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VII - INITIATION/UNTERwEISUNG<br />
Die verschlungenen Wege durch das Labyrinth, auf denen<br />
es Hindernisse zu überwinden und Bewährungsproben<br />
zu bestehen gilt, sind seit Entstehung des Mythos auch<br />
Bild des Strebens nach Initiation. Die Durchquerung des<br />
Labyrinths ist ebenso spirituelle wie physische Reise.<br />
Von Prozessionswegen zu symbolischen Darstellungen<br />
der Weisheit, von Kirchenlabyrinthen zu tibetanischen<br />
Mandalas – das Beschreiten der konzentrisch verlaufenden<br />
Pfade hat stets auch eine moralische Dimension, ja<br />
erfordert Mut. Nach erfolgreicher Durchquerung des<br />
Labyrinths ist man nicht mehr derselbe, und folgt man<br />
seinen verschlungenen Wege, ist dies immer auch innere<br />
Reise. Die Durchquerung, verstanden als Lebensweg, stellt<br />
einen immer wieder vor Entscheidungen, lässt einen zögern<br />
und auf Abwege geraten, um schließlich zur Vollendung<br />
des Ichs zu gelangen. In verschiedenen Werken der<br />
zeitgenössischen Kunst wird diese moralische Dimension<br />
metaphorisch auf das Vertraute und Alltägliche übertragen.<br />
Maya Deren<br />
Der Kurzfilm Meshes of the Afternoon von Maya Deren und ihrem Ehemann<br />
Alexander Hamid stammt aus dem Jahr 1943. Die Hauptperson, dargestellt<br />
von Maya Deren, befindet sich in einer Art Wachtraum und begeht und<br />
erlebt eine Reihe symbolisch aufgeladener Handlungen. Eine zentrale Rolle<br />
spielen dabei alltägliche Gegenstände (Schlüssel, Messer, Blume, Telefon),<br />
die zum Auslöser eines beunruhigenden Gefühls der Fremdheit werden. Ein<br />
Schlüssel fällt auf eine Treppe, dann ein Messer. Der Schlüssel taucht aus<br />
Maya Derens Mund wieder auf, um sich dann in ein Messer zu verwandeln,<br />
das zur Selbstmordwaffe wird. Dabei bricht der Film mit den Richtlinien<br />
konventionell linearen Erzählens: Jedes einzelne dieser sonderbaren<br />
Ereignisse ist Teil der Darstellung eines nicht enden wollenden Traums, und<br />
der Zuschauer verliert sich in den ineinander verschachtelten Einstellungen<br />
und Sequenzen. Mit Meshes of the Afternoon wurde Maya Deren, die stark<br />
von Jean Cocteau beeinflusst wurde, zur Vorreiterin des experimentellen<br />
amerikanischen Films (New American Cinema), und ihr Werk inspirierte<br />
wiederum experimentelle Filmemacher wie Kenneth Anger oder Stan<br />
Brakhage.<br />
PRESSEMAPPE - IRRWEGE, LABYRINTHISCHE VARIATIONEN<br />
Maya Deren &<br />
Alexander Hammid<br />
Meshes of the<br />
Afternoon, 1943<br />
16-mm-Film, schwarz-weiß,<br />
Ton, 13'<br />
<strong>Centre</strong> <strong>Pompidou</strong>, Paris<br />
Musée national d’art<br />
moderne / <strong>Centre</strong> de création<br />
industrielle<br />
Ankauf, 1987<br />
© Tavia Ito et droits réservés<br />
pour Alexander Hammid<br />
Aus dem<br />
Ausstellungskatalog<br />
entnommene Bildtafel<br />
Abbildungen von Gänseund<br />
Leiterspielen<br />
Grafikdesign: Les Associés<br />
réunis<br />
08<br />
Bas Jan Ader<br />
Bas Jan Ader<br />
In Search of the<br />
Miraculous (one night<br />
in Los Angeles),<br />
1973-1975<br />
Schwarz-Weiß-Fotografien<br />
und Tinte auf Papier<br />
14-teilig, jeweils 27,5 x 34,5 cm<br />
Kröller-Müller Museum,<br />
Otterlo<br />
© Bas Jan Ader, droits<br />
réservés / Collection Kröller-<br />
Müller Museum, Otterlo, Pays-<br />
Bas / Photo : Tom Haartsen<br />
Das einer existenziellen Suche gleichende Werk von Bas Jan Ader ist<br />
beispielhaft für eine subjektive Wendung in der Konzeptkunst. In In Search<br />
of the Miraculous (one night in Los Angeles) streift Ader eine Nacht lang<br />
durch Los Angeles, „jene wild-romantische Metropole, die so viele Extreme<br />
in sich vereint“. In der bei dieser Performance entstandenen Fotoserie<br />
herrscht Einheit von Zeit, Ort und Handlung. Die lange Wanderung führt den<br />
Künstler von den Vorstädten bis zum Pazifik, dem Endpunkt seiner Reise. In<br />
dieser Hommage an seine Wahlheimat verquicken sich verschiedene Bezüge:<br />
Popmusik-Kultur, Hollywoods Film noir und die Tradition der städtischen<br />
Nachtfotografie wie etwa bei Brassaï.<br />
Die romantisch anmutenden Bilder der Nachtwanderung entstanden 1973<br />
und waren erster Teil einer Trilogie. Wenig später machte Ader sich mit<br />
einem kleinen Segelboot allein auf zu einer Atlantiküberquerung. Neun<br />
Monate später wurde das Wrack nah der irischen Küste aufgefunden.