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Peggy Ahwesh Oliver van den Berg Wafaa Bilal ... - Mathildenhöhe

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die Tatsache, dass sich die meisten Medien<br />

in privater Trägerschaft befin<strong>den</strong>, müssen<br />

wir hier über <strong>den</strong> üblichen Zwiespalt zwischen<br />

Spektakel und gesicherter Erkenntnis,<br />

Wahrnehmbarem und historischen Fakten,<br />

Fernsehen und Wahrheit hinausgehen.<br />

Die scheinbar scharfsinnigen Analysen des<br />

Golfkriegs, die sich vor allem mit der formalen<br />

Wirkung des Fernsehens befassen,<br />

lei<strong>den</strong> ebenso wie die politischen Diskussionen<br />

über <strong>den</strong> Verlust der Geschichte im<br />

Zuge der Postmoderne unter einer argumentativen<br />

Schwäche: Sie postulieren nämlich<br />

eine ursprünglich unschuldige Welt mit<br />

einer durch »das Visuelle« noch nicht beeinträchtigten<br />

grundehrlichen historischen<br />

Narration, in der die Geschichte selbst noch<br />

Gegenstand der Kontemplation sein konnte,<br />

völlig unabhängig von <strong>den</strong> Rahmenerzählungen,<br />

die sie für uns überhaupt erst lesbar<br />

machen. Allerdings ignorierten diese Analysen<br />

Inhalt und Kontext der erwähnten Bilder,<br />

indem sie diese einfach pauschal verwarfen.<br />

Doch die visuellen Medien sind weit<br />

davon entfernt, Geschichte lediglich zu entsorgen,<br />

vielmehr müssen wir sie selbst als<br />

Geschichte ansehen, nicht nur weil die Kultur<br />

im Raum des Politischen angesiedelt ist<br />

und umgekehrt, sondern auch weil visuelle<br />

Darstellungen – angefangen bei <strong>den</strong> Panoramen<br />

des Heiligen Landes über die großen<br />

Bibelfilme bis hin zu <strong>den</strong> Action-Streifen der<br />

1980er-Jahre – die Geschichte sowohl einrahmen<br />

als auch für sich selbst reklamieren.<br />

Und dies in einer Manier, die sie nicht etwa<br />

von anderen Formen des Kulturschaffens<br />

und der Geschichtsschreibung getrennt hat,<br />

sondern gerade mit ihnen verband. Natürlich<br />

spielt auch die Form selbst eine fundamentale<br />

Rolle, <strong>den</strong>n Gattungskonventionen<br />

sind die Sprache, in der die Produkte des<br />

Kulturschaffens zu uns sprechen. Doch die<br />

Bedeutung kulturspezifischer Formen liegt<br />

nicht in diesen selbst, sondern in der Rolle,<br />

die sie in einem größeren Diskurs übernehmen.<br />

Nicht zufällig haben [der Kultursoziologe<br />

Pierre] Bourdieu und andere darauf<br />

hingewiesen, dass Bedeutungen erst beim<br />

Aufeinandertreffen unterschiedlicher kultureller<br />

Praktiken entstehen. Natürlich müssen<br />

wir uns im Fall des Golfkrieges mit der<br />

zen, doch was es mit dieser Rolle auf sich<br />

hat, können wir erst dann verstehen, wenn<br />

wir die Inter- und Kontexte damaliger TV-<br />

Berichterstattung kennen, wenn wir wissen,<br />

wie das Fernsehen sich mit anderen Narrativen<br />

über Geschichte und I<strong>den</strong>tität auseinandersetzte,<br />

um anschließend jene Welt in<br />

<strong>den</strong> Blick zu nehmen, an deren Erschaffung<br />

es selbst mitwirkte.<br />

Melani McAlister, Epic Encounters.<br />

Culture, Media & U.S. Interests in the<br />

Middle East since 1945, Berkeley / Los<br />

Angeles (University of California Press)<br />

2005, S. 244 f. (Übersetzung: Christian<br />

Quatmann).<br />

Diese Terroristen- und Foltervideos aus<br />

dem Abu Ghraib-Gefängnis im Irak prägten<br />

unser Bewusstsein (und auch das Unterbewusstsein)<br />

viel massiver als das Werk<br />

irgendeines zeitgenössischen Künstlers.<br />

Dieser Ausschluss des Künstlers aus dem<br />

Prozess der Bildproduktion ist für die Kunstwelt<br />

ungeheuer schmerzlich. War es doch<br />

spätestens seit Beginn der Moderne erklärtes<br />

Ziel aller Künstler, radikal und wagemutig<br />

sämtliche Tabus zu brechen – kurz: alle<br />

Grenzen zu überschreiten.<br />

Boris Groys, »Art at War«, in: Signals<br />

in the Dark. Art in the Shadow of War,<br />

Ausst.-Kat. Justina M. Barnicke Gallery<br />

u. a., Toronto 2008, S. 10 (Übersetzung:<br />

Christian Quatmann).<br />

.<br />

Rolle omnipräsenter Bilder auseinanderset- Wael Shawky, Larvae Channel 2, 2009<br />

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