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BILDUNGSMESSE | w.news 06.2017

05.2017 | Wirtschaftsmagazin der IHK Heilbronn-Franken. Themen: BILDUNGSMESSE • IHK-WAHL • Advertorial B4B Themenmagazin

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IHK + Region<br />

DEMOKRATIE<br />

GIBT ES NICHT GESCHENKT<br />

Der diesjährige Frühjahrsempfang der IHK<br />

Heilbronn-Franken stand unter dem Motto<br />

„Die Entscheidung ist mit Dir. Das Wahljahr<br />

2017“. Jörg Schönenborn, Fernsehdirektor<br />

des WDR, Koordinator Fernsehfilm in der<br />

ARD und Moderator zahlreicher ARD Wahlsendungen<br />

referierte vor rund 600 Gästen<br />

zum Thema „Ist die Entscheidung wirklich<br />

noch mit Dir? – über Wahlen in Zeiten von<br />

German Angst und Wutwählern“.<br />

V o n M a t t h i a s M a r q u a r t<br />

Der Abend begann mit einer galaktischen<br />

Überraschung. NOX,<br />

ein etwa zweieinhalb Meter<br />

großer Roboter begrüßte die<br />

Gäste, gratulierte IHK-Präsident<br />

Prof. Dr. Dr. h. c. Harald Unkelbach zu<br />

dessen Geburtstag am Vortag und schwor<br />

das Publikum auf das Motto des Abends<br />

ein: Wahlen. IHK-Präsident Unkelbach<br />

betonte in seiner Begrüßung, dass die<br />

regionale Wirtschaft blendend dastehe.<br />

Beispielsweise durch eine unberechenbare<br />

US-Politik, eine zunehmend schwieriger<br />

werdende Lage in der Türkei, Protektionismus<br />

und die Gefahr von Handelskriegen,<br />

hätten jedoch die Risiken für deutsche<br />

Unternehmen insgesamt zugenommen<br />

und dies sei – aus seiner Sicht besonders<br />

tragisch – „sehenden Auges“ im<br />

Rahmen demokratischer Wahlen erfolgt.<br />

Unkelbach: „Die Wähler sägten oder sägen<br />

vielerorts an ‚dem Ast‘, der ihnen in<br />

den letzten Jahrzehnten Wohlstand und<br />

Frieden gebracht hat.“ So gelte derzeit<br />

weniger das alte Sprichwort „Wer die<br />

Wahl hat, hat die Qual“, sondern eher<br />

„Nach der Wahl kommt die Qual“. Gerade<br />

deshalb seien alle gesellschaftlichen<br />

Gruppen aufgerufen, immer wieder auf<br />

die Vorteile eines starken Europas und<br />

eines freien Welthandels hinzuweisen.<br />

Denn durch das zurzeit nur schwer vorhersehbare<br />

Wahlverhalten der Wähler<br />

und den sich daraus möglicherweise ergebenen<br />

Konsequenzen, sei auch die Wirtschaft<br />

– vielleicht in einem stärkeren<br />

Maße als in den vergangenen Jahrzehnten<br />

– abhängig vom Ausgang von Wahlen.<br />

Mit Schröder fing alles an<br />

Dies war dann auch das Thema von<br />

Gastredner Jörg Schönenborn. In seinem<br />

Vortrag analysierte der profunde Wahl-<br />

Kenner in fünf Schritten die Ursachen<br />

und Hintergründe von „Wahlen in Zeiten<br />

von German Angst und Wutwählern“.<br />

Mit einem Rückblick in die 1970er Jahre<br />

verdeutlichte er, wie heftig damals zwischen<br />

den großen Volksparteien gestritten<br />

wurde, wie „die Pole der Demokratie“<br />

aufeinandertrafen und die Wähler noch<br />

echte Alternativen hatten. Diese fehlten<br />

heute größtenteils. Aus seiner Sicht begann<br />

das Unheil 2005 mit der Abwahl<br />

von Bundeskanzler Gerhard Schröder,<br />

da dessen Agenda 2010 schließlich<br />

auch maßgeblich von seiner Nachfolgerin<br />

Angela Merkel und der Union mitgetragen<br />

wurde. Damals und bei der<br />

folgenden Bundestagswahl 2009, berichtete<br />

Schönenborn, entstand eine<br />

Gruppe politisch Heimatloser, über fünf<br />

Millionen Nichtwähler, die sich andere<br />

Wege als bei Wahlen suchen mussten,<br />

um ihrer Wut Luft zu machen. Nur so<br />

seien Phänomene wie Thilo Sarrazin<br />

und Stuttgart21 als „völlig irrationale<br />

Ventile“ für die Wut der Bürger möglich<br />

geworden. Davon hätten dann auch<br />

Rand-Parteien profitiert. Aktuell insbesondere<br />

die AfD. Ein Zustand dem der<br />

„Schulz-Effekt“ durchaus entgegenwirken<br />

könnte, wenn die Augenhöhe zwischen<br />

den Parteien wiederhergestellt<br />

werden würde.<br />

Farbe bekennen<br />

Ein weiteres Phänomen sei die zunehmende,<br />

größtenteils irrationale Angst in<br />

der Bevölkerung vor wirtschaftlichem<br />

und sozialem Abstieg sowie das Empfinden<br />

zunehmender Ungerechtigkeit.<br />

Schönenborn: „Das ist etwas, was sich<br />

auch Trump zunutze gemacht hat. Doch<br />

anders als in den USA gibt es bei uns<br />

dafür keine wirklich rationalen Gründe,<br />

was die Menschen aber nicht davon abhält<br />

so zu empfinden. Obwohl auf die<br />

Frage nach der persönlichen wirtschaftlichen<br />

Lage, 78 Prozent der Deutschen<br />

mit ‚gut‘ antworten, ist nahezu die Hälfte<br />

der Meinung es gehe bei uns eher ungerecht<br />

zu.“ Dasselbe gelte in der Flüchtlingsfrage<br />

und der Sorge, dass der Einfluss<br />

des Islam zu groß werde. Insgesamt<br />

kam Schönenborn jedoch zu dem<br />

Schluss, dass trotz wachsender Sorgen<br />

um wirtschaftlichen Wohlstand und<br />

kulturelle Identität unsere Demokratie<br />

reif und stabil sei. Dabei betonte er allerdings,<br />

dass die Glaubwürdigkeit einer<br />

Demokratie letztendlich immer wieder<br />

davon abhänge, dass sie öffentlich, im<br />

Diskurs stattfindet. Gerade auch Unternehmer<br />

seien dabei aber leider zu oft in<br />

der Öffentlichkeit zu zurückhaltend.<br />

Schönenborn: „Demokratie gibt es nicht<br />

umsonst. Niemand sollte sich dabei enthalten.<br />

Im Gegenteil, jeder schuldet die<br />

Teilnahme am öffentlichen Diskurs, da<br />

sonst die kleinen politischen Randgruppen<br />

breiter erscheinen als sie wirklich<br />

sind – und das sollten wir nicht zulassen.“<br />

Interessen wahren<br />

Eine Meinung, der sich IHK-Hauptgeschäftsführerin<br />

Elke Döring in ihrem<br />

Schlusswort unbedingt anschloss. Dabei<br />

verwies sie auch auf die im Herbst anstehenden<br />

Wahlen zur IHK-Vollversammlung,<br />

dem Parlament der regionalen<br />

Wirtschaft, und forderte die regionale<br />

Wirtschaft dazu auf zu kandidieren,<br />

Kandidaten zu benennen und selbstverständlich<br />

auch zu wählen. Döring: „Alle,<br />

kleinen, mittleren und großen Unternehmen<br />

sollten eine starke Vollversammlung<br />

wählen und damit dafür sorgen, dass die<br />

Politik ihre Interessen zur Kenntnis<br />

nimmt, denn die Vollversammlung redet<br />

nicht nur, sie handelt.“<br />

10 MAI 2017

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