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BLICKWECHSEL 2017

Journal für deutsche Kultur und Geschichte im östlichen Europa. Schwerpunkthema: »Mehr als Luther. Reformation im östlichen Europa«

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6 ORTE<br />

<strong>BLICKWECHSEL</strong><br />

EIN PARADIES FÜR HÄRETIKER<br />

Zeitreise zwischen Polen, Deutschland und Italien auf den Spuren der Reformation in Großpolen<br />

Aus beruflichen Gründen musste ich im Jahr 2016 nach Rom<br />

reisen – mit dem erklärten Ziel, eine Rekonstruktion der<br />

Wechselbeziehungen zwischen Polen und Italien im 16. Jahrhundert<br />

vorzubereiten. Den wissenschaftlichen Kontext bildete<br />

die europäische Dimension der Reformation. Fast in<br />

allen kleineren und größeren Kirchen des deutschen Sprachraumes<br />

finden sich heute Verweise auf diese Bewegung, die<br />

mit der um 1517 formulierten Kirchenkritik Martin Luthers<br />

begann und dann ganz Europa in Atem hielt. Gerade aus Italien<br />

kamen damals sehr viele Glaubensflüchtlinge nach Polen.<br />

Die Reformation prägte die Strukturen des Kontinents<br />

auf allen Ebenen. Niemand konnte sich diesem Prozess entziehen,<br />

weder die Befürworter noch die Gegner der neuen<br />

Strömungen. Die Republik Polen, in ihren heutigen Grenzen<br />

ein Resultat des Zweiten Weltkrieges und seiner Folgen,<br />

hat in ihrer Geschichte zahlreiche territoriale Veränderungen<br />

erfahren und ist ein Kind vieler Religionen. Das Land<br />

ist auch ein herausragendes Beispiel für eine verhältnismäßig<br />

stark ausgeprägte Toleranz, die damals viele faszinierte<br />

oder auch empörte. Die Duldung von religiösen Dissidenten<br />

bildete bis etwa 1660 eine charakteristische Verhaltensweise<br />

des polnischen Adels. Auf dessen Privatgütern wurden<br />

viele Ansichten toleriert, deren Vertreter anderswo auf<br />

dem Scheiterhaufen endeten.<br />

Eine Wanderung durch die Stätten der Reformationsgeschichte<br />

im frühneuzeitlichen Polen könnte zunächst nach<br />

Großpolen/Wielkopolska führen, in die älteste Provinz des<br />

Staates, wo im Jahr 966 Fürst Mieszko mit seinem Hof die<br />

Taufe empfing und seine Ländereien der westlichen Christenheit<br />

anschloss. Bereits 1524 erreichten lutherische Prediger<br />

Posen/Poznań. Das war eine unmittelbare Folge der<br />

zahlreichen Handelskontakte. Sie versorgten die Stadt an der<br />

Warthe nicht nur mit den neuesten Nachrichten, sondern<br />

auch mit aktuellen Büchern. Darunter befanden sich bereits<br />

Das Stadtpalais der Familie Górka in Posen/Poznań, Foto: © Krzysztof Jankowski

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