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38 Köpfe|Mai 2017 Köpfe|Mai 2017 39<br />
Peter Pauritsch<br />
Wir sind die Kinder des Unsinns.<br />
Sich selbst zu glauben ist eine grundlegende<br />
Eigenart unseres Denkens.<br />
Schwierig aber ist es, sein Dasein beim springenden<br />
In der Zwischenwelt<br />
Es gibt uns nur als Schläfer oder als Träumer. Als Schläfer<br />
ruhen wir in unserem dogmatischen Schlummer und als<br />
Man sieht nicht nur mit dem Auge, denn auch<br />
das Gehirn schaut immer mit.<br />
Unser Denken folgt einem Gefühl, einer Vorstellung und<br />
Zum einen denken wir in einem fort, wissen aber nicht, ob<br />
Punkt zu beobachten. Dies vor allem, da wir den Punkt<br />
Träumer schnarchen wir in unserem ideologischen Nicker-<br />
nicht Tatsachen. Deshalb bleiben uns Gefühl und Vorstel-<br />
wir uns auch genug dabei überlegen und zum anderen un-<br />
nicht nur springen, wir wollen ihn gerne auch tanzen las-<br />
chen.<br />
lung oder widerlegte Wahrheit und verkehrter Glauben<br />
terlaufen uns bei unseren geraden Denkübungen schräge<br />
sen. Weshalb man zwar auf den Punkt denkt, immer aber<br />
Unsere Illusionen sind nämlich im Preis inbegriffen. Man<br />
auch dann, wenn uns die Argumente ausgehen. So wissen<br />
Denkfehler.<br />
hemmungslos über das Ziel hinausschießt. Denn wir wol-<br />
kann gescheit sein und irren oder ein Depp sein und recht<br />
wir, ohne nachschauen zu müssen, und so sehen wir, was<br />
Mein Nonsens ist deshalb die Kunst, Unsinn zu formulieren<br />
len das Stroh im Kopf nicht nur dreschen, wir wollen es<br />
haben. Selbst ein kluger Kopf irrt ohne zutreffenden Ge-<br />
wir uns nur im Kopf einbilden.<br />
und Sätze zu würfeln. Denn wenn die Maßlosigkeit das Lebensprinzip<br />
der Welt und des Universums ist, dann liefern nur<br />
Halluzinationen die dazu passenden Texte.<br />
Weshalb ich lieber taufrisch als tropfnass sein will. Weshalb in<br />
meinem Kopf rollende Landstraßen und geistige Luftbrücken<br />
wohnen. Weshalb ich für die Beibehaltung der Nasenspitzen<br />
auch anzünden.<br />
Wer von uns kann schon seinem Kopf die<br />
Stirn bieten?<br />
Die Wirklichkeit versteckt sich immer hinter der Realität.<br />
Mit Sehen ist da nicht viel zu machen. Denn oft hat man<br />
danken. Man muss sich nämlich beim Denken immer auch<br />
das Richtige denken. Auch im aufgeklärtesten Kopf kann<br />
ein verirrtes Gehirn stecken.<br />
Zum Vogel im Kopf habe ich noch ein Zwitschern<br />
im Gehirn.<br />
Das Bruttogenialprodukt<br />
Zur Arbeit des Denkens gehört für uns immer ein Glaube,<br />
weshalb wir nur an das glauben wollen, wofür wir auch<br />
arbeiteten. Wobei ich den Begriff des Glaubens weiter<br />
streue.<br />
und gegen das Verdrehen von Zipfelmützen bin. Lieber in ei-<br />
nicht nur Sand in den Augen, sondern auch noch ein Brett<br />
Die Gedanken sind frei, oft aber fehlen die Flügel.<br />
Das Bruttogenialprodukt erwirtschaften uns unentbehr-<br />
ner Lausbubenklasse sein als in einem Mädchenpensionat.<br />
vor dem Kopf.<br />
Wie ein Vogel will ich beim Denken aber beides haben: Flü-<br />
liche Sterngucker und Zahlenverehrer, Diätfaster und Na-<br />
Lieber bin ich ein begnadeter Spinner als ein unbegabter Träu-<br />
Mir ist der Mensch übertrieben anspruchsvoll, er will in<br />
gel und Krallen und keine Horde keppelnder Spatzen.<br />
turverkoster, Gottesanbeter und Eigenbrötler, Kopfvermes-<br />
mer. Denn wer falsch liegt, kann trotzdem üppig gedeihen.<br />
Somit will ich neutral bleiben, den Gleichgestrickten genauso<br />
wohlgesonnen wie den Aufgeladenen sein und den Humor<br />
seine Luftschlösser nur Nägel mit Köpfen hämmern.<br />
Spucken<br />
Das Tüfteln<br />
Das Denken ist immer abstrakt.<br />
ser und Gesangsvertoner, Wurzelstecher und Impfgegner,<br />
Raumfahrtscottys und Fernsehtrottel, Krimiintelligenzen<br />
und Psychotanten usw.<br />
als religiöse, esoterische und ideologische Dienstleistung, als<br />
Ich will nach Worten suchen, um sie den Menschen an<br />
Es ist nur eine Frage in welche Richtung man abstrakt<br />
Die Ernte aber will ich Gartenzwerg und Humoristenkas-<br />
skeptischen Abschleppdienst sehen.<br />
den Kopf zu werfen und vor die Füße zu spucken.<br />
denkt.<br />
perl einfahren.<br />
Prosa<br />
©Heliane Wiesauer-Reiterer 1976 Kopf Marmor 25x40x40cm Sammlung Gal.Kämmerich<br />
©Heliane Wiesauer-Reiterer 1975 Kopf Marmor43x55x30<br />
Prosa