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30 Köpfe|Mai 2017 Köpfe|Mai 2017 31<br />
Buchmesse Leipzig<br />
Frühlingsbeginnnicht<br />
nur in der Natur<br />
Alljährlich findet die Leipziger Buchmesse im Frühjahr statt,<br />
als Auftakt eines neuen Buchjahres, das zunehmend von<br />
Umsatzzahlen getrieben wird. In den Mittelpunkt rückt, was<br />
gesellschaftlich „nachgefragt“ wird und langfristig Erfolg verspricht.<br />
- Cornelia Stahl - ©Fotos Cornelia Stahl<br />
legerverbands, bemerkte, dass Litauen ein kleines Land sei<br />
mit wenigen Lesern. Daher sind Bücher relativ teuer. Besonders<br />
seit der Finanzkrise 2008/2009 erlebte die Verlagsbranche<br />
einen Rückgang und hat sich bis dato nicht erholt.<br />
Vor 2009 erschienen 4500 neue Titel pro Jahr. 2017 verzeichnete<br />
sie kaum 3400 neue Titel. Die meisten litauischen<br />
Neuerscheinungen werden vom österreichischen Übersetzer<br />
und Autor Cornelius Hell betreut.<br />
Was gibt’s Neues?<br />
Natürlich, jetzt komme ich zu den Neuigkeiten, die auf der<br />
Buchmesse erstmals vertreten waren: im „Startup Village“<br />
wurden digitales Publishing und Online-Lernplattformen vorgestellt.<br />
Zwischen Reformationsjubiläum und Oktoberrevolu-<br />
In der Begründung der Jury heißt es: „Barbara Stollberg-Rilingers<br />
große Biographie über die Habsburgerin ist tatsächlich<br />
bahnbrechend: Zum einen rückt sie eine der bedeutenden<br />
Gestalten in der europäischen Geschichte endlich in das ihr<br />
gebührende Licht. (...) Sie beschreibt (...) dieses Leben als<br />
Inszenierung eines Spiels in vielen verschiedenen, aber gleichzeitigen<br />
Rollen.“ Die Autorin erschließt durch die Person<br />
Maria Theresia zugleich eine ganze Epoche.<br />
In der Kategorie Übersetzung erhielt Eva Lüdi Kong mit ihrem<br />
Buch „Die Reise in den Westen“ (Reclam-Verlag, 2017) den<br />
mir in Leipzig erschloss, klingen positiv nach, z.B. die vertrauensvollen<br />
Gespräche mit Annegrat Heine von der Agentur<br />
Graf Text, Limbach-Oberfrohna oder mit Jens Kuhbandner<br />
vom Notschriften-Verlag Radebeul (bei Dresden), der die<br />
Kostbarkeiten des herausragenden Lyrikers Hanns Cibulka<br />
verlegt.<br />
Wer weiterlesen und sich ausführlicher informieren möchte,<br />
dem empfehle ich die Seiten:<br />
www.preis-der-leipziger-buchmesse.de,<br />
www.leipziger-buchmesse.de<br />
Nähere Infos zu Litauens Literatur, unter<br />
www.deutschlandradiokultur.de,vom 7.02.2017.<br />
tion stach der Themenschwerpunkt „Europa 21“ hervor. Un-<br />
Neuerscheinungen aus Litauen:<br />
ter dem Fokus „WIR in Europa - wofür wollen wir einstehen?“<br />
Undinė Radzevičiūte: Fische und Drachen. Übersetzt<br />
wurden verschiedene Diskurse geführt. Wie im letzten Jahr,<br />
von Cornelius Hell. Residenz Verlag<br />
waren auch heuer die Manga- und Cosplay-Fans angereist,<br />
Anatanas Škėma: Das weiße Leintuch. Übersetzt von<br />
kostümiert versteht sich, um die „Manga-Comic-Con“ zu be-<br />
Claudia Sinnig. Guggolz Verlag<br />
suchen.<br />
Tomas Venclova, Ellen Hinsey: Der magnetische<br />
Zum Reformationsjubiläum 2017 präsentierten sich zahl-<br />
Norden. Gespräche. Übersetzt von Claudia Sinnig.<br />
reiche Städte mit eigenen Programmen. „Barfuß ins Him-<br />
Suhrkamp<br />
melreich? - Martin Luther und die Bettelorden in Erfurt-“ war<br />
Alvydas Šlepikas: Der Regengott und andere Erzählun-<br />
eine herausragende Ausstellung, die hervorstach aus der<br />
Preis der Leipziger Buchmesse. Das Werk gilt als das pop-<br />
gen. Übersetzt von Markus Roduner. Mitteldeutscher<br />
Fülle der Angebote und vom 18.5.2017 bis 12.11.2017 im<br />
ulärste Buch der chinesischen Literatur. Bis heute lebt es fort<br />
Verlag<br />
Stadtmuseum Erfurt zu sehen sein wird, begleitet von Paral-<br />
in Mangas, Computerspielen und Filmen, ist ungefähr 400<br />
Eugenijus Ališanka: Streifzüge. Risse. Fluchtpunkte.<br />
lelveranstaltungen in und um Erfurt.<br />
Jahre alt und hat es bisher nicht auf Deutsch gegeben, nur in<br />
Übersetzt von Claudia Sinnig. Klak Verlag<br />
Preise, Preise, und nochmals Preise ...<br />
versprenkelten Ausschnitten. Der Verdienst, dass es nun als<br />
Laimonas Briedis: Vilnius. Reisen in die ferne Nähe.<br />
Die Preise der Leipziger Buchmesse 2017 gingen heuer<br />
Gesamtwerk erschienen ist, geht auf die Übersetzerin Eva<br />
Übersetzt von Cornelius Hell. Wieser Verlag<br />
in der Kategorie Belletristik an Natascha Wodin mit ihrem<br />
Lüdi Kong zurück, die selbst 25 Jahre in China lebte. Mit viel<br />
Renata Šerelytė: Der Windreiter. Übersetzt von Corne-<br />
Buch: „Sie kam aus Mariupol“, das im Rowohlt-Verlag er-<br />
Liebe zum Detail und überdimensionalem Aufwand hat sie<br />
lius Hell. Wieser Verlag<br />
schienen ist. In einer früheren Ausgabe der Zeitschrift Alter-<br />
sich die Mühe gemacht, den Kosmos der chinesischen Kul-<br />
Jurgis Kunčinas: Tula. Übersetzt von Markus Roduner.<br />
Bericht<br />
Parallel zur Leipziger Buchmesse fanden hunderte Veranstaltungen<br />
unter dem Thema „Leipzig liest“ in der ganzen<br />
Stadt und an verschiedenen Standorten statt. Unter der<br />
gestiegenen Anzahl an Ausstellern (2400 statt 2250 im Jahr<br />
2015) befanden sich auch 206 aus Österreich.<br />
Schwerpunktland Litauen<br />
Als Schwerpunktland präsentierte sich Litauen mit Literatur<br />
und Kultur. Eine Repräsentantin der Literatur Litauens<br />
war Undinė Radzevičiūte, die „unlitauischste litauische<br />
Schriftstellerin“, wie der Standard vom 18.März 2017 anmerkte.<br />
In ihrem Roman „Fische und Drachen“ (übersetzt<br />
von Cornelius Hell, Residenz-Verlag, 2017) erzählt sie vom<br />
Zusammenprall zweier Kulturen.<br />
Aida Dobkeviciute, Geschäftsführerin des litauischen Ver-<br />
native (11/2016) berichtete ich von der Ausstellung „Zwangsarbeit<br />
im Nationalsozialismus“, die 2016 im Museum der<br />
Arbeitswelt Steyr gezeigt wurde. Im Buch „Sie kam aus<br />
Mariupol“ forscht Natascha Wodin nach den Lebensspuren<br />
ihrer ukrainischen Mutter Jewgenia. Sie stößt dabei auf<br />
das Schicksal ihrer Tante Lidia. Während die Mutter 1943<br />
mit ihrem russischen Mann als Zwangsarbeiterin in einem<br />
Leipziger Montagewerk für Kriegsflugzeuge arbeiten musste,<br />
kam die Tante zehn Jahre zuvor in ein sowjetisches Straflager.<br />
Eine Parallelität, die die Familiengeschichte zerteilt. „Sie kam<br />
aus Mariupol“ erzählt anhand einer persönlichen Geschichte<br />
von den Brüchen des 20. Jahrhunderts.<br />
Den Preis der Leipziger Buchmesse 2017 in der Kategorie<br />
Sachbuch/Essayistik wurde an Barbara Stollberg-Rilinger<br />
vergeben, für ihr Buch „Maria Theresia“ (C.H. Beck-Verlag).<br />
tur in eine für Europäer verständliche Sprache zu bringen,<br />
einschließlich der konfuzianischen, buddhistischen, daoistischen,<br />
alchemistischen Traditionen. Eva Lüdi Kong hat somit<br />
Transfer- und Vermittlungsarbeit zwischen den Kulturen<br />
geleistet.<br />
Im Dschungel der Veranstaltungen, Lichter und Monitore,<br />
auf denen Heldinnen und Heldinnen der Litearur herabblickten<br />
auf die Leserschar, dachte ich an kleinere Messen wie<br />
die „Buch Wien“ zurück oder an die Kritischen Literaturtage,<br />
die jedes Jahr in Wien stattfinden und auf denen Begegnung<br />
zwischen Autoren/Autorinnen und Leser/Leserinnen<br />
auf Augenhöhe stattfinden, und anschließend Gespräche<br />
entstehen lassen, in denen Autoren/Autorinnen lebendig/<br />
greifbar/angreifbar werden. Eine lebendige Art der Literaturvermittlung<br />
eben. Die kleinen, feinen Kontakte, die ich<br />
Corso Verlag<br />
Giedra Radvilavičiūte: Der lange Spaziergang auf der<br />
kurzen Mole. Übersetzt von Cornelius Hell. Corso Verlag<br />
Laurynas Katkus: Moskauer Pelmeni.Übersetzt von<br />
Claudia Sinnig. Leipziger Literaturverlag<br />
Ingė Lukšaitė: Die Reformation im Großfürstentum<br />
Litauen und in Preußisch-Litauen. Übersetzt von Lilija<br />
Künstling. Leipziger Universitätsverlag<br />
Cornelia Stahl<br />
Redakteurin „Literaturfenster Österreich“ bei Radio Orange, www.<br />
o94.at, schreibt für bn-Bibliotheksnachrichten Salzburg, „Die Alternative“,<br />
„Tarantel“ und „<strong>etcetera</strong>“, ist Redakteurin und Jurorin des<br />
LitArena Heftes „<strong>etcetera</strong> 69”, das am 10.10.17 in der Landesbibliothek<br />
STP präsentiert wird.<br />
Bericht