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RA 06/2017 - Entscheidung des Monats

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282 Zivilrecht <strong>RA</strong> <strong>06</strong>/<strong>2017</strong><br />

Genau hier liegt das Problem <strong>des</strong><br />

Falles: Die Vaterschaft <strong>des</strong> B wurde<br />

vor dem Antrag auf Erstattung der<br />

Aufwendungen aus § 1607 III 2<br />

BGB nicht gerichtlich festgestellt.<br />

Deshalb versucht A, die Vaterschaft<br />

<strong>des</strong> B im Regressprozess inzident<br />

feststellen zu lassen. Dies unterliegt<br />

aber strengen Voraussetzungen.<br />

Vorsicht! Die Verjährungseinrede<br />

hemmt nur die Durchsetzbarkeit<br />

eines Anspruchs. Deshalb wäre<br />

eine Beschäftigung mit der Verjährungseinrede<br />

dogmatisch eigentlich<br />

verfehlt, solange ein Anspruch nicht<br />

besteht. Im Gutachten müssten Sie<br />

darauf hinweisen, dass Sie eine aufgeworfene<br />

Frage erkannt haben,<br />

die zumin<strong>des</strong>t hilfsgutachterlich<br />

zu erörtern ist. Hier liegt eine zivilprozessuale<br />

Besonderheit vor: Die<br />

Vaterschaft <strong>des</strong> B wurde vorprozessual<br />

nicht festgestellt. Dies wollte<br />

A im Regressprozess nachholen. In<br />

diesem versuchte A eine „Stufenklage“<br />

gem. § 254 ZPO zu erheben.<br />

Bei dieser verlangt man zunächst<br />

Auskunft und beziffert den Antrag<br />

auf Geldzahlung erst nach Erhalt der<br />

Auskunft. Ziel ist die Hemmung der<br />

Verjährung gem. § 204 I Nr. 1 BGB.<br />

Beide Wünsche erfüllte das Gericht<br />

nicht. B verweigerte die Mitwirkung<br />

an einem Abstammungsgutachten<br />

und das Gericht erkannte die<br />

Antragsschrift nicht als Stufenantrag<br />

an. Wegen der Rechtsmittel stand<br />

die Vaterschaft <strong>des</strong> B nicht fest. Der<br />

BGH klärte diese Frage nicht, weil er<br />

den Anspruch ohnehin für verjährt<br />

hielt und betrieb Rechtsfortbildung<br />

zum Verjährungsrecht.<br />

Zum „Dritten“: BGH, Urteil vom<br />

11.01.2012, XII ZR 194/09<br />

Möglicherweise führt die Rechtsausübungssperre<br />

<strong>des</strong> § 1600d IV<br />

BGB dazu, dass die Verjährungsfrist<br />

in objektiver Hinsicht zeitlich<br />

weiter hinauszuschieben ist. A fehlte<br />

mangels Feststellung der Vaterschaft<br />

<strong>des</strong> B die Möglichkeit, den Anspruch<br />

aus § 1607 III 2 BGB gerichtlich<br />

geltend zu machen.<br />

Nach erfolgreicher Anfechtung der Vaterschaft steht jedoch mit Urteil vom<br />

05.03.2010 rechtskräftig fest, dass A diesen Unterhalt nicht schuldete und<br />

somit als Dritter i.S.d. § 1607 III 2 BGB geleistet hat.<br />

Da der Anspruch <strong>des</strong> Kin<strong>des</strong> gegen einen Elternteil übergeht, müsste B<br />

statt<strong>des</strong>sen Vater der T sein.Vorliegend hat B die Vaterschaft weder gem.<br />

§ 1592 Nr. 1 BGB i.V.m. §§ 1594, 1597 BGB formwirksam anerkannt, noch wurde<br />

sie gem. § 1592 Nr. 3 BGB gerichtlich festgestellt. B steht noch nicht als Vater<br />

im Rechtssinn fest.<br />

II. Anspruch durchsetzbar<br />

Es kann jedoch dahinstehen, ob ein Regressanspruch <strong>des</strong> A dem Grunde nach<br />

besteht, wenn B aufgrund der von ihm erhobenen Verjährungseinrede gem.<br />

§ 214 I BGB zur Leistungsverweigerung berechtigt ist. Da der nach § 1607 III 2<br />

BGB übergegangene Anspruch mit dem ursprünglichen Unterhaltsanspruch<br />

identisch ist, unterliegt der Anspruch ebenfalls gem. § 195 BGB der<br />

regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren. Gem. § 199 I BGB beginnt sie<br />

mit dem Schluss <strong>des</strong> Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der<br />

Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person<br />

<strong>des</strong> Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte<br />

erlangen müssen.<br />

„II.2.b) aa) I.S.d. § 199 I Nr. 1 BGB ist ein Anspruch in dem Zeitpunkt<br />

„entstanden“, in dem der Berechtigte den Anspruch erstmals geltend<br />

machen und notfalls Klage erheben kann, um die Hemmung der Verjährung<br />

zu erreichen.“<br />

„II.2.b) aa) (1) Verfahrensgegenstand ist der - auf den Scheinvater<br />

übergegangene - gesetzliche Unterhaltsanspruch (§§ 1601 ff. BGB) <strong>des</strong><br />

Kin<strong>des</strong> gegen seinen mutmaßlichen Erzeuger. Ein gesetzlicher Anspruch<br />

auf Kin<strong>des</strong>unterhalt gegen den Erzeuger kann aber unabhängig von der<br />

tatsächlichen Abstammung von vornherein nicht entstehen, wenn und<br />

solange ein anderer Mann auf Grund von § 1592 Nr. 1 oder Nr. 2 BGB als<br />

Vater <strong>des</strong> Kin<strong>des</strong> und damit als Unterhaltspflichtiger anzusehen ist. A war<br />

gem. § 1592 Nr. 1 BGB Vater der T, welche während seiner Ehe mit der<br />

Kin<strong>des</strong>mutter geboren worden ist. Erst nach rechtskräftiger Anfechtung<br />

seiner Vaterschaft steht rückwirkend auf den Zeitpunkt der Geburt <strong>des</strong><br />

Kin<strong>des</strong> mit Wirkung für und gegen jeden (§ 184 II FamFG) fest, dass das Kind<br />

T nicht von A abstammt. Gleichzeitig steht damit - ebenfalls rückwirkend<br />

auf den Zeitpunkt der Geburt - fest, dass A dem Kind gesetzlichen<br />

Kin<strong>des</strong>unterhalt nicht geschuldet und somit als „Dritter“ i.S.v. § 1607 III 2<br />

BGB geleistet hat.“<br />

Jura Intensiv<br />

Zu berücksichtigen ist zudem die sog. Rechtsausübungssperre <strong>des</strong> § 1600d<br />

IV BGB. Danach kann der Erzeuger erst dann auf Unterhalt in Anspruch<br />

genommen werden, wenn er die Vaterschaft wirksam anerkannt hat oder<br />

seine Vaterschaft rechtskräftig festgestellt ist.<br />

„II.2.b) aa) (2) (a) Aus diesem Grunde entspricht es allgemeiner Ansicht,<br />

dass die Verjährungsfrist für den Unterhaltsanspruch <strong>des</strong> Kin<strong>des</strong> vor der<br />

rechtskräftigen Feststellung der Vaterschaft grds. nicht in Lauf gesetzt<br />

werden kann, weil diesem Unterhaltsanspruch vor der Feststellung der<br />

Vaterschaft <strong>des</strong> Erzeugers jede Realisierungsmöglichkeit fehlt. Uneinigkeit<br />

besteht insoweit lediglich in der dogmatischen Herleitung dieses<br />

Ergebnisses: Während teilweise angenommen wird, dass die Verjährung<br />

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