My Petra, gebaut von der niederländischen<br />

Heesen-Werft, ist 44 Meter lang. In Monaco<br />

eine durchschnittliche Länge. Die längste Yacht war<br />

86,5 Meter lang, die kürzeste 26.<br />

2 Glänzend weiß mit verchromten Zylinderkopfhauben:<br />

Yachtbesitzer legen großen Wert auf das Aussehen<br />

ihres Motors.<br />

Frankreich<br />

Monaco<br />

Mittelmeer<br />

Italien<br />

1<br />

KARTE<br />

<strong>MTU</strong> Brown <strong>MTU</strong> Brown<br />

0-17-28-62 80% der Farbe 60% 40% 20%<br />

CMYK CMYK CMYK CMYK CMYK<br />

<strong>MTU</strong> Blue <strong>MTU</strong> Blue<br />

60% 40% 20%<br />

50-25-0-10 80% der Farbe<br />

CMYK CMYK CMYK<br />

CMYK CMYK


26 I <strong>MTU</strong> Report 03/11<br />

hat seitdem keine verpasst. Schmunzelnd erzählt er, einmal<br />

nicht auf der vergleichbar großen Yachtmesse im amerikanischen<br />

Fort Lauderdale gewesen zu sein. „Da haben<br />

die Leute gedacht, ich läge schon auf dem Sterbebett“,<br />

sagt er, während er genüsslich an seiner Zigarre zieht.<br />

Auch für Franceso Ansole von der Werft Azimut ist Monaco<br />

das Messehighlight im Jahr. „Hier treffen sich alle, die<br />

in der Branche wichtig sind“, saqt der Italiener. Er nutzt die<br />

Messe, um herauszufinden, was den Kunden gefällt. Wichtig<br />

ist ihm auch, dass es auf der Messe kaum Touristen,<br />

sondern nur Fachpublikum gibt. Kein Wunder: Der Eintritt<br />

von 65 Euro schreckt ab – auch wenn die Hälfte der Einnahmen<br />

aus dem Verkauf der Eintrittskarten dem monegassischen<br />

Verein gegen die Muskelkrankheit Myopathie<br />

gespendet wird.<br />

Doch für den Eintrittspreis wird einiges geboten. Für einige<br />

Tage heißen die Stars im Fürstentum nicht Albert oder<br />

Charlene, sondern Shooting Star, Triple Seven oder Double<br />

Shot. Alle glänzen sie weiß im Wasser, die Decks sind mit<br />

Blumen geschmückt und die Sofas laden zum Verweilen<br />

ein. Welche soll man da kaufen? Die Entscheidung fällt<br />

schwer. Zwar sind alle Yachten in Monaco speziell auf die<br />

Wünsche ihrer Eigner zugeschnitten. Doch offensichtlich<br />

sind die Unterschiede nicht: Zum Standard gehören der<br />

Whirlpool auf dem Deck, die Massagesessel in der Sauna,<br />

der Landeplatz für den Helikopter oder die Cocktail­<br />

Bar. Richtig Schrilles oder Exaltiertes gibt es kaum. Denn<br />

nur selten behalten Eigener ihre Yacht für längere Zeit. Oft<br />

verkaufen sie ihre Schiffe schon nach ein bis zwei Jahren<br />

wieder – ein extravagantes Badezimmer in Pink könnte<br />

potenzielle Käufer abschrecken.<br />

Die heimlichen Stars der Messe<br />

Doch bei einem sind sich viele Yachteigner einig. Sie<br />

setzen auf <strong>MTU</strong>. Als versteckte Stars sind die Motoren in<br />

den Motorräumen vieler Yachten auf der Messe zu finden.<br />

Der am meisten verkaufte ist der 16­Zylinder­ Motor der<br />

Baureihe 4000. Die Double Shot treibt er zum Beispiel<br />

zu einer Höchstgeschwindigkeit von 32 Knoten. Auf der<br />

Mangusta T130 wird er während der Messe von der fünfköpfigen<br />

Crew bewacht. Auch die beiden größten Yachten<br />

im Hafen von Monaco – Seven Seas und Cakewalk – werden<br />

von diesem Motor angetrieben. Wie ein Magnet ziehen<br />

beide die Besucher an. Die 85­Meter­lange Cakewalk besticht<br />

mit Sonnendecks auf allen vier Stockwerken. Die Reling<br />

ist aus Holz und lässt das Schiff gemütlich erscheinen.<br />

Ganz anders die ein Meter längere Seven Seas. Mit verdunkelten<br />

Scheiben und spitzen Formen wirkt sie eher wie ein<br />

Raumschiff auf dem Wasser. Schnell macht das Gerücht<br />

die Runde, dass die Seven Seas dem berühmten Regisseur<br />

Steven Spielberg gehöre. Für eine Millionen Euro pro Woche<br />

soll man sie chartern können. Na dann los.<br />

Die Yacht wenigstens einmal von außen anzuschauen, ist<br />

ein Muss für jeden Messebesucher. „Hast du die Seven<br />

Swimmingpools, Whirlpools, Sonnendecks<br />

oder die Cocktail-Bar gehören zur<br />

Standardausstattung von Yachten.


Marine<br />

<strong>MTU</strong> Report 03/11 I 27


Marine<br />

Schwimmende Milliardärsträume an der Côte d'Azur: Über 100 Yachten waren während der<br />

Messe im Hafen von Monaco zu bestaunen. Wer an Deck einer Yacht wollte, benötigte allerdings<br />

eine persönliche Einladung.<br />

28 I <strong>MTU</strong> Report 03/11<br />

Seas schon gesehen?“, ist eine häufige Frage. Gestellt wird<br />

sie längst nicht nur auf französisch, auch auf englisch, russisch,<br />

holländisch oder deutsch. Die Messe ist international.<br />

Was aber auffällt: Kaum Asiaten sind zu sehen. Haben<br />

die keine Yachten? „Der Markt dort entsteht gerade erst,<br />

allerdings wird es noch einige Zeit dauern, bis er sich ähnlich<br />

wie in Europa oder den USA entwickelt hat“, erzählt<br />

Daniel Ramoli aus dem <strong>MTU</strong>­Yachtvertrieb. In Asien, vor<br />

allem in Indien und China, gebe es zwar immer mehr reiche<br />

Menschen, die sich auch eine Yacht leisten könnten. Noch<br />

fehle dort aber der Lifestyle und die damit verbundene Infrastruktur.<br />

Das bedeutet in der Yacht­Szene: Edle Restaurants<br />

und Kaffees, versteckte Buchten mit glasklarem<br />

Wasser, teure Luxusgeschäfte oder palmengesäumte Strände<br />

– ein Manko für Asien, das sich aber beheben lässt.<br />

Und so sind sich viele in der Branche sicher, dass es bald<br />

mehr asiatische Yachteigner und Werften geben wird.<br />

Interesse am After Sales<br />

Die Yachtbranche expandiert, und das ist nötig. Denn noch<br />

immer hat sie sich nicht von den Einbrüchen erholt, die<br />

sie in der Wirtschaftskrise im Jahr 2008 erlitten hat. „Es<br />

geht langsam aufwärts, aber vor allem den europäischen<br />

Werften steht aufgrund der Schuldenkrise und den Finanzierungsproblemen<br />

ein schwieriges Jahr bevor“, so Daniel<br />

Ramoli. Auf der Messe bemerkt man davon nichts. Es ist<br />

voll auf den engen Stegen, 30.000 Besucher waren an vier<br />

Tagen am Hafen. Auch der <strong>MTU</strong>­Messestand – schon von<br />

weitem gut an zwei Fahnen zu erkennen – war immer gut<br />

besucht. Neben dem Interesse an Motoren und Antriebssystemen<br />

interessierten sich die Besucher besonders für<br />

<strong>MTU</strong> Value Care­Produkte, wie Wartungsverträge oder verlängerte<br />

Gewährleistungen. „Die geben den Besitzern und<br />

Kapitänen die Gewissheit, dass ihr Motor ständig zur Verfügung<br />

steht“, erklärt <strong>MTU</strong>­Marinemitarbeiter Stephan Knorr.<br />

„Entsprechend viele Kapitäne und Chefingenieure waren daher<br />

bei uns, um sich danach zu erkundigen“, sagt er. Eine<br />

gemütliche Lounge­Ecke lud zum Verweilen ein. Der Blick<br />

auf den Hafen war einzigartig. Fast wie auf einer Yacht.<br />

Nur eins mussten die Besucher nicht: sich die Schuhe<br />

ausziehen.<br />

Text: Lucie Dammann<br />

Bilder: Robert Hack<br />

Ihre Fragen beantwortet:<br />

Daniel Ramoli<br />

daniel.ramoli@mtu­online.com<br />

Tel. +49 7541 90­7017<br />

Mehr dazu...<br />

...eine Bilder-Slideshow mit<br />

Eindrücken von der Messe<br />

Wie funktioniert‘s – siehe Seite 3<br />

oder unter http://bit.ly/nR6q3A<br />

ONLINE


4<br />

1 Gut besucht: Nicht nur auf den Yachten war viel Betrieb. Auch der<br />

<strong>MTU</strong>-Messestand zog Interessierte an. Zu sehen gab es das Modell<br />

eines Motors der Baureihe 4000.<br />

2 Sie war die „Größte“: Die Yacht Seven Seas war der Besuchermagnet<br />

in Monaco. Luxus pur verteilt auf 86,5 Metern Länge, 8.000 Quadratmetern<br />

Fläche und fünf Stockwerken.<br />

3 Die 85,6-Meter-lange Yacht Cakewalk ist die größte jemals in<br />

Amerika gebaute Yacht.<br />

4 Sie fiel besonders auf: Die Meteor ist eine Segelyacht, die mit ihrem<br />

antiken Design glänzte. Ein wahrer Hingucker zwischen all den<br />

modernen Luxusyachten.<br />

<strong>MTU</strong> Report 03/11 I 29<br />

1<br />

2<br />

3


Marine<br />

U­Boot­Ladeaggregat weiterentwickelt<br />

Tiefenspannung<br />

Hartmut Manseck war Kommandant<br />

von zwei Unterseebooten der<br />

Klasse 206. Verantwortlich für<br />

den Antrieb waren zwei Dieselgeneratoren<br />

mit je einem 600 PS<br />

starken 12-Zylinder-4-Takt-V-Dieselmotor<br />

der <strong>MTU</strong>-Baureihe 396.


Mit einem U-Boot in Gewässer abtauchen und<br />

sich die Welt tief unter der Meeresoberfläche<br />

erschließen – davon träumen Menschen wie der<br />

ehemalige Kommandant Hartmut Manseck und<br />

Rockmusiker Udo Lindenberg. Für die faszinierenden<br />

Fahrzeuge hat <strong>MTU</strong> das Ladeaggregat<br />

nun weiterentwickelt.<br />

Regen peitscht über schäumende Gischt, ein Sturm<br />

türmt die Wellen meterhoch auf. Langsam schiebt<br />

der stromlinienförmige Stahlkörper dunkle Wassermassen<br />

beiseite und fährt tauchklar aber noch voll<br />

aufgetaucht auf seine Tauchposi tion zu. Plötzlich<br />

ein Rumpeln und Schrammen, das anders ist als die<br />

vom Sturm rührenden Geräusche. „Alarm!“ – der Befehl<br />

schreckt die 22­köpfige Besatzung von U25 auf.<br />

Jetzt geht es um Sekunden: Schotten dicht machen,<br />

Masten einfahren und Außenbordventile schließen.<br />

Korvettenkaptän Hartmut Manseck, damals Kommandant<br />

des U­Boots, erinnert sich noch über 30<br />

Jahre danach genau an diesen Vorfall im Skagerrak,<br />

dem Teil der Nordsee, der im Süden an Dänemark,<br />

im Osten an Schweden und im Norden an Norwegen<br />

grenzt. „Es war die gefährlichste Situation, die ich in<br />

meinem 46­jährigen Dienst in der deutschen Marine<br />

zu meistern hatte“, sagt Manseck noch heute. Was<br />

war geschehen? Bei der Überwasserfahrt zum Tauchpunkt<br />

im Tauchklarzustand, einem Routinemanöver,<br />

war das massive U­Boot an einem Fischerboot, an<br />

dem nur ein schwaches Licht zu sehen war, entlanggeschrammt.<br />

Der Wachhabende hatte die Lichter des<br />

Fischerbootes über das Sehrohr nicht wahrgenommen<br />

und konnte deshalb auch kein Ausweichmanöver<br />

einleiten. „Zum Glück entstand nur geringer Sachschaden“,<br />

blickt Manseck zurück, um sogleich hinzuzufügen:<br />

„Trotz solcher Risiken ist U­Boot­Fahren<br />

grundsätzlich nicht gefährlich.“<br />

Neue Aufgaben: Aufklärung und Schutz<br />

Für ein Höchstmaß an Sicherheit sorgen drei<br />

Voraussetzungen: eine eingespielte Mannschaft,<br />

moderne Technik und nicht zuletzt die Tatsache,<br />

dass U­Boote in Friedenszeiten nach der Beendigung<br />

des Kalten Krieges neue Funktionen übernommen<br />

haben. „Sie helfen, Küstenregionen aufzuklären,<br />

patrouillieren Seegebiete und schützen nationale<br />

Hoheitsgewässer und Seetransportwege“, erklärt<br />

Manseck. Die Folge: U­Boote müssen sehr viel längere<br />

Strecken als noch vor 20 Jahren zurücklegen<br />

und benötigen dazu leistungsstärkere Batterien, die<br />

zudem schnell wieder aufgeladen werden können.<br />

Auch die Frage nach dem Schadstoffausstoß der<br />

Boote gewinnt in den letzten Jahren immer mehr<br />

an Bedeutung. <strong>MTU</strong> hat daher die Aggregate, die<br />

die Batterien für den Antrieb der U­Boote aufladen,<br />

weiterentwickelt. Diese basieren auf <strong>MTU</strong>­Motoren<br />

der Baureihe 4000 und sind auf die neuen Anforderungen<br />

von Werften und Marinen ausgerichtet.<br />

„Die Einsatzprofile von<br />

U-Booten haben sich<br />

verändert, nicht aber die<br />

Kameradschaft an Bord,“<br />

sagt Kommandant Manseck.<br />

Mit den neuen Aufgaben veränderten sich Größe<br />

und Charakteristika der U­Boote – nicht aber, was in<br />

ihrem Inneren vor sich geht. An rund 25 nationalen<br />

Übungen und etwa 30 Manövern der NATO hat Hartmut<br />

Manseck teilgenommen. Sein längster Einsatz<br />

erstreckte sich über sechs Wochen in der Meerenge<br />

zwischen Island und den Faröer­Inseln, an dem insgesamt<br />

zwölf U­Boote aus fünf Nationen im Rahmen<br />

eines NATO­Manövers beteiligt waren. Das bedeutete<br />

eineinhalb Monate lang unter hoher Anspannung<br />

auf engstem Raum mit 21 anderen Marinesoldaten<br />

zu verbringen. „Den Großteil davon 100 Meter unter<br />

der Wasseroberfläche, bei künstlichem Licht, wenig<br />

Schlaf und dem so genannten U­Boots­Geist – „einer<br />

Melange aus Körper­, Koch­, Abfall­, Diesel­ und Toilet<br />

tendünsten, die man auch nach langem Duschen<br />

an Land nicht loswurde.“ An Bord musste man sich<br />

mit einer Seewasserdusche in einem winzigen Toilettenverschlag<br />

begnügen. Umdrehen? Fehlanzeige!<br />

All das muss man nicht nur aushalten können. Man<br />

muss es mögen.<br />

Bei Manseck liegt die Leidenschaft für den gleichermaßen<br />

anspruchsvollen wie ungewöhnlichen Arbeitsplatz<br />

in der Familie. Bereits sein Vater fuhr als<br />

U­Boot­Kommandant zur See. Er selbst durchlief die<br />

klassische Ausbildung bevor er zunächst als Wachhabender<br />

und Schiffstechnischer Offizier tätig war<br />

und dann 1974 im Alter von gerade einmal 29 Jahren<br />

als Kommandant das nagelneue „U26“ anvertraut<br />

bekam. Dabei handelte es sich um ein U­Boot<br />

der Klasse 206, von denen die deutsche Marine 18<br />

Exem plare im Einsatz hatte. Zwölf davon wurden<br />

zwischen 1987 und 1993 zur Klasse 206A umgebaut.<br />

Erst Ende März dieses Jahres wurde das letzte außer<br />

Dienst gestellt und beendete damit ein Stück Marine­<br />

Geschichte. Mit 48,6 Metern Länge und 4,6 Metern<br />

Breite sowie einer Verdrängung von 500 Tonnen<br />

galten sie als die kleinsten bewaffneten U­Boote, die<br />

weltweit operierten. Verantwortlich für den Antrieb<br />

waren jeweils zwei Dieselgeneratoren mit je einem<br />

600 PS starken 12­Zylinder­4­Takt­V­Dieselmotor der<br />

<strong>MTU</strong>­Baureihe 396.<br />

Antrieb, Stromerzeugung und Schiffsautomation<br />

Die nachfolgende und derzeit modernste und leiseste<br />

U­Boot­Generation der deutschen und der italieni­<br />

<strong>MTU</strong> Report 03/11 I 31


Marine<br />

Ocean Eyes<br />

schen Marine, die Klasse 212A, kann mit einer<br />

Brennstoffzelle elektrische Energie erzeugen und<br />

damit die Tauchzeiten deutlich verlängern. Doch<br />

auch hier kommt ein 16­Zylinder­Dieselmotor von<br />

<strong>MTU</strong> zum Einsatz – wie bei allen U­Booten ausschließlich<br />

im Oberflächen­ und Schnorchelbetrieb.<br />

Denn die Verbrennungsmotoren benötigen Luft – ein<br />

knappes Gut unter Wasser. Bei geringen Wassertiefen<br />

versorgen die Schnorchel, ausfahrbare Luftzufuhrmasten,<br />

die Dieselmoto ren mit Frischluft und<br />

entsorgen deren Abgase. Dieselaggregate in U­Booten<br />

dienen außerdem dazu, Batterien aufzuladen,<br />

die dann bei Tauchfahrt die außenluftunabhängigen<br />

Elektro­Antriebsmotoren sowie die Bordsysteme mit<br />

Energie versorgen.<br />

Die für die Technik verantwortlichen Besatzungsmitglieder<br />

vom Maat, dem niedrigsten Unteroffiziersdienstgrad,<br />

über den technischen Meister bis zum<br />

schiffstechnischen Offizier sind blind mit sämtlichen<br />

Systemen vertraut. Dazu absolvieren sie eine anspruchsvolle<br />

Ausbildung im Ausbildungszentrum<br />

U­Boote am Marinestützpunkt im norddeutschen<br />

Städtchen Eckernförde, wo das Innenleben der<br />

U­Boo te inklusive Antriebsanlage, zugehöriger Batterien<br />

und Dieselmotoren vollständig nachgebaut ist.<br />

Auch Simulatoren und ein Schiffs­Automationssystem<br />

stehen zur Verfügung, mit deren Hilfe der Betrieb<br />

sowie Störungs­ und Fehlersuche unterrichtet<br />

werden. „Bevor die Besatzungsmitglieder an Bord<br />

gehen, haben sie alle denkbaren Abläufe hunderte<br />

Male unter schwierigsten Bedingungen geübt, bis sie<br />

jeder in­ und auswendig kennt und im Schlaf auch<br />

blind, schnell und zielsicher ausführen kann“, erläutert<br />

Manseck, der auch für die Ausbildung des Nachwuchses<br />

für die U­Boot­Klasse 206 verantwortlich<br />

war. „Liegt das U­Boot im Hafen, kümmern sie sich<br />

um die Wartungsarbeiten und die Batteriepflege. Auf<br />

See führen sie Ersatzteile mit, um notwendige Reparaturen<br />

durchführen zu können.“<br />

In ihrem Buch schildert die Militärjournalistin Christin­Désirée<br />

Rudolph aus erster Hand den Alltag einer U­Boot­Besatzung.<br />

Für die Recherchen dazu reiste die Autorin auf dem Tender<br />

Main vier Wochen lang ins Skagerrak und begab sich an Bord<br />

des U24 zwei Tage auf Tauchfahrt. Mit verständlichen Texten<br />

und zahlreichen Bilder nimmt sie den<br />

Leser mit in die faszinierende Welt unter<br />

Wasser. In einem historischen Abriss<br />

spannt sie den Bogen von antiken Visionen<br />

bis zu den hoch modernen U­Booten<br />

unserer Zeit. Auch technische Details<br />

und Informationen zur Ausbildung kommen<br />

nicht zu kurz.<br />

Christin­Désirée Rudolph: Ocean Eyes.<br />

Das U­Boot­Geschwader der Deutschen<br />

Marine. Motorbuch­Verlag, Stuttgart:<br />

2010. 183 Seiten, 24,90 Euro.<br />

MEMO<br />

Neue Motoren-Generation für U-Boote<br />

Um in Zeiten knapper Verteidigungsbudgets die<br />

Lebenszykluskosten der Motoren zu senken, sind<br />

den <strong>MTU</strong>­Entwicklern ein geringer Kraftstoffverbrauch<br />

und lange Wartungsintervalle besonders<br />

wichtig. Vollkommen neu ist zudem die Möglichkeit,<br />

je nach taktischer Anforderung flexibel einen von<br />

drei Betriebsmodi wählen zu können. Im Standardmodus<br />

läuft der Motor akustisch optimiert. Denn<br />

wie lange ein U­Boot unentdeckt unter Wasser operieren<br />

kann, hängt davon ab, wie leise es sich fortbewegt.<br />

Geht es aber darum, große Entfernungen<br />

zum eigentlichen Einsatzort zurückzulegen, bietet<br />

sich hingegen der kraftstoffsparende Modus mit<br />

leicht erhöhten Geräuschsignaturen an. Für den<br />

Oberflächenbetrieb steht ein Modus zur Verfügung,<br />

der die Emissionsanforderungen Stufe 2 der Internationalen<br />

Seeschifffahrts­Organisation (IMO) ohne<br />

erhöhten Kraftstoffverbrauch erfüllt.<br />

Eine eingeschworene Gemeinschaft<br />

Während sich die Einsatzprofile von U­Booten verändern<br />

und sich die technologischen Innovationen daran<br />

orientiert weiterentwickeln, bleibt eine Konstante:<br />

die eingeschworene Besatzung an Bord, die sich<br />

durch hohe Kameradschaft und Toleranz auszeichnet.<br />

Diese ist es auch, die Hartmut Manseck noch immer<br />

begeistert von seiner Aufgabe als Kommandant<br />

schwärmen lässt: „Ich bin dankbar dafür, dass ich<br />

mit den mir anvertrauten Männern kreativ und verantwortlich<br />

zu einer Gemeinschaft zusammenwachsen<br />

konnte, die nicht nur sehr gute Leistungen und<br />

Ergebnisse erzielte, sondern auch die unvorstellbaren<br />

Bedingungen und Entbehrungen erträglich machte.“<br />

Um in seiner Mannschaft für gute Stimmung zu sorgen,<br />

ließ er sich einiges einfallen. Lief U26 aus dem<br />

Hafen aus, begleitete sie Udo Lindenberg mit seinem<br />

Lied „Alles klar auf der Andrea Doria“ – natürlich aus<br />

der Konserve. Einmal jedoch war der Rockmusiker an<br />

Bord und ihm wurde ein Wunsch erfüllt, den er in seinem<br />

Song „Es ist alles im Lot auf dem Riverboat“ geäußert<br />

hatte. Dort heißt es „mit 'nem U­Boot fahr' n<br />

wollt ich immer schon mal“.<br />

Text: Elke Brown<br />

Bilder: Hartmut Manseck,<br />

Dpa pictures alliance<br />

Ihre Fragen beantwortet:<br />

Arndt von Drahten<br />

Arndt.vonDrahten@mtu­online.com<br />

Tel. + 49 7541 90­3350<br />

Mehr dazu...<br />

...das komplette Interview mit<br />

Hartmut Manseck<br />

Wie funktioniert‘s – siehe Seite 3<br />

oder unter http://bit.ly/v6ff9u<br />

ONLINE


Die unglaubliche Enge an Bord von U-Booten hat Hartmut Manseck<br />

am meisten gestört. Im Bild der wachhabende Offizier am Sehrohr<br />

und der Sonarmeister an der Gruppenhorchanlage.<br />

Abtauchen mit mehr Leistung<br />

Die neuen Ladeaggregate für U­Boote werden von den bewährten Motoren der Baureihe<br />

4000 angetrieben. Diese wurden speziell für ihren Einsatz modifiziert: Dank<br />

der Common­Rail­Einspritzung mit optimierter Verbrennung und moderner Motorelektronik<br />

verbrauchen die Motoren je nach Betriebsmodus bis zu zehn Gramm pro<br />

Kilowattstunde weniger Kraftstoff als bisher. Außerdem wird bei einem U­Boot mit<br />

typischem Lastprofil eine komplette Motorüberholung erst nach 20 Jahren fällig –<br />

bisher waren es 12 Jahre. Mit einer mechanischen Leistung von 1.300 Kilowatt bei<br />

einer Drehzahl von 1.800 Umdrehungen pro Minute erzeugen die Aggregate genügend<br />

Energie, um die Lithium­Ionen­Batterien schnell für den elektrischen Antrieb<br />

aufzuladen. Integriert in das Ladeaggregat ist ein Generator. Über ihn kann der<br />

Dieselmotor sehr leise angelassen werden. Wichtig für einen geräuscharmen Betrieb<br />

ist auch die spezielle Lagerung des Ladeaggregats, dessen Körperschall durch Gummilager<br />

und einen in den Motorfuß integrierten Schockbegrenzer auf ein Minimum<br />

reduziert wird. Ausgeliefert werden die ersten Einheiten 2016.<br />

Torpedoübernahme auf See. Das Wichtigste ist die Teamarbeit und die Kameradschaft<br />

an Bord. „Einzelkämpfer haben keinen Platz!“, so der Kommandant.<br />

Speziell für den Einsatz in U-Booten modifiziert: Die<br />

bewährte <strong>MTU</strong> Baureihe 4000 zeichnet sich durch<br />

geringen Kraftstoffverbrauch und geringe Wartungskosten<br />

aus.<br />

MEMO<br />

<strong>MTU</strong> Report 03/11 I 33


Alaska<br />

Prinz­William­Sund<br />

Remotorisierung eines Katamarans in Alaska<br />

Sound of<br />

Silence<br />

Eisblaue Gletscher und riesige schwimmende Eisberge. Die<br />

Küsten des Prinz-William-Sunds sind atemberaubend. Eine einzigartige<br />

Landschaft in Alaska, die Jahr für Jahr Tausende von<br />

Touristen auf dem Klondike-Express-Katamaran von Phillip’s<br />

Cruises bestaunen. Die Stille ist beeindruckend – unterbrochen<br />

wird sie nur vom Knacken des Eises und vom Singen der Vögel.<br />

Seit einigen Monaten sind die Lieder der Vögel noch deutlicher<br />

zu hören. Der Betreiber hat das Schiff mit zwei neuen 16-Zylinder-Motoren<br />

der Baureihe 4000 ausgestattet. „Die Motoren sind<br />

nur halb so laut wie die alten. Das ruhigste Schiff, auf dem ich<br />

je gefahren bin“, erzählt Kapitän Gary Sommerfeld.<br />

Und nicht nur das. Die beiden EPA­Tier 2­zertifizierten <strong>MTU</strong>­Motoren<br />

vom Typ 16V 4000 M63L stoßen zudem jährlich 2,2 Tonnen Stickstoffoxid<br />

weniger aus als ihre Vorgänger. Auch der Ausstoß von Rauch und<br />

Schwefeloxid wurden erheblich reduziert.<br />

Nicht nur die Motoren hat der Betreiber von <strong>MTU</strong> austauschen lassen.<br />

Dank eines neuen Getriebes konnte er die Motoren und den Wasserstrahl<br />

bestmöglich aufeinander abstimmen. Das Ergebnis ist ein geringer<br />

Schadstoffausstoß bei gleichzeitig hoher Leistung. Über 36 Knoten<br />

(knapp 70 Stundenkilometer) schnell ist der Katamaran auf seinem<br />

Weg durch die Bucht im Süden Alaskas mit seinen zwei je 3.000 PSstarken<br />

Motoren. An Bord staunen die bis<br />

zu 342 Passagiere über die Eisberge, die<br />

beeindruckende Natur – und mit etwas<br />

Glück über Buckelwale, Orcas oder Seelöwen,<br />

die sie auf ihrem Weg beobachten<br />

können.<br />

Kanada<br />

Vereinigte<br />

Staaten<br />

KARTE<br />

<strong>MTU</strong> Brown <strong>MTU</strong> Brown<br />

0-17-28-62 80% der Farbe 60% 40% 20%<br />

CMYK CMYK CMYK CMYK CMYK<br />

<strong>MTU</strong> Blue <strong>MTU</strong> Blue<br />

60% 40% 20%<br />

50-25-0-10 80% der Farbe<br />

CMYK CMYK CMYK<br />

CMYK CMYK<br />

Text: Bryan Mangum<br />

Bilder: phillip’s Cruises<br />

Ihre Fragen beantwortet:<br />

Jeff Sherman<br />

jeff.sherman@mtu­online.com<br />

Tel. + 1 313 610­5405


<strong>MTU</strong>-Motoren der Baureihe 4000 treiben den Klondike<br />

Express an. Besucher erleben auf dem Katamaran die<br />

faszinierende Stille des Prinz-William-Sunds.<br />

Marine<br />

<strong>MTU</strong> Report 03/11 I 35


After Sales<br />

Remanufacturing von Motoren für die Öl­ und Gasindustrie<br />

Nach der Überholung in den eigenen<br />

Remanzentren gibt <strong>MTU</strong> auf grunderneuerte<br />

Motoren die gleiche Gewährleistung<br />

wie auf Neumotoren.<br />

Man lebt nur zweimal<br />

36 I <strong>MTU</strong> Report 03/11


Fahrbare Aggregate mit <strong>MTU</strong>-Motoren<br />

der Baureihe 4000 liefern die Kraft, um<br />

ein Gemisch aus Sand, Wasser und<br />

weiteren Zusätzen bis zu 2.500 Meter<br />

tief ins Gestein zu pressen.<br />

Riesige Schiefergasvorkommen sollen helfen,<br />

in den kommenden Jahrzehnten den steigenden<br />

Energiebedarf zu decken. Vor allem<br />

in Amerika werden diese Vorkommen mit<br />

der Fracing-Tiefbohrtechnik abgebaut. Die<br />

für die Zerkleinerung des Gesteins nötigen<br />

mehr als 1.000 Bar Druck zur Förderung<br />

dieser Vorkommen erzeugen neue Motoren<br />

und grunderneuerte <strong>MTU</strong>-Antriebe.<br />

Noch vor wenigen Tagen lag der Motor in 300 abgenutzten<br />

und schmutzigen Einzelteilen da – vom<br />

Kurbelgehäuse über das Einspritzsystem bis hin<br />

zum Abgasturbolader. Nun steht er silbern glänzend<br />

im Versand des Reman­Kompetenzzentrums<br />

von <strong>MTU</strong> in Magdeburg. Dort wurde er in der<br />

Zwischenzeit bis auf die letzte Schraube auseinandergebaut<br />

und nach einem standardisierten Prozess<br />

grunderneuert. Der Kunde muss darauf nicht<br />

warten, sondern bekommt schon zuvor als Ersatz<br />

einen anderen Reman­Motor. Der Motor und<br />

seine Teile werden am Ende ihres Lebens nicht<br />

entsorgt, sondern umweltschonend aufgearbeitet.<br />

Nach dieser Frischzellenkur ist er wieder fit für<br />

sein zweites Leben: den harten Einsatzalltag als<br />

Fracing­Aggregat bei der Öl­ und Gasförderung.<br />

Dabei pressen hydraulische Pumpen mit gewaltigen<br />

1.034 Bar Druck ein Gemisch aus Sand und<br />

Wasser unterhalb des Grundwassers ins Gestein,<br />

um es aufzubrechen – zu fracen.<br />

Beim Reman-Verfahren wird der Motor bis auf seinen<br />

Grundbaustein, das Kurbelgehäuse, zerlegt, gereinigt<br />

und geprüft. Anschließend wird er nach einem Standardprozess<br />

grunderneuert. Kunden können entweder<br />

ihren eigenen Motor generalüberholen lassen oder<br />

gleich einen Reman-Ersatzmotor erhalten.<br />

Der steigende Energiebedarf nach Öl­ und<br />

Gas lässt Preise und Fördervolumen steigen.<br />

Fracing­Aggregate fördern vor allem in den USA<br />

und in Kanada unermüdlich Schiefergas. Der harte<br />

Einsatzalltag in der Öl­ & Gasförderung bleibt<br />

nach 9.000 Stunden nicht ohne Folgen. Die Leistungsfähigkeit<br />

der Motoren nimmt mit der Zeit<br />

ab, während die laufenden Kosten aufgrund von<br />

Verschleiß oder erhöhtem Kraftstoffverbrauch<br />

steigen. Mit der Grunderneuerung im so genannten<br />

Value Exchange­Remanverfahren sollen die<br />

Motoren wieder genauso fit sein wie Neumotoren.<br />

Motoren-Jungbrunnen<br />

Dafür werden sie in den <strong>MTU</strong>­Reman­Kompetenzzentren<br />

im deutschen Magdeburg oder im westamerikanischen<br />

Tooele, im Bundesstaat Utah<br />

– quasi den Jungbrunnen für <strong>MTU</strong>­Motoren – auseinandergebaut.<br />

Die Einzelteile werden bewertet,<br />

aufgearbeitet und gereinigt. Anschließend bauen<br />

sie <strong>MTU</strong>­Monteure wieder zusammen. Alle Komponenten,<br />

die nach Original­Werksbauplänen<br />

und Qualitätsvorgaben wiederhergestellt werden<br />

können, werden wiederverwertet. Verschlissene,<br />

beschädigte oder veraltete Teile ersetzen Original­<strong>MTU</strong>­Ersatzteile.<br />

Auf diese Teile gibt <strong>MTU</strong> die<br />

gleiche Gewährleistung wie bei Neuteilen­ und<br />

Motoren. Und noch einen Vorteil haben Motorenkunden:<br />

Die Grunderneuerung schont durch die<br />

Überarbeitung aller Motorenteile die Umwelt und<br />

den Geldbeutel der Betreiber, denn sie sind günstiger<br />

als Neumotoren. Nach der Generalüberholung<br />

im Reman­Center werden die Antriebe<br />

entsprechend den Emissions­Vorschriften ihrer<br />

Erstzulassung erneut zugelassen und wieder als<br />

Fracing­Aggregate montiert.<br />

Extreme Bedingungen für Motoren<br />

„Die grunderneuerten Antriebe laufen bei hoher<br />

Leistung praktisch durchgehend. Dabei müssen<br />

sie extreme Betriebstemperaturen aushalten“,<br />

beschreibt Dave Sears vom <strong>MTU</strong> After Sales<br />

den Einsatzalltag nach dem Reman­Prozess. Ihr<br />

Druck erzeugt unterirdische Gesteinsrisse. Ein<br />

Sand­Chemikalien­Gemisch kämpft sich in der<br />

frisch geschaffenen Bruchstelle in bis zu 2.500<br />

Meter tief liegende Erdschichten hinab und legt<br />

Erdgasvorkommen frei. Diese Tiefbohrtechnik<br />

heißt Hydrofracturing oder kurz Fracing. Sie<br />

kommt bei der Förderung von flüssigen oder gasförmigen<br />

Rohstoffen zum Einsatz, die unter Gestein<br />

verborgen liegen, das wenig Durchlässigkeit<br />

aufweist. Dabei ist eine hydraulische Pumpe auf<br />

einem Truck angebracht, die von einem Fracing­<br />

Aggregat angetrieben wird. Meist sind mehrere<br />

Trucks in Reihe geschaltet.<br />

Tooele<br />

Vereinigte Staaten<br />

Mexiko<br />

Kuba<br />

Golf von Mexiko<br />

Magdeburg<br />

Deutschland<br />

<strong>MTU</strong> Blue <strong>MTU</strong> Blue<br />

60%<br />

50-25-0-10 80% der Farbe<br />

CMYK<br />

CMYK CMYK<br />

Österreich<br />

Italien<br />

KARTE<br />

<strong>MTU</strong> Brown <strong>MTU</strong> Brown<br />

0-17-28-62 80% der Farbe 60% 40% 20%<br />

CMYK CMYK CMYK CMYK CMYK<br />

40% 20%<br />

CMYK CMYK<br />

<strong>MTU</strong> Report 03/11 I 37


After Sales<br />

1<br />

2 3 4 5 6<br />

Öl- & Gas-Lagerstätten, die durch Gesteins -<br />

formationen blockiert sind, können durch mobile<br />

Frac-Hochdruckpumpen er schlossen werden.<br />

Leis tungsstarke <strong>MTU</strong>-Motoren der Baureihe 4000<br />

pressen unter ho hem Druck ein Flüssigkeitsgemisch<br />

in diese Lagerstätten, Stützmittel halten die<br />

Bruchstellen stabil.<br />

1 Einheit mit Hochdruckpumpen<br />

2 Flüssigkeitsbehälter<br />

3 Fracturing-Flüssigkeit und Stützmittel werden<br />

mit hohem Druck in ein Bohrloch gepumpt.<br />

4 Bruchstellen, die durch Hochdruckflüssigkeiten<br />

entstehen<br />

5 Produktionsformation<br />

6 Stützmittel (harte Substanz wie Sand) halten die<br />

Bruchstellen stabil<br />

Die Pump-Anlage, bei der mehrere Fracing-Aggregate auf Trucks zusammengeschlossen sind, wird manuell gestartet.<br />

38 I <strong>MTU</strong> Report 03/11


Bei allen aufgearbeiteten Teilen, wie<br />

diesem Kurbelgehäuse, werden die<br />

Maße ganz genau überprüft. Denn für<br />

die aufgearbeiteten Bauteile des Motors<br />

gibt <strong>MTU</strong> die gleiche Gewährleistung<br />

wie für Neuteile.<br />

Die Frischzellenkur der <strong>MTU</strong>­Motoren ist immer<br />

beliebter: Nicht nur der amerikanische Fracingtruckhersteller<br />

und <strong>MTU</strong>­Distributor Stewart &<br />

Stevenson setzt beim Fracing auf die Kraft der<br />

grunderneuerten <strong>MTU</strong>­Antriebe. Die Kunden Halliburton,<br />

Cudd und Trican benutzen für ihre mobilen<br />

Fracing­Aggregate ebenfalls die mit neuen<br />

Lebensgeistern versehenen <strong>MTU</strong>­Motoren der<br />

Baureihe 4000. „Die robusten 12V 4000 S81­Antriebe<br />

sind mit ihrer Leistung von 1.678 Kilowatt<br />

speziell für den Öl­ und Gasmarkt ausgelegt. Sie<br />

sind perfekt abgestimmt auf lange Betriebszeiten<br />

und raue Einsatzumgebungen. Das schätzen unsere<br />

Kunden“, erklärt Sears. Zudem bietet die<br />

Common­Rail­Kraftstoffeinspritzung der zweiten<br />

Generation, entwickelt und gebaut von der<br />

Tognum­Tochter L’Orange, eine unschlagbare<br />

Präzision und überlegene Kraftstoffeffizienz.<br />

Förderung von Schiefergas boomt<br />

Die Förderung von Schiefergas ist ein Markt, der<br />

in anderen Ländern ebenfalls boomen wird. Technisch<br />

abbaubare Vorkommen von 163 Billionen<br />

Kubikmeter gibt es laut dem aktuellen „World<br />

shale gas“­Bericht des US­Energie­Informationsamtes<br />

EIA in 14 Gebieten, verteilt auf 32 Staaten.<br />

Die Bedeutung von Erdgas wird zunehmen,<br />

prognostizierte das Massachusetts Institute of<br />

Technology im vergangenen Jahr. Die Internationale<br />

Energieagentur nimmt an, dass der weltweite<br />

Gasverbrauch bis zum Jahr 2035 um mehr<br />

als die Hälfte steigt und damit den Energieträger<br />

Kohle überholt. Energieunternehmen in den USA<br />

sind in der Erschließung der Gasquellen Vorreiter.<br />

Dort werden etwa 90 Prozent der Gasbohrungen<br />

mithilfe der Tiefbohrtechnik Fracing erzeugt.<br />

14 Prozent Anteil hat Schiefergas derzeit am<br />

amerikanischen Gasmarkt, 46 Prozent werden es<br />

im Jahr 2035 sein – schätzt das EIA.<br />

Mit diesem Boom nimmt die Zahl der Motor­<br />

Grunderneuerungen zu: „In diesem Jahr haben<br />

wir 30 <strong>MTU</strong>­Motoren aus dem Fracing­Einsatz<br />

grunderneuert. Im nächsten Jahr werden es deutlich<br />

mehr sein“, sagt Sears. Bevor die Motoren<br />

für ihr zweites Leben als Fracing­Aggregate das<br />

Reman­Center verlassen, wird geprüft, ob sie die<br />

Original­Anforderungen von <strong>MTU</strong> erfüllen. Auf<br />

Trucks montiert rollen sie dann in der Morgendämmerung<br />

wieder beim nächsten Gasvorkommen<br />

an, pressen mit frischer Kraft und mehr als<br />

1.000 Bar Druck Risse ins Gestein und legen<br />

Schiefergasvorkommen frei.<br />

Text: anika Kannler<br />

Bilder: Tognum Konzernarchiv,<br />

Stewart & Stevenson<br />

Ihre Fragen beantwortet:<br />

Dave Sears<br />

dave.sears@mtu­online.com<br />

Tel. +1 313 592 5550<br />

Mehr dazu...<br />

...ein Video verdeutlicht<br />

den Reman-Prozess<br />

Wie funktioniert‘s – siehe Seite 3<br />

oder unter http://bit.ly/pWq7ot<br />

ONLINE<br />

Fit für die US-Emissionsstufe<br />

EPA Tier 4 i<br />

Rein innermotorisch erfüllt die neue Generation<br />

der Baureihe 4000 die US-Emissionsstufe<br />

EPA Tier 4i.<br />

Im Leistungsbereich von 1.678 bis 1.864 Kilowatt<br />

bietet <strong>MTU</strong> seit Mitte des Jahres 2011 die neue<br />

Generation der Baureihe 4000 vor allem für den<br />

Einsatz in fahrbaren Hydraulic-Fracturing-Geräten an.<br />

Die Motoren erfüllen die derzeit geltende US-Emissionsnorm<br />

EPA Tier 4 interim ohne Abgasnachbehandlung.<br />

Sie benötigen bis zu fünf Prozent weniger<br />

Kraftstoff als ihre Vorgänger und bieten ein erweitertes<br />

Drehmoment im niedrigen Drehzahlbereich bei<br />

optimalem Verhältnis von Leistung und Gewicht. Die<br />

Antriebe bilden die Basis für die Motoren, die <strong>MTU</strong><br />

derzeit für die erst 2015 in Kraft tretende, noch<br />

strengere US-Emissionsstufe Tier 4 final entwickelt.<br />

Auch hierfür streben die <strong>MTU</strong>-Entwicklungsingenieure<br />

eine innermotorische Lösung an.<br />

MEMO<br />

<strong>MTU</strong> Report 03/11 I 39


Energie<br />

Stromversorgung in Indonesien<br />

Die Welt<br />

im Dorf<br />

„Endlich fernsehen.“ Seit das Dorf Air Besar an das<br />

öffentliche Stromnetz angeschlossen ist, können die<br />

Kinder das machen, was für Millionen von Kindern<br />

normal ist: fernsehen.<br />

40 I <strong>MTU</strong> Report 03/11


238 Millionen Einwohner, die verteilt über 17.500 Inseln leben, mit<br />

Strom zu versorgen, ist eine Herausforderung. Die Regierung in<br />

Indonesien hat sich vorgenommen, diese zu lösen: Bis zum Jahr 2020<br />

sollen alle Haushalte des Landes an das Stromnetz angeschlossen<br />

sein. Aggregate mit <strong>MTU</strong>-Motoren versorgen zwei der entlegensten<br />

Regionen des Landes mit Energie. Das hat das Leben der Menschen<br />

dort grundlegend verändert.<br />

März 2011. In Japan bebt die Erde. Die Nachrichten sind voll davon. Menschen<br />

sind fassungslos. Yulianus hat davon nichts mitbekommen. Denn er<br />

hatte zu der Zeit noch keinen Strom. Yulianus lebt in Air Besar, einem kleinen<br />

Ort in West Papua in Indonesien. Die Gegend im Osten des Landes ist<br />

eine der einsamsten im Land. Keine große Flug linie fliegt den nahe gelegenen<br />

kleinen Flughafen in Fak Fak an. Stattdessen fliegt man erst nach<br />

Ambon auf die Insel Maluku und von dort aus mit einer Propellermaschine<br />

zwei Stunden weiter auf den Flughafen Torea nach Fak Fak. Dann geht<br />

es knapp eine Stunde auf Schotterstraßen und durch bergiges Gelände<br />

mit dem Auto weiter – ein wahrlich abenteuerlicher Trip. Doch Yulianus ist<br />

glücklich in Air Besar. Hier lebt der 30­Jährige mit seiner Frau und seinen<br />

fünf Kindern. Seine Hütte ist einfach: zwei kleine Räume, der Boden aus<br />

Holz. Im Wohnzimmer steht – auf einem kleinen Tisch mit einer auf fällig<br />

roten Decke – ein Fernseher. Den hat er erst seit einigen Monaten – sein<br />

ganzer Stolz.<br />

Strom hat das Leben verändert<br />

Seit April 2011 versorgen Stromaggregate mit <strong>MTU</strong>­Motoren das Dorf Air<br />

Besar mit Strom. Seitdem ist vieles anders. Der größte Unterschied zu vorher?<br />

Da muss Yulianus nicht lange nachdenken: „Es motiviert meine Kinder<br />

zum Lernen.“ Früher war die Zeit, in der sie lernen konnten, begrenzt. Um<br />

spätestens 19 Uhr wird es dunkel. Dann konnte er zwar noch seine mit Öl<br />

betriebene Laterne anzünden. Doch diese machte kaum genug Licht, um<br />

daneben zu lesen. Yulianus erzählt stolz, dass seine beiden ältesten Söhne<br />

in die High School gehen. Sie haben schon jetzt ein viel höheres Bildungsniveau<br />

als er selbst. „Ich bin nur ein paar Jahre zur Schule gegangen, dann<br />

musste ich meinen Eltern bei der Muskaternte helfen“, erzählt er. Stolz<br />

schaut er hinüber zu seinen Kindern. Sie sitzen vor dem Fernseher, dicht<br />

an dicht. Aufgeregt verfolgen sie ein Fußballspiel. Das sei auch neu, erzählt<br />

Yulianus. „Meine Jungs sind jetzt richtige Fußball­Fans geworden, sie haben<br />

sogar schon ein Trikot der indonesischen Nationalmannschaft.“ Ja, der<br />

Fernseher habe ihr Leben wirklich verändert.<br />

Vom Entwicklungsland zum neuen Star in Asien<br />

Yulianus’ Nachbar Yonas kann da nur zustimmen. Er ist Vorsitzender des<br />

Dorfrats und ein angesehener Gemeindevorsteher. Zwar hat er schon seit<br />

ein paar Jahren Strom und sich an das Leben mit einem Fernseher gewöhnt.<br />

Doch an die Zeit davor kann er sich noch gut erinnern: „Wir waren<br />

«Ohne Strom waren wir einfach isoliert<br />

und haben nicht mitbekommen, was auf<br />

der Welt passiert ist.» Yulianus, Dorfbewohner<br />

1 Yulianus lebt mit seiner Frau und seinen Kindern in Air Besar im<br />

indonesischen West Papua. Seit etwa einem Jahr ist er dank der<br />

Aggregate mit <strong>MTU</strong>-Motoren der Baureihe 1600 an das öffentliche<br />

Stromnetz angeschlossen.<br />

2 Sein Nachbar Yonas fühlt sich durch den Zugang zum Strom besser<br />

integriert und nicht mehr von der Welt isoliert.<br />

Kutacane<br />

Indischer<br />

Ozean<br />

Malaysia<br />

Brunei<br />

Malaysia<br />

Indonesien<br />

<strong>MTU</strong> Brown <strong>MTU</strong> Brown<br />

0-17-28-62 80% der Farbe 60% 40% 20%<br />

CMYK CMYK CMYK CMYK CMYK<br />

<strong>MTU</strong> Blue <strong>MTU</strong> Blue<br />

60% 40% 20%<br />

50-25-0-10 80% der Farbe<br />

CMYK CMYK CMYK<br />

CMYK CMYK<br />

Pazifischer<br />

Ozean<br />

Fak Fak<br />

Australien<br />

1<br />

2<br />

KARTE


Energie<br />

Bis zum Jahr 2020<br />

möchte die indonesische<br />

Regierung alle Haushalte<br />

des Landes an das<br />

öffentliche Stromnetz<br />

anschließen.<br />

Stromaggregate mit<br />

<strong>MTU</strong>-Motoren der Baureihe<br />

1600 liefern Strom<br />

in die entlegensten<br />

Gebiete des Landes.<br />

42 I <strong>MTU</strong> Report 03/11<br />

einfach isoliert und haben nicht mitbekommen, was auf der Welt passiert<br />

ist.“ Und das in einem Land, das sich in den vergangenen Jahren rasant<br />

entwickelt hat. Aus dem Entwicklungsland ist eine Nation mit einer schnell<br />

wachsenden Wirtschaft und einer immer größeren Mittelschicht geworden.<br />

Die Bevölkerungszahl ist auf fast 238 Millionen angestiegen. Wirtschaftsexperten<br />

erwarten, dass Indonesien nach China und Indien der nächste<br />

„Asian Star“ sein wird. Noch ist der Strombedarf im Land gering. Etwa 3.000<br />

Megawatt werden benötigt. Doch die Regierung rechnet damit, dass diese<br />

Zahl schon im Jahr 2025 auf 80.000 Megawatt steigen wird. Denn Indonesien<br />

ist groß. Das Land besteht aus über 17.500 Inseln. Doch während um<br />

die Hauptstadt Jakarta herum der Fortschritt schon heute an jeder Straßenecke<br />

sichtbar ist und der Stromverbrauch steigt, sind andere Gegenden<br />

immer noch sehr abgeschieden – und ohne Strom. Das soll sich ändern.<br />

Das staatliche Energieunternehmen Persusahaan Listrik Negara (PLN)<br />

möch te, dass schon im Jahr 2020 in ganz Indonesien Strom verfügbar ist –<br />

eine riesige Herausforderung.<br />

<strong>MTU</strong> verändert Leben<br />

Air Besar, die Heimat von Yulianus und Yonas, ist schon an das Stromnetz<br />

angeschlossen. Seit etwa einem Jahr laufen hier sieben Aggregate mit<br />

Zwölfzylinder­<strong>MTU</strong>­Motoren der Baureihe 1600. Sechs von ihnen liefern<br />

kontinuierlich 24 Stunden am Tag Strom, eins steht für Notfälle zur Verfügung.<br />

An den Nachmittagen, wenn der meiste Strom benötigt wird, liefern<br />

sie 2,4 Megawatt. Sie könnten noch viel mehr, doch noch wird in Fak Fak<br />

nur wenig Strom benötigt, da es kaum Industrie gibt. Der Strom erhellt bisher<br />

lediglich die kleinen Häuser im Dorf und lässt die Fernseher laufen.<br />

Sugiri, Leiter der PLN­Außenstelle in Fak Fak lobt die Benutzerfreundlichkeit<br />

und Kraftstoffeffizienz der Aggregate. Besonders wichtig sind ihm allerdings<br />

die Zuverlässigkeit und die langen Wartungsintervalle: „Ersatzteile bis<br />

hierher zu liefern, braucht oft bis zu drei Monate, da können wir uns keine<br />

Ausfälle leisten“, erläutert er und ergänzt, dass die Aggregate problemlos<br />

24 Stunden am Tag laufen. „Nur für den alle 500 Stunden notwendigen<br />

Ölwechsel müssen wir sie kurz abschalten“, erzählt er.<br />

Dabei waren nicht alle Bewohner der Umgebung gleich begeistert davon,<br />

als ihr Dorf an das elektrische Stromnetz angeschlossen wurde. Sugiri erzählt<br />

von den Vorbehalten, die viele Bürger zunächst hatten. „Die Dorfbewohner<br />

waren es gewohnt, im Dunkeln zu leben. Sie haben Holz zum<br />

Kochen und Öllampen für das Licht benutzt. Mit der Elektrizität hat sich das<br />

langsam geändert. Erst langsam haben sie erkannt, welche Möglichkeiten<br />

ihnen das bietet.“, sagt er. Heute sei das anders und 95 Prozent der<br />

76 Familien im Dorf Air Besar sind an das Stromnetz angeschlossen.<br />

Kiosk sichert Lebensunterhalt<br />

Anders ist dies im Dorf Kuning Dua im Archipel Kutacane auf der Insel<br />

Sumatra. Schwer zu erreichen ist das Dorf auch. Von der Hauptstadt<br />

Sumatras dauert die Fahrt sieben Stunden lang und wegen der vielen<br />

«Dank des Stroms kann ich meinen Kiosk auch dann geöffnet<br />

haben, wenn die Sonne untergegangen ist.» Lis, Dorfbewohnerin


Lis aus dem kleinen Dorf Kuning Dua<br />

in Sumatra verdient ihr Geld mit einem<br />

kleinen Kiosk. Dank der Stromaggregate<br />

kann sie ihn im Dunkeln mit<br />

Leuchtreklame bewerben und so ihre<br />

Einnahmen erhöhen.<br />

Lis’ Mann ist vor einigen Jahren gestorben und sie muss alleine für den Unterhalt ihrer Kinder aufkommen.<br />

<strong>MTU</strong> Report 03/11 I 43


Dank der Stromversorgung durch die Aggregate können die Kinder in den Dörfern Air Besar und Kuning Dua auch dann lernen, wenn es draußen dunkel ist.<br />

44 I <strong>MTU</strong> Report 03/11


scharfen Kurven ist sie nichts für sensible Mägen. Doch auch wenn das<br />

Dorf nicht viel größer ist als Air Besar, werden in Spitzenzeiten bis zu 8,5<br />

Megawatt Strom pro Stunde benötigt. Hier haben die Bewohner schon seit<br />

einigen Jahren Strom, den sie nicht mehr nur nutzen, um damit Lampen<br />

oder Fernseher zu betreiben. Hier betreiben die Bewohner kleine Geschäfte<br />

und verdienen damit ihren Lebensunterhalt. So auch Lis. Sie lebt in einem<br />

kleinen Holzhaus an der Hauptstraße, Palmenblätter decken das Dach. Seit<br />

ihr Mann vor einigen Jahren gestorben ist, muss sie ihre Kinder alleine ernähren.<br />

Dafür hat sie direkt neben ihrem Haus einen Kiosk eröffnet. Hier<br />

kocht sie für die Arbeiter in der Umgebung – das Geld, das sie damit verdient,<br />

spart sie für die Ausbildung ihrer Kinder. „Mit dem Strom kann ich<br />

Reiskocher benutzen und damit viel schneller kochen“, erzählt sie. Ein weiterer<br />

Vorteil des Stroms: „Ich kann auch dann, wenn die Sonne untergegangen<br />

ist, öffnen, ihn sogar mit Leuchtreklame bewerben. Und je länger mein<br />

Kiosk geöffnet ist, desto mehr kann ich für meine Kinder verdienen“, so<br />

die 40­Jährige. Doch es geht ihr nicht nur um die finanzielle Sicherheit, die<br />

ihr der Kiosk bietet. „Ich weiß nicht, was ich sonst den ganzen Tag machen<br />

würde“, sagt sie. Nur auf die Rückkehr ihrer Kinder aus der Schule zu warten,<br />

sei einfach zu wenig.<br />

Herizal Rusli, Leiter der PLN­Außenstelle in Kutacane, erläutert, wie man<br />

an hand des Strombedarfs den Entwicklungsstand der Bevölkerung messen<br />

kann. „Im Jahr 2003 haben wir maximal 2,5 Megawatt Strom benötigt,<br />

nun sind es oft schon 8,5“, sagt er. Ein Grund dafür seien auch die neuen<br />

Stromaggregate. Seit Anfang 2011 laufen sieben von ihnen in Sumatra. „Die<br />

Zwölfzylilnder­Motoren der <strong>MTU</strong>­Baureihe 1600 erfüllen unsere Anforderungen<br />

voll und ganz“, so Rusli. „Sie brauchen wenig Kraftstoff, verursachen<br />

geringe Wartungskosten und das Serviceteam ist immer verfügbar“,<br />

erklärt er.<br />

Näher an der Welt<br />

Zurück in Fak Fak. 3.200 Meilen und zwei Zeitzonen entfernt. Es ist Abend<br />

und Yulianus und Yonas gehen mit ihren Familien in der Stadt spazieren.<br />

Die Luft ist salzig, es riecht nach Meer. Straßenhändler verkaufen ihre<br />

Waren und laute Musik tönt durch die Gassen. Von weitem sehen die beiden<br />

Straßenlaternen. Die sind neu. Fak Fak ist modern geworden. In der<br />

Stadt, in der es bisher innerhalb von ein paar Minuten dunkle Nacht wurde,<br />

wie das in der Nähe des Äquators eben ist, sind die Tage jetzt länger.<br />

Jugendliche sitzen am Hafen, reden und spielen Gitarre – im Licht<br />

der Straßenlaterne. Die Elektrizität hat sie näher an die Welt herangeführt.<br />

Wenn heute etwas auf der Welt passiert, sind sie nicht mehr isoliert. Sie<br />

können in den Abendnachrichten im Fernseher sofort die Bilder sehen.<br />

Text: Lucie Dammann<br />

Bilder: ade adhar, Nurogo Teguh<br />

Ihre Fragen beantwortet:<br />

Chin Kheng Wah Allan<br />

allan.chin@tognum.com<br />

Tel. +65 6860­9931<br />

Energie<br />

«Die Motoren erfüllen unsere Anforderungen voll und ganz: Sie brauchen<br />

wenig Kraftstoff, verursachen nur geringe Wartungskosten und das<br />

Serviceteam ist immer verfügbar.» Herizal Rusli, Persusahaan Listrik Negara (PLN)<br />

Sieben Stromaggregate liefern im indonesischen Archipel Sumatra zu Höchstzeiten<br />

bis zu 8,5 Megawatt Strom.<br />

<strong>MTU</strong> Report 03/11 I 45


Energie<br />

Nachhaltiges Wohnen im Freiburger Stadtteil Vauban<br />

Quartier Idéal<br />

46 I <strong>MTU</strong> Report 03/11<br />

Das Vauban ist Freiburgs Öko-Vorzeige Stadtteil.<br />

Hier haben Bürger, Architekten und Baugemeinschaften<br />

in den vergangen 15 Jahren ihre Ideen<br />

zu einem umweltbewussteren und grüneren<br />

Leben verwirklicht. So haben sie einen Stadtteil<br />

geschaffen, der Neugierige, Journalisten und<br />

Fachleute aus der ganzen Welt anzieht. Seit<br />

April 2011 hat das Vauban ein neues nachhaltiges<br />

Highlight: ein Blockheizkraftwerk von<br />

<strong>MTU</strong> Onsite Energy.<br />

In dem Öko-Vorzeige-Viertel sieht kein Haus aus wie<br />

das andere. Nur eines haben alle gemeinsam: Sie verbrauchen<br />

nur sehr wenig Energie und Wärme.


England<br />

Frankreich<br />

1 „Wir machen uns die Welt, wie sie<br />

uns gefällt.“ Wie Pippi Langstrumpf<br />

denken viele Bewohner im Vauban.<br />

2 Das Vauban ist wie eine eigene Welt<br />

mitten in der Großstadt.<br />

Holland<br />

Belgien<br />

Deutschland<br />

1<br />

2<br />

KARTE<br />

Freiburg<br />

<strong>MTU</strong> Brown <strong>MTU</strong> Brown<br />

0-17-28-62 80% der Farbe 60%<br />

CMYK CMYK CMYK<br />

Schweiz Österreich<br />

Italien<br />

40% 20%<br />

CMYK CMYK<br />

<strong>MTU</strong> Blue <strong>MTU</strong> Blue<br />

60% 40% 20%<br />

50-25-0-10 80% der Farbe<br />

CMYK CMYK CMYK<br />

CMYK CMYK


Energie<br />

Früher lebte<br />

Elsa Gheziel-Neumann in<br />

einem Hochhaus in Paris,<br />

jetzt mit ihrem Mann<br />

und Sohn Xander im<br />

Vauban – weil es sich<br />

dort einfach besser lebt.


Andreas Delleske kennt das Vauban wie kein anderer:<br />

Seit 1999 lebt er im ersten Mehrfamilien-Passivhaus.<br />

„Ich bin nicht nach Freiburg gezogen, ich bin in das Vauban<br />

gezogen“, sagt Elsa Gheziel­Neumann. Sie spielt mit ihrem<br />

Sohn Xander auf dem Holzfußboden im Wohnzimmer. Es ist<br />

angenehm in ihrem Reihenhaus, nicht zu warm und nicht zu<br />

kalt. Der Blick aus der verglasten Südseite zeigt die fröhlich<br />

bunten Nachbarhäuser.<br />

«Ich bin nicht nach Freiburg gezogen,<br />

ich bin in das Vauban gezogen.»<br />

Elsa Gheziel-Neumann,<br />

Bewohnerin des Vauban<br />

Woher kommt der Name Vauban?<br />

Im Vauban leben viele junge Familien und Studenten. Der Altersdurchschnitt liegt<br />

bei knapp über 28 Jahren.<br />

Das Vauban ist ein Öko­Stadtteil. Aber woran erkennt man<br />

Öko? Im Vauban fallen zuerst die Bäume auf. Große alte Bäume,<br />

Kastanien und Ahorn – mitten im Neubaugebiet. Um sie herum<br />

stehen bunte Häuser. Keines gleicht dem anderen, weder farblich<br />

noch baulich. Hier ein Erker, da ein Balkon. Im Erdgeschoss<br />

Holzpaneelen, im ersten Stock schwarze Schieferplatten. Auf<br />

den ersten Blick wirkt das Vauban wie ein neues, modernes<br />

Wohngebiet. Das ist es auch. Erst auf den zweiten Blick entdeckt<br />

man die Kleinigkeiten, die aus dem Vauban ein Öko­<br />

Vorzeige­Wohngebiet machen. Elsa Gheziel­Neumann lebt in<br />

der Solarsiedlung. Die Häuser hier haben über die gesamte<br />

Dachfläche Photovoltaikanlagen und produzieren so mehr<br />

Strom, als sie tatsächlich benötigen. Die Wohnräume sind so<br />

ausgerichtet, dass sie die Sonne bestmöglich nutzen. Im Winter<br />

scheint sie herein und wärmt, im Sommer fängt das Dach die<br />

Strahlen ab und die Wohnräume bleiben kühl. „Im vergangenen<br />

Winter haben wir die Heizung vielleicht sieben oder acht Mal<br />

angestellt“, erzählt Elsa Gheziel­Neumann.<br />

Auch Andreas Delleske wohnt hier. Er kennt das Vauban wie<br />

kein anderer. Häufig führt er Besuchergruppen durch den<br />

Freiburger Ökostadtteil. Sie wollen sehen, wie man heute<br />

ökologisch baut und was man sonst noch der Umwelt zu<br />

liebe tun kann. Dafür reisen Besucher aus der ganzen Welt an.<br />

Das Gelände des Stadtteils Vauban war bis 1992 eine Kaserne. Nach dem zweiten Weltkrieg besetzten<br />

die Franzosen diese und nannten sie „Vauban-Kaserne“ – nach Sébastien Le Prestre de Vauban,<br />

einem französischen General und Festungsbaumeister. Der Name „Vauban“ blieb, als die Stadt das<br />

Areal für einen neuen Stadteil frei gab: das „Quartier Vauban“.<br />

MEMO<br />

„Besonders interessiert und lebhaft sind die Asiaten“, erzählt<br />

Andreas Delleske. Er kennt zwar nicht jeden der 5.300 Bewohner<br />

persönlich, aber zu jedem Haus kann er etwas erzählen.<br />

Und er weiß wovon er spricht, schließlich wohnt er selbst in so<br />

einem für das Vauban typischen Haus. Und als Energieberater<br />

ist er vom Fach.<br />

Blockheizkraftwerke als Energieversorger der Zukunft<br />

Die Stadt Freiburg hatte für das Vauban einen Energiestandard<br />

beschlossen, mit dem Neubauten mindestens Niedrigenergiestandard<br />

haben müssen und somit nur sehr wenig<br />

Heizenergie benötigen. Ein Teil der Häuser im Vauban sind<br />

sogar Passiv­ oder Plusenergiehäuser. Sie benötigen keine<br />

Energie oder erzeugen sogar mehr als sie verbrauchen. Allein<br />

durch die Bauweise aus Holz, die nach Süden ausgerichtete<br />

Hauptfassade, eine sehr gute Dämmung, die Lüftung mit<br />

Wärmerückgewinnung und dreifach verglaste Fenster erfüllen<br />

sie die Heizverbrauchsvorgaben von unter 15 Kilowattstunden<br />

pro Quadratmeter und Jahr. So ist auch das Haus gebaut,<br />

in dem Andreas Delleske lebt – ein Passiv­Mehrfamilienhaus.<br />

Wie viele Bewohner erzeugt er einen Teil des Stroms mit einer<br />

Solar­Stromanlage auf dem Dach. Der Großteil und zudem<br />

Wärme kommen aus dem Keller. Denn die Baugemeinschaft<br />

hat ein hauseigenes kleines Blockheizkraftwerk. „Kraft­Wärme­Kopplung<br />

ist für mich der größte Hammer, den wir noch<br />

in der Schublade haben“, findet der Energieplaner. Seiner<br />

Meinung nach dürften neue Mehrfamilien­Häuser ohne Blockheizkraftwerk­Anschluss<br />

gar nicht mehr gebaut werden. Ob<br />

nun mit einem eigenen kleinen Blockheizkraftwerk im Keller<br />

oder dem Anschluss an große Stadtteil­BHKWs. Etwa 1.700<br />

andere Haushalte im Vauban beziehen über eine 14 Kilometer<br />

lange Nahwärmeleitung Wärme aus dem Blockheizkraftwerk<br />

Vauban von <strong>MTU</strong> Onsite Energy.<br />

Ein ausgezeichnetes Blockheizkraftwerk<br />

Und das ist energietechnisch ein echtes Highlight. Es hat<br />

einen Gesamtnutzungsgrad von 96 Prozent – aber erst seit<br />

Anfang dieses Jahres. Ursprünglich hatte der regionale Energiedienstleister<br />

Badenova mit seiner Tochter Wärmeplus das<br />

Blockheizkraftwerk mit einer Hackschnitzelheizung und einer<br />

Dampfmotor­Generator­Kombination ausgestattet. „Dem<br />

Dampfmotor ist schon bald die Puste ausgegangen“, erzählt<br />

Projektleiter Klaus Schipek von Badenova Wärmeplus. 2010<br />

hatte das Unternehmen genug von dem reparaturanfälligen<br />

<strong>MTU</strong> Report 03/11 I 49


Dampfmotor und suchte nach einer anderen Lösung. Die<br />

war schnell gefunden: ein neues Energiekonzept mit einem<br />

effizienten Erdgas­Blockheizkraftwerk der Marke <strong>MTU</strong> Onsite<br />

Energy als Grundlage. Das neue Erdgas­Blockheizkraftwerk<br />

erzeugt mit einem 8­Zylin der­Motor der Baureihe 4000 etwa<br />

850 Kilo watt Strom und 1.150 Kilowatt Wärme. Mit 7.200<br />

Volllaststunden im Jahr deckt es die thermische Grundlast<br />

und über 50 Pro zent des jährlichen Wärmebedarfs. Bei hoher<br />

Nachfrage unterstützen die Hackschnitzelkessel sowie ein<br />

Gas­ und ein Öl­Spitzenlastkessel den Erdgas­Motor mit einer<br />

Leistung von je 2,5 Megawatt. Der erzeugte Strom aus dem<br />

Blockheizkraftwerk wird in das Netz von Badenova eingespeist<br />

und reicht aus, um alle Haushalte im Vauban ganzjährig zu versorgen.<br />

Den Gesamtnutzungsgrad von 96 Prozent schafft das<br />

Blockheizkraftwerk mit dem <strong>MTU</strong>­Leistungsträger und seinen<br />

drei Unterstützern in einem intelligenten Gesamtsystem. Mit<br />

der ausgeklügelten, mehrfachen Wärmeauskopplung überbietet<br />

es konventionelle Kraft­Wärme­Kopplungs­Anlagen. Zwei<br />

Abgaswärmetauscher kühlen die Motorabgase von rund 500<br />

Grad Celsius zweistufig auf 65 Grad Celsius herunter und<br />

heizen das Wasser so erst auf circa 67 Grad Celsius, dann auf<br />

90 Grad Celsius auf. Zusätzlich wird die Abwärme des Generators<br />

und des Motorblocks nicht einfach in die Umwelt geblasen,<br />

sondern über eine Wärmepumpe genutzt. So werden der<br />

Motorraum gekühlt und die Wärme dem Wärmenetz zugeführt.<br />

Damit der Motor auch bei niedrigem Wärmebedarf auf<br />

Volllast arbeiten kann, hat die Badenova einen 100.000 Liter<br />

Schichten­Wärmespeicher aufgestellt. Der nächste nachhaltige<br />

Schritt ist der Wechsel von Erdgas zu Bio­Erdgas, das<br />

Badenova den Kunden ebenfalls anbietet. Der <strong>MTU</strong>­Motor ist<br />

dazu schon bereit.<br />

Das BHKW mit seinen orangen Fensterrahmen steht am Rande<br />

des Vauban. Im Vorbeigehen zeigt Andreas Delleske wieder<br />

etwas Vauban­typisches, was man wohl nur hier an diesem<br />

Blockheizkraftwerk findet: einen Hühnerstall – direkt hinter<br />

dem BLockheizkraftwerk. „Ein Hahn und vier Hennen produzieren<br />

original Vauban­Eier, die sich jeder Bewoh ner für wenige<br />

Cent kaufen kann“, erzählt der Energieberater schmunzelnd.<br />

Ein grünes Viertel<br />

Andreas Delleske spricht ruhig, wie jemand der sich gut auskennt<br />

und sich seiner Sache sicher ist. Immer wieder winkt<br />

er jemandem zu oder grüßt. Man kennt sich. Dann weist er<br />

wieder auf etwas hin, das aus dem Stadtteil den Ökostadtteil<br />

macht. „Hier gibt nur wenige Spitzdächer“, sagt er und zeigt<br />

nach oben. „Fast alle Häuser haben Flach­ oder Pultdächer,<br />

viele davon sind begrünt.“ Bei genauem Hinschauen kann man<br />

Hinter dem Gebäude steht ein Hühnerstall, in dem Hennen Eier<br />

für die Vauban-Bewohner legen.<br />

50 I <strong>MTU</strong> Report 03/11<br />

einige Pflanzen erahnen. Das begrünte Dach fängt bis zu<br />

60 Pro zent des Niederschlags auf. Der Rest des Wassers verschwindet<br />

nicht einfach in der Kanalisation, sondern versickert<br />

in bestimmten Gräben oder wird in Zisternen gespeichert.<br />

So bleibt das Wasser im Viertel. Noch mehr Grün bieten die<br />

fünf grünen Zonen zwischen den Grundstücken. Die Anwohner<br />

haben sie selbst in Workshops gestaltet. „Es gibt einen<br />

Spielplatz für Kleinkinder, einen für größere Kinder“, erzählt<br />

Delleske – und einen Pizzaofen: „Auch Erwachsene finden ihr<br />

Plätzchen, zum Beispiel hier. Da kann man einmal im Monat<br />

Brot oder Pizza backen.“<br />

«Kraft­Wärme­Kopplung ist für mich der größte<br />

Hammer, den wir noch in der Schublade haben.»<br />

Beim Rundgang durch das Viertel geht Delleske auf der Straße.<br />

Es ist ruhig. Nicht mucksmäuschen still ist es, aber stiller als<br />

sonst in Großstädten. Kinder spielen draußen und ab und zu<br />

rauscht die Straßenbahn vorbei. Einen Gehsteig gibt es nicht.<br />

„Wozu auch?“ fragt Delles ke. Und wieder fällt eine Besonderheit<br />

erst auf den zweiten Blick auf. Ein großer Teil des Vauban<br />

ist autofrei oder verkehrsberuhigt. Bewohner fahren nur zum<br />

Ein­ und Ausladen zu ihrem Haus. Ansonsten steht das Auto<br />

in einer der Parkgaragen am Rand des Viertels. „Hier braucht<br />

man kein Auto. Ich habe nicht einmal einen Führer schein“,<br />

ergänzt Delleske. Er und Elsa Gheziel­Neumann nutzen Einkaufsmöglichkeiten<br />

direkt im Viertel. Für alles andere außerhalb<br />

des Viertels fahren Straßenbahn oder Busse regelmäßig.<br />

Elsa Gheziel­Neumann und Andreas Delleske fühlen sich wohl<br />

im Vauban. Die Diplom­Geografin und der Energieplaner leben<br />

mit ihren Familien in modernen, nachhaltigen Wohnungen.<br />

Außerdem spürt man, dass im Vauban alle an einem ökologischen<br />

Strang ziehen – um möglichst nachhaltig zu leben.<br />

„Nicht jeder soll so leben wie wir; nur der, der kann und will“,<br />

bestätigt Delleske. Dafür müsse man nicht gleich in ein Passivhaus<br />

umziehen. Es genüge, bei sich selbst anzufangen und<br />

aktiv zu werden, mit stromsparenden Geräten, öffentlichem<br />

Nahverkehr oder dem Fahrrad.<br />

Text: Katrin Beck<br />

Bilder: Robert Hack<br />

Ihre Fragen beantwortet:<br />

Peter Grüner, peter.gruener@mtu­online.com<br />

Tel. +49 6134 564­860<br />

Der <strong>MTU</strong>-Motor vom Typ 8V 4000 ist das Herzstück des BHKWs und<br />

versorgt das Quartier Vauban ganzjährig mit Strom und Wärme.<br />

Andreas Delleske,<br />

Energieplaner


„Kraft-Wärme-Kopplung ist<br />

die Energie der Zukunft“<br />

Freiburg hat 2010 den Titel „Bundeshauptstadt im Klimaschutz“ verliehen<br />

bekommen. Das Projekt Greencity Freiburg vermarktet geschickt alles, was<br />

mit Klimaschutz in Freiburg zu tun hat. Darin ist das Quartier Vauban nur ein<br />

Projekt, mit dem die Stadt im Breisgau auf sich aufmerksam macht. Klaus<br />

Hoppe ist Leiter der Energiefachstelle des Umweltschutzamtes in Freiburg. An<br />

ihm kommt kein Bauprojekt vorbei, ohne auf Energieeinsparung und Energieeffizienz<br />

geprüft zu werden.<br />

Herr Hoppe, ist das Vauban ein Ausnahmefall, mit dem sich die Stadt<br />

schmückt oder ist das die Zukunft?<br />

Hoppe: In der Summe der Maßnahmen ist das Vauban sicherlich etwas Besonderes,<br />

was neben der städtischen Initiative auch an den Bewohnern und<br />

ihren Einstellungen liegt. Die Entwicklung des Gebietes ist ja gerade mit deren<br />

Beteiligung genau so entstanden. Rein energetisch ist es ein Vorbildstadtteil.<br />

Für unsere neuen Baugebiete nutzen wir die Erfahrungen, die wir im Vauban<br />

gemacht haben.<br />

Welche Rolle spielen für Sie BHKWs bei der Energieplanung?<br />

Hoppe: Zur Zeit haben wir in Freiburg circa 180 BHKWs – Tendenz steigend.<br />

Die Kraft­Wärme­Kopplung ist für mich eine der Energien der Zukunft –<br />

mindes tens für die nächsten 15­20 Jahre. Aber man muss im Einzelfall prüfen,<br />

wo BHKWs Sinn machen und wie sie finanziert werden können. Die besten<br />

Chancen sehe ich in Verbindung mit dem Gebäudebestand.<br />

Regeneratives Bauen kostet. Wie schaffen Sie es, dass die Bürger an<br />

einem Strang ziehen?<br />

Hoppe: Da ist zum einen die Mentalität der Menschen in der Region. Sie<br />

haben schon in den 1970er­Jahren, noch vor der eigentlichen Ökobewegung,<br />

gegen ein geplantes Atomkraftwerk demonstriert. Viele engagieren sich auch<br />

aktiv für Energiepolitik­ und Klimaschutz. Dass die Stadt von einem grünen<br />

Bürgermeister regiert wird, ist sicher ein Beispiel dieser speziellen Situation in<br />

Freiburg. Es ist sogar so, dass wir immer wieder „motiviert“ werden, aktiv zu<br />

bleiben. Manchen ist das, was wir tun, noch nicht genug. Und dann haben wir<br />

hier auch noch das Know­how durch das Ökoinstitut und das Fraunhoferinstitut<br />

für solare Energiesysteme.<br />

Wo sehen Sie Freiburg in 20 Jahren?<br />

Hoppe: Freiburg soll den Weg, den es eingeschlagen hat, weiter gehen – ambitioniert,<br />

aber nicht dogmatisch. Ich wünsche mir, dass wir uns intensiver engagieren<br />

im Energie­ als auch im Verkehrsbereich und die Erneuerbaren Energien<br />

einsetzen wo immer dies sinnvoll ist.<br />

Energie<br />

Klaus Hoppe ist ein<br />

Freiburger Energiefachmann.<br />

Er überprüft die<br />

Energieeffizienz von<br />

Bauprojekten in der<br />

Stadt.<br />

Mehr dazu...<br />

...weitere Impressionen aus<br />

dem Vauban<br />

Wie funktioniert‘s – siehe Seite 3<br />

oder unter http://bit.ly/o3EFh8<br />

ONLINE


Bahn<br />

52 I <strong>MTU</strong> Report 03/11<br />

Europas größter Rangierbahnhof<br />

Bergtour


Über einen fünf Meter<br />

hohen Ablaufberg rollen<br />

die Wagen auf das Richtungsgleis.<br />

Maschen ist eigentlich ein recht<br />

unbekanntes Dorf. Kaum einer<br />

verläuft sich in diesen kleinen,<br />

10.000 Einwohner großen Vorort<br />

von Hamburg. Doch es gibt nur<br />

wenige Güterzugwagen in Europa,<br />

die nicht schon in Maschen<br />

waren. Denn hier befindet sich<br />

der größte Rangierbahnhof Europas.<br />

3.500 bis 4.000 Wagen rollen<br />

hier täglich ein, werden zu neuen<br />

Zügen zusammengesetzt und<br />

verlassen den Bahnhof wieder.<br />

Was macht ein Bergmeister im<br />

nord deutschen Flachland – ausgerechnet<br />

dort, wo die Einheimischen<br />

schon von Bergen sprechen,<br />

wenn sie den Deich oder eine Autobahnbrücke<br />

meinen? Die Antwort:<br />

Er wacht über einen Berg.<br />

Peter Bagdahn ist so ein Bergmeister.<br />

Der Berg, über den er wacht, ist<br />

der Abdrückberg am Rangierbahnhof<br />

Maschen. Dieser ist zwar nur<br />

fünf Meter hoch, das ist selbst für<br />

norddeutsche Verhältnisse ein Hügel.<br />

Doch dafür hat der Berg eine<br />

ganz entscheidende Aufgabe: Über<br />

ihn rollen alle Züge, die von Süden<br />

in den Bahnhof einfahren. Vor dem<br />

Berg werden die einzelnen Wagen<br />

im so genannten Einfahrgleis getrennt<br />

und über den Berg rollen sie<br />

Am Rangierbahnhof in Maschen<br />

werden Güterzüge, die aus unterschiedlichen<br />

Richtungen kommen,<br />

neu zusammengesetzt.<br />

dann in ein Richtungsgleis, in dem<br />

sie zu neuen Zügen zusammengesetzt<br />

werden. Peter Bagdahn beobachtet<br />

gemeinsam mit seinem<br />

Kollegen, ob die Wagen in die richtigen<br />

Gleise rollen. Dazu sitzt er<br />

weit oben über dem Bahnhof in<br />

einem Raum mit riesigen Panoramafenstern.<br />

Doch sein Blick schweift<br />

nur selten über den Bahnhof. Die<br />

meiste Zeit schaut er auf seinen<br />

Bildschirm. Da sieht er genau, welche<br />

Wagen in welches Gleis einlaufen<br />

müssen. Die Weichen sind<br />

schon elektrisch gestellt, als Bergmeister<br />

muss er nur kontrollieren,<br />

ob die Züge auch wirklich in das<br />

richtige Gleis einlaufen.<br />

Züge aus ganz Europa<br />

Bevor die Wagen nach Maschen<br />

kommen, haben sie schon einen<br />

weiten Weg hinter sich. Die meisten<br />

kommen direkt vom Hamburger<br />

Hafen, wo die Container vom Schiff<br />

auf den Zug geladen wurden. 120<br />

Güterzüge fahren von dort täglich<br />

nach Maschen. Wenn der weltweite<br />

Handel weiter wächst, könnten<br />

es im Jahr 2020 doppelt so viele<br />

sein. Aber auch aus anderen Teilen<br />

Deutschlands, sogar aus ganz Europa,<br />

rollen Güterzüge in Maschen<br />

ein. Allerdings sind die einzelnen<br />

Wagen noch nicht so zusammengesetzt,<br />

wie sie es sein müssten.<br />

Noch ist ein Wagen, der nach München<br />

muss, hinter einem Wagen gespannt,<br />

in dem sich Güter auf den<br />

Weg nach Paris oder Rom machen<br />

Alle Abläufe am Bahnhof<br />

sind elektronisch gesteuert.<br />

Bergmeister Peter<br />

Bagdahn kontrolliert<br />

lediglich, ob die Wagen<br />

in die richtigen Richtungsgleise<br />

rollen.<br />

Holland<br />

Belgien<br />

Maschen<br />

Hamburg<br />

Deutschland<br />

Italien<br />

KARTE<br />

Polen<br />

<strong>MTU</strong> Brown <strong>MTU</strong> Brown<br />

0-17-28-62 80% der Farbe 60% 40% 20%<br />

CMYK CMYK CMYK CMYK CMYK<br />

Tschechien<br />

<strong>MTU</strong> Blue <strong>MTU</strong> Blue<br />

60% 40% 20%<br />

50-25-0-10 80% der Farbe<br />

CMYK CMYK CMYK<br />

CMYK CMYK<br />

Österreich<br />

<strong>MTU</strong> Report 03/11 I 53


54 I <strong>MTU</strong> Report 03/11


Mit 88 Gleisen ist der<br />

Rangierbahnhof in<br />

Maschen (südlich von<br />

Hamburg) der größte<br />

seiner Art in Europa und<br />

der zweitgrößte weltweit.<br />

Nur der Rangierbahnhof<br />

Bailey Yard im US-Bundesstaat<br />

Nebraska ist<br />

größer.<br />

Bahn<br />

sollen. In Maschen werden alle<br />

Wagen, die das gleiche Ziel haben,<br />

hinter die selbe Lok gespannt.<br />

Weiterfahrt nach Fahrplan<br />

Schon nachdem ein Zug seinen<br />

Startbahnhof verlässt, wissen die<br />

Mitarbeiter in Maschen genau, wann<br />

er ankommen wird, wie viele Wagen<br />

er hat, was diese geladen haben<br />

und wie schwer diese sind. Das ist<br />

wichtig für die Planung der neu zusammengesetzten<br />

Züge, denn ein<br />

Zug darf nicht länger als 700 Meter<br />

oder – je nach Strecke – schwerer<br />

als 1.600 Tonnen sein. Kommt der<br />

Zug in Maschen an, wird er erst einmal<br />

auf dem Einfahrgleis geparkt.<br />

Dort ist die Stunde der Löser gekommen.<br />

Rund 30 von ihnen sind in<br />

Maschen im Einsatz – rund um die<br />

Uhr im Schichtbetrieb. Nach einer<br />

Zerlegeliste, in der genau steht,<br />

welcher Wagen seine Reise auf welchem<br />

Gleis fortsetzen wird, trennen<br />

sie die einzelnen Wagen voneinander<br />

und lösen die Bremsen. Wagen<br />

2, beladen mit Getreide, soll<br />

auf das Richtungsgleis 43 in Richtung<br />

Prag rollen. Die Wagen 3 bis<br />

6 sind mit Holz beladen und sollen<br />

ihre Reise auf dem Gleis Nummer<br />

50 weiterführen. Hier steht schon<br />

die Lok und wartet, bis alle Wagen<br />

angekommen sind, um sie weiter<br />

nach München zu ziehen. „Auch<br />

im Güterverkehr gibt es einen genauen<br />

Fahrplan, wann welcher Zug<br />

unseren Bahnhof verlässt und wann<br />

er am Zielbahnhof ankommt“, erzählt<br />

Burkhard Nielsen. Er ist Leiter<br />

der Umlaufplanung und koordiniert<br />

den Einsatz der 35 Rangierloks am<br />

<strong>MTU</strong> Report 03/11 I 55


1 Wolfgang Paul ist Lokführer. Den Klang seines <strong>MTU</strong>-Motors kennt er gut.<br />

2 Täglich fährt er bis zu 20 Züge über den Ablaufberg.<br />

56 I <strong>MTU</strong> Report 03/11<br />

Burkhard Nielsen koordiniert<br />

den Einsatz der 35<br />

Rangierloks am Rangierbahnhof<br />

in Maschen.<br />

1<br />

2<br />

Bahnhof in Maschen – ein „alter<br />

Bahner“. Wenn er über das Bahnhofsgelände<br />

läuft, schallt es überall<br />

fröhlich „Moin“.<br />

„Den Klang kenn ich gut.“<br />

Fröhlich begrüßt er auch Lokführer<br />

Wolfgang Paul. Der sitzt im Führerstand<br />

einer roten Rangierlokomotive<br />

der Baureihe 296, die die vom<br />

Löser entkuppelten Wagen den<br />

berühmten fünf Meter hohen Ablaufberg<br />

hinaufschiebt. Scheinbar<br />

unbeteiligt beo bachtet er, wie die<br />

Lok die lange Schlange der Wagen<br />

vor sich herschiebt. Das Ende<br />

der Schlange kann er kaum sehen,<br />

so lang ist sie. Die Lok fährt, ohne<br />

dass Wolfgang Paul einen Hebel<br />

bedient. Sie ist ferngesteuert und<br />

der Lokführer muss nur dann eingreifen,<br />

wenn etwas schief läuft.<br />

Ist das nicht langweilig? Wolfgang<br />

Paul nickt und gibt zu: „Manchmal<br />

schon.“ Doch für Abwechslung<br />

sorgt Bergmeister Peter Bagdahn.<br />

Über Funk ist Wolfgang Paul mit ihm<br />

verbunden. „Es kann losgehen“, rattert<br />

es aus dem Funkgerät und der<br />

Lokführer bereitet sich auf den Start<br />

vor. Der Motor schnurrt. Schon am<br />

Klang erkennt er, dass der Motor<br />

von <strong>MTU</strong> kommt. „Den Klang kenn<br />

ich gut“, sagt er und lacht schelmisch.<br />

Mit 2,2 bis 2,9 Metern pro<br />

Sekunde schiebt die Lok die Wagen<br />

den fünf Meter hohen Abdrückberg<br />

hinauf. Dann ist der große Moment<br />

für die Wagen bekommen: Einzeln<br />

und ohne Bremse rollen sie den<br />

Berg hinunter, hinein in ein scheinbares<br />

Wirrwar aus Gleisen. Das<br />

wirkt bedrohlich und irgendwie unkontrolliert.<br />

Doch scheinbar wie von<br />

Zauberhand rollen die Wagen durch<br />

zahlreiche elektrisch gesteuerte<br />

Mehr dazu...<br />

...in einem Video erklären Lokführer<br />

und Bergmeister die Arbeit am Bahnhof.<br />

Wie funktioniert‘s – siehe Seite 3 oder unter<br />

http://bit.ly/rlNiJQ<br />

Weichen hindurch und finden den<br />

Weg in das richtige der 88 Gleise.<br />

Wagen für Wagen rauscht den Berg<br />

hinunter durch das Gleis­Gewirr.<br />

Die Geschwindigkeit der Wagen<br />

wird elektronisch überwacht. Ist ein<br />

Wagen zu schnell, greifen die Zangen<br />

der Gleisbremsen an die Räder<br />

der Wagen und bremsen ihn ab. So<br />

kommt er genau in der richtigen Geschwindigkeit<br />

in seinem neuen Gleis<br />

an und trifft dort auf seine neuen<br />

Weggefährten, mit denen er die Reise<br />

zusammen fortsetzt.<br />

Jetzt kommt der Kuppler ins Spiel.<br />

Er kuppelt die Wagen der neu gebildeten<br />

Züge zusammen und schließt<br />

die Bremse – alles manuell, denn<br />

ein einheitliches System, nachdem<br />

alle Wagen in Europa zusammengekuppelt<br />

werden, gibt es nicht.<br />

Nachdem der Wagenmeister die<br />

Funktion der Bremse und die korrekte<br />

Sicherung der Ladung kontrolliert<br />

hat, verlassen die Wagen<br />

in neuer Zusammensetzung den<br />

Bahnhof in Maschen wieder. Zurück<br />

bleibt Bergmeister Peter Bagdahn<br />

hoch oben über dem Bahnhof. Auf<br />

seinem Monitor sieht er schon, wie<br />

sich Lokführer Wolfgang Paul im<br />

nächsten Zug dem Bahnhof nähert.<br />

Den Monitor braucht er dazu eigentlich<br />

nicht, denn richtige Berge, die<br />

ihm die Sicht versperren könnten,<br />

gibt es im norddeutschen Flachland<br />

nicht.<br />

Text: Lucie Dammann<br />

Bilder: Robert Hack<br />

Ihre Fragen beantwortet:<br />

Klaus Peiler<br />

klaus.peiler@mtu­online.com<br />

Tel. +49 7541 90­7044<br />

ONLINE


Auf sie freuen sich die Lokführer in Maschen besonders:<br />

die Lokomotive Gravita von Voith, bei der Bahn unter der<br />

Baureihe 261 geführt.<br />

Der neue Star<br />

Sie ist der neue Star in Maschen: die Rangierlokomotive Gravita von Voith, bei der<br />

Deutschen Bahn unter der Baureihenbezeichnung 261 geführt. 15 Loks werden bereits<br />

im Norden Deutschlands für den Rangier-und leichten Streckenbetrieb eingesetzt, fünf<br />

davon in Maschen – bisher jedoch erst für den Streckenbetrieb. Rangieren kann die<br />

Lok in Maschen noch nicht, da hier noch die dazu notwendige Fernsteuerung fehlt.<br />

Doch die Vorfreude der Lokführer, diese Lok bald einzusetzen, ist groß. „Ich bin seit<br />

30 Jahren Lokführer. Das ist die erste neue Rangierlok, die wir in dieser Zeit bekommen“,<br />

sagt Jens Wulff mit leuchtenden Augen. Als einer der ersten bei der Bahn ist er<br />

schon im Sommer 2010 die neue Lok gefahren. Wenn er sonst über seine Arbeit<br />

spricht, wirkt er wenig enthusiastisch, eher norddeutsch zurückhaltend. Als Lokführer<br />

müsse man Einzelgänger sein, sagt er zum Beispiel, wenn er von seiner Arbeit erzählt.<br />

Doch wenn er über die neue Lok spricht, dann beginnen seine Augen zu strahlen.<br />

„Das ist so, als ob man von einem VW Käfer in einen modernen Golf umsteigt“, vergleicht<br />

er die bisherigen Rangierloks mit dieser neuen. „Die alte ist ja mein Vater<br />

schon gefahren, als er noch Lokführer war.“<br />

Und tatsächlich: Die Gravita fällt auf. Nicht nur, dass sie in einem strahlenden<br />

Rot leuchtet und schräge Linien der Lok ein frisches, modernes Design geben. Hydrodynamische<br />

Scheibenbremsen ermöglichen zudem ein verschleißfreies Bremsen. Das<br />

große Plus für die Lokführer ist der geräumige Führerstand mit Sitzplätzen in jede<br />

Richtung. So kann der Lokführer bequem an seinem Schaltpult sitzen, egal in welche<br />

Richtung er die Lok fährt. Doch eins ist gleich: Die „alte“ wie auch die „neue“ wird von<br />

einem <strong>MTU</strong>-Motor der Baureihe 4000 angetrieben. Der hat 1.000 Kilowatt Leistung<br />

und treibt die Lok zu einer Höchstgeschwindigkeit von 100 Stundenkilometern an. Die<br />

Lok ist zudem mit einem Dieselpartikelfilter ausgestattet. Für Lokführer Wulff besonders<br />

entscheidend: „Der Motor ist noch viel leiser als sein Vorgänger und damit macht<br />

es einfach viel mehr Spaß, die Gravita zu fahren.“<br />

MEMO<br />

Bahn<br />

Jens Wulff war im vergangenen Sommer einer der ersten Lokführer bei der<br />

Deutschen Bahn, der die Lok gefahren hat. Er hält den geräumigen Führerstand<br />

mit Schaltplätzen in jede Richtung für das größte Plus. Der <strong>MTU</strong>-Motor, der die<br />

Lok mit 1.000 Kilowatt Leistung antreibt, sei noch viel leiser als die Motoren<br />

älterer Lokomotiven. „Es macht einfach Spaß, diese Lok zu fahren“, sagt er.<br />

<strong>MTU</strong> Report 03/11 I 57


Technologie<br />

Technik kurz erklärt<br />

Aufgeschlüsselt<br />

Wie funktioniert die Abgasrückführung? Was ist<br />

die Aufgabe eines SCR­Katalysators und warum<br />

ist die Aufladung so wichtig, um Motoren<br />

zu entwickeln, die möglichst wenig Schadstoffe<br />

emittieren? Die Entwicklung von Motoren wird<br />

mit jedem Jahr und mit jeder neuen Anforderung<br />

komplexer. Reichte es bis vor einigen Jahren<br />

noch aus, Motoren zu bauen, die möglichst<br />

wenig Kraftstoff verbrauchen und trotzdem leistungsfähig<br />

sind, so ist in den letzten Jahren eine<br />

dritte Komponente hinzugekommen: der Ausstoß<br />

von Schadstoffen. Hersteller von Motoren<br />

setzen immer neue Technologien ein, um diesen<br />

Ausstoß möglichst gering zu halten. Wie die ein­<br />

58 I <strong>MTU</strong> Report 03/11<br />

4 5<br />

zelnen Technologien funktionieren, wird jetzt in<br />

technischen Artikeln auf der <strong>MTU</strong>­Website erklärt.<br />

In den neuen Infomaterialien stellen Experten<br />

aus verschiedenen <strong>MTU</strong>­Abteilungen mit<br />

leicht verständlichen Texten und anschaulichen<br />

Grafiken die Schlüsseltechnologien der Motorenentwicklung<br />

dar. Die Artikel beschreiben zudem,<br />

wie diese zusammenwirken und dadurch<br />

künftige Motorgenerationen noch sauberer und<br />

sparsamer werden. „Mit den Artikeln wollen<br />

wir Kunden ansprechen, die keine Motorexperten<br />

sind und sich trotzdem für die technischen<br />

Zusammenhänge interessieren“, erklärt Tognum­<br />

Fachpressesprecher Mirko Gutemann.<br />

1 2<br />

1 Turboauflader verdichten die Luft, so dass mehr<br />

Luft in den Brennraum gelangt.<br />

2 Mit der Common-Rail-Einspritzung lässt sich die<br />

Verbrennung so verbessern, dass weniger Schadstoffe<br />

bei geringerem Kraftstoffverbrauch entstehen.<br />

3 Um den Ausstoß von Stickoxiden zu verringern,<br />

wird ein Teil der Abgase gekühlt und wieder der<br />

Ladeluft beigemischt.<br />

4 Dieselpartikelfilter säubern das Abgas des<br />

Dieselfilters.<br />

5 Im SCR-Katalysator werden die schädlichen Stickoxiden<br />

im Abgas in einer chemischen Reaktion in<br />

Wasser und Stickstoff umgewandelt.<br />

Die technischen Artikel<br />

zum Download<br />

Wie funktioniert‘s – siehe Seite 3<br />

oder unter http://bit.ly/s6gJr7<br />

3<br />

ONLINE


<strong>Apropos</strong> ... … Hightech in der<br />

Landwirtschaft<br />

Mehr über die Entwicklungen in der Landwirtschaft auf den Seiten 4 bis 13.<br />

Impressum<br />

<strong>MTU</strong> Report Magazin der Marken <strong>MTU</strong> und <strong>MTU</strong> Onsite Energy HERAUSGEBER Tognum AG; für den Herausgeber: Wolfgang<br />

Boller REDAKTIONSLEITUNG Lucie Dammann, e­mail: lucie.dammann@tognum.com, Tel. +49 7541 90­2974 REDAKTION<br />

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7541 90­7743; Wolfgang Stolba, e­mail: wolfgang.stolba@tognum.com, Tel. +49 7541 90­3703; Bryan Mangum, e­mail: bryan.man­<br />

gum@tognum.com, Tel. +1 313 592­5753 WEITERE AUTOREN Katrin Hanger, Jenifer Riley, Helen Ye Shuqin ANSCHRIFT DER<br />

REDAKTION Tognum AG, Maybachplatz 1, 88045 Friedrichshafen GESTALTUNG UND HERSTELLUNG designmanufaktur|ries,<br />

88214 Ravensburg LEKTORAT Sigrid Hartmann, 88697 Bermatingen LITHOGRAPHIE wagner ...digitale medien, 88690<br />

Uhldin gen­Mühlhofen DRUCK EBERL PRINT GmbH, Immenstadt im Allgäu ISSN­Nr 09 42­82 59, Nachdruck mit Quellenangabe<br />

erlaubt. INTERNET ADRESSE http://www.mtu­online.com<br />

Der <strong>MTU</strong> Report steht für Sie kostenfrei zum Download bereit: www.mtu-online.com, Rubrik „Über <strong>MTU</strong>“/„<strong>MTU</strong> Report“.<br />

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<strong>MTU</strong> Report 03/11 I 59


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