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»Ich habe nicht eine einzige Stimme vernommen,<br />

die die Analyse oderden Handlungsbedarf<br />

infrage gestellt hätte.« ANDREA ENRIA<br />

die Krise nicht für beendet erklären, bis<br />

wir dieses Problem nicht behoben haben.<br />

Die Reaktion auf Ihre Idee kann man als<br />

eher durchwachsen bezeichnen.<br />

Enria: Mein Eindruck ist, dass es eine<br />

breite Zustimmung darüber gibt, dass es<br />

das Problem gibt. Ich habe nicht eine einzigeStimme<br />

vernommen, diedie Analyse<br />

oder den Handlungsbedarf infragegestellt<br />

hätte. Es gibt unterschiedliche Meinungen<br />

über die Lösungsansätze. Aber selbst<br />

dabeigilt:Niemand bestreitet,dass Asset-<br />

Management-Gesellschaften eine wichtigeRolle<br />

beiden Bilanzsäuberungen spielen<br />

könnten. Ich wollteeine Debattedarüber<br />

in Gang setzen. Jetzthaben wir dieso<br />

wichtigeDiskussion.<br />

Deutschland war gar nicht glücklich über<br />

die Idee.<br />

Enria: Auch in Deutschland hat eskeine<br />

Stimme dazu gegeben, die das Problem<br />

kleinredet. In Deutschland ist die<br />

Hauptsorge, dasseseine Vergemeinschaftung<br />

der Risiken gibt. Dazu könnte dann<br />

gehören, dass deutsches Geld dafür verwendet<br />

werden müsste, schlechte Entscheidungen<br />

in anderen Mitgliedsländern<br />

zu subventionieren. Aber ich kann Ihnen<br />

versichern: Als wir unseren Vorschlag erarbeitet<br />

haben, waren wir sehr vorsichtig,<br />

um genau diese Vergemeinschaftung<br />

zu vermeiden. Sollten im Verkaufsprozess<br />

der Assets Verluste anfallen, dann<br />

müssen diese von den Ländern aufgefangen<br />

werden, in denen die jeweiligen Banken<br />

beheimatet sind. Es gibt verschiedene<br />

Möglichkeiten, die Vergemeinschaftung<br />

von Verlusten zu verhindern. Wir<br />

haben immer deutlich gemacht, dass das<br />

Asset Management kein Werkzeug sein<br />

darf, Verluste aufzuteilen. Zudem sage<br />

STATIONEN UND VITA<br />

BANKENEXPERTE<br />

ich auch ganz deutlich: Wir sollten nicht<br />

in eine Situation zurückkehren, in der der<br />

Steuerzahler für das ganze Dilemma zahlen<br />

muss. Wir müssen uns innerhalb der<br />

neuen Regeln bewegen und sicherstellen,<br />

dass es dieprivatenInvestorensind, diezuallererst<br />

für Verlusteaufkommenmüssen.<br />

Muss es denn ein einziger Asset-Manager<br />

sein?<br />

Enria: In unserem Vorschlag präferieren<br />

wir eine europäische Asset-Management-<br />

Gesellschaft. Esist aber durchaus auch<br />

vorstellbar, dass wir eine Art europäische<br />

Blaupause erstellen, vonder ausnationale<br />

Asset-Management-Gesellschaften<br />

entwickelt werden können. Dass wir bei<br />

der Richtliniezur Sanierung und Abwicklung<br />

vonKreditinstituten (BRRD) und bei<br />

staatlicher HilfeStandards gesetzthaben,<br />

ist natürlicheine sehr großeHilfe. Derzeit<br />

haben wir beiden Non-Performing Loans<br />

einen sehr engen Markt, an dem sich nur<br />

sehr spezialisierte Investoren beteiligen.<br />

Unsere Idee ist es, einen Markt zu schaffen,<br />

der transparenterund liquider ist, damit<br />

neue Investoren dazukommen.<br />

Nochmal konkret: Kommt die nächste Finanzkrise<br />

auf uns zu, wenn das Problem<br />

nicht gelöst wird?<br />

Enria: Es gibt keine unmittelbare Gefahr<br />

für die Finanzstabilität. Invielen Fällen<br />

haben wir es mit Banken zu tun, die lebensfähig<br />

sind, aber zu viele dieser faulen<br />

Kredite inden Büchern haben. Das<br />

hemmt sie in ihrer eigentlichen Aufgabe<br />

der Kreditvergabe,was wiederum der Profitabilitätund<br />

dem Geschäftsmodell schadet.<br />

Wenn das Thema nicht angegangen<br />

wird, kann das zu einem sehr ernsthaften<br />

Problem werden.<br />

Um welche Länder geht es konkret?<br />

Die Europäische Bankenaufsichtsbehörde<br />

EBAwurde 2011 als Konsequenz<br />

aus der Finanzkrise gegründet. Der<br />

55-jährige Italiener Andrea Enria führt<br />

die EU-Behörde seit Beginn. Nach<br />

seinem Studium der Wirtschaftswissenschaften<br />

begann Enria 1988 für die<br />

Banca d'Italia zu arbeiten. Von1999 bis<br />

2004 wirkte er in Frankfurtbei der EZB,<br />

wo er bereits mit der Regulierung und<br />

Aufsicht von Banken befasst war.Danach<br />

kehrte Enria zur Banca d'Italia zurück.<br />

Enria: Es gibt zehn Länder, imdenen die<br />

durchschnittliche NPL-Quote über 10 Prozent<br />

liegt. Aber es gibt einzelne Banken<br />

mit einer solchen Rate in praktisch jedem<br />

Mitgliedsland.<br />

Waspassiertdenn, wenn niemand diese Assets<br />

kaufen will?<br />

Enria: Investoren kaufen keine Assets,<br />

wenn siekeine Informationen haben und<br />

es Unsicherheit über die Qualität der<br />

Schuldner gibt. Ich habe aber den Eindruck,<br />

dass das Zinsumfeld den Appetit<br />

aufrisikoreichereAssets erhöht.<br />

Sie haben das Thema Profitabilität bereits<br />

erwähnt. Sind die Banken da auf dem richtigen<br />

Weg?<br />

Enria: Es gibt einige Treiber von geringer<br />

Profitabilität, auf die Banken tatsächlich<br />

keinen Einfluss haben. Dazu gehören natürlich<br />

die Geldpolitik und das Niedrigzinsumfeld.<br />

Aber es gibt Bereiche, indenen<br />

Banken selbst aktiv werden müssen.<br />

Die Kosteneffizienz muss bei vielen Banken<br />

verbessert werden. Im Durchschnitt<br />

decken die Zinseinkommen der europäischen<br />

Banken nicht die operativen Kosten.<br />

Die Banken haben es auch immer<br />

noch mit Rechtsstreitigkeiten und Vergleichen<br />

zu tun. Am Anfang haben wir<br />

alle gedacht, dass es sich um Einzelfälle<br />

handelt. Aber noch immer steigen die<br />

Zahlungen für diese Rechtsstreitigkeiten.<br />

Unglücklicherweise sind dievergangenen<br />

Episoden von Fehlverhalten noch nicht<br />

abgeschlossen.<br />

Würde es helfen, wenn die EZB die Zinsen<br />

erhöht?<br />

Enria: Es ist eine Stärkedes europäischen<br />

Bankensektors, dass es ein großes Ökosystem<br />

mit einer Vielfalt von Geschäftsmodellen<br />

gibt. Dennoch müssen wir feststellen,<br />

dass manche Geschäftsmodelle<br />

schlichtweg nicht überlebensfähig sind.<br />

Das ist der Grund, warum die RegulierersovielWertauf<br />

dieNachhaltigkeitder<br />

Modelle legen. Es liegt noch ein Weg vor<br />

uns, aber ich würde sagen, dass es Fortschrittegibt.<br />

Nämlich?<br />

Enria: Banken besinnen sich mehr aufihr<br />

Kerngeschäft, verschlanken ihre Strukturen<br />

und verkaufen, was nicht mehr zu ihnen<br />

passt. Das alles ist von Kosteneinsparungen<br />

begleitet. Der Prozess ist aber v<br />

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