MACHER Juni 2017
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<strong>MACHER</strong>, MENSCHEN + MÄRKTE ÜBER DEN TELLERRAND SEITE 11<br />
Das Ziel: Es soll seltener „krachen“<br />
Marktführer für Abstandsmesser kommt aus Bingen in Rheinland-Pfalz<br />
Blitzer, Abstandsmesser und<br />
Kennzeichenlesegeräte in<br />
ganz Deutschland kommen<br />
aus Bingen. Die rheinlandpfälzische<br />
Polizei ist begeistert<br />
von den Geräten –<br />
und setzt sie fleißig ein.<br />
Wen die Polizei<br />
beim Rasen oder<br />
Drängeln auf der<br />
Autobahn erwischt, den<br />
blitzt meist ein Gerät, das<br />
in Bingen am Rhein zusammengebaut<br />
wurde. Dort<br />
nämlich stellt Vidit Systems<br />
die Technik dafür her: Zur<br />
Abstands- und Geschwindigkeitsmessung,<br />
fürs Erfassen<br />
von Kennzeichen und<br />
Umweltplaketten. Stolz berichtet<br />
Geschäftsleiter Klaus<br />
Peter Ludwig, dass sein<br />
Verkehrskontrollsystem,<br />
kurz VKS, Standard ist bei<br />
allen Polizeien in Deutschland.<br />
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Ein Arbeitsmittel<br />
voller Hightech<br />
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„Es gibt zu viele Spinner,<br />
die einem auf der Autobahn<br />
hintendrauf sitzen und von<br />
der Bahn jagen wollen“, sagt<br />
Ludwig. Sein VKS – ein<br />
Kleinbus mit mehreren<br />
Kameras an langen Kabeln,<br />
Bildschirmen und Arbeitsplätzen<br />
im Inneren, Software<br />
und anderer Technik –<br />
wird auf Autobahnbrücken<br />
aufgestellt. So kann aufgenommen<br />
werden, wenn<br />
jemand zu schnell fährt, zu<br />
dicht auffährt oder wenn<br />
sich Lastwagenfahrer ein<br />
verbotenes Elefantenrennen<br />
liefern. „Es geht darum,<br />
den Polizisten vernünftige<br />
Arbeitsmittel in die Hand zu<br />
geben“, erläutert Ludwig.<br />
In Rheinland-Pfalz sind<br />
derzeit drei solcher Anlagen<br />
von Vidit im Einsatz. Polizeihauptkommissar<br />
Ulrich<br />
Scheyer von der Verkehrsdirektion<br />
Koblenz hat seit<br />
2016 ein VKS und sagt: „Das<br />
ist eine riesige Arbeitserleichterung.“<br />
An einem<br />
Tag seien damit schon einmal<br />
600 Verkehrssünder<br />
aufgenommen werden.<br />
Scheyer weiß, dass zu hohe<br />
Geschwindigkeit und zu geringer<br />
Abstand – „oftmals in<br />
Verbindung“ – die Hauptunfallursache<br />
auf den Autobahnen<br />
sind. „Wenn’s da<br />
kracht, dann kracht es<br />
Nils Karst, Auszubildender bei der Vidit Systems GmbH in Bingen, montiert ein Kamerasystem für die Polizei.<br />
richtig.“ Bald wird voraussichtlich<br />
noch mehr Technik<br />
aus Bingen auf den Straßen<br />
unterwegs sein. Denn die<br />
Regierungsfraktionen haben<br />
Änderungen am Polizeigesetz<br />
auf den Weg gebracht,<br />
die den Beamten erlauben,<br />
mehr zu filmen und zu überwachen.<br />
Das Gesetz sieht<br />
unter anderem vor, dass die<br />
Polizei nicht mehr von<br />
Hand Autokennzeichen aufschreiben<br />
muss, sondern<br />
dies digital machen kann.<br />
Außerdem hat Vidit mit Geld<br />
aus einem Fonds der EU<br />
ein System zum Erfassen<br />
von Umweltplaketten entwickelt,<br />
das sich nun Almut<br />
Rusbüldt anschaute, die<br />
Leiterin des Ministerbüros<br />
von Wirtschaftsminister<br />
Volker Wissing (FDP).<br />
Zwei Polizisten in einem Einsatzfahrzeug vor Überwachungsmonitoren<br />
zur Verkehrskontrolle.<br />
Fotos: dpa<br />
Für einfache Blitzer gebe<br />
es etwa ein Dutzend Hersteller<br />
in Deutschland, sagt<br />
Frank Märtens von der<br />
Physikalisch-Technischen<br />
Bundesanstalt in Braunschweig<br />
(Niedersachsen).<br />
Aber bei der kombinierten<br />
Abstands-und Geschwindigkeitsmessung<br />
sei nur das Gerät<br />
von Vidit zugelassen. Die<br />
Fertigung sei so speziell, dass<br />
er seine Mitarbeiter selbst<br />
ausbilden muss, erzählt<br />
Klaus Peter Ludwig. „Das<br />
Fachpersonal kriegen wir<br />
nicht vom Markt, das<br />
müssen wir uns ranziehen.“<br />
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Kunden auch<br />
in den Alpenländern<br />
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Zwei Millionen Euro Umsatz<br />
macht Vidit mit seinen<br />
20 Mitarbeitern derzeit, und<br />
die Zeichen stehen auf<br />
Wachstum. Früher sei wegen<br />
des Datenschutzes die Überwachung<br />
ein heißes Eisen<br />
gewesen, nun würden solche<br />
Systeme überall modernisiert<br />
und erweitert, sagt<br />
Ludwig. Er verkauft seine<br />
Technik auch in die Schweiz<br />
und nach Österreich. Vidit-<br />
Miteigentümer Joachim<br />
Markus berichtet, in der<br />
Schweiz habe ein VKS<br />
an einem Tag Geldbußen in<br />
Höhe von 1,2 Millionen<br />
Franken (1,1 Millionen Euro)<br />
kassiert.<br />
Markus zeigt Bilder der<br />
Kameras: Autofahrer, die bei<br />
163 km/h nur zwölf Meter<br />
Abstand halten. Lastwagenfahrer,<br />
die in allerletzter<br />
Sekunde das Lenkrad herumreißen,<br />
um einen Auffahrunfall<br />
abzuwenden. Die<br />
Kameras erfassten alles<br />
ganz genau – von fern, von<br />
nah, von der Seite, sagt<br />
Markus: „Das Programm<br />
rechnet aus, wie viele<br />
Sekunden es dauert, bis der<br />
Fahrer vorbeikommt. Die<br />
Kamera wartet so lang. Und<br />
dann macht es klack, klack,<br />
klack.“<br />
Doreen Fiedler, dpa