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A tognum gRouP BRAnD<br />
<strong>MTU</strong>report<br />
Das Magazin der Marken <strong>MTU</strong> und <strong>MTU</strong> Onsite Energy I Ausgabe 03 I 2011 I www.mtu-online.com<br />
„Landwirtschaft ist Hightech“<br />
Cathrina ClaasMühlhäuser im Interview<br />
Acker-Fiction<br />
Schräges Design für schwere Landfahrzeuge<br />
Einer für alle<br />
Einzylinderprüfstände in der Motorenentwicklung
2 I <strong>MTU</strong> Report 03/11<br />
Editorial<br />
Joachim Coers, Vorsitzender des<br />
Vorstands der Tognum AG sowie<br />
Vorsitzender der Geschäftsführung<br />
der <strong>MTU</strong> Friedrichshafen GmbH<br />
Liebe Leserinnen und Leser,<br />
am 1. Oktober habe ich den Vorstandsvorsitz von Tognum übernommen und freue mich,<br />
Sie als Leser des <strong>MTU</strong> Report an dieser Stelle persönlich anzusprechen. Mit einem Wechsel<br />
in der Chefetage sind naturgemäß Fragen verbunden – vor allem, wenn das Unternehmen<br />
parallel dazu neue Eigentümer bekommt: Was bleibt, was wird anders? Ich versichere<br />
Ihnen: Kontinuität ist mir wichtig. Ich möchte den Wachstumskurs der letzten Jahre fortsetzen.<br />
Denn als stellvertretender Vorstandsvorsitzender habe ich mit Volker Heuer zusammen<br />
die Strategie entwickelt: Wir wollen auch in Zukunft als bevorzugter Partner die<br />
besten Lösungen anbieten. Das gilt nach wie vor – uneingeschränkt. Unsere Antriebssysteme<br />
und Energieanlagen sollen auch zukünftig im Markt Standards setzen.<br />
Genauso liegt es mir am Herzen, unsere Kunden noch besser kennen zu lernen und zugleich<br />
zu erfahren, wie sie unsere Antriebs und Energieanlagen einsetzen. Meine erste<br />
Woche als CEO habe ich daher in den USA verbracht. In Mankato haben wir wie jedes<br />
Jahr unser „OnsiteEnergyOktoberfest“ gefeiert. Diese Gelegenheit habe ich genutzt, um<br />
möglichst viele Kunden und Distributoren persönlich zu treffen. Mir war es wichtig, ihnen<br />
zu zuhören und herauszufinden, was ihre Bedürfnisse sind. Auf diesen Austausch werden<br />
meine Kollegen und ich auch in Zukunft großen Wert legen.<br />
Dies gilt selbstverständlich auch bei der Entwicklung unserer Motoren. Wir arbeiten hart,<br />
um Ihnen stets die besten Lösungen in den Bereichen Antrieb und Energie zu bieten.<br />
Dass diese Arbeit erfolgreich ist, zeigen die Motoren, die wir in diesem Jahr auf der weltweit<br />
größten Landtechnikmesse Agritechnica vorstellen. Um die ab dem Jahr 2014 geltenden<br />
Emissionsgrenzwerte einzuhalten, benötigen sie lediglich einen SCRKatalysator.<br />
Den Einsatz eines Dieselpartikelfilters ersparen wir unseren Kunden. Die Motoren werden<br />
Mähdrescher genauso antreiben können wie kleinere Bergbaufahrzeuge oder Bagger.<br />
Diese vielen verschiedenen Einsatzfelder unserer Motoren faszinieren mich immer wieder<br />
aufs Neue. In dieser Ausgabe des <strong>MTU</strong> Report lesen Sie, wie unsere Antriebssysteme die<br />
spektakulärsten Megayachten antreiben, die Hauptrolle auf Europas größtem Rangierbahnhof<br />
spielen und unsere Motoren in Stromaggregaten die entlegensten Gegenden in Indonesien<br />
zuverlässig mit Strom versorgen. Spannend! In diesem Sinne – entdecken auch<br />
Sie die Welt unserer vielfältigen Antriebs und Energielösungen. Ich wünsche Ihnen viel<br />
Vergnügen bei der Lektüre dieses <strong>MTU</strong> Report!<br />
Ihr Joachim Coers
02 Editorial<br />
C&I<br />
04 „Landwirtschaft ist Hightech“<br />
ClaasAufsichtsratschefin und Enkelin<br />
des Firmengründers spricht über Mähdrescher,<br />
Veränderungen in der Landwirtschaft<br />
und <strong>MTU</strong>Motoren.<br />
10 Acker-Fiction<br />
Sind Mähdrescher wie aus dem Science<br />
FictionRoman die Zukunft? Designer<br />
Dominic Schindler glaubt fest daran.<br />
14 Nachrichten<br />
Technologie<br />
18 Einer für alle<br />
Auf Einzylinderprüfständen wird der<br />
Verbrennungsprozess von Dieselmotoren<br />
untersucht.<br />
Marine<br />
22 Rendezvous der Megayachten<br />
Das Fürstentum Monaco ist nicht nur<br />
Treffpunkt der Schönen und Reichen,<br />
sondern auch Schauplatz einer Yachtmesse<br />
der Superlative.<br />
30 Tiefenspannung<br />
Weiterentwickelte Ladeaggregate<br />
helfen dabei, dass UBoote bald noch<br />
länger abtauchen können.<br />
4<br />
Marine<br />
34 Sound of Silence<br />
Mit sauberen und geräuscharmen<br />
Motoren erscheint die Natur des<br />
PrinzWilliamSunds in Alaska noch<br />
beeindruckender.<br />
After Sales<br />
36 Man lebt nur zweimal<br />
Grunderneuerte Motoren bewähren sich<br />
im harten Einsatz bei der Öl und Gasförderung<br />
in FracingTrucks.<br />
Energie<br />
40 Die Welt im Dorf<br />
Stromaggregate mit <strong>MTU</strong>Motoren rücken<br />
die Menschen in den entlegensten Gebieten<br />
Indonesiens näher an die Welt heran.<br />
46 Quartier Idéal<br />
Im Freiburger Vorzeigestadtteil Vauban<br />
leben die Menschen ökologisch und nachhaltig.<br />
Ein Blockheizkraftwerk von <strong>MTU</strong><br />
Onsite Energy trägt dazu bei.<br />
Bahn<br />
52 Bergtour<br />
4.000 Wagen rollen in 24 Stunden über<br />
einen fünf Meter hohen Berg. Europas<br />
größter Rangierbahnhof ist faszinierend.<br />
Technologie<br />
58 Aufgeschlüsselt<br />
<strong>MTU</strong>Experten erklären mit technischen<br />
Artikeln Schlüsseltechnologien der<br />
Motorenentwicklung.<br />
59 <strong>Apropos</strong><br />
10<br />
18<br />
22<br />
46<br />
Mehr dazu...<br />
Inhalt<br />
Ein Thema interessiert Sie besonders und<br />
Sie suchen mehr Informationen? Dann<br />
nutzen Sie die schwarzweißen Codes am<br />
Ende einiger Artikel. Hinter diesen stecken<br />
entweder eine Website mit mehr Informationen,<br />
Bilder oder ein Video. Um die Codes<br />
lesen zu können, benötigen Sie lediglich<br />
ein Javafähiges KameraHandy mit Internetzugang<br />
und eine ReaderSoftware auf<br />
dem Handy. Diese ist je nach Handymodell<br />
unterschiedlich und kostenlos im Internet<br />
erhältlich.<br />
So funktioniert’s:<br />
1 Fotografieren Sie den Code mit Ihrem<br />
Smartphone ab.<br />
2 Die ReaderSoftware entschlüsselt die im<br />
Code enthaltenen Informationen. Sobald<br />
die Applikation das Bild erkannt hat, wird<br />
der Inhalt (Video, Website, Bilder) direkt auf<br />
Ihrem Smartphone angezeigt.<br />
<strong>MTU</strong> Report 02/11 I 3<br />
1<br />
2
C&I<br />
Cathrina ClaasMühlhäuser über neuste Entwicklungen in der Landwirtschaft<br />
„Landwirtschaft<br />
ist Hightech“<br />
Die Landwirtschaft ist im Wandel – ein paar Zahlen verdeutlichen<br />
das: Zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren fast zwei<br />
Drittel der Deutschen Landwirte. Heute sind es nur noch drei<br />
Prozent. Auch in den USA sank die Zahl von der Hälfte der<br />
Bevölkerung im Jahr 1920 auf heute gut ein Prozent. Dafür<br />
verdreifachte sich dort die Durchschnittsgröße der Farmen<br />
von 1935 bis 1985.<br />
Die Mechanisierung veränderte die Landwirtschaft: Große<br />
Felder eignen sich besser für Maschinen, also wurden kleine<br />
Felder zusammengelegt. Große Betriebe konnten sich die<br />
Maschinen eher leisten, kleine Betriebe verschwanden: Nicht<br />
mehr Pferde oder später kleinere Traktoren prägen die Landwirtschaft<br />
heute, sondern riesige Erntemaschinen. Mähdrescher<br />
sind groß wie Einfamilienhäuser und können in einer<br />
Stunde so viel Getreide mähen, dass man damit Brot und Brötchen<br />
für eine ganze Großstadt backen könnte. Eine Erntemaschine<br />
für Zuckerrüben erntet diese nicht nur, sondern reinigt<br />
sie noch auf dem Feld und lädt sie zum Abtransport in das bereitstehende<br />
Fahrzeug. Motoren von <strong>MTU</strong> sorgen dafür, dass<br />
diese Fahrzeuge zuverlässig angetrieben werden. Ihre Leistung<br />
ist seit vielen Jahren bekannt und bewährt. Gesunken ist aber<br />
der Kraftstoffverbrauch und die Schadstoffe, die die Motoren<br />
ausstoßen.<br />
Im Interview erläutert Cathrina ClaasMühlhäuser, was sie an<br />
Mähdreschern fasziniert, wie Claas auf die Veränderungen<br />
in der Landwirtschaft reagiert und was sie an <strong>MTU</strong>Motoren<br />
schätzt. Sie ist nicht nur die Enkelin des ClaasFirmengründers<br />
August Claas, sondern seit einem Jahr auch Aufsichtsratschefin<br />
des weltweit viertgrößten Herstellers von Land und<br />
Erntemaschinen.<br />
4 I <strong>MTU</strong> Report 03/11<br />
Claas baut in der Hauptsache Erntemaschinen<br />
und Traktoren. Haben Sie ein Lieblingsfahrzeug?<br />
Das Haus meiner Eltern steht ja auf dem Fabrikgelände<br />
am Stammsitz von Claas in Harsewinkel.<br />
Dort bin ich inmitten von Mähdreschern aufgewachsen.<br />
Damit ist diese Frage sicher beantwortet.<br />
Was fasziniert Sie daran?<br />
Ein Mähdrescher ist eine Fabrik auf Rädern.<br />
Unser Topmodell drischt in einer guten halben<br />
Stunde genug Weizen, um eine Stadt wie Frankfurt<br />
einen Tag lang mit Brot und Brötchen zu<br />
versorgen. Das ist schon faszinierend.<br />
Ihr Großvater ist der Gründer ihres Unternehmens,<br />
ihr Vater folgte ihm, jetzt sitzen<br />
Sie an der Spitze des Aufsichtsrats. Hatten Sie<br />
überhaupt eine Wahl, ob Sie diesen Weg<br />
wirklich gehen möchten?<br />
Ganz klar ja. Mein Vater hat mich gefragt, aber<br />
nie Druck ausgeübt. Die Verantwortung für 9.000<br />
Mitarbeiter kann man auch nur übernehmen,<br />
wenn man sich selbst dafür entscheidet und<br />
Spaß an dieser Arbeit hat.<br />
Wir wissen, dass Sie das FrauenThema langweilt.<br />
Daher nur zwei Fragen, dann haben wir<br />
es hinter uns. Wie fühlen Sie sich als Frau in<br />
einem Unternehmen, dessen Produkte eigentlich<br />
nur Männer so richtig spannend finden?<br />
Eine Arbeit gut zu machen, hat mit einer guten<br />
Ausbildung, Kompetenz, Erfahrung und der Bereitschaft<br />
zur Übernahme von Verantwortung zu
Mit Mähdreschern aufgewachsen und<br />
seit einem Jahr Chefin im Claas-Aufsichtsrat:<br />
Cathrina Claas-Mühlhäuser<br />
spricht im Interview über ihre Rolle im<br />
Unternehmen.<br />
Cathrina Claas-Mühlhäuser<br />
Cathrina ClaasMühlhäuser ist das<br />
einzige Kind von Helmut Claas, 85.<br />
Sie wird 1975 in Harsewinkel geboren.<br />
Nach einer Ausbildung zur Industriekauffrau<br />
studiert sie in St. Gallen<br />
(Schweiz) Betriebswirtschaft und absolviert<br />
ein TraineeProgramm bei ABB.<br />
Mit 25 Jahren erhält sie bei Claas einen<br />
Sitz im Aufsichtsrat und Gesellschafterausschuss,<br />
dem wichtigsten Gremium<br />
des Familienkonzerns. Drei Jahre<br />
später, im Jahr 2004, rückt sie auf zur<br />
Stellvertreterin ihres Vaters. Im Jahr<br />
2010 übernahm sie von ihm den Chefsessel<br />
im Aufsichtsrat.<br />
<strong>MTU</strong> Report 03/11 I 5<br />
MEMO
C&I<br />
«Wir werden immer schlagkräftigere, intelligentere<br />
und vernetzt agierende Maschinen sehen.»<br />
Cathrina Claas-Mühlhäuser<br />
„Eine Fabrik auf Rädern“ nennt Cathrina Claas-Mühlhäuser einen Mähdrescher. In einer halben Stunde drischt er so viel<br />
Weizen, dass man damit so viel Brot backen könnte, dass alle Bewohner einer Großstadt davon satt werden.<br />
6 I <strong>MTU</strong> Report 03/11
„Viele Frauen finden Landmaschinen toll“, sagt Cathrina Claas-Mühlhäuser. Eine Arbeit gut zu machen, hat ihrer<br />
Meinung nach nichts mit dem Geschlecht, sondern mit einer guten Ausbildung, Kompetenz, Erfahrung und der<br />
Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung zu tun.<br />
tun. Das ist nicht an ein Geschlecht gebunden.<br />
Außerdem finden auch sehr viele Frauen Landmaschinen<br />
toll.<br />
Ihr Image – frisch, fröhlich, weiblich – ist in<br />
der Branche sicherlich ungewöhnlich. Haben<br />
Sie da nicht oft Sorge, dass dieses Image<br />
kippt und es plötzlich heißt: zu jung, zu naiv,<br />
zu weiblich?<br />
Nein, das war nie der Fall.<br />
Sie haben nicht den klassischen Weg – von<br />
unten nach oben – gewählt, sondern sind<br />
gleich im Aufsichtsrat von Claas eingestiegen.<br />
Ein Posten, den sonst nur Leute bekommen,<br />
die sich viele Jahre lang in der Wirtschaft<br />
bewährt haben. Was qualifiziert Sie dafür?<br />
Wenn man so will bin ich ja seit über 30 Jahren<br />
bei Claas, einfach weil ich mit dem Unternehmen<br />
aufgewachsen bin. Unternehmerisches Denken<br />
und Handeln habe ich von meinem Vater gelernt,<br />
der mich immer gefördert und gefordert hat.<br />
Welche Märkte sind für Claas in Zukunft<br />
besonders interessant?<br />
Neben unseren angestammten Märkten rückt<br />
Asien immer mehr in den Fokus. Wir sind seit<br />
vielen Jahren in Indien mit eigener Produktion<br />
vertreten.<br />
Ihre Fahrzeuge sind in vielen Ländern dieser<br />
Welt im Einsatz, überall gibt es sicherlich<br />
unterschiedliche Einsatzprofile. Wie stellen<br />
Sie sich darauf ein?<br />
Wir bauen Maschinen für Profis. Dabei umfasst<br />
das jeweilige Produktportfolio bei Mähdreschern,<br />
Häckslern, Traktoren, Pressen und Futtererntemaschinen<br />
immer die Kundenanforderungen, die<br />
bei kleinen bäuerlichen Betrieben anfangen und<br />
bei Großbetrieben, die ganze Flotten unterhalten,<br />
enden. Bei Traktoren zum Beispiel reicht die Leistungspalette<br />
von 70 bis 526 PS.<br />
Die Landwirtschaft ist im Wandel: Wir kennen<br />
als Kinder noch die vielen, kleinen Bauernhöfe,<br />
auf denen die Kühe auf der Wiese<br />
grasten und der Bauer abends die Milch verkaufte.<br />
Heute gibt es weniger Bauernhöfe und<br />
diese sind große Agrarbetriebe. Wie haben Sie<br />
bei Claas auf diese Veränderungen reagiert?<br />
Wir leben ja mit unseren Kunden und entwickeln<br />
unsere Maschinen für sie. Dabei geht es weniger<br />
um das Reagieren als um das Antizipieren von<br />
maßgeblichen Trends und die Entwicklung von<br />
Lösungen für aktuelle und künftige Szenarien.<br />
Das ist bisher gelungen und wird sicher auch in<br />
Zukunft funktionieren.<br />
Was sind die Anforderungen, die Ihre Kunden<br />
an Sie stellen?<br />
Unsere Kunden wollen Lösungen für die<br />
Aufgaben, denen sie sich stellen. Dabei geht es<br />
immer mehr um komplette Prozessketten und<br />
weniger um die Leistungsfähigkeit einzelner<br />
Maschinen. Deshalb nehmen die Themen Elektronik<br />
und Vernetzung immer mehr Raum ein.<br />
Welche Rolle spielt Hightech in der Landwirtschaft?<br />
Professionell betriebene Landwirtschaft ist heute<br />
<strong>MTU</strong> Report 03/11 I 7
C&I «Der Motor treibt alle Aggregate des Mähdreschers<br />
an. Deshalb ist er natürlich schon<br />
bei der Konstruktion ein Kernelement.»<br />
Hightech. Die Ressource Land ist nicht vermehrbar.<br />
Da immer mehr Menschen ernährt werden<br />
müssen, muss Landwirtschaft maximale Erträge<br />
bringen und das nachhaltig. Das funktioniert<br />
nur mit modernen wissenschaftlichen und technischen<br />
Methoden.<br />
Auf welche Innovationen müssen wir uns in<br />
den nächsten Jahren gefasst machen?<br />
Wir werden immer schlagkräftigere, intelligentere<br />
und vernetzt agierende Maschinen sehen. Größer<br />
werden die meisten Maschinen kaum, weil gerade<br />
im Bereich der Selbstfahrer dann die Straßenzulassung<br />
nicht mehr gewährleistet wäre.<br />
Und welche Rolle spielt das Design Ihrer<br />
Fahrzeuge? Ein Designer aus Österreich hat<br />
Vorschläge gemacht, wie Mähdrescher in<br />
Zukunft aussehen könnten. Sie sehen eher<br />
aus wie Raumschiffe als konventionelle Erntemaschinen.<br />
Könnten Sie sich solch ein Design<br />
vorstellen?<br />
Design heißt ja nicht, ein Objekt „schön“ zu<br />
machen, sondern Form und Funktion zusammenzubringen.<br />
Deshalb ist Design für uns sehr wichtig,<br />
denn Claas Maschinen zeichnen sich auch<br />
durch großen Bedienkomfort und sehr gute Funktionalität<br />
aus.<br />
Wie wichtig ist der Motor bei der Konstruktion<br />
von schweren Landmaschinen?<br />
Da sind Mähdrescher ein gutes Beispiel: Diese<br />
Maschinen sind nur wenige Wochen pro Jahr<br />
im Einsatz, das heißt sie müssen sich in diesen<br />
kurzen Erntephasen als extrem zuverlässig,<br />
robust und leistungsstark erweisen. Längere<br />
Standzeiten mitten in der Ernte sind nicht akzeptabel.<br />
Der Motor treibt alle Aggregate des Mähdreschers<br />
an. Deshalb ist er natürlich schon bei<br />
der Konstruktion ein Kernelement.<br />
Ist es Ihren Kunden wichtig, welcher Motor<br />
das Fahrzeug antreibt?<br />
Ja, die Kunden wollen natürlich wissen, welche<br />
Komponenten wir verbauen. Mit Claas Power<br />
Systems, kurz CPS, integrieren wir komplette<br />
Antriebsstränge einschließlich Motoren in unseren<br />
Maschinen. Da ist es wichtig, namhafte<br />
Partner wie <strong>MTU</strong> zu haben.<br />
8 I <strong>MTU</strong> Report 03/11<br />
Cathrina Claas-Mühlhäuser<br />
Was schätzen Sie an <strong>MTU</strong>Motoren?<br />
Im Grunde genommen habe ich die wichtigsten<br />
Kriterien schon genannt. Sehr wichtig sind natürlich<br />
auch Wirtschaftlichkeit und ein guter Service<br />
sowie eine schnelle und zuverlässige Ersatzteilversorgung.<br />
Da spielt <strong>MTU</strong> in der ersten Liga.<br />
Künftig werden Motoren von <strong>MTU</strong> im unteren<br />
Leistungsbereich nicht mehr MercedesBenz<br />
heißen, sondern <strong>MTU</strong>. Sie beruhen aber weiter<br />
auf DaimlerTechnologien. Wie wichtig ist<br />
dies Ihren Kunden?<br />
Beide Namen haben einen guten Klang. Das ist<br />
dann eher eine Frage der entsprechenden Kommunikation.<br />
Was sind die Herausforderungen bei der<br />
Integration künftiger Antriebsanlagen, die die<br />
Emissionsgrenzwerte der Behörden erfüllen,<br />
dafür aber eine SCRAnlage benötigen?<br />
Es sind sicher technische Herausforderungen zu<br />
bewältigen, denn die Abgasreinigungsanlagen<br />
brauchen Platz, das heißt hier sind konstruktive<br />
Anpassungen vorzunehmen. Hinzu kommt die<br />
Frage nach den Kosten, denn Abgasreinigungssysteme<br />
kosten Geld.<br />
Nicht nur die Motoren, sondern auch die<br />
Fahrzeuge insgesamt werden immer komplexer<br />
werden. Wie reagieren Sie darauf, um<br />
ihren Kunden den bestmöglichen Service zu<br />
bieten?<br />
Wir haben ja die aktuellen Entwicklungen mit<br />
vorangetrieben. Natürlich haben wir unsere Service<br />
und Logistiksysteme und netzwerke permanent<br />
angepasst. Gerade bei Erntemaschinen<br />
ist schneller und zuverlässiger Service neben der<br />
Qualität der Maschinen das wichtigste Argument<br />
für eine Kaufentscheidung. Auf diesem Sektor<br />
sind wir gut aufgestellt und wir arbeiten immer<br />
daran, noch besser zu werden.<br />
Interview: Lucie Dammann<br />
Bilder: Claas, Tognum-Konzernarchiv<br />
Ihre Fragen beantwortet:<br />
Frank Bühl<br />
frank.buehl@mtuonline.com<br />
Tel. +49 7541 908742
Neue Motoren für Hightech-Fahrzeuge<br />
Auf der weltweit größten Landtechnikmesse<br />
Agritechnica hat <strong>MTU</strong> die neuen Agrarmotoren<br />
vorgestellt, die die ab dem Jahr 2014 geltenden<br />
Emissionsrichtlinien der EUStufe IV und US<br />
Stufe EPA Tier 4 final erfüllen. Die neu entwickel<br />
ten Motoren der Baureihen 1000, 1100,<br />
1300 und 1500 benötigen ausschließlich eine<br />
SCRAbgasnachbehandlung, um die Emissionsgrenzwerte<br />
einzuhalten. Ein Dieselpartikelfilter<br />
ist nicht erforderlich. Die Motoren decken den<br />
Leistungsbereich unter 560 Kilowatt ab. Für<br />
Leistungen bis 730 Kilowatt werden ab 2014<br />
die Agrarmotoren der Baureihe 1600 eingeführt.<br />
Sie benötigen weder ein SCRSystem noch<br />
einen Dieselpartikelfilter. „Wir sind stolz, unseren<br />
Kunden auch in Zukunft für alle landwirtschaftlichen<br />
Anwendungen Motoren ohne Dieselpartikelfilter<br />
anbieten zu können. Sie sind<br />
sauberer als je zuvor und verbrauchen sogar<br />
noch weniger Kraftstoff als die heutigen Motoren“,<br />
so Technikvorstand Dr. Ulrich Dohle.<br />
Mit Leistungen von 100 bis 460 Kilowatt führt<br />
<strong>MTU</strong> ab 2014 die neuen Motoren der Baureihen<br />
1000, 1100, 1300 und 1500 ein. Diese Motoren<br />
sind speziell für OffHighwayAnwendungen im<br />
Bau, Industrie und Agrarbereich entwickelt<br />
worden und basieren auf DaimlerTechnologie.<br />
Die extrem niedrigen Stickoxid und Partikelgrenzwerte<br />
der EUStufe IV und EPA Tier 4 final<br />
werden sie mit einer SCRAbgasnachbehandlung<br />
erfüllen. Bereits im Jahr 2010 hat <strong>MTU</strong> als<br />
einer der ersten Motorenhersteller die gesamte<br />
Motorfamilie seiner Industriemotoren für die<br />
ab dem Jahr 2014 geltenden Emissionsstufen<br />
im Leistungsbereich unter 560 Kilowatt präsentiert.<br />
Verglichen mit den Antrieben für die<br />
EUStufe IIIB bzw. für EPA Tier 4 interim profitieren<br />
die Endkunden von einem bis zu fünf Prozent<br />
geringeren Kraftstoffverbrauch, einer bis<br />
zu 20 Prozent verlängerten Lebensdauer, einem<br />
höheren Drehmoment bei niedrigen Motordrehzahlen,<br />
einer leistungsstärkeren Motorbremse<br />
sowie einer schnellen und einfachen Wartung.<br />
Ab dem Jahr 2014 erweitern die Motoren<br />
der Baureihe 1600 das Programm bis auf<br />
730 Kilowatt. Diese OffHighwayMotoren können<br />
in Anwendungen, wie Feldhäckslern oder<br />
anderen landwirtschaftlichen Fahrzeugen und<br />
Geräten mit hohem Leistungsbedarf zum Einsatz<br />
kommen. Sie erfüllen die USamerikanischen<br />
Abgasnormen der Stufe EPA Tier 4 final<br />
innermotorisch mit Abgasrückführung sowie<br />
mit einem Dieseloxidationskatalysator. Um den<br />
Kraftstoffverbrauch zu minimieren, hat <strong>MTU</strong> besonderes<br />
Augenmerk auf die Optimierung des<br />
Verbrennungsprozesses gelegt. Insgesamt profitiert<br />
der Kunde von einem integrierten System<br />
mit niedrigen Umrüstungs und Betriebskosten.<br />
Der Sechszylinder-Reihenmotor der Baureihe 1100<br />
wird mit einer Leistung von 280 bis 320 Kilowatt<br />
erhältlich sein.<br />
Bis zu 460 Kilowatt Leistung haben die Motoren der<br />
Baureihe 1500.<br />
Im Leistungsbereich von 100 bis 260 Kilowatt stehen<br />
ab dem Jahr 2014 Motoren der Baureihe 1000<br />
zur Verfügung.<br />
Die Motoren der Baureihe 1300 werden 340 bis 380<br />
Kilowatt Leistung haben.<br />
Im Jahr 2014 werden die Motoren der Baureihe<br />
1600 auch für landwirtschaftliche Anwendungen<br />
erhältlich sein. Mit zehn oder zwölf Zylindern<br />
erzeugen sie bis zu 730 Kilowatt Leistung.<br />
<strong>MTU</strong> Report 03/11 I 9<br />
MEMO
10 I <strong>MTU</strong> Report 03/11<br />
Dominic Schindler ist<br />
Designer. Sein Ziel: Nutzfahrzeugen<br />
ein neues<br />
Outfit zu verpassen.
Produktdesign in der Investitionsgüterindustrie<br />
Acker-Fiction<br />
Vom „Hirngespinst“ zum Serienprodukt: Dominic Schindler zeichnet zunächst kreative<br />
Entwürfe, um auf deren Grundlage das Design des Produktes zu entwickeln.<br />
Mähdrescher wie aus dem Science-Fiction-<br />
Roman und Muldenkipper, die auf einmal<br />
gar nicht mehr wie Ungetüme wirken. Das<br />
ist Dominic Schindlers Welt. Der Österreicher<br />
gestaltet Investitionsgüter. Dabei geht<br />
es ihm nicht nur ums Design. Funktionalität<br />
ist ihm genauso wichtig.<br />
Warum sieht ein Mähdrescher so aus wie er<br />
aussieht? Groß, eckig – ein riesiger Kasten, der<br />
vorne eine längliche Spindel und hinten eine eher<br />
unauffällige Öffnung hat. Kein Kandidat für einen<br />
Schönheitswettbewerb. Aber er fährt und mäht<br />
zuverlässig, und darauf kommt es schließlich an.<br />
„Nein“, sagt Dominic Schindler. Während er das<br />
sagt, wirkt er geradezu entrüstet. Als hätte man<br />
ihm gerade vorgeschlagen, statt seiner blauen<br />
Jeans mit giftgrünem Gürtel einen schwarzen<br />
Anzug mit Schlips zu tragen. Dominic Schindler<br />
ist Produktdesigner und Geschäftsführer der<br />
österreichischen Agentur Dominic Schindler<br />
Creations. Mit seinem Team hat er es sich zum<br />
Ziel gemacht, Industriegütern ein neues Outfit zu<br />
verpassen. Er ist überzeugt davon: Ein Produkt –<br />
sei es ein Handy, ein Navigationssystem oder ein<br />
Mähdrescher – muss nicht nur funktionieren, es<br />
muss auch gut aussehen.<br />
Raumschiff auf dem Getreidefeld<br />
Deswegen hat er mit seinem Team Vorschläge gemacht,<br />
wie man Mähdrescher designen könnte:<br />
Riesige Ketten ersetzen die eher schmächtig aussehenden<br />
Räder. Durch die großen Fenster in der<br />
Fahrerkabine wirkt der Fahrer wie der Star dieses<br />
ungewöhnlichen Gefährts. Gerade Linien gibt<br />
es kaum noch, alles wirkt rund und bunt. Raumschiff<br />
Enterprise auf dem Getreidefeld! Fehlt nur<br />
noch, dass Captain Kirk gleich aussteigt und über<br />
den Acker läuft. Dieses Gefährt soll mähen können?<br />
„Ja“, sagt Dominic Schindler. Er ist sicher,<br />
dass es diesen Mähdrescher irgendwann geben<br />
wird. Denn der sehe nicht nur besser aus als bisherige<br />
Mähdrescher. Der Designer hält ihn auch<br />
für besser. Der Kettenantrieb verteilt das Gewicht<br />
des Mähdreschers auf eine größere Fläche. Damit<br />
wird der Boden nicht so sehr verdichtet und<br />
das Fahrzeug kann zudem besser auf sandigem<br />
Grund fahren. Dominik Schindler zweifelt auch<br />
Bewährtes an: Die Lenkung ist nicht wie bisher<br />
üblich im Heck; lenkbare Vorderachsen verhelfen<br />
dem ScienceFictionDrescher dagegen zu einem<br />
kleineren Wendekreis und sorgen auf der Straße<br />
für verbesserte Lenkeigenschaften. Durch die riesiegen<br />
Fenster in der Kabine hat der Fahrer einen<br />
viel besseren Blick.<br />
Patentsammler<br />
„Uns geht es zwar in erster Linie darum, das Design<br />
eines Fahrzeugs zu verbessern. Doch dabei<br />
haben wir immer auch die Funktion im Auge“, so<br />
der Designer. Designer möchte er eigentlich ungern<br />
genannt werden. „Wir machen mehr als nur<br />
Design“, bekräftigt er. Stolz erzählt er davon, im<br />
vergangenen Jahr mit seiner Agentur über ein<br />
Dutzend Patente bekommen zu haben – keine<br />
Designpatente, sondern Funktionspatente.<br />
Teams mit verschiedenen Experten<br />
Ja, Schindler ist ein Querdenker. Einer, den man<br />
auf den ersten Blick leicht unterschätzen könnte.<br />
Mit Jeans, einem quietschgrünen Gürtel und seinen<br />
bunten Schuhen könnte er auch als Student<br />
oder Lebenskünstler durchgehen. Doch hinter<br />
dem kreativen Kopf steckt mehr. Nach dem De<br />
signStudium an der bekannten Parsons School<br />
of Design in New York und Paris hat Dominic<br />
Schindler an der Harward Business School Wirtschaft<br />
studiert. „Schön ist ja immer subjektiv, daher<br />
will ich meine Produkte nicht allein nach ihrer<br />
Optik bewerten“, sagt er. „Wenn ich ein Produkt<br />
designt habe, muss es danach auch besser sein<br />
als davor“, schiebt er nach. 20 Leute beschäftigt<br />
der 30Jährige mittlerweile in seiner Agentur.<br />
Viele sind Designer – teilweise mit einem sehr<br />
künstlerischen Hintergrund, andere sind eher die<br />
Techniker – aber auch Psychologen und Anthropologen<br />
sind dabei. Je nach Projekt setzt er seine<br />
Teams mit verschiedenen Experten zusammen.<br />
Vom Hirngespinst zum Serienprodukt<br />
Wenn die loslegen, dann dürfen sie extrem kreativ<br />
sein. „In der ersten Phase eines Projektes<br />
zeichnen wir ein Hirngespinst“, sagt Schindler,<br />
lacht dabei verschmitzt und zeigt zwei Beispiele:<br />
ein Cabriolet mit transparenter Motorhaube und<br />
England<br />
Belgien<br />
Frankreich<br />
Holland<br />
Deutschland<br />
KARTE<br />
Bregenz<br />
<strong>MTU</strong> Brown <strong>MTU</strong> Brown<br />
0-17-28-62 80% der Farbe 60%<br />
CMYK CMYK CMYK<br />
Schweiz Österreich<br />
Italien<br />
C&I<br />
40% 20%<br />
CMYK CMYK<br />
<strong>MTU</strong> Blue <strong>MTU</strong> Blue<br />
60% 40% 20%<br />
50-25-0-10 80% der Farbe<br />
CMYK CMYK CMYK<br />
CMYK CMYK<br />
<strong>MTU</strong> Report 03/11 I 11
C&I<br />
Auch von Muldenkippern, Capriolets<br />
und Motoren hat Dominic Schindler<br />
schon Entwürfe gezeichnet.<br />
mit überdimensionierten Reifen sowie einen Muldenkipper<br />
mit riesigen Lufteinlassern und in die<br />
Verkleidung integrierten Nebelscheinwerfern.<br />
„Wir wissen auch, dass das so nie gebaut wird.<br />
Aber so können wir die Richtung bestimmen, in<br />
die es gehen soll“, erklärt er. Dann beginnt die<br />
„Knochenarbeit“, wie Schindler die zweite Phase<br />
nennt. Hier sitzt er mit Entwicklern und Konstrukteuren<br />
der Kunden an einem Tisch, um das neue<br />
Design den technischen Erfordernissen anzupassen.<br />
Auf der einen Seite die kreativen Künstler<br />
mit vielen verrückten Ideen im Kopf. Auf der anderen<br />
Seite die Konstrukteure – Realisten – die<br />
sich nur von harten Zahlen überzeugen lassen.<br />
Man kann sich nur zu gut vorstellen, wie diese<br />
Runden aussehen. „Die Gespräche sind nicht<br />
immer leicht, aber wir profitieren voneinander –<br />
wirklich.“ Schindler glaubt, dass er die Konstrukteure<br />
mit seinen verrückten Ideen oft weiterbringt<br />
und motiviert, in ein Gebiet vorzudringen, das sie<br />
bisher kaum interessiert hat. Selber ist er aber<br />
auch auf deren Wissen angewiesen. „Wir wollen<br />
am Ende über unsere romantische Designwelt<br />
ein Produkt mit einer hochwertigen Ausstrahlung<br />
schaffen, das auch noch besser ist als bisher“,<br />
fasst er zusammen. Das Produkt muss nicht unbedingt<br />
teurer sein als zuvor. „Oft schaffen wir es<br />
sogar, durch den Einsatz neuer Materialien, die<br />
Produktionskosten zu senken“, erzählt er und widerspricht<br />
damit dem Vorurteil, dass gut aussehende<br />
Produkte meistens teurer sind als andere.<br />
Investitionsgüter als Nische für Designer<br />
Warum gerade Mähdrescher? Hat er als Desig<br />
ner nicht den Traum, Produkte zu entwerfen, die<br />
mehr Leute interessieren. Handys, Uhren, Autos?<br />
„Nein“, sagt er und lacht. Dominic Schindler sucht<br />
12 I <strong>MTU</strong> Report 03/11<br />
«Wir wollen über unsere romantische Designwelt ein Produkt<br />
mit einer hochwertigen Ausstrahlung schaffen, das auch noch<br />
besser ist als bisher.» Dominic Schindler, Designer<br />
die Herausforderung. Kein Wunder, könnte man<br />
sagen – bei der Familie. Sein Urgroßvater war<br />
der Erfinder der ersten vollelektrischen Küche<br />
der Welt, sein Großvater entwickelte den Sonnenschutz<br />
„Piz Buin“. Einfach nur ein Designer<br />
unter vielen anderen zu sein, das wäre nichts gewesen<br />
für den Österreicher. Dominic Schindler<br />
suchte die Nische – und fand sie in der Investitionsgüterindustrie.<br />
Hier könne er noch viel bewegen,<br />
war er sich sicher, als er vor fünf Jahren die<br />
ersten Aufträge annahm. Riesige Werkzeugmaschinen<br />
hat er schon gestaltet und eine Tablettenpressmaschine.<br />
Seine Fahrzeugideen fahren<br />
bisher noch nicht auf der Straße. „Doch das wird<br />
sich ändern“, sagt er mit solch einer Selbstverständlichkeit,<br />
dass man es einfach glauben muss.<br />
Bei einer Umfrage auf der weltweit größten Maschinenbaumesse<br />
„Emo“ sei herausgekommen,<br />
dass 80 Prozent der Konsumenten sich bei ihrer<br />
Kaufentscheidung vom Design beeinflussen lassen.<br />
„Die tun das bewusst, die anderen 20 Prozent<br />
unbewusst“, erklärt er.<br />
Automobilhersteller Vorreiter<br />
Vorreiter sei die Automobilindustrie. „Da hat vor<br />
20 Jahren auch kaum noch einer an das Design<br />
gedacht. Heute ist es ein entscheidendes Verkaufsargument“.<br />
Als Beispiel nennt er BMW oder<br />
MercedesBenz, zwei große deutsche Automobilmarken.<br />
Früher seien deren Autos technisch einfach<br />
besser gewesen als die der Konkurrenz.<br />
Doch heute sei das anders. „Ein Toyota baut<br />
technisch mindestens so gute Autos wie BMW“,<br />
behauptet Schindler. „Trotzdem bezahlen die<br />
Leute für einen BWM viel mehr.“ Der Grund:<br />
BWM habe es geschafft, den Autos ein sehr<br />
hochwertiges Image zu geben – mit Hilfe eines<br />
hochwertigen Designs. Dieser Trend sei auch in<br />
der Nutzfahrzeugindustrie unaufhaltsam. „Auch<br />
hier werden die Produkte immer vergleichbarer.<br />
Über Emotionalität und Wertevermittlung können<br />
sich die Hersteller aber noch unterscheiden“, so<br />
der Designer.<br />
Nicht überall auf der Welt sind diese Werte gleich.<br />
So interessieren sich Asiaten eher für kleinere<br />
und fein gestaltete Produkte. Amerikaner dagegen<br />
lieben das große, schwere Design. Europäer<br />
seien noch einmal anders. „Die sind sehr traditionell<br />
und ihr Geschmack richtet sich oft nach<br />
dem, was sie von Kindesalter an gelernt haben“,<br />
so Schindler. Doch was bedeutet das für das Design<br />
von Fahrzeugen? Müssen die je nach Land<br />
anders gestaltet werden? „Nicht unbedingt“, behauptet<br />
Schindler. Die Automobilindustrie, die in<br />
Asien zum Teil andere Fahrzeuge als in Europa<br />
verkaufe, mache das zwar. Allerdings zeige das<br />
Beispiel Apple, dass es auch anders geht. Die<br />
Produkte sind auf der ganzen Welt erfolgreich –<br />
immer im gleichen Design. Und während er das<br />
sagt, holt der Designer sein Blackberry raus. Ein<br />
Blackberry für einen Designer – kein trendiges<br />
IPhone von Apple? Das ist ungewöhnlich, passt<br />
aber ins Bild. Dominic Schindler geht seinen eigenen<br />
Weg – einen Weg, auf dem er das Design<br />
von Mähdreschern, Muldenkippern, Maschinen<br />
und Anlagen revolutioniert. „Ich bekomme jedes<br />
Mal auf's Neue ein richtiges Glücksgefühl, wenn<br />
ich sehe, dass in der Industrie funktionale Güter<br />
im richtigen Design präsentiert werden”, sagt der<br />
Designer, der vor allem Querdenker ist.<br />
Text: Lucie Dammann<br />
Bilder: Robert Hack
„In der Automobilindustrie<br />
hat vor 20 Jahren<br />
auch noch keiner an das<br />
Design gedacht, heute ist<br />
es ein entscheidendes<br />
Verkaufsargument“, sagt<br />
Dominic Schindler.
Nachrichten<br />
14 I <strong>MTU</strong> Report 03/11<br />
<strong>MTU</strong>-Motoren werden Züge antreiben, die in Sibirien Kohle transportieren.<br />
Sibirisches Doppel<br />
Mehr als 2.000 Kilometer Strecke, ein steiniges Gebirge und Temperaturen weit<br />
unter dem Gefrierpunkt – das werden ab dem Frühjahr 2012 die Einsatzbedingungen<br />
für zwei 4000er Bahnmotoren von <strong>MTU</strong> im russischen Sibirien sein. Die<br />
<strong>MTU</strong> Friedrichshafen liefert zwei Antriebsaggregate bestehend aus je einem Bahnmotor<br />
vom Typ 20V 4000 R43 mit einem angeflanschten Traktions und Hilfsgenerator<br />
und maßgeschneiderter Automation. Die Automationen CaPoS und Powerline<br />
sind speziell auf die Anforderungen in Sibirien angepasst. Der Auftrag ist das erste<br />
Ergebnis aus dem gemeinsamen Joint Venture von Tognum und dem russischen<br />
Eisenbahnhersteller Transmashholding, das beide Unternehmen im Juli 2011 unterzeichnet<br />
haben.<br />
Die <strong>MTU</strong>Motoren werden eine Sektionslokomotive antreiben, die auf der parallel<br />
zur Transsibirischen Eisenbahn verlaufenden BaikalAmurMagistrale fährt. Sie<br />
transportiert Kohle und andere Rohstoffe vom Ostsibirischen Nerjungri an den Pazifik<br />
nach Sovetskaya und Wladiwostok. Die Lokomotive vom Typ 2TE25A ist die erste<br />
russische AC/AC Lokomotive und wird bisher von jeweils einem Kolomna Motor mit<br />
2500 Kilo watt und einem russischen Generator angetrieben. Nach der Umrüstung<br />
zum Jahresende 2011 mit <strong>MTU</strong> Motoren fährt die Lokomotive mit je 2.700 Kilowatt<br />
Leistung. Wegen den langen, teilweise gebirgigen Strecken besteht die Lokomotive,<br />
wie viele russische Lokomotiven, aus zwei Sektionen, bestehend aus Motor, Traktionsgenerator,<br />
Hilfsgenerator und Umrichter. Im Jahr 2012 wird <strong>MTU</strong> weitere Lokomotiven<br />
dieses Typs mit Motoren beliefern.<br />
Die Motoren müssen härtesten<br />
Bedingungen, wie Temperaturen<br />
weit unter dem Gefrierpunkt<br />
trotzen.
Energie für Flüssigerdgas<br />
Auf Curtis Island an der Ostküste Australiens sollen jährlich bis zu 7,8 Millionen Tonnen<br />
Flüssigerdgas gewonnen werden. Zum Aufbau der Infrastruktur stellt <strong>MTU</strong> Onsite Energy<br />
sieben Aggregate zur Stromerzeugung zur Verfügung. Die Aggregate bestehen aus<br />
einem Motor des Typs 20V 4000 G63L und einem 11kVMarathonGenerator. <strong>MTU</strong> wird<br />
ferner neun Hauptantriebsmotoren vom Typ 12V 2000 M61 für Frachtschiffe liefern, die<br />
vom Hafen in Gladstone nach Curtis Island fahren. Das Projekt GLNG (Gladstone Liquefied<br />
Natural Gas) umfasst die Erschließung von KohleflözGasfeldern in den Surat und<br />
BowenBassins, eine GasFörderpipeline von den Gasfeldern nach Gladstone sowie zwei<br />
FlüssigerdgasZüge auf Curtis Island. Aufgrund seiner vergleichsweise geringen KohlenstoffdioxidWerte<br />
ist Flüssigerdgas einer der saubersten fossilen Brennstoffe. Durch den<br />
Export von Flüssigerdgas nach Asien können dort umweltschädliche Kraftstoffe bei der<br />
Stromerzeugung verdrängt und der CO 2 Ausstoß reduziert werden.<br />
Auf Curtis Island sollen jährlich bis zu 7,8 Millionen Tonnen Flüssigerdgas gewonnen werden.<br />
Mehr Trainingsfläche<br />
Mit mehr als 2.800 Quadratmetern ist das neue Trainingscenter von Tognum America<br />
in Canton/Michigan fast vier mal so groß wie das bisherige. „Wir erwarten, dort mehr<br />
als vier mal so viel Besucher wie bisher zu empfangen: Endkunden genauso wie Distributoren<br />
und OEMs“, so Senior Manager Wolfgang Griener. Der Grundriss ist dem<br />
Schulungszentrum von Tognum in Friedrichshafen nachempfunden und besteht aus<br />
einer geräumigen Ausstellungshalle, Lagerfläche, Ladedocks und Unterrichtsräumen.<br />
Tognum hat in Canton/Michigan ein<br />
neues Trainings center eröffnet.<br />
Bisher fuhren die Talgo-Züge vom Typ Renfe 130 rein elek -<br />
trisch. Jetzt hilft ein <strong>MTU</strong>-Dieselmotor auf nicht-elektrifizierten<br />
Strecken aus.<br />
Diesel trifft Elektro<br />
Der spanische Eisenbahnhersteller Talgo rüstet derzeit<br />
15 ursprünglich rein elektrisch fahrende Hochgeschwindigkeitszüge<br />
des RenfeTyps 130 mit <strong>MTU</strong>Motoren zu BimodeZügen<br />
auf. Die vorhandenen Züge der Renfe Serie 130<br />
werden um einen Tender, einen Wagen mit Antriebsmodul<br />
erweitert. Je ein Dieselmotor vom Typ 12V 4000 R43L mit<br />
angeflanschtem Traktionsgenerator wird in die beiden DieselAntriebsmodule<br />
installiert. So können die Züge jetzt<br />
auch auf nichtelektrifizierten Strecken eingesetzt werden.<br />
Mit einer Leistung von 3.600 Kilowatt schaffen die Züge<br />
im Dieselbetrieb eine Höchstgeschwindigkeit von 180 Kilometern<br />
pro Stunde. Jeder Zug bietet in den Waggons zwischen<br />
den beiden Triebköpfen Platz für 265 Passagiere.<br />
Ab Mitte des Jahres 2012 werden die Züge auf der Strecke<br />
Madrid – A Coruna fahren.<br />
<strong>MTU</strong> Report 03/11 I 15
Nachrichten<br />
16 I <strong>MTU</strong> Report 03/11<br />
Sechs der sieben Plattformschiffe des brasilianischen Betreibers<br />
Starnav werden von <strong>MTU</strong>-Motoren angetrieben.<br />
Vier harte Kerle<br />
Die Brasilianische Werft Detroit Brasil Ltda hat vier Motoren<br />
des Typs 16V 4000 M63 mit einer Leistung von 2.000 Kilowatt<br />
geordert. Bei den vier IronmenMotoren handelt es<br />
sich um das zweite Los von Motoren, die Detroit Brasil Ltda<br />
bestellt hat, nachdem der Betreiber Starnav in Macae im<br />
Bundesstaat Rio de Janeiro drei ähnliche Schlepper mit 70<br />
Tonnen Pfahlzug, ausgerüstet mit demselben Motortyp, in<br />
Betrieb genommen hatte.<br />
Zwei Katamarane mit <strong>MTU</strong>-Motoren werden zwischen den Inseln<br />
von Guadeloupe pendeln.<br />
Fahrt ins Paradies<br />
Es gibt wohl nur wenige Einsatzorte, die schöner sind als die<br />
der beiden Katamarane Perle Express und Liberty. Seit Oktober<br />
2011 pendeln sie zwischen drei Inseln der idyllischen französischen<br />
Inselgruppe Guadeloupe inmitten der französischen<br />
Antillen in der Karibik. Mit an Bord: Je zwei 16Zylinder<strong>MTU</strong><br />
Motoren der Baureihe 4000 mit je 2.465 Kilowatt Leistung. Sie<br />
treiben die beiden 47Meterlangen Fähren zu einer Höchstgeschwindigkeit<br />
von bis zu 32 Knoten an. Die Werft Austal<br />
hatte die Fähren im westaustralischen Henderson gebaut. Der<br />
Auftrag des Betreibers L’Express des Iles war im Juni 2010 an<br />
Austal gegangen. Auch die VorgängerPassagierkatamarane<br />
kamen aus dem Hause Austal: die seit 1998 einge setzten<br />
Opale Express und Jade Express sowie die im Jahr 2005 in<br />
Betrieb genommenen Gold Express und Silver Express.<br />
Seit 30 Jahren fahren die Fregatten der kolumbianischen Marine<br />
mit <strong>MTU</strong>-Motoren der Baureihe 1163.<br />
Tauschgeschäft<br />
Die kolumbianische Marine motorisiert ihre vier Fregatten<br />
Almirante Padilla, Caldas, Antioquia und Independiente<br />
neu. Seit 30 Jahren fahren diese erfolgreich mit <strong>MTU</strong>Motoren<br />
der Baureihe 1163, und das soll auch so bleiben. Im<br />
Zuge einer umfassenden Modernisierung erhalten die Fregatten<br />
neue Hauptmotoren, neue Bordstromsysteme und<br />
ein neues Überwachungs und Steuerungssystem „Callosum“,<br />
von <strong>MTU</strong> zugeschnitten auf ihre bevorstehenden<br />
Missionen. Dank ihrer kompakten Bauweise passen die<br />
neuen 16ZylinderMotoren vom Typ 1163 TB 73L perfekt<br />
in den Maschinenraum. „Wir wollten mit den bestehenden<br />
Möglichkeiten das Optimum heraus holen“, so Javier Diaz,<br />
Kapitän zur See und Projektleiter der kolumbianischen Marine.<br />
„Die gleiche Motorbaureihe in ähnlicher Konfiguration<br />
stellte für uns die ideale Lösung dar.“ Die Motoren dieser<br />
Baureihe gehören dank ihrer Zuverlässigkeit, der hohen<br />
Leistungsdichte und einer schnellen Beschleunigung zu<br />
den meist verwendeten Motoren im militärischen Schiffsbereich.<br />
In der kolumbianischen Militärwerft COTECMAR wurden die<br />
Fregatten Almirante Padilla, Caldas, Antioquia und Independiente<br />
mit neuen <strong>MTU</strong>-Motoren ausgestattet.
Notstromaggregate von <strong>MTU</strong> Onsite Energy sichern den Betrieb der neuen Landebahn des<br />
Flughafens in Hurghada ab.<br />
Im Land der Pharaonen<br />
Der Flughafen im ägyptischen Urlaubsparadies Hurghada hat eine neue Landebahn<br />
und ein weiteres Terminalgebäude bekommen. Für die Notstromversorgung liefert<br />
<strong>MTU</strong> Onsite Energy in Zusammenarbeit mit dem ägyptischen Distributor MCV Egypt<br />
zwölf Aggregate. Vier davon basieren auf Motoren des Typs 10V 1600 G20F und<br />
haben eine elektrische Leistung von jeweils 500 kVA. Sie decken den Notstrombedarf<br />
der neuen Landebahn ab und sorgen dafür, dass auch im Falle eines Ausfalls<br />
des öffentlichen Stromnetzes die Flugzeuge sicher starten und landen können. Weitere<br />
acht Aggregate basieren auf Motoren der Baureihe 2000. Sie haben eine Leistung<br />
von 880 kVA (Typ 12V 2000 G65TD), bzw. 1.265 kVA (Typ 18V 2000 G65TD).<br />
Während eins für den mobilen Einsatz in einen schalldichten Container installiert ist,<br />
sichern die anderen die Notstromversorgung des neuen Terminalgebäudes und der<br />
Kühlan lage ab. Die technischen Anforderungen an den Betrieb von Stromaggregaten<br />
für den Flugverkehr sind streng geregelt. Dies betrifft insbesondere die Stabilität<br />
von Spannung und Frequenz bei Aufschaltung unterschiedlichster Verbraucher, wie<br />
Aufzug, Licht oder Datenverarbeitung.<br />
Spitzenleistung für die Royals<br />
Im Jahr 2015 soll General Dynamics UK die ersten gepanzerten Aufklärungsfahrzeuge<br />
Scout and Specialist Vehicles (SV) an Royal British Army liefern. Der Motor 8V 199 TE21<br />
für Scout SV basiert auf einem LkwMotor von MercedesBenz und ist von <strong>MTU</strong> für<br />
militärische Anwendungen spezifiziert worden. Hierzu zählen insbesondere die Leistungssteigerung<br />
gegenüber dem LkwMotor (von 480 auf 600 Kilowatt) und ein verbessertes<br />
Drehmoment von 3.000 Newtonmetern durch Anpassung von Turboaufladung, Einspritzung<br />
und elektronischer Steuerung sowie der zweistufige LuftWasserLadeluftkühler,<br />
zwei getrennte Kühlkreisläufe (Hoch und Niedertemperaturkreislauf) und der Trockensumpf<br />
zur Ölversorgung. So können<br />
die technischen Anforderungen an<br />
militärische Fahrzeuge, wie hohe<br />
Leistung und kompakte Bauweise<br />
unter extremen Einsatzbedingungen<br />
mit den wirtschaftlichen Vorteilen<br />
des kommerziellen Grundmotors in<br />
Einklang gebracht werden.<br />
<strong>MTU</strong> liefert die Motoren für neue<br />
Fahrzeuge der britischen Armee.<br />
Kurz notiert:<br />
Neue Eigentümer<br />
Die Daimler AG und die RollsRoyce Holding plc. haben<br />
alle relevanten regulatorischen Freigaben der Behörden<br />
für die Übernahme der Tognum AG erhalten. Damit hat<br />
Tognum jetzt neue Eigentümer, die das Unternehmen zu<br />
einem weltweiten Marktführer für Industriemotoren und<br />
Energieanlangen weiterentwickeln wollen.<br />
Als Gemeinschaftsunternehmen von Daimler und Rolls-Royce<br />
soll Tognum weiter wachsen.<br />
Löschkraft für Japan<br />
Die Tokioter Feuerwehr bekommt ein neues, 42 Meter<br />
langes Feuerwehrschiff. Es wird damit das größte in der<br />
aus neun Feuerlöschbooten bestehenden Flotte sein, die<br />
in der Tokioter Bucht im Einsatz ist. Der Schiffsantrieb besteht<br />
aus einem 12V 2000 M94 Motor sowie zwei Motoren<br />
des Typs 12V 4000 M93L und kann eine Leistung von<br />
6.500 Kilowatt erbringen.<br />
Neues Führungsquartett<br />
Tognum hat seit dem 1. Oktober 2011 wie geplant eine<br />
neue Führungsspitze: Joachim Coers hat das Amt des<br />
Vorstandsvorsitzenden übernommen und Dieter Royal das<br />
des Finanzvorstandes. Coers folgt Volker Heuer nach, der<br />
am 30. September in den Ruhestand gegangen ist. Zuvor<br />
war Coers Finanzvorstand, Leiter des Ressorts Konzerndienstleistungen,<br />
Arbeitsdirektor und stellvertretender<br />
Vorstandsvorsitzender von Tognum. Die gesamte Marktverantwortung<br />
für die beiden Geschäftsbereiche Engines<br />
und Onsite Energy ist seit Oktober in einem Vorstandsressort<br />
gebündelt.<br />
<strong>MTU</strong> Report 03/11 I 17
An Einzylinder-Prüfständen in Magdeburg<br />
und Friedrichshafen wird der Verbrennungsprozess<br />
von <strong>MTU</strong>-Diesel- und<br />
Gasmotoren optimal weiterentwickelt.<br />
18 I <strong>MTU</strong> Report 03/11
Die MotorenEntwickler bei <strong>MTU</strong> setzen verstärkt auf EinzylinderPrüfstände<br />
Einer für alle<br />
Die Verbrennung des Kraftstoffs ist das,<br />
was den Dieselmotor im Innersten antreibt.<br />
Jetzt und in Zukunft ist sie Quelle und Ausgangspunkt<br />
vieler wichtiger technologischer<br />
Potenziale im gesamten Triebwerk. Dazu<br />
gehört alles, was die Betreiber besonders<br />
interessiert: günstiger Verbrauch, geringer<br />
Verschleiß, eine hohe Lebensdauer, und<br />
nicht zuletzt ein möglichst niedriger Geräuschpegel.<br />
Deshalb wird der Verbrennungsprozess<br />
auf den Einzylinder-Prüfständen<br />
der <strong>MTU</strong> besonders intensiv unter die<br />
Lupe genommen. Und dies mit deutlich steigendem<br />
Aufwand: Seit Mitte 2011 erweitern<br />
vier neue Einzylinder-Prüfstände am Standort<br />
Magdeburg die bestehenden Anlagen in<br />
Friedrichshafen.<br />
„Sehen Sie den Unterschied?“ – Prüfstandsfahrer<br />
Ivica Tolic hält zwei Kolbenböden ins Neonlicht<br />
vom EinzylinderPrüfstand 112 in Friedrichshafen.<br />
Die Frage ist rein rhetorisch, denn mit bloßem<br />
Auge sind beide Varianten nicht zu unterscheiden.<br />
Derartig kleine Unterschiede bei Kolben,<br />
Kolben böden, Zylinderlaufbuchsen, Injektoren<br />
und anderen ZylinderBauteilen sind auf den<br />
neun EinzylinderPrüfständen an den Tognum<br />
Standorten Friedrichshafen und Magdeburg das<br />
tägliche Brot der Techniker und Ingenieure. Hier<br />
werden ZylinderKonzepte, Verbrennungsverfahren<br />
und Werkstoffe messtechnisch bis ins letzte<br />
Detail untersucht. Unzählige Varianten von Zylinderbauteilen<br />
werden erprobt, die Messdaten teilweise<br />
in Echtzeit analysiert und an Bildschirmen<br />
dargestellt – ein HightechLabor für Diesel und<br />
Gasmotoren.<br />
Wortwörtlich werden auf EinzylinderPrüfständen<br />
Motoren getestet, die mit einem einzigen Zylinder<br />
ausgestattet sind. Dies sind reine Versuchsmotoren,<br />
wogegen im <strong>MTU</strong>Produktportfolio<br />
ausschließlich Vollversionen der entsprechenden<br />
Motorbaureihen mit sechs und mehr Zylindern<br />
angeboten werden. Die EinzylinderMotoren liefern<br />
sowohl Ergebnisse für Grundlagenuntersuchungen<br />
im Bereich Vorserienentwicklung als<br />
auch die Brennverfahren für konkrete Serienprojekte.<br />
Sie stellen damit einen wichtigen Beitrag<br />
bei der Entwicklung von Motoren dar. Anschließend<br />
werden die Motoren dann im Bereich Serien <br />
entwicklung auf VollmotorPrüfständen bis zur<br />
Serienreife weiterentwickelt.<br />
Warum spielen gerade der einzelne Zylinder und<br />
seine Bauteile eine so gewichtige Rolle bei der<br />
Motorenentwicklung? „Im Zylinder findet die Verbrennung<br />
statt, die wiederum eine Schlüsselrolle<br />
für Leistung, Verbrauch und Emissionen spielt“,<br />
erläutert Alexander Wasgindt, Teamleiter Verbrennungsentwicklung<br />
bei <strong>MTU</strong>. Generell geht es<br />
Technologie<br />
«Die Verbrennung ist ein<br />
wichtiger Baustein, um den<br />
gesamten Motor optimal zu<br />
gestalten.»<br />
Alexander Wasgindt, Teamleiter Verbrennungsentwicklung<br />
dabei heute darum, die Motoren noch sauberer<br />
und sparsamer zu machen. Die gesamte Klavia tur<br />
von Einspritz und Verbrennungsverfahren, von<br />
der Voreinspritzung bis zur Abgasrückführung,<br />
wird dabei durchgespielt. Nicht nur alle Bauteile,<br />
sondern auch alle Randbedingungen und Einstellungen<br />
werden beliebig variiert, sei es die Kühlung,<br />
die Aufladung oder die Ölschmierung. „Die<br />
Verbrennung,“ so Wasgindt, „ist ein wichtiger<br />
Baustein, um den gesamten Motor optimal zu<br />
gestalten.“<br />
Modernste Prüfstandstechnik erlaubt höchst präzise Steuerungs- und Messabläufe beim Testen<br />
von Verbrennungskonzepten.<br />
<strong>MTU</strong> Report 03/11 I 19
Auf den <strong>MTU</strong>-Einzylinder-Prüfständen werden verschiedene Bauteil-Varianten, wie Kolben,<br />
die sich oft nur durch mikroskopische Unterschiede auszeichnen, erprobt.<br />
20 I <strong>MTU</strong> Report 03/11<br />
Warum dann EinzylinderPrüfstände? Wäre es<br />
letztlich nicht doch besser und vor allem messtechnisch<br />
verlässlicher, den kompletten 8, 12<br />
oder 20ZylinderMotor zu testen, der beim<br />
Kunden zum Einsatz kommt? „Das ist bei der<br />
großen Zahl von Versuchsreihen bei der Verbrennungsentwicklung<br />
schlicht unwirtschaftlich, nicht<br />
ökologisch und nicht effizient“, so Wasgindt. Denn<br />
ob Einzylinder oder Vollmotor – in den Zylindern<br />
spielt sich dasselbe ab. EinzylinderMessdaten<br />
sind somit weitgehend repräsentativ für den Verbrennungsvorgang<br />
in allen Zylindern eines Motors.<br />
Die abgespeckte Motorversion bietet dabei mehrere<br />
Vorteile: So liegt es auf der Hand, dass sie<br />
erheblich weniger Kraftstoff bei den Versuchsläufen<br />
verbraucht und damit die Umwelt schont. Ein<br />
weiterer Vorteil besteht in dem weit geringeren<br />
Zeit, Material und Kostenaufwand beim Durchtesten<br />
verschiedener Bauteilvarianten.<br />
Einzylinderprüfstände werden wichtiger<br />
Die Bedeutung von EinzylinderPrüfständen hat<br />
in den vergangenen Jahren beträchtlich zugenommen.<br />
Treibende Kraft sind dabei die immer<br />
schärfer werdenden gesetzlich vorgeschriebenen<br />
Emissionsgrenzwerte. Dabei ist man vor allem<br />
bei der Emissionsmessung in immer kleinere<br />
Größen ordnungen bei immer größerer Genauigkeit<br />
vorgestoßen. Bis vor zehn Jahren durfte<br />
ein Motor über zehn Gramm Stickoxide pro Kilowattstunde<br />
ausstoßen, mittlerweile ist es weniger<br />
als ein Gramm pro Kilowatt stunde. „Noch<br />
vor fünf Jahren hätte man das gar nicht messen<br />
können“, betont Dr. Michael Thoma vom Bereich<br />
Messtechnik.<br />
Mit Blick auf die rein innermotorische Brennraumgestaltung<br />
und die Gestaltung der Einspritztechnologie<br />
kann man die strengen Grenzwerte
«Früher mussten wir diese<br />
Daten für die Berechnung<br />
sehr aufwändig dokumentieren<br />
und aufbereiten. Jetzt<br />
haben wir das Ergebnis in<br />
Echtzeit auf dem Bildschirm<br />
und können so den Verbrennungsprozess<br />
schneller<br />
bewerten.»<br />
Alexander Wasgindt, Teamleiter Verbrennungsentwicklung<br />
nur unterschreiten, indem alle technischen Möglichkeiten<br />
ausgeschöpft und mit höchster Präzision<br />
umgesetzt werden. Das Zusammenspiel<br />
der Konstruktion des Brennraums mit weiteren<br />
Technologien, wie Einspritzung, Elektronik, Abgasrückführung<br />
bis hin zu außermotorischen<br />
Maßnahmen hat die Zahl der Variablen bei Versuchsreihen<br />
enorm vergrößert. Auf EinzylinderPrüfständen<br />
müssen alle diese Faktoren<br />
berücksichtigt werden. „Praktisch bedeutet das:<br />
Wir müssen viel mehr Messreihen fahren als früher“,<br />
betont Alexander Wasgindt.<br />
Angesichts der enorm gestiegenen Zahl von<br />
Messreihen bringen die neuen EinzylinderPrüfstände,<br />
die Mitte des Jahres 2011 am Tognum<br />
Standort Magdeburg eingerichtet wurden, eine<br />
deutliche Entlastung. Zusätzlich zu einem EinzylinderPrüfstand<br />
für die Baureihe 8000 wurden<br />
hier vier weitere EinzylinderPrüfstände eingerichtet,<br />
von denen einer als Gasmotorprüfstand<br />
ausgelegt ist. Durch eine variable Mischung von<br />
Erdgas, Kohlendioxid und Propan können verschiedenste<br />
Gasqualitäten von kohlendioxidreichem<br />
Biogas bis zu hochwertigem Erdgas<br />
nachgebildet und die Verbrennung so für ein<br />
weites Feld möglicher Anwendungen optimiert<br />
werden. „Gerade die gasmotorischen Brennverfahren<br />
werden wir hier in Magdeburg in Zukunft<br />
noch intensiver untersuchen und weiterentwickeln“,<br />
betont Dr. Jan Piatek, Leiter der EinzylinderPrüfstände.<br />
Da es um die Entwicklung<br />
umweltfreundlicher Zukunftstechnologien geht,<br />
unterstützt das Land SachsenAnhalt die neuen<br />
Prüfstände.<br />
Simulation am Computer<br />
Eine wichtige Rolle bei der Verbrennungsentwicklung<br />
spielt zunehmend die Berechnung des<br />
Verbrennungsvorgangs am Computer. Prüfstands<br />
versuch und Berechnung – auch Simulation genannt<br />
– bilden das klassische Geschwisterpaar<br />
der modernen, wissenschaftlichen Methodik in<br />
der Motorenentwicklung. Zusammen geben sie<br />
schneller und genauer Einblicke in die Verbrennung.<br />
Der Versuch liefert hierbei reale Messdaten.<br />
Die Simulation erlaubt zusätzlich einen rechnerischen<br />
Blick in die Tiefen der Verbrennung, um<br />
besser zu verstehen, welche physikalischen Zusammenhänge<br />
zwischen dem messtechnisch<br />
unzugänglichen Geschehen im Motor und den<br />
messbaren Motordaten bestehen. „So wissen<br />
die Verbrennungsentwickler genau, wo sie an<br />
Technologie<br />
die Geometrie des Verbrennungsraums sowie die<br />
Eigenschaften des Kraftstoff/LuftGemisches.<br />
So hochentwickelt die Verbrennungssimulation<br />
mittlerweile ist, so werden die Messdaten der<br />
EinzylinderPrüfstände doch häufig genutzt, um<br />
die Rechenergebnisse zu prüfen. Wie eng Entwicklungsprüfstände<br />
und Simulation mittlerweile<br />
zusammenarbeiten, zeigt wieder ein Blick auf<br />
den Steuer und Überwachungsstand von Prüfstand<br />
112: Auf zwei der Bildschirme wird der<br />
aktuelle Brenn und Temperaturverlauf berechnet<br />
und dargestellt. Die Software dafür wurde von<br />
Die Berechnung am Computer erschließt ein tieferes Verständnis von Verbrennungsvorgängen.<br />
setzen müssen, um die Verbrennung gemäß den<br />
Entwicklungszielen zu verbessern“, erläutert Ralf<br />
Speetzen, Teamleiter für Hydraulik und Verbrennungsanalyse.<br />
Bei diesen Berechnungsaufgaben geht es um komplexe<br />
physikalischmathematische Modelle, die nur<br />
durch eine hohe Rechnerleistung zu bewältigen<br />
sind. Bei der Eingabe der Startwerte am Computer<br />
wird eine Vielzahl von Faktoren berücksichtigt, um<br />
Druck, Wärme und Emissionen innerhalb des Verbrennungsvorgangs<br />
zu berechnen. Dazu gehören<br />
alle physikalischen Eckwerte, wie Zusammensetzung,<br />
Dichte, Viskosität und andere Eigenschaften<br />
des Kraftstoffs, der Ablauf des Einspritzvorgangs,<br />
der Rechenabteilung entwickelt und zur Verfügung<br />
gestellt. „Früher mussten wir diese Daten<br />
für die Berechnung sehr aufwändig dokumentieren<br />
und aufbereiten, jetzt haben wir das Ergebnis<br />
in Echtzeit auf dem Bildschirm und können so<br />
den Verbrennungsprozess schneller bewerten“,<br />
so Wasgindt.<br />
Text: Wolfgang Stolba<br />
Bilder: Foto Fuchs, Robert Hack<br />
Ihre Fragen beantwortet:<br />
Alexander Wasgindt<br />
alexander.wasgindt@mtuonline.com<br />
Tel. +49 7541 903157<br />
<strong>MTU</strong> Report 03/11 I 21
Marine<br />
22 I <strong>MTU</strong> Report 03/11<br />
Monaco Yacht Show<br />
Rendezvous<br />
der<br />
Megayachten<br />
Es gibt nicht viele Orte auf der Welt, wo eine<br />
40-Meter-lange Yacht kaum auffällt. Der Hafen Port<br />
Hercules von Monaco ist einer davon. Da liegt die<br />
43-Meter-lange El Sea neben der 37-Meter-langen<br />
Izumi. Nicht weit von ihnen liegt die Icon – schlappe<br />
62 Meter lang. It’s Showtime in Monaco. Jedes Jahr<br />
im September ist der Hafen für vier Tage Schauplatz<br />
einer Messe der Superlative: der Monaco Yachtshow.<br />
Vom 21. bis 24. September 2011 war der Hafen von Monaco Treffpunkt<br />
der Megayachtszene. Werften, Architekten, Designer, Berater<br />
und Zulieferer stellten vor, was sie für die Welt der „Schönen<br />
und Reichen“ im Angebot haben.
<strong>MTU</strong> Report 03/11 I 23
Marine<br />
„Ich liebe meinen <strong>MTU</strong>-Motor“, sagt Yachtbesitzer Frans Heesen (im Bild rechts,<br />
links Wouter Hoek von <strong>MTU</strong> Benelux).<br />
Wie beliebt eine Yacht ist, erkennt man an der Anzahl der Schuhe, die vor ihr steht.<br />
24 I <strong>MTU</strong> Report 03/11<br />
Woran erkennt man die Beliebtheit einer Yacht? An der<br />
Anzahl der Stockwerke? Der Länge? Der Farbe? Nein, an<br />
der Menge der Schuhe, die sich in den Körben vor der<br />
Gangway stapeln, die auf ein Schiff führt. Denn auf eine<br />
Yacht geht man nicht mit Straßenschuhen, viel zu edel<br />
sind die Materialien. Man geht barfuß über die glänzenden<br />
Mamorböden oder dicken Teppiche. Überhaupt ist in der<br />
Welt der Yachtsuperlative einiges anders als gedacht. Die<br />
Teppiche, die die Yachten miteinander verbinden, sind nicht<br />
rot, sondern blau – azurblau, wie das Wasser im Hafen.<br />
Und neben Sonnenbrillen und iPhones scheinen Putzlappen<br />
die häufigsten Gegenstände auf der Messe zu sein.<br />
Überall wird gewischt und gerieben, alles glänzt und spiegelt<br />
– selbstverständlich auch der <strong>MTU</strong>Motor in der Yacht<br />
My Petra. Er ist weiß und die Zylinderkopfhauben spiegeln<br />
in Chrom. „Ich liebe meinen <strong>MTU</strong>Motor“, sagt Besitzer<br />
Frans Heesen. Ihm gehörte bis vor kurzem die Heesen<br />
Werft in den Niederlanden, die er aber nun verkauft hat.<br />
Auch die My Petra möchte er verkaufen und sich dafür ein<br />
neues Schiff bauen lassen. Es soll größer sein als die My<br />
Petra, denn Frans Heesen hat sieben Enkelkinder, die alle<br />
ihren Platz auf der Yacht haben sollen. Doch eins ist gleich:<br />
Auch das neue Schiff soll von zwei 4000er<strong>MTU</strong>Motoren<br />
angetrieben werden. Und ebenso wie ihre Vorgängerin<br />
wird die Yacht nach Heesens Frau benannt: Lady Petra soll<br />
sie heißen – ein Geschenk, das Petra Heesen an ihrem<br />
Geburtstag am 25. April erhalten soll.<br />
Diskretion ist Programm<br />
Die Offenheit, mit der Frans Heesen von seiner Yacht<br />
spricht, ist in der Branche nicht selbstverständlich. Diskretion<br />
ist Programm. Auf die Decks kommt man nur mit<br />
persönlicher Einladung. Ernsthafte Interessenten kommen<br />
inkognito und streng abgeschirmt. Gerade in Zeiten von<br />
Krisen und Sparpaketen möchten die Yachtbesitzer ihren<br />
Wohlstand nicht zur Schau stellen. Denn es gibt wohl kaum<br />
Vergleichbares auf der Welt, was so teuer und gleichzeitig<br />
so offensichtlicher Luxus ist wie eine Megayacht. Was<br />
sie kostet – auch hier ist die Branche diskret. Zwar gibt<br />
es die Formel, dass jeder Yachtmeter eine Millionen Euro<br />
kostet, aber die stimmt längst nicht immer. Auch die Breite<br />
sei wichtig, denn die habe ja Einfluss auf die Menge des<br />
edlen Materials, das in der Yacht verbaut werde. Das sagt<br />
Matthias Kundert, Chefingenieur auf der My Petra. Er steht<br />
im Maschinenraum des Schiffes und poliert die Zylinderkopfhauben<br />
des Motors. Wenn Interessenten kommen, soll<br />
alles glänzen. „Der Motor ist klasse, 2.720 Kilowatt geballte<br />
Kraft. Ich hatte noch nie Probleme mit ihm“, lobt er<br />
sein weißes Schmuckstück. Die Frage, warum dieses denn<br />
poliert sein müsse, kann er so recht gar nicht beantworten.<br />
Das gehöre sich einfach.<br />
Nur Fachpublikum, keine Touristen<br />
Genauso gehört es sich auch für Frans Heesen, jedes Jahr<br />
wieder nach Monaco zu kommen. Er war schon bei der<br />
allerersten Monaco Yacht Show vor 22 Jahren dabei und
2<br />
1 Die Yacht My Petra, gebaut von der niederländischen<br />
Heesen-Werft, ist 44 Meter lang. In Monaco<br />
eine durchschnittliche Länge. Die längste Yacht war<br />
86,5 Meter lang, die kürzeste 26.<br />
2 Glänzend weiß mit verchromten Zylinderkopfhauben:<br />
Yachtbesitzer legen großen Wert auf das Aussehen<br />
ihres Motors.<br />
Frankreich<br />
Monaco<br />
Mittelmeer<br />
Italien<br />
1<br />
KARTE<br />
<strong>MTU</strong> Brown <strong>MTU</strong> Brown<br />
0-17-28-62 80% der Farbe 60% 40% 20%<br />
CMYK CMYK CMYK CMYK CMYK<br />
<strong>MTU</strong> Blue <strong>MTU</strong> Blue<br />
60% 40% 20%<br />
50-25-0-10 80% der Farbe<br />
CMYK CMYK CMYK<br />
CMYK CMYK
26 I <strong>MTU</strong> Report 03/11<br />
hat seitdem keine verpasst. Schmunzelnd erzählt er, einmal<br />
nicht auf der vergleichbar großen Yachtmesse im amerikanischen<br />
Fort Lauderdale gewesen zu sein. „Da haben<br />
die Leute gedacht, ich läge schon auf dem Sterbebett“,<br />
sagt er, während er genüsslich an seiner Zigarre zieht.<br />
Auch für Franceso Ansole von der Werft Azimut ist Monaco<br />
das Messehighlight im Jahr. „Hier treffen sich alle, die<br />
in der Branche wichtig sind“, saqt der Italiener. Er nutzt die<br />
Messe, um herauszufinden, was den Kunden gefällt. Wichtig<br />
ist ihm auch, dass es auf der Messe kaum Touristen,<br />
sondern nur Fachpublikum gibt. Kein Wunder: Der Eintritt<br />
von 65 Euro schreckt ab – auch wenn die Hälfte der Einnahmen<br />
aus dem Verkauf der Eintrittskarten dem monegassischen<br />
Verein gegen die Muskelkrankheit Myopathie<br />
gespendet wird.<br />
Doch für den Eintrittspreis wird einiges geboten. Für einige<br />
Tage heißen die Stars im Fürstentum nicht Albert oder<br />
Charlene, sondern Shooting Star, Triple Seven oder Double<br />
Shot. Alle glänzen sie weiß im Wasser, die Decks sind mit<br />
Blumen geschmückt und die Sofas laden zum Verweilen<br />
ein. Welche soll man da kaufen? Die Entscheidung fällt<br />
schwer. Zwar sind alle Yachten in Monaco speziell auf die<br />
Wünsche ihrer Eigner zugeschnitten. Doch offensichtlich<br />
sind die Unterschiede nicht: Zum Standard gehören der<br />
Whirlpool auf dem Deck, die Massagesessel in der Sauna,<br />
der Landeplatz für den Helikopter oder die Cocktail<br />
Bar. Richtig Schrilles oder Exaltiertes gibt es kaum. Denn<br />
nur selten behalten Eigener ihre Yacht für längere Zeit. Oft<br />
verkaufen sie ihre Schiffe schon nach ein bis zwei Jahren<br />
wieder – ein extravagantes Badezimmer in Pink könnte<br />
potenzielle Käufer abschrecken.<br />
Die heimlichen Stars der Messe<br />
Doch bei einem sind sich viele Yachteigner einig. Sie<br />
setzen auf <strong>MTU</strong>. Als versteckte Stars sind die Motoren in<br />
den Motorräumen vieler Yachten auf der Messe zu finden.<br />
Der am meisten verkaufte ist der 16Zylinder Motor der<br />
Baureihe 4000. Die Double Shot treibt er zum Beispiel<br />
zu einer Höchstgeschwindigkeit von 32 Knoten. Auf der<br />
Mangusta T130 wird er während der Messe von der fünfköpfigen<br />
Crew bewacht. Auch die beiden größten Yachten<br />
im Hafen von Monaco – Seven Seas und Cakewalk – werden<br />
von diesem Motor angetrieben. Wie ein Magnet ziehen<br />
beide die Besucher an. Die 85Meterlange Cakewalk besticht<br />
mit Sonnendecks auf allen vier Stockwerken. Die Reling<br />
ist aus Holz und lässt das Schiff gemütlich erscheinen.<br />
Ganz anders die ein Meter längere Seven Seas. Mit verdunkelten<br />
Scheiben und spitzen Formen wirkt sie eher wie ein<br />
Raumschiff auf dem Wasser. Schnell macht das Gerücht<br />
die Runde, dass die Seven Seas dem berühmten Regisseur<br />
Steven Spielberg gehöre. Für eine Millionen Euro pro Woche<br />
soll man sie chartern können. Na dann los.<br />
Die Yacht wenigstens einmal von außen anzuschauen, ist<br />
ein Muss für jeden Messebesucher. „Hast du die Seven<br />
Swimmingpools, Whirlpools, Sonnendecks<br />
oder die Cocktail-Bar gehören zur<br />
Standardausstattung von Yachten.
Marine<br />
<strong>MTU</strong> Report 03/11 I 27
Marine<br />
Schwimmende Milliardärsträume an der Côte d'Azur: Über 100 Yachten waren während der<br />
Messe im Hafen von Monaco zu bestaunen. Wer an Deck einer Yacht wollte, benötigte allerdings<br />
eine persönliche Einladung.<br />
28 I <strong>MTU</strong> Report 03/11<br />
Seas schon gesehen?“, ist eine häufige Frage. Gestellt wird<br />
sie längst nicht nur auf französisch, auch auf englisch, russisch,<br />
holländisch oder deutsch. Die Messe ist international.<br />
Was aber auffällt: Kaum Asiaten sind zu sehen. Haben<br />
die keine Yachten? „Der Markt dort entsteht gerade erst,<br />
allerdings wird es noch einige Zeit dauern, bis er sich ähnlich<br />
wie in Europa oder den USA entwickelt hat“, erzählt<br />
Daniel Ramoli aus dem <strong>MTU</strong>Yachtvertrieb. In Asien, vor<br />
allem in Indien und China, gebe es zwar immer mehr reiche<br />
Menschen, die sich auch eine Yacht leisten könnten. Noch<br />
fehle dort aber der Lifestyle und die damit verbundene Infrastruktur.<br />
Das bedeutet in der YachtSzene: Edle Restaurants<br />
und Kaffees, versteckte Buchten mit glasklarem<br />
Wasser, teure Luxusgeschäfte oder palmengesäumte Strände<br />
– ein Manko für Asien, das sich aber beheben lässt.<br />
Und so sind sich viele in der Branche sicher, dass es bald<br />
mehr asiatische Yachteigner und Werften geben wird.<br />
Interesse am After Sales<br />
Die Yachtbranche expandiert, und das ist nötig. Denn noch<br />
immer hat sie sich nicht von den Einbrüchen erholt, die<br />
sie in der Wirtschaftskrise im Jahr 2008 erlitten hat. „Es<br />
geht langsam aufwärts, aber vor allem den europäischen<br />
Werften steht aufgrund der Schuldenkrise und den Finanzierungsproblemen<br />
ein schwieriges Jahr bevor“, so Daniel<br />
Ramoli. Auf der Messe bemerkt man davon nichts. Es ist<br />
voll auf den engen Stegen, 30.000 Besucher waren an vier<br />
Tagen am Hafen. Auch der <strong>MTU</strong>Messestand – schon von<br />
weitem gut an zwei Fahnen zu erkennen – war immer gut<br />
besucht. Neben dem Interesse an Motoren und Antriebssystemen<br />
interessierten sich die Besucher besonders für<br />
<strong>MTU</strong> Value CareProdukte, wie Wartungsverträge oder verlängerte<br />
Gewährleistungen. „Die geben den Besitzern und<br />
Kapitänen die Gewissheit, dass ihr Motor ständig zur Verfügung<br />
steht“, erklärt <strong>MTU</strong>Marinemitarbeiter Stephan Knorr.<br />
„Entsprechend viele Kapitäne und Chefingenieure waren daher<br />
bei uns, um sich danach zu erkundigen“, sagt er. Eine<br />
gemütliche LoungeEcke lud zum Verweilen ein. Der Blick<br />
auf den Hafen war einzigartig. Fast wie auf einer Yacht.<br />
Nur eins mussten die Besucher nicht: sich die Schuhe<br />
ausziehen.<br />
Text: Lucie Dammann<br />
Bilder: Robert Hack<br />
Ihre Fragen beantwortet:<br />
Daniel Ramoli<br />
daniel.ramoli@mtuonline.com<br />
Tel. +49 7541 907017<br />
Mehr dazu...<br />
...eine Bilder-Slideshow mit<br />
Eindrücken von der Messe<br />
Wie funktioniert‘s – siehe Seite 3<br />
oder unter http://bit.ly/nR6q3A<br />
ONLINE
4<br />
1 Gut besucht: Nicht nur auf den Yachten war viel Betrieb. Auch der<br />
<strong>MTU</strong>-Messestand zog Interessierte an. Zu sehen gab es das Modell<br />
eines Motors der Baureihe 4000.<br />
2 Sie war die „Größte“: Die Yacht Seven Seas war der Besuchermagnet<br />
in Monaco. Luxus pur verteilt auf 86,5 Metern Länge, 8.000 Quadratmetern<br />
Fläche und fünf Stockwerken.<br />
3 Die 85,6-Meter-lange Yacht Cakewalk ist die größte jemals in<br />
Amerika gebaute Yacht.<br />
4 Sie fiel besonders auf: Die Meteor ist eine Segelyacht, die mit ihrem<br />
antiken Design glänzte. Ein wahrer Hingucker zwischen all den<br />
modernen Luxusyachten.<br />
<strong>MTU</strong> Report 03/11 I 29<br />
1<br />
2<br />
3
Marine<br />
UBootLadeaggregat weiterentwickelt<br />
Tiefenspannung<br />
Hartmut Manseck war Kommandant<br />
von zwei Unterseebooten der<br />
Klasse 206. Verantwortlich für<br />
den Antrieb waren zwei Dieselgeneratoren<br />
mit je einem 600 PS<br />
starken 12-Zylinder-4-Takt-V-Dieselmotor<br />
der <strong>MTU</strong>-Baureihe 396.
Mit einem U-Boot in Gewässer abtauchen und<br />
sich die Welt tief unter der Meeresoberfläche<br />
erschließen – davon träumen Menschen wie der<br />
ehemalige Kommandant Hartmut Manseck und<br />
Rockmusiker Udo Lindenberg. Für die faszinierenden<br />
Fahrzeuge hat <strong>MTU</strong> das Ladeaggregat<br />
nun weiterentwickelt.<br />
Regen peitscht über schäumende Gischt, ein Sturm<br />
türmt die Wellen meterhoch auf. Langsam schiebt<br />
der stromlinienförmige Stahlkörper dunkle Wassermassen<br />
beiseite und fährt tauchklar aber noch voll<br />
aufgetaucht auf seine Tauchposi tion zu. Plötzlich<br />
ein Rumpeln und Schrammen, das anders ist als die<br />
vom Sturm rührenden Geräusche. „Alarm!“ – der Befehl<br />
schreckt die 22köpfige Besatzung von U25 auf.<br />
Jetzt geht es um Sekunden: Schotten dicht machen,<br />
Masten einfahren und Außenbordventile schließen.<br />
Korvettenkaptän Hartmut Manseck, damals Kommandant<br />
des UBoots, erinnert sich noch über 30<br />
Jahre danach genau an diesen Vorfall im Skagerrak,<br />
dem Teil der Nordsee, der im Süden an Dänemark,<br />
im Osten an Schweden und im Norden an Norwegen<br />
grenzt. „Es war die gefährlichste Situation, die ich in<br />
meinem 46jährigen Dienst in der deutschen Marine<br />
zu meistern hatte“, sagt Manseck noch heute. Was<br />
war geschehen? Bei der Überwasserfahrt zum Tauchpunkt<br />
im Tauchklarzustand, einem Routinemanöver,<br />
war das massive UBoot an einem Fischerboot, an<br />
dem nur ein schwaches Licht zu sehen war, entlanggeschrammt.<br />
Der Wachhabende hatte die Lichter des<br />
Fischerbootes über das Sehrohr nicht wahrgenommen<br />
und konnte deshalb auch kein Ausweichmanöver<br />
einleiten. „Zum Glück entstand nur geringer Sachschaden“,<br />
blickt Manseck zurück, um sogleich hinzuzufügen:<br />
„Trotz solcher Risiken ist UBootFahren<br />
grundsätzlich nicht gefährlich.“<br />
Neue Aufgaben: Aufklärung und Schutz<br />
Für ein Höchstmaß an Sicherheit sorgen drei<br />
Voraussetzungen: eine eingespielte Mannschaft,<br />
moderne Technik und nicht zuletzt die Tatsache,<br />
dass UBoote in Friedenszeiten nach der Beendigung<br />
des Kalten Krieges neue Funktionen übernommen<br />
haben. „Sie helfen, Küstenregionen aufzuklären,<br />
patrouillieren Seegebiete und schützen nationale<br />
Hoheitsgewässer und Seetransportwege“, erklärt<br />
Manseck. Die Folge: UBoote müssen sehr viel längere<br />
Strecken als noch vor 20 Jahren zurücklegen<br />
und benötigen dazu leistungsstärkere Batterien, die<br />
zudem schnell wieder aufgeladen werden können.<br />
Auch die Frage nach dem Schadstoffausstoß der<br />
Boote gewinnt in den letzten Jahren immer mehr<br />
an Bedeutung. <strong>MTU</strong> hat daher die Aggregate, die<br />
die Batterien für den Antrieb der UBoote aufladen,<br />
weiterentwickelt. Diese basieren auf <strong>MTU</strong>Motoren<br />
der Baureihe 4000 und sind auf die neuen Anforderungen<br />
von Werften und Marinen ausgerichtet.<br />
„Die Einsatzprofile von<br />
U-Booten haben sich<br />
verändert, nicht aber die<br />
Kameradschaft an Bord,“<br />
sagt Kommandant Manseck.<br />
Mit den neuen Aufgaben veränderten sich Größe<br />
und Charakteristika der UBoote – nicht aber, was in<br />
ihrem Inneren vor sich geht. An rund 25 nationalen<br />
Übungen und etwa 30 Manövern der NATO hat Hartmut<br />
Manseck teilgenommen. Sein längster Einsatz<br />
erstreckte sich über sechs Wochen in der Meerenge<br />
zwischen Island und den FaröerInseln, an dem insgesamt<br />
zwölf UBoote aus fünf Nationen im Rahmen<br />
eines NATOManövers beteiligt waren. Das bedeutete<br />
eineinhalb Monate lang unter hoher Anspannung<br />
auf engstem Raum mit 21 anderen Marinesoldaten<br />
zu verbringen. „Den Großteil davon 100 Meter unter<br />
der Wasseroberfläche, bei künstlichem Licht, wenig<br />
Schlaf und dem so genannten UBootsGeist – „einer<br />
Melange aus Körper, Koch, Abfall, Diesel und Toilet<br />
tendünsten, die man auch nach langem Duschen<br />
an Land nicht loswurde.“ An Bord musste man sich<br />
mit einer Seewasserdusche in einem winzigen Toilettenverschlag<br />
begnügen. Umdrehen? Fehlanzeige!<br />
All das muss man nicht nur aushalten können. Man<br />
muss es mögen.<br />
Bei Manseck liegt die Leidenschaft für den gleichermaßen<br />
anspruchsvollen wie ungewöhnlichen Arbeitsplatz<br />
in der Familie. Bereits sein Vater fuhr als<br />
UBootKommandant zur See. Er selbst durchlief die<br />
klassische Ausbildung bevor er zunächst als Wachhabender<br />
und Schiffstechnischer Offizier tätig war<br />
und dann 1974 im Alter von gerade einmal 29 Jahren<br />
als Kommandant das nagelneue „U26“ anvertraut<br />
bekam. Dabei handelte es sich um ein UBoot<br />
der Klasse 206, von denen die deutsche Marine 18<br />
Exem plare im Einsatz hatte. Zwölf davon wurden<br />
zwischen 1987 und 1993 zur Klasse 206A umgebaut.<br />
Erst Ende März dieses Jahres wurde das letzte außer<br />
Dienst gestellt und beendete damit ein Stück Marine<br />
Geschichte. Mit 48,6 Metern Länge und 4,6 Metern<br />
Breite sowie einer Verdrängung von 500 Tonnen<br />
galten sie als die kleinsten bewaffneten UBoote, die<br />
weltweit operierten. Verantwortlich für den Antrieb<br />
waren jeweils zwei Dieselgeneratoren mit je einem<br />
600 PS starken 12Zylinder4TaktVDieselmotor der<br />
<strong>MTU</strong>Baureihe 396.<br />
Antrieb, Stromerzeugung und Schiffsautomation<br />
Die nachfolgende und derzeit modernste und leiseste<br />
UBootGeneration der deutschen und der italieni<br />
<strong>MTU</strong> Report 03/11 I 31
Marine<br />
Ocean Eyes<br />
schen Marine, die Klasse 212A, kann mit einer<br />
Brennstoffzelle elektrische Energie erzeugen und<br />
damit die Tauchzeiten deutlich verlängern. Doch<br />
auch hier kommt ein 16ZylinderDieselmotor von<br />
<strong>MTU</strong> zum Einsatz – wie bei allen UBooten ausschließlich<br />
im Oberflächen und Schnorchelbetrieb.<br />
Denn die Verbrennungsmotoren benötigen Luft – ein<br />
knappes Gut unter Wasser. Bei geringen Wassertiefen<br />
versorgen die Schnorchel, ausfahrbare Luftzufuhrmasten,<br />
die Dieselmoto ren mit Frischluft und<br />
entsorgen deren Abgase. Dieselaggregate in UBooten<br />
dienen außerdem dazu, Batterien aufzuladen,<br />
die dann bei Tauchfahrt die außenluftunabhängigen<br />
ElektroAntriebsmotoren sowie die Bordsysteme mit<br />
Energie versorgen.<br />
Die für die Technik verantwortlichen Besatzungsmitglieder<br />
vom Maat, dem niedrigsten Unteroffiziersdienstgrad,<br />
über den technischen Meister bis zum<br />
schiffstechnischen Offizier sind blind mit sämtlichen<br />
Systemen vertraut. Dazu absolvieren sie eine anspruchsvolle<br />
Ausbildung im Ausbildungszentrum<br />
UBoote am Marinestützpunkt im norddeutschen<br />
Städtchen Eckernförde, wo das Innenleben der<br />
UBoo te inklusive Antriebsanlage, zugehöriger Batterien<br />
und Dieselmotoren vollständig nachgebaut ist.<br />
Auch Simulatoren und ein SchiffsAutomationssystem<br />
stehen zur Verfügung, mit deren Hilfe der Betrieb<br />
sowie Störungs und Fehlersuche unterrichtet<br />
werden. „Bevor die Besatzungsmitglieder an Bord<br />
gehen, haben sie alle denkbaren Abläufe hunderte<br />
Male unter schwierigsten Bedingungen geübt, bis sie<br />
jeder in und auswendig kennt und im Schlaf auch<br />
blind, schnell und zielsicher ausführen kann“, erläutert<br />
Manseck, der auch für die Ausbildung des Nachwuchses<br />
für die UBootKlasse 206 verantwortlich<br />
war. „Liegt das UBoot im Hafen, kümmern sie sich<br />
um die Wartungsarbeiten und die Batteriepflege. Auf<br />
See führen sie Ersatzteile mit, um notwendige Reparaturen<br />
durchführen zu können.“<br />
In ihrem Buch schildert die Militärjournalistin ChristinDésirée<br />
Rudolph aus erster Hand den Alltag einer UBootBesatzung.<br />
Für die Recherchen dazu reiste die Autorin auf dem Tender<br />
Main vier Wochen lang ins Skagerrak und begab sich an Bord<br />
des U24 zwei Tage auf Tauchfahrt. Mit verständlichen Texten<br />
und zahlreichen Bilder nimmt sie den<br />
Leser mit in die faszinierende Welt unter<br />
Wasser. In einem historischen Abriss<br />
spannt sie den Bogen von antiken Visionen<br />
bis zu den hoch modernen UBooten<br />
unserer Zeit. Auch technische Details<br />
und Informationen zur Ausbildung kommen<br />
nicht zu kurz.<br />
ChristinDésirée Rudolph: Ocean Eyes.<br />
Das UBootGeschwader der Deutschen<br />
Marine. MotorbuchVerlag, Stuttgart:<br />
2010. 183 Seiten, 24,90 Euro.<br />
MEMO<br />
Neue Motoren-Generation für U-Boote<br />
Um in Zeiten knapper Verteidigungsbudgets die<br />
Lebenszykluskosten der Motoren zu senken, sind<br />
den <strong>MTU</strong>Entwicklern ein geringer Kraftstoffverbrauch<br />
und lange Wartungsintervalle besonders<br />
wichtig. Vollkommen neu ist zudem die Möglichkeit,<br />
je nach taktischer Anforderung flexibel einen von<br />
drei Betriebsmodi wählen zu können. Im Standardmodus<br />
läuft der Motor akustisch optimiert. Denn<br />
wie lange ein UBoot unentdeckt unter Wasser operieren<br />
kann, hängt davon ab, wie leise es sich fortbewegt.<br />
Geht es aber darum, große Entfernungen<br />
zum eigentlichen Einsatzort zurückzulegen, bietet<br />
sich hingegen der kraftstoffsparende Modus mit<br />
leicht erhöhten Geräuschsignaturen an. Für den<br />
Oberflächenbetrieb steht ein Modus zur Verfügung,<br />
der die Emissionsanforderungen Stufe 2 der Internationalen<br />
SeeschifffahrtsOrganisation (IMO) ohne<br />
erhöhten Kraftstoffverbrauch erfüllt.<br />
Eine eingeschworene Gemeinschaft<br />
Während sich die Einsatzprofile von UBooten verändern<br />
und sich die technologischen Innovationen daran<br />
orientiert weiterentwickeln, bleibt eine Konstante:<br />
die eingeschworene Besatzung an Bord, die sich<br />
durch hohe Kameradschaft und Toleranz auszeichnet.<br />
Diese ist es auch, die Hartmut Manseck noch immer<br />
begeistert von seiner Aufgabe als Kommandant<br />
schwärmen lässt: „Ich bin dankbar dafür, dass ich<br />
mit den mir anvertrauten Männern kreativ und verantwortlich<br />
zu einer Gemeinschaft zusammenwachsen<br />
konnte, die nicht nur sehr gute Leistungen und<br />
Ergebnisse erzielte, sondern auch die unvorstellbaren<br />
Bedingungen und Entbehrungen erträglich machte.“<br />
Um in seiner Mannschaft für gute Stimmung zu sorgen,<br />
ließ er sich einiges einfallen. Lief U26 aus dem<br />
Hafen aus, begleitete sie Udo Lindenberg mit seinem<br />
Lied „Alles klar auf der Andrea Doria“ – natürlich aus<br />
der Konserve. Einmal jedoch war der Rockmusiker an<br />
Bord und ihm wurde ein Wunsch erfüllt, den er in seinem<br />
Song „Es ist alles im Lot auf dem Riverboat“ geäußert<br />
hatte. Dort heißt es „mit 'nem UBoot fahr' n<br />
wollt ich immer schon mal“.<br />
Text: Elke Brown<br />
Bilder: Hartmut Manseck,<br />
Dpa pictures alliance<br />
Ihre Fragen beantwortet:<br />
Arndt von Drahten<br />
Arndt.vonDrahten@mtuonline.com<br />
Tel. + 49 7541 903350<br />
Mehr dazu...<br />
...das komplette Interview mit<br />
Hartmut Manseck<br />
Wie funktioniert‘s – siehe Seite 3<br />
oder unter http://bit.ly/v6ff9u<br />
ONLINE
Die unglaubliche Enge an Bord von U-Booten hat Hartmut Manseck<br />
am meisten gestört. Im Bild der wachhabende Offizier am Sehrohr<br />
und der Sonarmeister an der Gruppenhorchanlage.<br />
Abtauchen mit mehr Leistung<br />
Die neuen Ladeaggregate für UBoote werden von den bewährten Motoren der Baureihe<br />
4000 angetrieben. Diese wurden speziell für ihren Einsatz modifiziert: Dank<br />
der CommonRailEinspritzung mit optimierter Verbrennung und moderner Motorelektronik<br />
verbrauchen die Motoren je nach Betriebsmodus bis zu zehn Gramm pro<br />
Kilowattstunde weniger Kraftstoff als bisher. Außerdem wird bei einem UBoot mit<br />
typischem Lastprofil eine komplette Motorüberholung erst nach 20 Jahren fällig –<br />
bisher waren es 12 Jahre. Mit einer mechanischen Leistung von 1.300 Kilowatt bei<br />
einer Drehzahl von 1.800 Umdrehungen pro Minute erzeugen die Aggregate genügend<br />
Energie, um die LithiumIonenBatterien schnell für den elektrischen Antrieb<br />
aufzuladen. Integriert in das Ladeaggregat ist ein Generator. Über ihn kann der<br />
Dieselmotor sehr leise angelassen werden. Wichtig für einen geräuscharmen Betrieb<br />
ist auch die spezielle Lagerung des Ladeaggregats, dessen Körperschall durch Gummilager<br />
und einen in den Motorfuß integrierten Schockbegrenzer auf ein Minimum<br />
reduziert wird. Ausgeliefert werden die ersten Einheiten 2016.<br />
Torpedoübernahme auf See. Das Wichtigste ist die Teamarbeit und die Kameradschaft<br />
an Bord. „Einzelkämpfer haben keinen Platz!“, so der Kommandant.<br />
Speziell für den Einsatz in U-Booten modifiziert: Die<br />
bewährte <strong>MTU</strong> Baureihe 4000 zeichnet sich durch<br />
geringen Kraftstoffverbrauch und geringe Wartungskosten<br />
aus.<br />
MEMO<br />
<strong>MTU</strong> Report 03/11 I 33
Alaska<br />
PrinzWilliamSund<br />
Remotorisierung eines Katamarans in Alaska<br />
Sound of<br />
Silence<br />
Eisblaue Gletscher und riesige schwimmende Eisberge. Die<br />
Küsten des Prinz-William-Sunds sind atemberaubend. Eine einzigartige<br />
Landschaft in Alaska, die Jahr für Jahr Tausende von<br />
Touristen auf dem Klondike-Express-Katamaran von Phillip’s<br />
Cruises bestaunen. Die Stille ist beeindruckend – unterbrochen<br />
wird sie nur vom Knacken des Eises und vom Singen der Vögel.<br />
Seit einigen Monaten sind die Lieder der Vögel noch deutlicher<br />
zu hören. Der Betreiber hat das Schiff mit zwei neuen 16-Zylinder-Motoren<br />
der Baureihe 4000 ausgestattet. „Die Motoren sind<br />
nur halb so laut wie die alten. Das ruhigste Schiff, auf dem ich<br />
je gefahren bin“, erzählt Kapitän Gary Sommerfeld.<br />
Und nicht nur das. Die beiden EPATier 2zertifizierten <strong>MTU</strong>Motoren<br />
vom Typ 16V 4000 M63L stoßen zudem jährlich 2,2 Tonnen Stickstoffoxid<br />
weniger aus als ihre Vorgänger. Auch der Ausstoß von Rauch und<br />
Schwefeloxid wurden erheblich reduziert.<br />
Nicht nur die Motoren hat der Betreiber von <strong>MTU</strong> austauschen lassen.<br />
Dank eines neuen Getriebes konnte er die Motoren und den Wasserstrahl<br />
bestmöglich aufeinander abstimmen. Das Ergebnis ist ein geringer<br />
Schadstoffausstoß bei gleichzeitig hoher Leistung. Über 36 Knoten<br />
(knapp 70 Stundenkilometer) schnell ist der Katamaran auf seinem<br />
Weg durch die Bucht im Süden Alaskas mit seinen zwei je 3.000 PSstarken<br />
Motoren. An Bord staunen die bis<br />
zu 342 Passagiere über die Eisberge, die<br />
beeindruckende Natur – und mit etwas<br />
Glück über Buckelwale, Orcas oder Seelöwen,<br />
die sie auf ihrem Weg beobachten<br />
können.<br />
Kanada<br />
Vereinigte<br />
Staaten<br />
KARTE<br />
<strong>MTU</strong> Brown <strong>MTU</strong> Brown<br />
0-17-28-62 80% der Farbe 60% 40% 20%<br />
CMYK CMYK CMYK CMYK CMYK<br />
<strong>MTU</strong> Blue <strong>MTU</strong> Blue<br />
60% 40% 20%<br />
50-25-0-10 80% der Farbe<br />
CMYK CMYK CMYK<br />
CMYK CMYK<br />
Text: Bryan Mangum<br />
Bilder: phillip’s Cruises<br />
Ihre Fragen beantwortet:<br />
Jeff Sherman<br />
jeff.sherman@mtuonline.com<br />
Tel. + 1 313 6105405
<strong>MTU</strong>-Motoren der Baureihe 4000 treiben den Klondike<br />
Express an. Besucher erleben auf dem Katamaran die<br />
faszinierende Stille des Prinz-William-Sunds.<br />
Marine<br />
<strong>MTU</strong> Report 03/11 I 35
After Sales<br />
Remanufacturing von Motoren für die Öl und Gasindustrie<br />
Nach der Überholung in den eigenen<br />
Remanzentren gibt <strong>MTU</strong> auf grunderneuerte<br />
Motoren die gleiche Gewährleistung<br />
wie auf Neumotoren.<br />
Man lebt nur zweimal<br />
36 I <strong>MTU</strong> Report 03/11
Fahrbare Aggregate mit <strong>MTU</strong>-Motoren<br />
der Baureihe 4000 liefern die Kraft, um<br />
ein Gemisch aus Sand, Wasser und<br />
weiteren Zusätzen bis zu 2.500 Meter<br />
tief ins Gestein zu pressen.<br />
Riesige Schiefergasvorkommen sollen helfen,<br />
in den kommenden Jahrzehnten den steigenden<br />
Energiebedarf zu decken. Vor allem<br />
in Amerika werden diese Vorkommen mit<br />
der Fracing-Tiefbohrtechnik abgebaut. Die<br />
für die Zerkleinerung des Gesteins nötigen<br />
mehr als 1.000 Bar Druck zur Förderung<br />
dieser Vorkommen erzeugen neue Motoren<br />
und grunderneuerte <strong>MTU</strong>-Antriebe.<br />
Noch vor wenigen Tagen lag der Motor in 300 abgenutzten<br />
und schmutzigen Einzelteilen da – vom<br />
Kurbelgehäuse über das Einspritzsystem bis hin<br />
zum Abgasturbolader. Nun steht er silbern glänzend<br />
im Versand des RemanKompetenzzentrums<br />
von <strong>MTU</strong> in Magdeburg. Dort wurde er in der<br />
Zwischenzeit bis auf die letzte Schraube auseinandergebaut<br />
und nach einem standardisierten Prozess<br />
grunderneuert. Der Kunde muss darauf nicht<br />
warten, sondern bekommt schon zuvor als Ersatz<br />
einen anderen RemanMotor. Der Motor und<br />
seine Teile werden am Ende ihres Lebens nicht<br />
entsorgt, sondern umweltschonend aufgearbeitet.<br />
Nach dieser Frischzellenkur ist er wieder fit für<br />
sein zweites Leben: den harten Einsatzalltag als<br />
FracingAggregat bei der Öl und Gasförderung.<br />
Dabei pressen hydraulische Pumpen mit gewaltigen<br />
1.034 Bar Druck ein Gemisch aus Sand und<br />
Wasser unterhalb des Grundwassers ins Gestein,<br />
um es aufzubrechen – zu fracen.<br />
Beim Reman-Verfahren wird der Motor bis auf seinen<br />
Grundbaustein, das Kurbelgehäuse, zerlegt, gereinigt<br />
und geprüft. Anschließend wird er nach einem Standardprozess<br />
grunderneuert. Kunden können entweder<br />
ihren eigenen Motor generalüberholen lassen oder<br />
gleich einen Reman-Ersatzmotor erhalten.<br />
Der steigende Energiebedarf nach Öl und<br />
Gas lässt Preise und Fördervolumen steigen.<br />
FracingAggregate fördern vor allem in den USA<br />
und in Kanada unermüdlich Schiefergas. Der harte<br />
Einsatzalltag in der Öl & Gasförderung bleibt<br />
nach 9.000 Stunden nicht ohne Folgen. Die Leistungsfähigkeit<br />
der Motoren nimmt mit der Zeit<br />
ab, während die laufenden Kosten aufgrund von<br />
Verschleiß oder erhöhtem Kraftstoffverbrauch<br />
steigen. Mit der Grunderneuerung im so genannten<br />
Value ExchangeRemanverfahren sollen die<br />
Motoren wieder genauso fit sein wie Neumotoren.<br />
Motoren-Jungbrunnen<br />
Dafür werden sie in den <strong>MTU</strong>RemanKompetenzzentren<br />
im deutschen Magdeburg oder im westamerikanischen<br />
Tooele, im Bundesstaat Utah<br />
– quasi den Jungbrunnen für <strong>MTU</strong>Motoren – auseinandergebaut.<br />
Die Einzelteile werden bewertet,<br />
aufgearbeitet und gereinigt. Anschließend bauen<br />
sie <strong>MTU</strong>Monteure wieder zusammen. Alle Komponenten,<br />
die nach OriginalWerksbauplänen<br />
und Qualitätsvorgaben wiederhergestellt werden<br />
können, werden wiederverwertet. Verschlissene,<br />
beschädigte oder veraltete Teile ersetzen Original<strong>MTU</strong>Ersatzteile.<br />
Auf diese Teile gibt <strong>MTU</strong> die<br />
gleiche Gewährleistung wie bei Neuteilen und<br />
Motoren. Und noch einen Vorteil haben Motorenkunden:<br />
Die Grunderneuerung schont durch die<br />
Überarbeitung aller Motorenteile die Umwelt und<br />
den Geldbeutel der Betreiber, denn sie sind günstiger<br />
als Neumotoren. Nach der Generalüberholung<br />
im RemanCenter werden die Antriebe<br />
entsprechend den EmissionsVorschriften ihrer<br />
Erstzulassung erneut zugelassen und wieder als<br />
FracingAggregate montiert.<br />
Extreme Bedingungen für Motoren<br />
„Die grunderneuerten Antriebe laufen bei hoher<br />
Leistung praktisch durchgehend. Dabei müssen<br />
sie extreme Betriebstemperaturen aushalten“,<br />
beschreibt Dave Sears vom <strong>MTU</strong> After Sales<br />
den Einsatzalltag nach dem RemanProzess. Ihr<br />
Druck erzeugt unterirdische Gesteinsrisse. Ein<br />
SandChemikalienGemisch kämpft sich in der<br />
frisch geschaffenen Bruchstelle in bis zu 2.500<br />
Meter tief liegende Erdschichten hinab und legt<br />
Erdgasvorkommen frei. Diese Tiefbohrtechnik<br />
heißt Hydrofracturing oder kurz Fracing. Sie<br />
kommt bei der Förderung von flüssigen oder gasförmigen<br />
Rohstoffen zum Einsatz, die unter Gestein<br />
verborgen liegen, das wenig Durchlässigkeit<br />
aufweist. Dabei ist eine hydraulische Pumpe auf<br />
einem Truck angebracht, die von einem Fracing<br />
Aggregat angetrieben wird. Meist sind mehrere<br />
Trucks in Reihe geschaltet.<br />
Tooele<br />
Vereinigte Staaten<br />
Mexiko<br />
Kuba<br />
Golf von Mexiko<br />
Magdeburg<br />
Deutschland<br />
<strong>MTU</strong> Blue <strong>MTU</strong> Blue<br />
60%<br />
50-25-0-10 80% der Farbe<br />
CMYK<br />
CMYK CMYK<br />
Österreich<br />
Italien<br />
KARTE<br />
<strong>MTU</strong> Brown <strong>MTU</strong> Brown<br />
0-17-28-62 80% der Farbe 60% 40% 20%<br />
CMYK CMYK CMYK CMYK CMYK<br />
40% 20%<br />
CMYK CMYK<br />
<strong>MTU</strong> Report 03/11 I 37
After Sales<br />
1<br />
2 3 4 5 6<br />
Öl- & Gas-Lagerstätten, die durch Gesteins -<br />
formationen blockiert sind, können durch mobile<br />
Frac-Hochdruckpumpen er schlossen werden.<br />
Leis tungsstarke <strong>MTU</strong>-Motoren der Baureihe 4000<br />
pressen unter ho hem Druck ein Flüssigkeitsgemisch<br />
in diese Lagerstätten, Stützmittel halten die<br />
Bruchstellen stabil.<br />
1 Einheit mit Hochdruckpumpen<br />
2 Flüssigkeitsbehälter<br />
3 Fracturing-Flüssigkeit und Stützmittel werden<br />
mit hohem Druck in ein Bohrloch gepumpt.<br />
4 Bruchstellen, die durch Hochdruckflüssigkeiten<br />
entstehen<br />
5 Produktionsformation<br />
6 Stützmittel (harte Substanz wie Sand) halten die<br />
Bruchstellen stabil<br />
Die Pump-Anlage, bei der mehrere Fracing-Aggregate auf Trucks zusammengeschlossen sind, wird manuell gestartet.<br />
38 I <strong>MTU</strong> Report 03/11
Bei allen aufgearbeiteten Teilen, wie<br />
diesem Kurbelgehäuse, werden die<br />
Maße ganz genau überprüft. Denn für<br />
die aufgearbeiteten Bauteile des Motors<br />
gibt <strong>MTU</strong> die gleiche Gewährleistung<br />
wie für Neuteile.<br />
Die Frischzellenkur der <strong>MTU</strong>Motoren ist immer<br />
beliebter: Nicht nur der amerikanische Fracingtruckhersteller<br />
und <strong>MTU</strong>Distributor Stewart &<br />
Stevenson setzt beim Fracing auf die Kraft der<br />
grunderneuerten <strong>MTU</strong>Antriebe. Die Kunden Halliburton,<br />
Cudd und Trican benutzen für ihre mobilen<br />
FracingAggregate ebenfalls die mit neuen<br />
Lebensgeistern versehenen <strong>MTU</strong>Motoren der<br />
Baureihe 4000. „Die robusten 12V 4000 S81Antriebe<br />
sind mit ihrer Leistung von 1.678 Kilowatt<br />
speziell für den Öl und Gasmarkt ausgelegt. Sie<br />
sind perfekt abgestimmt auf lange Betriebszeiten<br />
und raue Einsatzumgebungen. Das schätzen unsere<br />
Kunden“, erklärt Sears. Zudem bietet die<br />
CommonRailKraftstoffeinspritzung der zweiten<br />
Generation, entwickelt und gebaut von der<br />
TognumTochter L’Orange, eine unschlagbare<br />
Präzision und überlegene Kraftstoffeffizienz.<br />
Förderung von Schiefergas boomt<br />
Die Förderung von Schiefergas ist ein Markt, der<br />
in anderen Ländern ebenfalls boomen wird. Technisch<br />
abbaubare Vorkommen von 163 Billionen<br />
Kubikmeter gibt es laut dem aktuellen „World<br />
shale gas“Bericht des USEnergieInformationsamtes<br />
EIA in 14 Gebieten, verteilt auf 32 Staaten.<br />
Die Bedeutung von Erdgas wird zunehmen,<br />
prognostizierte das Massachusetts Institute of<br />
Technology im vergangenen Jahr. Die Internationale<br />
Energieagentur nimmt an, dass der weltweite<br />
Gasverbrauch bis zum Jahr 2035 um mehr<br />
als die Hälfte steigt und damit den Energieträger<br />
Kohle überholt. Energieunternehmen in den USA<br />
sind in der Erschließung der Gasquellen Vorreiter.<br />
Dort werden etwa 90 Prozent der Gasbohrungen<br />
mithilfe der Tiefbohrtechnik Fracing erzeugt.<br />
14 Prozent Anteil hat Schiefergas derzeit am<br />
amerikanischen Gasmarkt, 46 Prozent werden es<br />
im Jahr 2035 sein – schätzt das EIA.<br />
Mit diesem Boom nimmt die Zahl der Motor<br />
Grunderneuerungen zu: „In diesem Jahr haben<br />
wir 30 <strong>MTU</strong>Motoren aus dem FracingEinsatz<br />
grunderneuert. Im nächsten Jahr werden es deutlich<br />
mehr sein“, sagt Sears. Bevor die Motoren<br />
für ihr zweites Leben als FracingAggregate das<br />
RemanCenter verlassen, wird geprüft, ob sie die<br />
OriginalAnforderungen von <strong>MTU</strong> erfüllen. Auf<br />
Trucks montiert rollen sie dann in der Morgendämmerung<br />
wieder beim nächsten Gasvorkommen<br />
an, pressen mit frischer Kraft und mehr als<br />
1.000 Bar Druck Risse ins Gestein und legen<br />
Schiefergasvorkommen frei.<br />
Text: anika Kannler<br />
Bilder: Tognum Konzernarchiv,<br />
Stewart & Stevenson<br />
Ihre Fragen beantwortet:<br />
Dave Sears<br />
dave.sears@mtuonline.com<br />
Tel. +1 313 592 5550<br />
Mehr dazu...<br />
...ein Video verdeutlicht<br />
den Reman-Prozess<br />
Wie funktioniert‘s – siehe Seite 3<br />
oder unter http://bit.ly/pWq7ot<br />
ONLINE<br />
Fit für die US-Emissionsstufe<br />
EPA Tier 4 i<br />
Rein innermotorisch erfüllt die neue Generation<br />
der Baureihe 4000 die US-Emissionsstufe<br />
EPA Tier 4i.<br />
Im Leistungsbereich von 1.678 bis 1.864 Kilowatt<br />
bietet <strong>MTU</strong> seit Mitte des Jahres 2011 die neue<br />
Generation der Baureihe 4000 vor allem für den<br />
Einsatz in fahrbaren Hydraulic-Fracturing-Geräten an.<br />
Die Motoren erfüllen die derzeit geltende US-Emissionsnorm<br />
EPA Tier 4 interim ohne Abgasnachbehandlung.<br />
Sie benötigen bis zu fünf Prozent weniger<br />
Kraftstoff als ihre Vorgänger und bieten ein erweitertes<br />
Drehmoment im niedrigen Drehzahlbereich bei<br />
optimalem Verhältnis von Leistung und Gewicht. Die<br />
Antriebe bilden die Basis für die Motoren, die <strong>MTU</strong><br />
derzeit für die erst 2015 in Kraft tretende, noch<br />
strengere US-Emissionsstufe Tier 4 final entwickelt.<br />
Auch hierfür streben die <strong>MTU</strong>-Entwicklungsingenieure<br />
eine innermotorische Lösung an.<br />
MEMO<br />
<strong>MTU</strong> Report 03/11 I 39
Energie<br />
Stromversorgung in Indonesien<br />
Die Welt<br />
im Dorf<br />
„Endlich fernsehen.“ Seit das Dorf Air Besar an das<br />
öffentliche Stromnetz angeschlossen ist, können die<br />
Kinder das machen, was für Millionen von Kindern<br />
normal ist: fernsehen.<br />
40 I <strong>MTU</strong> Report 03/11
238 Millionen Einwohner, die verteilt über 17.500 Inseln leben, mit<br />
Strom zu versorgen, ist eine Herausforderung. Die Regierung in<br />
Indonesien hat sich vorgenommen, diese zu lösen: Bis zum Jahr 2020<br />
sollen alle Haushalte des Landes an das Stromnetz angeschlossen<br />
sein. Aggregate mit <strong>MTU</strong>-Motoren versorgen zwei der entlegensten<br />
Regionen des Landes mit Energie. Das hat das Leben der Menschen<br />
dort grundlegend verändert.<br />
März 2011. In Japan bebt die Erde. Die Nachrichten sind voll davon. Menschen<br />
sind fassungslos. Yulianus hat davon nichts mitbekommen. Denn er<br />
hatte zu der Zeit noch keinen Strom. Yulianus lebt in Air Besar, einem kleinen<br />
Ort in West Papua in Indonesien. Die Gegend im Osten des Landes ist<br />
eine der einsamsten im Land. Keine große Flug linie fliegt den nahe gelegenen<br />
kleinen Flughafen in Fak Fak an. Stattdessen fliegt man erst nach<br />
Ambon auf die Insel Maluku und von dort aus mit einer Propellermaschine<br />
zwei Stunden weiter auf den Flughafen Torea nach Fak Fak. Dann geht<br />
es knapp eine Stunde auf Schotterstraßen und durch bergiges Gelände<br />
mit dem Auto weiter – ein wahrlich abenteuerlicher Trip. Doch Yulianus ist<br />
glücklich in Air Besar. Hier lebt der 30Jährige mit seiner Frau und seinen<br />
fünf Kindern. Seine Hütte ist einfach: zwei kleine Räume, der Boden aus<br />
Holz. Im Wohnzimmer steht – auf einem kleinen Tisch mit einer auf fällig<br />
roten Decke – ein Fernseher. Den hat er erst seit einigen Monaten – sein<br />
ganzer Stolz.<br />
Strom hat das Leben verändert<br />
Seit April 2011 versorgen Stromaggregate mit <strong>MTU</strong>Motoren das Dorf Air<br />
Besar mit Strom. Seitdem ist vieles anders. Der größte Unterschied zu vorher?<br />
Da muss Yulianus nicht lange nachdenken: „Es motiviert meine Kinder<br />
zum Lernen.“ Früher war die Zeit, in der sie lernen konnten, begrenzt. Um<br />
spätestens 19 Uhr wird es dunkel. Dann konnte er zwar noch seine mit Öl<br />
betriebene Laterne anzünden. Doch diese machte kaum genug Licht, um<br />
daneben zu lesen. Yulianus erzählt stolz, dass seine beiden ältesten Söhne<br />
in die High School gehen. Sie haben schon jetzt ein viel höheres Bildungsniveau<br />
als er selbst. „Ich bin nur ein paar Jahre zur Schule gegangen, dann<br />
musste ich meinen Eltern bei der Muskaternte helfen“, erzählt er. Stolz<br />
schaut er hinüber zu seinen Kindern. Sie sitzen vor dem Fernseher, dicht<br />
an dicht. Aufgeregt verfolgen sie ein Fußballspiel. Das sei auch neu, erzählt<br />
Yulianus. „Meine Jungs sind jetzt richtige FußballFans geworden, sie haben<br />
sogar schon ein Trikot der indonesischen Nationalmannschaft.“ Ja, der<br />
Fernseher habe ihr Leben wirklich verändert.<br />
Vom Entwicklungsland zum neuen Star in Asien<br />
Yulianus’ Nachbar Yonas kann da nur zustimmen. Er ist Vorsitzender des<br />
Dorfrats und ein angesehener Gemeindevorsteher. Zwar hat er schon seit<br />
ein paar Jahren Strom und sich an das Leben mit einem Fernseher gewöhnt.<br />
Doch an die Zeit davor kann er sich noch gut erinnern: „Wir waren<br />
«Ohne Strom waren wir einfach isoliert<br />
und haben nicht mitbekommen, was auf<br />
der Welt passiert ist.» Yulianus, Dorfbewohner<br />
1 Yulianus lebt mit seiner Frau und seinen Kindern in Air Besar im<br />
indonesischen West Papua. Seit etwa einem Jahr ist er dank der<br />
Aggregate mit <strong>MTU</strong>-Motoren der Baureihe 1600 an das öffentliche<br />
Stromnetz angeschlossen.<br />
2 Sein Nachbar Yonas fühlt sich durch den Zugang zum Strom besser<br />
integriert und nicht mehr von der Welt isoliert.<br />
Kutacane<br />
Indischer<br />
Ozean<br />
Malaysia<br />
Brunei<br />
Malaysia<br />
Indonesien<br />
<strong>MTU</strong> Brown <strong>MTU</strong> Brown<br />
0-17-28-62 80% der Farbe 60% 40% 20%<br />
CMYK CMYK CMYK CMYK CMYK<br />
<strong>MTU</strong> Blue <strong>MTU</strong> Blue<br />
60% 40% 20%<br />
50-25-0-10 80% der Farbe<br />
CMYK CMYK CMYK<br />
CMYK CMYK<br />
Pazifischer<br />
Ozean<br />
Fak Fak<br />
Australien<br />
1<br />
2<br />
KARTE
Energie<br />
Bis zum Jahr 2020<br />
möchte die indonesische<br />
Regierung alle Haushalte<br />
des Landes an das<br />
öffentliche Stromnetz<br />
anschließen.<br />
Stromaggregate mit<br />
<strong>MTU</strong>-Motoren der Baureihe<br />
1600 liefern Strom<br />
in die entlegensten<br />
Gebiete des Landes.<br />
42 I <strong>MTU</strong> Report 03/11<br />
einfach isoliert und haben nicht mitbekommen, was auf der Welt passiert<br />
ist.“ Und das in einem Land, das sich in den vergangenen Jahren rasant<br />
entwickelt hat. Aus dem Entwicklungsland ist eine Nation mit einer schnell<br />
wachsenden Wirtschaft und einer immer größeren Mittelschicht geworden.<br />
Die Bevölkerungszahl ist auf fast 238 Millionen angestiegen. Wirtschaftsexperten<br />
erwarten, dass Indonesien nach China und Indien der nächste<br />
„Asian Star“ sein wird. Noch ist der Strombedarf im Land gering. Etwa 3.000<br />
Megawatt werden benötigt. Doch die Regierung rechnet damit, dass diese<br />
Zahl schon im Jahr 2025 auf 80.000 Megawatt steigen wird. Denn Indonesien<br />
ist groß. Das Land besteht aus über 17.500 Inseln. Doch während um<br />
die Hauptstadt Jakarta herum der Fortschritt schon heute an jeder Straßenecke<br />
sichtbar ist und der Stromverbrauch steigt, sind andere Gegenden<br />
immer noch sehr abgeschieden – und ohne Strom. Das soll sich ändern.<br />
Das staatliche Energieunternehmen Persusahaan Listrik Negara (PLN)<br />
möch te, dass schon im Jahr 2020 in ganz Indonesien Strom verfügbar ist –<br />
eine riesige Herausforderung.<br />
<strong>MTU</strong> verändert Leben<br />
Air Besar, die Heimat von Yulianus und Yonas, ist schon an das Stromnetz<br />
angeschlossen. Seit etwa einem Jahr laufen hier sieben Aggregate mit<br />
Zwölfzylinder<strong>MTU</strong>Motoren der Baureihe 1600. Sechs von ihnen liefern<br />
kontinuierlich 24 Stunden am Tag Strom, eins steht für Notfälle zur Verfügung.<br />
An den Nachmittagen, wenn der meiste Strom benötigt wird, liefern<br />
sie 2,4 Megawatt. Sie könnten noch viel mehr, doch noch wird in Fak Fak<br />
nur wenig Strom benötigt, da es kaum Industrie gibt. Der Strom erhellt bisher<br />
lediglich die kleinen Häuser im Dorf und lässt die Fernseher laufen.<br />
Sugiri, Leiter der PLNAußenstelle in Fak Fak lobt die Benutzerfreundlichkeit<br />
und Kraftstoffeffizienz der Aggregate. Besonders wichtig sind ihm allerdings<br />
die Zuverlässigkeit und die langen Wartungsintervalle: „Ersatzteile bis<br />
hierher zu liefern, braucht oft bis zu drei Monate, da können wir uns keine<br />
Ausfälle leisten“, erläutert er und ergänzt, dass die Aggregate problemlos<br />
24 Stunden am Tag laufen. „Nur für den alle 500 Stunden notwendigen<br />
Ölwechsel müssen wir sie kurz abschalten“, erzählt er.<br />
Dabei waren nicht alle Bewohner der Umgebung gleich begeistert davon,<br />
als ihr Dorf an das elektrische Stromnetz angeschlossen wurde. Sugiri erzählt<br />
von den Vorbehalten, die viele Bürger zunächst hatten. „Die Dorfbewohner<br />
waren es gewohnt, im Dunkeln zu leben. Sie haben Holz zum<br />
Kochen und Öllampen für das Licht benutzt. Mit der Elektrizität hat sich das<br />
langsam geändert. Erst langsam haben sie erkannt, welche Möglichkeiten<br />
ihnen das bietet.“, sagt er. Heute sei das anders und 95 Prozent der<br />
76 Familien im Dorf Air Besar sind an das Stromnetz angeschlossen.<br />
Kiosk sichert Lebensunterhalt<br />
Anders ist dies im Dorf Kuning Dua im Archipel Kutacane auf der Insel<br />
Sumatra. Schwer zu erreichen ist das Dorf auch. Von der Hauptstadt<br />
Sumatras dauert die Fahrt sieben Stunden lang und wegen der vielen<br />
«Dank des Stroms kann ich meinen Kiosk auch dann geöffnet<br />
haben, wenn die Sonne untergegangen ist.» Lis, Dorfbewohnerin
Lis aus dem kleinen Dorf Kuning Dua<br />
in Sumatra verdient ihr Geld mit einem<br />
kleinen Kiosk. Dank der Stromaggregate<br />
kann sie ihn im Dunkeln mit<br />
Leuchtreklame bewerben und so ihre<br />
Einnahmen erhöhen.<br />
Lis’ Mann ist vor einigen Jahren gestorben und sie muss alleine für den Unterhalt ihrer Kinder aufkommen.<br />
<strong>MTU</strong> Report 03/11 I 43
Dank der Stromversorgung durch die Aggregate können die Kinder in den Dörfern Air Besar und Kuning Dua auch dann lernen, wenn es draußen dunkel ist.<br />
44 I <strong>MTU</strong> Report 03/11
scharfen Kurven ist sie nichts für sensible Mägen. Doch auch wenn das<br />
Dorf nicht viel größer ist als Air Besar, werden in Spitzenzeiten bis zu 8,5<br />
Megawatt Strom pro Stunde benötigt. Hier haben die Bewohner schon seit<br />
einigen Jahren Strom, den sie nicht mehr nur nutzen, um damit Lampen<br />
oder Fernseher zu betreiben. Hier betreiben die Bewohner kleine Geschäfte<br />
und verdienen damit ihren Lebensunterhalt. So auch Lis. Sie lebt in einem<br />
kleinen Holzhaus an der Hauptstraße, Palmenblätter decken das Dach. Seit<br />
ihr Mann vor einigen Jahren gestorben ist, muss sie ihre Kinder alleine ernähren.<br />
Dafür hat sie direkt neben ihrem Haus einen Kiosk eröffnet. Hier<br />
kocht sie für die Arbeiter in der Umgebung – das Geld, das sie damit verdient,<br />
spart sie für die Ausbildung ihrer Kinder. „Mit dem Strom kann ich<br />
Reiskocher benutzen und damit viel schneller kochen“, erzählt sie. Ein weiterer<br />
Vorteil des Stroms: „Ich kann auch dann, wenn die Sonne untergegangen<br />
ist, öffnen, ihn sogar mit Leuchtreklame bewerben. Und je länger mein<br />
Kiosk geöffnet ist, desto mehr kann ich für meine Kinder verdienen“, so<br />
die 40Jährige. Doch es geht ihr nicht nur um die finanzielle Sicherheit, die<br />
ihr der Kiosk bietet. „Ich weiß nicht, was ich sonst den ganzen Tag machen<br />
würde“, sagt sie. Nur auf die Rückkehr ihrer Kinder aus der Schule zu warten,<br />
sei einfach zu wenig.<br />
Herizal Rusli, Leiter der PLNAußenstelle in Kutacane, erläutert, wie man<br />
an hand des Strombedarfs den Entwicklungsstand der Bevölkerung messen<br />
kann. „Im Jahr 2003 haben wir maximal 2,5 Megawatt Strom benötigt,<br />
nun sind es oft schon 8,5“, sagt er. Ein Grund dafür seien auch die neuen<br />
Stromaggregate. Seit Anfang 2011 laufen sieben von ihnen in Sumatra. „Die<br />
ZwölfzylilnderMotoren der <strong>MTU</strong>Baureihe 1600 erfüllen unsere Anforderungen<br />
voll und ganz“, so Rusli. „Sie brauchen wenig Kraftstoff, verursachen<br />
geringe Wartungskosten und das Serviceteam ist immer verfügbar“,<br />
erklärt er.<br />
Näher an der Welt<br />
Zurück in Fak Fak. 3.200 Meilen und zwei Zeitzonen entfernt. Es ist Abend<br />
und Yulianus und Yonas gehen mit ihren Familien in der Stadt spazieren.<br />
Die Luft ist salzig, es riecht nach Meer. Straßenhändler verkaufen ihre<br />
Waren und laute Musik tönt durch die Gassen. Von weitem sehen die beiden<br />
Straßenlaternen. Die sind neu. Fak Fak ist modern geworden. In der<br />
Stadt, in der es bisher innerhalb von ein paar Minuten dunkle Nacht wurde,<br />
wie das in der Nähe des Äquators eben ist, sind die Tage jetzt länger.<br />
Jugendliche sitzen am Hafen, reden und spielen Gitarre – im Licht<br />
der Straßenlaterne. Die Elektrizität hat sie näher an die Welt herangeführt.<br />
Wenn heute etwas auf der Welt passiert, sind sie nicht mehr isoliert. Sie<br />
können in den Abendnachrichten im Fernseher sofort die Bilder sehen.<br />
Text: Lucie Dammann<br />
Bilder: ade adhar, Nurogo Teguh<br />
Ihre Fragen beantwortet:<br />
Chin Kheng Wah Allan<br />
allan.chin@tognum.com<br />
Tel. +65 68609931<br />
Energie<br />
«Die Motoren erfüllen unsere Anforderungen voll und ganz: Sie brauchen<br />
wenig Kraftstoff, verursachen nur geringe Wartungskosten und das<br />
Serviceteam ist immer verfügbar.» Herizal Rusli, Persusahaan Listrik Negara (PLN)<br />
Sieben Stromaggregate liefern im indonesischen Archipel Sumatra zu Höchstzeiten<br />
bis zu 8,5 Megawatt Strom.<br />
<strong>MTU</strong> Report 03/11 I 45
Energie<br />
Nachhaltiges Wohnen im Freiburger Stadtteil Vauban<br />
Quartier Idéal<br />
46 I <strong>MTU</strong> Report 03/11<br />
Das Vauban ist Freiburgs Öko-Vorzeige Stadtteil.<br />
Hier haben Bürger, Architekten und Baugemeinschaften<br />
in den vergangen 15 Jahren ihre Ideen<br />
zu einem umweltbewussteren und grüneren<br />
Leben verwirklicht. So haben sie einen Stadtteil<br />
geschaffen, der Neugierige, Journalisten und<br />
Fachleute aus der ganzen Welt anzieht. Seit<br />
April 2011 hat das Vauban ein neues nachhaltiges<br />
Highlight: ein Blockheizkraftwerk von<br />
<strong>MTU</strong> Onsite Energy.<br />
In dem Öko-Vorzeige-Viertel sieht kein Haus aus wie<br />
das andere. Nur eines haben alle gemeinsam: Sie verbrauchen<br />
nur sehr wenig Energie und Wärme.
England<br />
Frankreich<br />
1 „Wir machen uns die Welt, wie sie<br />
uns gefällt.“ Wie Pippi Langstrumpf<br />
denken viele Bewohner im Vauban.<br />
2 Das Vauban ist wie eine eigene Welt<br />
mitten in der Großstadt.<br />
Holland<br />
Belgien<br />
Deutschland<br />
1<br />
2<br />
KARTE<br />
Freiburg<br />
<strong>MTU</strong> Brown <strong>MTU</strong> Brown<br />
0-17-28-62 80% der Farbe 60%<br />
CMYK CMYK CMYK<br />
Schweiz Österreich<br />
Italien<br />
40% 20%<br />
CMYK CMYK<br />
<strong>MTU</strong> Blue <strong>MTU</strong> Blue<br />
60% 40% 20%<br />
50-25-0-10 80% der Farbe<br />
CMYK CMYK CMYK<br />
CMYK CMYK
Energie<br />
Früher lebte<br />
Elsa Gheziel-Neumann in<br />
einem Hochhaus in Paris,<br />
jetzt mit ihrem Mann<br />
und Sohn Xander im<br />
Vauban – weil es sich<br />
dort einfach besser lebt.
Andreas Delleske kennt das Vauban wie kein anderer:<br />
Seit 1999 lebt er im ersten Mehrfamilien-Passivhaus.<br />
„Ich bin nicht nach Freiburg gezogen, ich bin in das Vauban<br />
gezogen“, sagt Elsa GhezielNeumann. Sie spielt mit ihrem<br />
Sohn Xander auf dem Holzfußboden im Wohnzimmer. Es ist<br />
angenehm in ihrem Reihenhaus, nicht zu warm und nicht zu<br />
kalt. Der Blick aus der verglasten Südseite zeigt die fröhlich<br />
bunten Nachbarhäuser.<br />
«Ich bin nicht nach Freiburg gezogen,<br />
ich bin in das Vauban gezogen.»<br />
Elsa Gheziel-Neumann,<br />
Bewohnerin des Vauban<br />
Woher kommt der Name Vauban?<br />
Im Vauban leben viele junge Familien und Studenten. Der Altersdurchschnitt liegt<br />
bei knapp über 28 Jahren.<br />
Das Vauban ist ein ÖkoStadtteil. Aber woran erkennt man<br />
Öko? Im Vauban fallen zuerst die Bäume auf. Große alte Bäume,<br />
Kastanien und Ahorn – mitten im Neubaugebiet. Um sie herum<br />
stehen bunte Häuser. Keines gleicht dem anderen, weder farblich<br />
noch baulich. Hier ein Erker, da ein Balkon. Im Erdgeschoss<br />
Holzpaneelen, im ersten Stock schwarze Schieferplatten. Auf<br />
den ersten Blick wirkt das Vauban wie ein neues, modernes<br />
Wohngebiet. Das ist es auch. Erst auf den zweiten Blick entdeckt<br />
man die Kleinigkeiten, die aus dem Vauban ein Öko<br />
VorzeigeWohngebiet machen. Elsa GhezielNeumann lebt in<br />
der Solarsiedlung. Die Häuser hier haben über die gesamte<br />
Dachfläche Photovoltaikanlagen und produzieren so mehr<br />
Strom, als sie tatsächlich benötigen. Die Wohnräume sind so<br />
ausgerichtet, dass sie die Sonne bestmöglich nutzen. Im Winter<br />
scheint sie herein und wärmt, im Sommer fängt das Dach die<br />
Strahlen ab und die Wohnräume bleiben kühl. „Im vergangenen<br />
Winter haben wir die Heizung vielleicht sieben oder acht Mal<br />
angestellt“, erzählt Elsa GhezielNeumann.<br />
Auch Andreas Delleske wohnt hier. Er kennt das Vauban wie<br />
kein anderer. Häufig führt er Besuchergruppen durch den<br />
Freiburger Ökostadtteil. Sie wollen sehen, wie man heute<br />
ökologisch baut und was man sonst noch der Umwelt zu<br />
liebe tun kann. Dafür reisen Besucher aus der ganzen Welt an.<br />
Das Gelände des Stadtteils Vauban war bis 1992 eine Kaserne. Nach dem zweiten Weltkrieg besetzten<br />
die Franzosen diese und nannten sie „Vauban-Kaserne“ – nach Sébastien Le Prestre de Vauban,<br />
einem französischen General und Festungsbaumeister. Der Name „Vauban“ blieb, als die Stadt das<br />
Areal für einen neuen Stadteil frei gab: das „Quartier Vauban“.<br />
MEMO<br />
„Besonders interessiert und lebhaft sind die Asiaten“, erzählt<br />
Andreas Delleske. Er kennt zwar nicht jeden der 5.300 Bewohner<br />
persönlich, aber zu jedem Haus kann er etwas erzählen.<br />
Und er weiß wovon er spricht, schließlich wohnt er selbst in so<br />
einem für das Vauban typischen Haus. Und als Energieberater<br />
ist er vom Fach.<br />
Blockheizkraftwerke als Energieversorger der Zukunft<br />
Die Stadt Freiburg hatte für das Vauban einen Energiestandard<br />
beschlossen, mit dem Neubauten mindestens Niedrigenergiestandard<br />
haben müssen und somit nur sehr wenig<br />
Heizenergie benötigen. Ein Teil der Häuser im Vauban sind<br />
sogar Passiv oder Plusenergiehäuser. Sie benötigen keine<br />
Energie oder erzeugen sogar mehr als sie verbrauchen. Allein<br />
durch die Bauweise aus Holz, die nach Süden ausgerichtete<br />
Hauptfassade, eine sehr gute Dämmung, die Lüftung mit<br />
Wärmerückgewinnung und dreifach verglaste Fenster erfüllen<br />
sie die Heizverbrauchsvorgaben von unter 15 Kilowattstunden<br />
pro Quadratmeter und Jahr. So ist auch das Haus gebaut,<br />
in dem Andreas Delleske lebt – ein PassivMehrfamilienhaus.<br />
Wie viele Bewohner erzeugt er einen Teil des Stroms mit einer<br />
SolarStromanlage auf dem Dach. Der Großteil und zudem<br />
Wärme kommen aus dem Keller. Denn die Baugemeinschaft<br />
hat ein hauseigenes kleines Blockheizkraftwerk. „KraftWärmeKopplung<br />
ist für mich der größte Hammer, den wir noch<br />
in der Schublade haben“, findet der Energieplaner. Seiner<br />
Meinung nach dürften neue MehrfamilienHäuser ohne BlockheizkraftwerkAnschluss<br />
gar nicht mehr gebaut werden. Ob<br />
nun mit einem eigenen kleinen Blockheizkraftwerk im Keller<br />
oder dem Anschluss an große StadtteilBHKWs. Etwa 1.700<br />
andere Haushalte im Vauban beziehen über eine 14 Kilometer<br />
lange Nahwärmeleitung Wärme aus dem Blockheizkraftwerk<br />
Vauban von <strong>MTU</strong> Onsite Energy.<br />
Ein ausgezeichnetes Blockheizkraftwerk<br />
Und das ist energietechnisch ein echtes Highlight. Es hat<br />
einen Gesamtnutzungsgrad von 96 Prozent – aber erst seit<br />
Anfang dieses Jahres. Ursprünglich hatte der regionale Energiedienstleister<br />
Badenova mit seiner Tochter Wärmeplus das<br />
Blockheizkraftwerk mit einer Hackschnitzelheizung und einer<br />
DampfmotorGeneratorKombination ausgestattet. „Dem<br />
Dampfmotor ist schon bald die Puste ausgegangen“, erzählt<br />
Projektleiter Klaus Schipek von Badenova Wärmeplus. 2010<br />
hatte das Unternehmen genug von dem reparaturanfälligen<br />
<strong>MTU</strong> Report 03/11 I 49
Dampfmotor und suchte nach einer anderen Lösung. Die<br />
war schnell gefunden: ein neues Energiekonzept mit einem<br />
effizienten ErdgasBlockheizkraftwerk der Marke <strong>MTU</strong> Onsite<br />
Energy als Grundlage. Das neue ErdgasBlockheizkraftwerk<br />
erzeugt mit einem 8Zylin derMotor der Baureihe 4000 etwa<br />
850 Kilo watt Strom und 1.150 Kilowatt Wärme. Mit 7.200<br />
Volllaststunden im Jahr deckt es die thermische Grundlast<br />
und über 50 Pro zent des jährlichen Wärmebedarfs. Bei hoher<br />
Nachfrage unterstützen die Hackschnitzelkessel sowie ein<br />
Gas und ein ÖlSpitzenlastkessel den ErdgasMotor mit einer<br />
Leistung von je 2,5 Megawatt. Der erzeugte Strom aus dem<br />
Blockheizkraftwerk wird in das Netz von Badenova eingespeist<br />
und reicht aus, um alle Haushalte im Vauban ganzjährig zu versorgen.<br />
Den Gesamtnutzungsgrad von 96 Prozent schafft das<br />
Blockheizkraftwerk mit dem <strong>MTU</strong>Leistungsträger und seinen<br />
drei Unterstützern in einem intelligenten Gesamtsystem. Mit<br />
der ausgeklügelten, mehrfachen Wärmeauskopplung überbietet<br />
es konventionelle KraftWärmeKopplungsAnlagen. Zwei<br />
Abgaswärmetauscher kühlen die Motorabgase von rund 500<br />
Grad Celsius zweistufig auf 65 Grad Celsius herunter und<br />
heizen das Wasser so erst auf circa 67 Grad Celsius, dann auf<br />
90 Grad Celsius auf. Zusätzlich wird die Abwärme des Generators<br />
und des Motorblocks nicht einfach in die Umwelt geblasen,<br />
sondern über eine Wärmepumpe genutzt. So werden der<br />
Motorraum gekühlt und die Wärme dem Wärmenetz zugeführt.<br />
Damit der Motor auch bei niedrigem Wärmebedarf auf<br />
Volllast arbeiten kann, hat die Badenova einen 100.000 Liter<br />
SchichtenWärmespeicher aufgestellt. Der nächste nachhaltige<br />
Schritt ist der Wechsel von Erdgas zu BioErdgas, das<br />
Badenova den Kunden ebenfalls anbietet. Der <strong>MTU</strong>Motor ist<br />
dazu schon bereit.<br />
Das BHKW mit seinen orangen Fensterrahmen steht am Rande<br />
des Vauban. Im Vorbeigehen zeigt Andreas Delleske wieder<br />
etwas Vaubantypisches, was man wohl nur hier an diesem<br />
Blockheizkraftwerk findet: einen Hühnerstall – direkt hinter<br />
dem BLockheizkraftwerk. „Ein Hahn und vier Hennen produzieren<br />
original VaubanEier, die sich jeder Bewoh ner für wenige<br />
Cent kaufen kann“, erzählt der Energieberater schmunzelnd.<br />
Ein grünes Viertel<br />
Andreas Delleske spricht ruhig, wie jemand der sich gut auskennt<br />
und sich seiner Sache sicher ist. Immer wieder winkt<br />
er jemandem zu oder grüßt. Man kennt sich. Dann weist er<br />
wieder auf etwas hin, das aus dem Stadtteil den Ökostadtteil<br />
macht. „Hier gibt nur wenige Spitzdächer“, sagt er und zeigt<br />
nach oben. „Fast alle Häuser haben Flach oder Pultdächer,<br />
viele davon sind begrünt.“ Bei genauem Hinschauen kann man<br />
Hinter dem Gebäude steht ein Hühnerstall, in dem Hennen Eier<br />
für die Vauban-Bewohner legen.<br />
50 I <strong>MTU</strong> Report 03/11<br />
einige Pflanzen erahnen. Das begrünte Dach fängt bis zu<br />
60 Pro zent des Niederschlags auf. Der Rest des Wassers verschwindet<br />
nicht einfach in der Kanalisation, sondern versickert<br />
in bestimmten Gräben oder wird in Zisternen gespeichert.<br />
So bleibt das Wasser im Viertel. Noch mehr Grün bieten die<br />
fünf grünen Zonen zwischen den Grundstücken. Die Anwohner<br />
haben sie selbst in Workshops gestaltet. „Es gibt einen<br />
Spielplatz für Kleinkinder, einen für größere Kinder“, erzählt<br />
Delleske – und einen Pizzaofen: „Auch Erwachsene finden ihr<br />
Plätzchen, zum Beispiel hier. Da kann man einmal im Monat<br />
Brot oder Pizza backen.“<br />
«KraftWärmeKopplung ist für mich der größte<br />
Hammer, den wir noch in der Schublade haben.»<br />
Beim Rundgang durch das Viertel geht Delleske auf der Straße.<br />
Es ist ruhig. Nicht mucksmäuschen still ist es, aber stiller als<br />
sonst in Großstädten. Kinder spielen draußen und ab und zu<br />
rauscht die Straßenbahn vorbei. Einen Gehsteig gibt es nicht.<br />
„Wozu auch?“ fragt Delles ke. Und wieder fällt eine Besonderheit<br />
erst auf den zweiten Blick auf. Ein großer Teil des Vauban<br />
ist autofrei oder verkehrsberuhigt. Bewohner fahren nur zum<br />
Ein und Ausladen zu ihrem Haus. Ansonsten steht das Auto<br />
in einer der Parkgaragen am Rand des Viertels. „Hier braucht<br />
man kein Auto. Ich habe nicht einmal einen Führer schein“,<br />
ergänzt Delleske. Er und Elsa GhezielNeumann nutzen Einkaufsmöglichkeiten<br />
direkt im Viertel. Für alles andere außerhalb<br />
des Viertels fahren Straßenbahn oder Busse regelmäßig.<br />
Elsa GhezielNeumann und Andreas Delleske fühlen sich wohl<br />
im Vauban. Die DiplomGeografin und der Energieplaner leben<br />
mit ihren Familien in modernen, nachhaltigen Wohnungen.<br />
Außerdem spürt man, dass im Vauban alle an einem ökologischen<br />
Strang ziehen – um möglichst nachhaltig zu leben.<br />
„Nicht jeder soll so leben wie wir; nur der, der kann und will“,<br />
bestätigt Delleske. Dafür müsse man nicht gleich in ein Passivhaus<br />
umziehen. Es genüge, bei sich selbst anzufangen und<br />
aktiv zu werden, mit stromsparenden Geräten, öffentlichem<br />
Nahverkehr oder dem Fahrrad.<br />
Text: Katrin Beck<br />
Bilder: Robert Hack<br />
Ihre Fragen beantwortet:<br />
Peter Grüner, peter.gruener@mtuonline.com<br />
Tel. +49 6134 564860<br />
Der <strong>MTU</strong>-Motor vom Typ 8V 4000 ist das Herzstück des BHKWs und<br />
versorgt das Quartier Vauban ganzjährig mit Strom und Wärme.<br />
Andreas Delleske,<br />
Energieplaner
„Kraft-Wärme-Kopplung ist<br />
die Energie der Zukunft“<br />
Freiburg hat 2010 den Titel „Bundeshauptstadt im Klimaschutz“ verliehen<br />
bekommen. Das Projekt Greencity Freiburg vermarktet geschickt alles, was<br />
mit Klimaschutz in Freiburg zu tun hat. Darin ist das Quartier Vauban nur ein<br />
Projekt, mit dem die Stadt im Breisgau auf sich aufmerksam macht. Klaus<br />
Hoppe ist Leiter der Energiefachstelle des Umweltschutzamtes in Freiburg. An<br />
ihm kommt kein Bauprojekt vorbei, ohne auf Energieeinsparung und Energieeffizienz<br />
geprüft zu werden.<br />
Herr Hoppe, ist das Vauban ein Ausnahmefall, mit dem sich die Stadt<br />
schmückt oder ist das die Zukunft?<br />
Hoppe: In der Summe der Maßnahmen ist das Vauban sicherlich etwas Besonderes,<br />
was neben der städtischen Initiative auch an den Bewohnern und<br />
ihren Einstellungen liegt. Die Entwicklung des Gebietes ist ja gerade mit deren<br />
Beteiligung genau so entstanden. Rein energetisch ist es ein Vorbildstadtteil.<br />
Für unsere neuen Baugebiete nutzen wir die Erfahrungen, die wir im Vauban<br />
gemacht haben.<br />
Welche Rolle spielen für Sie BHKWs bei der Energieplanung?<br />
Hoppe: Zur Zeit haben wir in Freiburg circa 180 BHKWs – Tendenz steigend.<br />
Die KraftWärmeKopplung ist für mich eine der Energien der Zukunft –<br />
mindes tens für die nächsten 1520 Jahre. Aber man muss im Einzelfall prüfen,<br />
wo BHKWs Sinn machen und wie sie finanziert werden können. Die besten<br />
Chancen sehe ich in Verbindung mit dem Gebäudebestand.<br />
Regeneratives Bauen kostet. Wie schaffen Sie es, dass die Bürger an<br />
einem Strang ziehen?<br />
Hoppe: Da ist zum einen die Mentalität der Menschen in der Region. Sie<br />
haben schon in den 1970erJahren, noch vor der eigentlichen Ökobewegung,<br />
gegen ein geplantes Atomkraftwerk demonstriert. Viele engagieren sich auch<br />
aktiv für Energiepolitik und Klimaschutz. Dass die Stadt von einem grünen<br />
Bürgermeister regiert wird, ist sicher ein Beispiel dieser speziellen Situation in<br />
Freiburg. Es ist sogar so, dass wir immer wieder „motiviert“ werden, aktiv zu<br />
bleiben. Manchen ist das, was wir tun, noch nicht genug. Und dann haben wir<br />
hier auch noch das Knowhow durch das Ökoinstitut und das Fraunhoferinstitut<br />
für solare Energiesysteme.<br />
Wo sehen Sie Freiburg in 20 Jahren?<br />
Hoppe: Freiburg soll den Weg, den es eingeschlagen hat, weiter gehen – ambitioniert,<br />
aber nicht dogmatisch. Ich wünsche mir, dass wir uns intensiver engagieren<br />
im Energie als auch im Verkehrsbereich und die Erneuerbaren Energien<br />
einsetzen wo immer dies sinnvoll ist.<br />
Energie<br />
Klaus Hoppe ist ein<br />
Freiburger Energiefachmann.<br />
Er überprüft die<br />
Energieeffizienz von<br />
Bauprojekten in der<br />
Stadt.<br />
Mehr dazu...<br />
...weitere Impressionen aus<br />
dem Vauban<br />
Wie funktioniert‘s – siehe Seite 3<br />
oder unter http://bit.ly/o3EFh8<br />
ONLINE
Bahn<br />
52 I <strong>MTU</strong> Report 03/11<br />
Europas größter Rangierbahnhof<br />
Bergtour
Über einen fünf Meter<br />
hohen Ablaufberg rollen<br />
die Wagen auf das Richtungsgleis.<br />
Maschen ist eigentlich ein recht<br />
unbekanntes Dorf. Kaum einer<br />
verläuft sich in diesen kleinen,<br />
10.000 Einwohner großen Vorort<br />
von Hamburg. Doch es gibt nur<br />
wenige Güterzugwagen in Europa,<br />
die nicht schon in Maschen<br />
waren. Denn hier befindet sich<br />
der größte Rangierbahnhof Europas.<br />
3.500 bis 4.000 Wagen rollen<br />
hier täglich ein, werden zu neuen<br />
Zügen zusammengesetzt und<br />
verlassen den Bahnhof wieder.<br />
Was macht ein Bergmeister im<br />
nord deutschen Flachland – ausgerechnet<br />
dort, wo die Einheimischen<br />
schon von Bergen sprechen,<br />
wenn sie den Deich oder eine Autobahnbrücke<br />
meinen? Die Antwort:<br />
Er wacht über einen Berg.<br />
Peter Bagdahn ist so ein Bergmeister.<br />
Der Berg, über den er wacht, ist<br />
der Abdrückberg am Rangierbahnhof<br />
Maschen. Dieser ist zwar nur<br />
fünf Meter hoch, das ist selbst für<br />
norddeutsche Verhältnisse ein Hügel.<br />
Doch dafür hat der Berg eine<br />
ganz entscheidende Aufgabe: Über<br />
ihn rollen alle Züge, die von Süden<br />
in den Bahnhof einfahren. Vor dem<br />
Berg werden die einzelnen Wagen<br />
im so genannten Einfahrgleis getrennt<br />
und über den Berg rollen sie<br />
Am Rangierbahnhof in Maschen<br />
werden Güterzüge, die aus unterschiedlichen<br />
Richtungen kommen,<br />
neu zusammengesetzt.<br />
dann in ein Richtungsgleis, in dem<br />
sie zu neuen Zügen zusammengesetzt<br />
werden. Peter Bagdahn beobachtet<br />
gemeinsam mit seinem<br />
Kollegen, ob die Wagen in die richtigen<br />
Gleise rollen. Dazu sitzt er<br />
weit oben über dem Bahnhof in<br />
einem Raum mit riesigen Panoramafenstern.<br />
Doch sein Blick schweift<br />
nur selten über den Bahnhof. Die<br />
meiste Zeit schaut er auf seinen<br />
Bildschirm. Da sieht er genau, welche<br />
Wagen in welches Gleis einlaufen<br />
müssen. Die Weichen sind<br />
schon elektrisch gestellt, als Bergmeister<br />
muss er nur kontrollieren,<br />
ob die Züge auch wirklich in das<br />
richtige Gleis einlaufen.<br />
Züge aus ganz Europa<br />
Bevor die Wagen nach Maschen<br />
kommen, haben sie schon einen<br />
weiten Weg hinter sich. Die meisten<br />
kommen direkt vom Hamburger<br />
Hafen, wo die Container vom Schiff<br />
auf den Zug geladen wurden. 120<br />
Güterzüge fahren von dort täglich<br />
nach Maschen. Wenn der weltweite<br />
Handel weiter wächst, könnten<br />
es im Jahr 2020 doppelt so viele<br />
sein. Aber auch aus anderen Teilen<br />
Deutschlands, sogar aus ganz Europa,<br />
rollen Güterzüge in Maschen<br />
ein. Allerdings sind die einzelnen<br />
Wagen noch nicht so zusammengesetzt,<br />
wie sie es sein müssten.<br />
Noch ist ein Wagen, der nach München<br />
muss, hinter einem Wagen gespannt,<br />
in dem sich Güter auf den<br />
Weg nach Paris oder Rom machen<br />
Alle Abläufe am Bahnhof<br />
sind elektronisch gesteuert.<br />
Bergmeister Peter<br />
Bagdahn kontrolliert<br />
lediglich, ob die Wagen<br />
in die richtigen Richtungsgleise<br />
rollen.<br />
Holland<br />
Belgien<br />
Maschen<br />
Hamburg<br />
Deutschland<br />
Italien<br />
KARTE<br />
Polen<br />
<strong>MTU</strong> Brown <strong>MTU</strong> Brown<br />
0-17-28-62 80% der Farbe 60% 40% 20%<br />
CMYK CMYK CMYK CMYK CMYK<br />
Tschechien<br />
<strong>MTU</strong> Blue <strong>MTU</strong> Blue<br />
60% 40% 20%<br />
50-25-0-10 80% der Farbe<br />
CMYK CMYK CMYK<br />
CMYK CMYK<br />
Österreich<br />
<strong>MTU</strong> Report 03/11 I 53
54 I <strong>MTU</strong> Report 03/11
Mit 88 Gleisen ist der<br />
Rangierbahnhof in<br />
Maschen (südlich von<br />
Hamburg) der größte<br />
seiner Art in Europa und<br />
der zweitgrößte weltweit.<br />
Nur der Rangierbahnhof<br />
Bailey Yard im US-Bundesstaat<br />
Nebraska ist<br />
größer.<br />
Bahn<br />
sollen. In Maschen werden alle<br />
Wagen, die das gleiche Ziel haben,<br />
hinter die selbe Lok gespannt.<br />
Weiterfahrt nach Fahrplan<br />
Schon nachdem ein Zug seinen<br />
Startbahnhof verlässt, wissen die<br />
Mitarbeiter in Maschen genau, wann<br />
er ankommen wird, wie viele Wagen<br />
er hat, was diese geladen haben<br />
und wie schwer diese sind. Das ist<br />
wichtig für die Planung der neu zusammengesetzten<br />
Züge, denn ein<br />
Zug darf nicht länger als 700 Meter<br />
oder – je nach Strecke – schwerer<br />
als 1.600 Tonnen sein. Kommt der<br />
Zug in Maschen an, wird er erst einmal<br />
auf dem Einfahrgleis geparkt.<br />
Dort ist die Stunde der Löser gekommen.<br />
Rund 30 von ihnen sind in<br />
Maschen im Einsatz – rund um die<br />
Uhr im Schichtbetrieb. Nach einer<br />
Zerlegeliste, in der genau steht,<br />
welcher Wagen seine Reise auf welchem<br />
Gleis fortsetzen wird, trennen<br />
sie die einzelnen Wagen voneinander<br />
und lösen die Bremsen. Wagen<br />
2, beladen mit Getreide, soll<br />
auf das Richtungsgleis 43 in Richtung<br />
Prag rollen. Die Wagen 3 bis<br />
6 sind mit Holz beladen und sollen<br />
ihre Reise auf dem Gleis Nummer<br />
50 weiterführen. Hier steht schon<br />
die Lok und wartet, bis alle Wagen<br />
angekommen sind, um sie weiter<br />
nach München zu ziehen. „Auch<br />
im Güterverkehr gibt es einen genauen<br />
Fahrplan, wann welcher Zug<br />
unseren Bahnhof verlässt und wann<br />
er am Zielbahnhof ankommt“, erzählt<br />
Burkhard Nielsen. Er ist Leiter<br />
der Umlaufplanung und koordiniert<br />
den Einsatz der 35 Rangierloks am<br />
<strong>MTU</strong> Report 03/11 I 55
1 Wolfgang Paul ist Lokführer. Den Klang seines <strong>MTU</strong>-Motors kennt er gut.<br />
2 Täglich fährt er bis zu 20 Züge über den Ablaufberg.<br />
56 I <strong>MTU</strong> Report 03/11<br />
Burkhard Nielsen koordiniert<br />
den Einsatz der 35<br />
Rangierloks am Rangierbahnhof<br />
in Maschen.<br />
1<br />
2<br />
Bahnhof in Maschen – ein „alter<br />
Bahner“. Wenn er über das Bahnhofsgelände<br />
läuft, schallt es überall<br />
fröhlich „Moin“.<br />
„Den Klang kenn ich gut.“<br />
Fröhlich begrüßt er auch Lokführer<br />
Wolfgang Paul. Der sitzt im Führerstand<br />
einer roten Rangierlokomotive<br />
der Baureihe 296, die die vom<br />
Löser entkuppelten Wagen den<br />
berühmten fünf Meter hohen Ablaufberg<br />
hinaufschiebt. Scheinbar<br />
unbeteiligt beo bachtet er, wie die<br />
Lok die lange Schlange der Wagen<br />
vor sich herschiebt. Das Ende<br />
der Schlange kann er kaum sehen,<br />
so lang ist sie. Die Lok fährt, ohne<br />
dass Wolfgang Paul einen Hebel<br />
bedient. Sie ist ferngesteuert und<br />
der Lokführer muss nur dann eingreifen,<br />
wenn etwas schief läuft.<br />
Ist das nicht langweilig? Wolfgang<br />
Paul nickt und gibt zu: „Manchmal<br />
schon.“ Doch für Abwechslung<br />
sorgt Bergmeister Peter Bagdahn.<br />
Über Funk ist Wolfgang Paul mit ihm<br />
verbunden. „Es kann losgehen“, rattert<br />
es aus dem Funkgerät und der<br />
Lokführer bereitet sich auf den Start<br />
vor. Der Motor schnurrt. Schon am<br />
Klang erkennt er, dass der Motor<br />
von <strong>MTU</strong> kommt. „Den Klang kenn<br />
ich gut“, sagt er und lacht schelmisch.<br />
Mit 2,2 bis 2,9 Metern pro<br />
Sekunde schiebt die Lok die Wagen<br />
den fünf Meter hohen Abdrückberg<br />
hinauf. Dann ist der große Moment<br />
für die Wagen bekommen: Einzeln<br />
und ohne Bremse rollen sie den<br />
Berg hinunter, hinein in ein scheinbares<br />
Wirrwar aus Gleisen. Das<br />
wirkt bedrohlich und irgendwie unkontrolliert.<br />
Doch scheinbar wie von<br />
Zauberhand rollen die Wagen durch<br />
zahlreiche elektrisch gesteuerte<br />
Mehr dazu...<br />
...in einem Video erklären Lokführer<br />
und Bergmeister die Arbeit am Bahnhof.<br />
Wie funktioniert‘s – siehe Seite 3 oder unter<br />
http://bit.ly/rlNiJQ<br />
Weichen hindurch und finden den<br />
Weg in das richtige der 88 Gleise.<br />
Wagen für Wagen rauscht den Berg<br />
hinunter durch das GleisGewirr.<br />
Die Geschwindigkeit der Wagen<br />
wird elektronisch überwacht. Ist ein<br />
Wagen zu schnell, greifen die Zangen<br />
der Gleisbremsen an die Räder<br />
der Wagen und bremsen ihn ab. So<br />
kommt er genau in der richtigen Geschwindigkeit<br />
in seinem neuen Gleis<br />
an und trifft dort auf seine neuen<br />
Weggefährten, mit denen er die Reise<br />
zusammen fortsetzt.<br />
Jetzt kommt der Kuppler ins Spiel.<br />
Er kuppelt die Wagen der neu gebildeten<br />
Züge zusammen und schließt<br />
die Bremse – alles manuell, denn<br />
ein einheitliches System, nachdem<br />
alle Wagen in Europa zusammengekuppelt<br />
werden, gibt es nicht.<br />
Nachdem der Wagenmeister die<br />
Funktion der Bremse und die korrekte<br />
Sicherung der Ladung kontrolliert<br />
hat, verlassen die Wagen<br />
in neuer Zusammensetzung den<br />
Bahnhof in Maschen wieder. Zurück<br />
bleibt Bergmeister Peter Bagdahn<br />
hoch oben über dem Bahnhof. Auf<br />
seinem Monitor sieht er schon, wie<br />
sich Lokführer Wolfgang Paul im<br />
nächsten Zug dem Bahnhof nähert.<br />
Den Monitor braucht er dazu eigentlich<br />
nicht, denn richtige Berge, die<br />
ihm die Sicht versperren könnten,<br />
gibt es im norddeutschen Flachland<br />
nicht.<br />
Text: Lucie Dammann<br />
Bilder: Robert Hack<br />
Ihre Fragen beantwortet:<br />
Klaus Peiler<br />
klaus.peiler@mtuonline.com<br />
Tel. +49 7541 907044<br />
ONLINE
Auf sie freuen sich die Lokführer in Maschen besonders:<br />
die Lokomotive Gravita von Voith, bei der Bahn unter der<br />
Baureihe 261 geführt.<br />
Der neue Star<br />
Sie ist der neue Star in Maschen: die Rangierlokomotive Gravita von Voith, bei der<br />
Deutschen Bahn unter der Baureihenbezeichnung 261 geführt. 15 Loks werden bereits<br />
im Norden Deutschlands für den Rangier-und leichten Streckenbetrieb eingesetzt, fünf<br />
davon in Maschen – bisher jedoch erst für den Streckenbetrieb. Rangieren kann die<br />
Lok in Maschen noch nicht, da hier noch die dazu notwendige Fernsteuerung fehlt.<br />
Doch die Vorfreude der Lokführer, diese Lok bald einzusetzen, ist groß. „Ich bin seit<br />
30 Jahren Lokführer. Das ist die erste neue Rangierlok, die wir in dieser Zeit bekommen“,<br />
sagt Jens Wulff mit leuchtenden Augen. Als einer der ersten bei der Bahn ist er<br />
schon im Sommer 2010 die neue Lok gefahren. Wenn er sonst über seine Arbeit<br />
spricht, wirkt er wenig enthusiastisch, eher norddeutsch zurückhaltend. Als Lokführer<br />
müsse man Einzelgänger sein, sagt er zum Beispiel, wenn er von seiner Arbeit erzählt.<br />
Doch wenn er über die neue Lok spricht, dann beginnen seine Augen zu strahlen.<br />
„Das ist so, als ob man von einem VW Käfer in einen modernen Golf umsteigt“, vergleicht<br />
er die bisherigen Rangierloks mit dieser neuen. „Die alte ist ja mein Vater<br />
schon gefahren, als er noch Lokführer war.“<br />
Und tatsächlich: Die Gravita fällt auf. Nicht nur, dass sie in einem strahlenden<br />
Rot leuchtet und schräge Linien der Lok ein frisches, modernes Design geben. Hydrodynamische<br />
Scheibenbremsen ermöglichen zudem ein verschleißfreies Bremsen. Das<br />
große Plus für die Lokführer ist der geräumige Führerstand mit Sitzplätzen in jede<br />
Richtung. So kann der Lokführer bequem an seinem Schaltpult sitzen, egal in welche<br />
Richtung er die Lok fährt. Doch eins ist gleich: Die „alte“ wie auch die „neue“ wird von<br />
einem <strong>MTU</strong>-Motor der Baureihe 4000 angetrieben. Der hat 1.000 Kilowatt Leistung<br />
und treibt die Lok zu einer Höchstgeschwindigkeit von 100 Stundenkilometern an. Die<br />
Lok ist zudem mit einem Dieselpartikelfilter ausgestattet. Für Lokführer Wulff besonders<br />
entscheidend: „Der Motor ist noch viel leiser als sein Vorgänger und damit macht<br />
es einfach viel mehr Spaß, die Gravita zu fahren.“<br />
MEMO<br />
Bahn<br />
Jens Wulff war im vergangenen Sommer einer der ersten Lokführer bei der<br />
Deutschen Bahn, der die Lok gefahren hat. Er hält den geräumigen Führerstand<br />
mit Schaltplätzen in jede Richtung für das größte Plus. Der <strong>MTU</strong>-Motor, der die<br />
Lok mit 1.000 Kilowatt Leistung antreibt, sei noch viel leiser als die Motoren<br />
älterer Lokomotiven. „Es macht einfach Spaß, diese Lok zu fahren“, sagt er.<br />
<strong>MTU</strong> Report 03/11 I 57
Technologie<br />
Technik kurz erklärt<br />
Aufgeschlüsselt<br />
Wie funktioniert die Abgasrückführung? Was ist<br />
die Aufgabe eines SCRKatalysators und warum<br />
ist die Aufladung so wichtig, um Motoren<br />
zu entwickeln, die möglichst wenig Schadstoffe<br />
emittieren? Die Entwicklung von Motoren wird<br />
mit jedem Jahr und mit jeder neuen Anforderung<br />
komplexer. Reichte es bis vor einigen Jahren<br />
noch aus, Motoren zu bauen, die möglichst<br />
wenig Kraftstoff verbrauchen und trotzdem leistungsfähig<br />
sind, so ist in den letzten Jahren eine<br />
dritte Komponente hinzugekommen: der Ausstoß<br />
von Schadstoffen. Hersteller von Motoren<br />
setzen immer neue Technologien ein, um diesen<br />
Ausstoß möglichst gering zu halten. Wie die ein<br />
58 I <strong>MTU</strong> Report 03/11<br />
4 5<br />
zelnen Technologien funktionieren, wird jetzt in<br />
technischen Artikeln auf der <strong>MTU</strong>Website erklärt.<br />
In den neuen Infomaterialien stellen Experten<br />
aus verschiedenen <strong>MTU</strong>Abteilungen mit<br />
leicht verständlichen Texten und anschaulichen<br />
Grafiken die Schlüsseltechnologien der Motorenentwicklung<br />
dar. Die Artikel beschreiben zudem,<br />
wie diese zusammenwirken und dadurch<br />
künftige Motorgenerationen noch sauberer und<br />
sparsamer werden. „Mit den Artikeln wollen<br />
wir Kunden ansprechen, die keine Motorexperten<br />
sind und sich trotzdem für die technischen<br />
Zusammenhänge interessieren“, erklärt Tognum<br />
Fachpressesprecher Mirko Gutemann.<br />
1 2<br />
1 Turboauflader verdichten die Luft, so dass mehr<br />
Luft in den Brennraum gelangt.<br />
2 Mit der Common-Rail-Einspritzung lässt sich die<br />
Verbrennung so verbessern, dass weniger Schadstoffe<br />
bei geringerem Kraftstoffverbrauch entstehen.<br />
3 Um den Ausstoß von Stickoxiden zu verringern,<br />
wird ein Teil der Abgase gekühlt und wieder der<br />
Ladeluft beigemischt.<br />
4 Dieselpartikelfilter säubern das Abgas des<br />
Dieselfilters.<br />
5 Im SCR-Katalysator werden die schädlichen Stickoxiden<br />
im Abgas in einer chemischen Reaktion in<br />
Wasser und Stickstoff umgewandelt.<br />
Die technischen Artikel<br />
zum Download<br />
Wie funktioniert‘s – siehe Seite 3<br />
oder unter http://bit.ly/s6gJr7<br />
3<br />
ONLINE
<strong>Apropos</strong> ... … Hightech in der<br />
Landwirtschaft<br />
Mehr über die Entwicklungen in der Landwirtschaft auf den Seiten 4 bis 13.<br />
Impressum<br />
<strong>MTU</strong> Report Magazin der Marken <strong>MTU</strong> und <strong>MTU</strong> Onsite Energy HERAUSGEBER Tognum AG; für den Herausgeber: Wolfgang<br />
Boller REDAKTIONSLEITUNG Lucie Dammann, email: lucie.dammann@tognum.com, Tel. +49 7541 902974 REDAKTION<br />
Katrin Beck, email: katrin.beck@tognum.com, Tel. +49 7541 906535; Anika Kannler, email: anika.kannler@tognum.com; Tel. +49<br />
7541 907743; Wolfgang Stolba, email: wolfgang.stolba@tognum.com, Tel. +49 7541 903703; Bryan Mangum, email: bryan.man<br />
gum@tognum.com, Tel. +1 313 5925753 WEITERE AUTOREN Katrin Hanger, Jenifer Riley, Helen Ye Shuqin ANSCHRIFT DER<br />
REDAKTION Tognum AG, Maybachplatz 1, 88045 Friedrichshafen GESTALTUNG UND HERSTELLUNG designmanufaktur|ries,<br />
88214 Ravensburg LEKTORAT Sigrid Hartmann, 88697 Bermatingen LITHOGRAPHIE wagner ...digitale medien, 88690<br />
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<strong>MTU</strong> Report 03/11 I 59
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