OW-2017_Sommer_ePaper

JORDANIEN
pfeifen. Auf den ersten Blick wirkt
alles wie ein heilloses Durcheinander.
Aber das Chaos hat Prinzip. Wer
genau hinsieht, wird feststellen, dass
der tausendfach wiederholte Ablauf
der Geschehnisse eine spezielle
Form arabischer Meditation darstellt.
Eine steile Rampe bringt uns in gut
15 Minuten Fußmarsch auf den Zitadellenhügel
der Stadt. Zwischen den
Überresten der im 2. Jahrhundert
von Kaiser Marc Aurelius erbauten
Tempelanlage lauschen wir dem markerschütterndem
Schrei des Muezzin.
Weit reicht der Blick über die restlichen
sechs Hügel der Metropole. Etwas
unterhalb fällt sofort das antike
Theater auf. Zu Zeiten der römischen
Besatzung, als Amman noch Philadelphia
hieß, fasste es 6000 Zuschauer.
Die kolossale Arena ist noch prächtig
erhalten. Umrahmt von Verkehrstrubel
und Werbeplakaten wirkt sie wie
eine Fata Morgana aus längst vergangenen
Tagen.
Die gut 1200 Höhenmeter lange Abfahrt
mit dem Mietwagen zum Toten
Meer entpuppt sich als bestes Autokino.
Bei gut 35 Grad im Schatten
träumen wir insgeheim schon von einem
Sprung in die kühlen Fluten. Palmen,
Sonnenliegen und Strandkörbe
zeichnen sich im flirrenden Wüstenstaub
ab, steigern unsere Erwartungen.
Aber der mit 420 m unter Null
tiefste Punkt unseres Planeten, trotz
allem ein Höhepunkt unserer Reise,
vereitelt mit 30 % Salzgehalt jegliche
Erfrischung. Das Wasser hilft zwar
wirksam gegen diverse Hautkrankheiten,
aber schon der kleinste Tropfen
»Totes Meer« auf der Zunge oder
gar in den Augen brennt wie die Hölle.
Dafür lässt es sich im nahen Wadi
Mujib unbeschwert Wandern und
1 | Bei Feynan serviert ein Beduine Kaffee mit
frisch gemörsertem Kardamom
2 | Auf dem ‚White Domes Trail‘ bei Dana:
wie auf einem anderen Planeten
Fotos: Norbert Eisele-Hein
OutdoorWelten | Sommer 2017 73