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MACHER Juni 2017

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<strong>MACHER</strong>, MENSCHEN + MÄRKTE THEMA DES MONATS SEITE 7<br />

Aber es kann auch anders<br />

kommen: 1997 wurde die<br />

Qualität des Jahrgangs überschätzt.<br />

Viele Anleger kauften<br />

frühzeitig zu saftigen<br />

Preisen, andere folgten im<br />

Glauben, dass sich die Masse<br />

der Investoren ja wohl nicht<br />

täuschen könne. Als schließlich<br />

Experten den Wein begutachteten,<br />

erhielt er nicht<br />

die erhoffte Bewertung – die<br />

Preise fielen.<br />

....................................................<br />

Bestnoten<br />

für viele Betriebe<br />

....................................................<br />

Der wohl bekannteste<br />

Weinkritiker ist der US-<br />

Amerikaner Robert Parker.<br />

Sein Urteil über die Qualität<br />

und den Wert eines Weines<br />

ist weltweit anerkannt und<br />

kommt in Form eines Punktesystems<br />

daher: 100 Punkte<br />

sind die Bestnote, die Parkers<br />

renommiertes Fachmagazin<br />

The Wine Advocate<br />

vergibt. Inzwischen kratzen<br />

viele Betriebe an Mosel, Saar<br />

und Ruwer an der Bestmarke<br />

und erhalten für ihre Weine<br />

regelmäßig ab 96 Punkte<br />

aufwärts. Drei Erzeugnisse<br />

des Weinguts Markus Molitor<br />

an der Mosel erreichten<br />

inzwischen die volle Punktzahl.<br />

Unter den zehn besten<br />

Weinen Deutschlands stammen<br />

laut dem Magazin Gault<br />

Millau Weinguide neun von<br />

Mosel, Saar und Ruwer –<br />

drei davon von Winzer Egon<br />

Müller.<br />

„Solche Bewertungen lassen<br />

selbstverständlich auch<br />

Weinsammler in Übersee<br />

aufhorchen“, sagt Ansgar<br />

Schmitz von Moselwein e.V.,<br />

einem Verband der sich um<br />

die Imagepflege und Absatzförderung<br />

der Weine von<br />

Mosel, Saar und Ruwer kümmert.<br />

„Es gibt international<br />

eine hohe Nachfrage an<br />

hochwertigen Weinen. Die<br />

Erzeugnisse aus der ältesten<br />

Weinregion Deutschlands<br />

mit ihren steilen Schieferhanglagen<br />

haben ein Alleinstellungsmerkmal.“<br />

Sammler,<br />

Anleger oder einfach nur<br />

Weinbegeisterte aus aller<br />

Welt wüssten dies zu schätzen,<br />

meint Schmitz. „Die<br />

höchsten Preise erzielen die<br />

außergewöhnlichen Weine,<br />

die in sehr kleinen Stückzahlen<br />

produziert werden.“<br />

Menschen, die ihr Geld in<br />

hochkarätigen Weinen anlegen,<br />

sollten sich im Metier<br />

unbedingt auskennen, rät<br />

Ansgar Schmitz: „Wie beim<br />

Aktienkauf gibt es selbstverständlich<br />

auch hier keine<br />

Garantie auf Gewinne.“<br />

So sei von den Folgen der<br />

Wirtschaftskrise 2008 selbst<br />

der Weinmarkt nicht verschont<br />

geblieben – und<br />

es gebe weitere Risiken:<br />

„Schlechte Lagerbedingungen,<br />

mangelnde Qualität der<br />

Korken – die Liste ist lang.<br />

Leider sind, wie überall, wo<br />

es um viel Geld geht, auch<br />

etliche Fälschungen unterwegs.“<br />

Schwieriger als oftmals<br />

gedacht sei es auch,<br />

den richtigen Abnehmer zu<br />

finden, sollte man den<br />

Schatz aus dem Kühlkeller<br />

verkaufen wollen. „Es gibt<br />

zwar die großen Weinversteigerungen,<br />

einschlägige<br />

Internetportale und die<br />

seriösen Auktionshäuser –<br />

doch ein zentraler Handelsplatz<br />

fehlt.“<br />

Wein als reine, emotionslose<br />

Geldanlage wie jede<br />

x-beliebige Aktie zu handeln,<br />

das ist für Ansgar Schmitz<br />

kein guter Ansatz: „Die<br />

Wertschätzung für das Produkt<br />

sollte man schon haben<br />

– und Spaß an der Sache.“<br />

Im Gegensatz zu Gold und<br />

Wertpapieren habe ein exquisiter<br />

Wein allerdings einen<br />

unschätzbaren Vorteil:<br />

„Wenn er als Anlage nicht<br />

mehr taugt, kann man ihn ja<br />

Worauf es bei Kauf und Verkauf ankommt<br />

trinken.“ Für Sammler und<br />

Weinfans, die für ihr Hobby<br />

keine Unsummen ausgeben<br />

wollen oder können, werden<br />

in den Sozialen Medien<br />

Tauschbörsen angeboten,<br />

erzählt Schmitz. „Außerdem<br />

gibt es Winzer an Mosel,<br />

Saar und Ruwer, die vermehrt<br />

Kontingente an jungem<br />

Wein zurückhalten und<br />

ihn erst nach der Flaschenreife<br />

abgeben – für Sammler<br />

und Genießer einmalige Gelegenheiten,<br />

hochwertige<br />

Erzeugnisse zu erwerben.“<br />

....................................................<br />

Ein Verfahren<br />

der Vorfahren<br />

....................................................<br />

Dieses Verfahren sei bis in<br />

die 1950er Jahre in Deutschland<br />

gebräuchlich gewesen,<br />

erzählt Schmitz: „Riesling<br />

wurde ehemals nur ganz<br />

selten als junger Wein getrunken,<br />

zumeist wurde er<br />

für einige Jahre eingelagert,<br />

bevor er in den Verkauf<br />

ging.“ Anhand dieser sogenannten<br />

Editionsweine<br />

wollten viele Winzer auch<br />

darlegen, wie sich ihr<br />

Wein entwickelt. „Den geschmacklichen<br />

Höhepunkt<br />

erreichen diese Weine nach<br />

etwa 20 Jahren.“ Großer Abnehmer<br />

dieser Erzeugnisse<br />

sei die Spitzengastronomie,<br />

Der wichtigste Handelsplatz für hochwertige Weine ist die<br />

Auktion – egal ob Klassiker oder Kultwein. Über Auktionshäuser<br />

Christie’s und Sotheby’s in London sowie ihre Ableger<br />

in Amerika, Asien und Australien werden schätzungsweise 90<br />

Prozent des Handels mit langlebigen Spitzenweinen abgewickelt.<br />

Dazu kommen kleinere Häuser wie Butterfields (San<br />

Francisco), Wermuth (Zürich) sowie Koppe & Partner (Bremen).<br />

Ursprünglich gegründet, um Liebhabern alte, gereifte<br />

Weine anzubieten, kommen heute immer mehr junge Weine<br />

„unter den Hammer“, die Kapitalanleger frühzeitig abstoßen,<br />

um Gewinne zu realisieren. Anleger müssen wissen, dass<br />

beim Kauf ein Aufgeld von zehn Prozent zum Zuschlagpreis zu<br />

entrichten ist (bei einigen Auktionshäusern auch 15 Prozent).<br />

Dazu kommen eine (geringe) Lotgebühr und die Umsatzsteuer<br />

sowie Frachtkosten und Transportversicherung.<br />

Beim Verkauf ist ebenfalls eine Einliefergebühr<br />

fällig, die zwischen zehn und 15<br />

Prozent liegt. Alle Nebenkosten zusammengenommen<br />

können den<br />

Gewinn erheblich schmälern.<br />

Wein als Wertanlage lohnt also<br />

nur bei Sorten mit hohem<br />

Spekulationspotenzial. Großflaschen<br />

und ungeöffnete Holzkisten<br />

erhöhen die Chancen auf<br />

einen Verkauf. Bei beschädigten<br />

Etiketten muss man mit Abschlägen<br />

rechnen.<br />

Quelle: Weinkenner.de<br />

erzählt Schmitz. „Doch hier<br />

greifen auch gerne Sammler<br />

zu, da die Preise zumeist<br />

nicht astronomisch hoch<br />

sind.“<br />

....................................................<br />

Anleger für die Existenz<br />

von Winzern wichtig<br />

....................................................<br />

Tatsache sei: Heimische<br />

und internationale Anleger<br />

seien für die Existenz der<br />

Winzer der Region enorm<br />

wichtig – vor allem für<br />

die vielfach ausgezeichneten<br />

unter ihnen, die häufig nur<br />

kleinste Mengen produzieren.<br />

Schmitz: „Der Weinhandel<br />

im großen Stil sorgt<br />

für die Liquidität und sichert<br />

so die Arbeit der Winzer, die<br />

für die Entwicklung ihrer<br />

hochwertigen Weine vor<br />

allem eines brauchen: Zeit.“<br />

Das bestätigt auch Maximilian<br />

von Kunow, der als<br />

Winzer das traditionsreiche<br />

Weingut von Hövel an der<br />

Saar betreibt und bei Versteigerungen<br />

ein gefragter<br />

Auktionator ist. „Wir sind<br />

auf den Export restsüßer<br />

Rieslingweine nach Übersee<br />

angewiesen“, sagt von Kunow.<br />

„Und wenn wir in der<br />

höchsten Liga mitspielen<br />

wollen, brauchen wir auch<br />

die Reputation. Denn die<br />

Menschen, die in großem Stil<br />

’’ Deutsche<br />

Erzeugnisse<br />

haben bislang<br />

keine lange<br />

Tradition<br />

innerhalb der<br />

weltweiten<br />

Börse.<br />

Foto: Deutsches Weininstitut<br />

Ernst Büscher, Deutsches<br />

Weininstitut, Bodenheim<br />

Wein einkaufen, orientieren<br />

sich an den Punktebewertungen.“<br />

Diejenigen Großeinkäufer,<br />

die Wein als Geldanlage<br />

ansehen, seien sehr<br />

gut informiert und interessierten<br />

sich auch für die<br />

Entwicklung junger, vielversprechender<br />

Winzer, die<br />

vielleicht erst in zehn oder<br />

20 Jahren höchste Bewertungen<br />

erzielten. Das sei<br />

durchweg positiv, betont von<br />

Kunow. „Es ist gar nicht<br />

hoch genug einzuschätzen,<br />

wie gut das Interesse chinesischer<br />

und russischer Käufer<br />

nicht nur für uns Winzer,<br />

sondern auch für die gesamte<br />

Region ist.“ Von Kunow,<br />

dessen Weine seit Jahren<br />

sehr hoch bepunktet werden,<br />

berichtet, besonders bei<br />

wohlhabenden jungen Menschen<br />

aus Asien gelte hochwertiger<br />

Wein als Prestigeobjekt<br />

– „jedoch nicht nur als<br />

Geldanlage“, erklärt er. Zur<br />

Feier der Volljährigkeit, bei<br />

Junggesellen-Abschieden<br />

oder beispielsweise bei<br />

Hochzeiten werde den<br />

Gästen hochwertiger Wein<br />

kredenzt. Inzwischen seien<br />

die seltenen, hochwertigen<br />

Weine gefragt wie nie: „Oft<br />

heißt es einfach: Liefern Sie,<br />

so viel Sie können.“<br />

Vladi Nowakowski<br />

mehr auf Seite 8<br />

’’<br />

Wie beim<br />

Aktienkauf<br />

gibt es selbstverständlich<br />

auch hier keine<br />

Garantie auf<br />

Gewinne.<br />

Ansgar Schmitz,<br />

Moselwein e.V., Trier<br />

Foto: Moselwein e.V.

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