VSAO JOURNAL Nr. 4 - August 2013
2. Akt - Zulassungsstopp light / Gastroenterologie/Rheumatologie
2. Akt - Zulassungsstopp light / Gastroenterologie/Rheumatologie
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Perspektiven<br />
Aus der «Therapeutischen UmsCHAu» * – Universitätsklinik für rHeumatologie, Klinische<br />
Immunologie und Allergologie, Inselspital, Universitätsspital Bern<br />
Proteine in der Rheumatologie<br />
und klinischen Immunologie<br />
Vor zwölf Jahren starteten die Tumor-Nekrose-Faktor (TNF)-Hemmer den Siegeszug der neuen,<br />
grundlagenforschungs-basierten Therapiestrategien. Heute werden neben den Anti-Zytokinen auch<br />
Biologica eingesetzt, welche B-Lymphozyten eliminieren oder die Aktivierung von T-Lymphozyten<br />
hemmen. Das Spektrum der Anwendungen von Biologica wird in Zukunft erheblich zunehmen und<br />
auch erfolgreiche Therapien von Immunerkrankungen mit sogenanntem Orphanstatus (seltener<br />
als 1:10 000 auftretend) ermöglichen. Bei richtiger Indikationsstellung und in Kenntnis der Wirkmechanismen<br />
und der Nebenwirkungsprofile sind die Biologica nicht gefährlicher als die klassischen<br />
immunosuppressiven Basismedikamente.<br />
Peter M. Villiger<br />
Bench to Bedside<br />
Im Gegensatz zu den konventionellen<br />
Basismedikamenten, den sogenannten<br />
Disease Modifying Anti-Rheumatic Drugs<br />
(DMARDs), deren Wirkung oft erst im<br />
Verlaufe der klinischen Anwendung genauer<br />
erkannt wurde, basieren die Biologica<br />
auf Erkenntnissen der Grundlagenforschung.<br />
In den letzten Dezennien des<br />
vergangenen Jahrhunderts wurden verschiedene<br />
endogene Substanzen identifiziert,<br />
welche Entzündung auslösen, modulieren<br />
und schliesslich begrenzen und<br />
in reparative Vorgänge überführen. So<br />
wurden beispielsweise die Mechanismen<br />
entschlüsselt, welche für die Rekrutierung<br />
der Leukozyten an den Ort der Entzündung<br />
verantwortlich sind. Eine zentrale<br />
Rolle spielen bei diesen Vorgängen<br />
lösliche Proteine, die sogenannten Interleukine<br />
(IL), auch Zytokine genannt. Die<br />
Idee, solche Proteine zu neutralisieren<br />
und damit Entzündungsvorgänge zu modulieren<br />
lag auf der Hand. Da eine überschiessende<br />
Entzündung organ-, ja sogar<br />
lebensbedrohlich werden kann, gibt die<br />
Natur verschiedene hochwirksame<br />
Hemm-Mechanismen vor. So werden<br />
Zytokin-Zellrezeptoren proteolytisch freigesetzt<br />
und neutralisieren in Lösung Zytokine,<br />
oder es gibt einen Interleukin-<br />
1-Rezeptor-Antagonisten (IL-1ra), der<br />
strukturverwandt mit IL-1 ist, aber keine<br />
biologische Aktivität entfaltet und IL-1<br />
kompetitiv vom Rezeptor verdrängt. Die<br />
ersten therapeutisch eingesetzten Biologica<br />
basieren auf diesen «biologischen»<br />
Prinzipien, es sind dies der lösliche TNF2-<br />
Rezeptor (Etanercept), ein monoklonaler<br />
Antikörper gegen TNF (Infliximab) und<br />
der IL-1ra (Anakinra).<br />
Der Durchbruch<br />
In der Regel sichert die Natur die wichtigen<br />
biologischen Mechanismen durch<br />
alternative molekulare Vorgänge ab. Dies<br />
wird beispielsweise veranschaulicht durch<br />
die Tatsache, dass die beiden proinflamma<br />
torischen Zytokine TNF und IL-1 stark<br />
überlappende zelluläre Wirkungen entfalten.<br />
Es war daher anzunehmen, dass die<br />
Neutralisierung des einen Zytokines durch<br />
(wenigstens) ein zweites kompensiert werden<br />
kann. In der Tat zeigte sich sehr<br />
rasch, dass die Unterbrechung des TNF-<br />
Signales allein, beispielsweise durch Etanercept<br />
(= löslicher TNF-Rezeptor) bei der<br />
Rheumatoiden Arthritis nicht wesentlich<br />
wirksamer war als die Wirkung von Methotrexat<br />
allein. Der Durchbruch gelang<br />
mit der Kombina tionsbehandlung TNF-<br />
Hemmer plus Methotrexat [1,2]. Es gibt<br />
autoimmune und auch autoinflammatorische<br />
Erkrankungen, welche mit Biologica<br />
in Monotherapie erfolgreich behandelt<br />
werden können. Bei der Rheumatoiden<br />
Arthritis gilt aber die Faustregel, dass man<br />
Biologica wenn immer möglich mit Methotrexat<br />
kombinieren soll.<br />
Antizytokine versus<br />
Immunosuppressiva<br />
Die heute in der Rheumatologie und Klinischen<br />
Immunologie verwendeten Biologica<br />
können vereinfachend in Antizytokine<br />
und Immunosuppressiva unterteilt<br />
werden (Tab. 1 und Abb. 1). Die TNF-Hemmer<br />
und der IL-1ra kamen vor mehr als<br />
zehn Jahren in die klinische Anwendung.<br />
Der B-Zell-depletierende monoklonale Antikörper<br />
Rituximab wurde bereits vor Jahren<br />
in der Onkologie zur Therapie von B-<br />
Zell-Lymphomen eingeführt und schaffte<br />
den Durchbruch in der Klinischen Immunologie<br />
vor etwa 5 Jahren. Etwas jünger ist<br />
Abatacept, ein Molekül welches die Co-<br />
Stimulation der T-Lymphozyten inhibiert<br />
und schliesslich Tocilizumab, ein IL-<br />
6-neutralisierender monoklonaler Antikörper<br />
und Canakinumab ein Antikörper<br />
gegen IL-1b. Letzterer fand erst kürzlich<br />
seine erste Indikation, nämlich in der Therapie<br />
der genetisch determinierten autoinflammatorischen<br />
Syndrome [3].<br />
Antizytokine<br />
Im Gegensatz zum IL-1ra, welcher in der<br />
Therapie der Rheumatoiden Arthritis<br />
(RA) nicht überzeugt, fanden Infliximab<br />
und Etanercept als TNF-Hemmer eine<br />
rasche Verbreitung und wurden bald neben<br />
der RA auch zur Behandlung der<br />
Spondyloarthritiden und der Psoriasis<br />
(arthritis) eingesetzt. Mit der Entdeckung<br />
der zentralen Rolle von IL-1 bei autoinflammatorischen<br />
Syndromen begann für<br />
Anakinra aber kürzlich eine Renaissance.<br />
* Der Artikel erschien ursprünglich in der<br />
«Therapeutischen Umschau» (2011; 68 (11):<br />
603-609). <strong>VSAO</strong>-Mitglieder können die «Therapeutische<br />
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<strong>Nr</strong>. 4 <strong>August</strong> <strong>2013</strong><br />
<strong>VSAO</strong> <strong>JOURNAL</strong> ASMAC<br />
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