15-16_Stadionmagazin_Nr5_Dortmund
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Unser heutiger Gast 37<br />
Klare Worte:<br />
Thomas Tuchel vermittelt den<br />
Borussen seinen Plan.<br />
waltigen Widersacher und<br />
verfasste die <strong>Dortmund</strong>er<br />
Mängelliste: „Viel zu einfach“<br />
seien die Gegentore<br />
gefallen, die Mannschaft<br />
habe „gegen alle<br />
Verteidigungsprinzipien“<br />
verstoßen, „ohne die letzte Galligkeit“ und<br />
obendrein „wahnsinnig unaufmerksam“ agiert.<br />
Mit etwas Abstand rief Tuchel die länderspielbedingte<br />
Pause als Phase des dringend benötigten<br />
Neustarts aus. „Das kann eine gute Plattform<br />
sein, um jetzt noch mal sehr konstant und sehr<br />
bewusst zu arbeiten, um mit einer guten Haltung<br />
und mit einer guten Aufmerksamkeit eine neue<br />
Phase einzuleiten.“<br />
Sehr wahrscheinlich muss man sich in dieser<br />
Saison (vielleicht sogar für den Rest der<br />
Dekade) damit abfinden, im Klassement der<br />
Fußball-Bundesliga hinter dem wirtschaftlich wie<br />
sportlich enteilten Seriensieger Bayern München<br />
nur um den Titel „The best of the rest“ wetteifern<br />
zu dürfen. Sieben Punkte Rückstand auf<br />
den FCB schlagen nach acht Spieltagen schon<br />
zu Buche, doch immerhin belegt der BVB Rang<br />
zwei, vor dem Erzrivalen aus Gelsenkirchen.<br />
Die Champions-League-Starter aus Leverkusen<br />
Wiedersehen mit vielen<br />
Bekannten: Thomas Tuchel und<br />
sein Trainerteam Arno Michels,<br />
Benjamin Weber, Rainer Schrey<br />
sowie die BVB-Profis Neven<br />
Subotic, Jonas Hofmann, Joo-<br />
Ho Park und Erik Durm waren<br />
schon für die Nullfünfer tätig.<br />
und Wolfsburg sind gar nur<br />
Siebenter und Neunter. Und<br />
hat die Borussia bis zur<br />
Apokalypse von München<br />
nicht einen geschmeidigen,<br />
wunderbar anzuschauenden<br />
Fußball gespielt? Ist es<br />
Thomas Tuchel nicht gelungen, entmutigte Profis<br />
wie Henrikh Mkhitaryan auf den Pfad der Tugend<br />
zurückzuführen und ihr Potenzial zu wecken?<br />
Alles wertlos, wegen einer Niederlage?<br />
Der Kader hat einen Marktwert in Höhe von<br />
287,45 Millionen Euro, jener des FC Bayern<br />
von 559,10 Millionen. Es sind nur Zahlen,<br />
es ist nur Geld – doch es sagt alles über die<br />
Machtverhältnisse im deutschen Fußball aus.<br />
<strong>Dortmund</strong>s teuerster Sommereinkauf kam aus<br />
Leverkusen und trägt den Namen Gonzalo Castro,<br />
elf Millionen Euro wechselten die Bankkonten.<br />
Bayern leistete sich unter anderem Arturo Vidal<br />
für 37 und Douglas Costa für 30 Millionen Euro<br />
Ablöse. In Zeiten der Geldmonsune nachgerade<br />
Dumpingpreise für solche „Granaten“, doch pro<br />
Mann und Nase eben das Dreifache von dem,<br />
was der Schatzmeister der Borussia für den<br />
teuersten <strong>Dortmund</strong>er Novizen überwiesen hat.<br />
Julian Weigl gesellte sich für 2,5 Millionen<br />
Euro zu den Borussen. Das wiederum ist ein leibhaftiges<br />
Schnäppchen, hält der 20-Jährige, was er<br />
in den ersten Monaten in <strong>Dortmund</strong> versprochen<br />
hat. Weigl galt zunächst als Perspektiveinkauf, er<br />
kam aus der Zweiten Liga und hatte bei seinem<br />
Ex-Klub 1860 München beleibe nicht nur rosa<br />
Zeiten erlebt. Das Profibusiness und die ihm<br />
zuteil gewordene Beachtung schienen ihn zu strapazieren,<br />
spätestens, seit ein Trainer mit Namen<br />
Ricardo Moniz ihn mit 18 Jahren zum Kapitän<br />
ernannte und schwadronierte, Weigl werde nun<br />
„zum Mann“. Der Schuss ging gewaltig nach<br />
hinten los. Unter anderem ließ Weigl sich mit<br />
zwei Teamkollegen um 3.30 Uhr (nacht)trunken<br />
im Taxi nach Hause chauffieren und lästerte<br />
dabei über die Sitten bei 1860. Der Fahrer<br />
plauderte, die Chose kam raus. Dumm gelaufen.<br />
Und längst vergessen. In <strong>Dortmund</strong> gefällt Weigl<br />
im zentralen Mittelfeld durch schnörkelloses<br />
Spiel, Antizipationsgabe, kluge Spieleröffnung<br />
und eine erstaunliche Reife. Sogar Pep Guardiola<br />
schwärmt: „Ich bin von ihm begeistert. Er wird<br />
irgendwann Nationalmannschaft spielen.“ Und<br />
beim FC Bayern? Es gibt genügend Gründe,<br />
in <strong>Dortmund</strong> zu bleiben. Eine Ergebnisohrfeige<br />
verwischt den Gesamteindruck doch nur für den<br />
Moment, oder nicht?