KAWASAKI NINJA 300 - Kradblatt
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Recht<br />
& Gesetz<br />
s gibt manchmal schon kuriose Sach-<br />
Everhalte, die einen am deutschen<br />
Rechtssystem zweifeln lassen.<br />
Ihr werdet alle schon einmal davon gehört<br />
haben, dass bei einer verdächtigen<br />
Person eine Durchsuchung der Wohnung<br />
angeordnet werden kann, wenn zu vermuten<br />
ist, dass bei der Durchsuchung Be-<br />
weismittel aufgefunden werden. Das<br />
Ganze gilt für Schwerverbrecher einer<br />
Straftat. Also keine Sorge, wer eine saubere<br />
Weste hat, braucht eine Durchsuchung<br />
nicht zu fürchten. Nun stellt euch<br />
aber vor, morgens klingelt die Polizei mit<br />
einem Durchsuchungsbeschluss bei euch<br />
und nimmt dann eure Motorradbekleidung<br />
mit. Ihr würdet sicherlich mit dem<br />
Kopf schütteln und an unserem Rechtssystem<br />
zu zweifeln beginnen, wenn ihr<br />
es bis dahin noch nicht getan habt.<br />
Das Landgericht Tübingen (Beschluss<br />
vom 29.12.2011, Aktenzeichen 1 QS<br />
248/11 OWi) hatte sich jüngst damit zu<br />
befassen, ob eine Durchsuchung auch bei<br />
einer Verkehrsordnungswidrigkeit verhältnismäßig<br />
ist. Eine interessante Frage.<br />
Ein Motorradfahrer war durch eine Verkehrsordnungswidrigkeit<br />
aufgefallen. Da<br />
seine Identifizierung und Überführung<br />
nicht so einfach waren, entschloss sich<br />
das zuständige Gericht, die Wohnung des<br />
Verdächtigen durchsuchen zu lassen.<br />
Man versprach sich davon das Auffinden<br />
von Motorradbekleidung, die den Fahrer<br />
überführen sollte. Allen war vorher klar,<br />
dass allein die Motorradbekleidung kein<br />
Beweismittel für die Fahrereigenschaft<br />
des Verdächtigen ist, d.h. dass er am Tat-<br />
Rechtstipp<br />
„Zu schnell gefahren? Hausdurchsuchung!”<br />
Von Rechtsanwalt Jan Schweers, Bremen<br />
Telefon 04 21 / 696 44 880 - www.janschweers.de<br />
tag auch tatsächlich das Motorrad gefahren<br />
hatte. Die Motorradbekleidung<br />
konnte allenfalls ein Indiz dafür sein, dass<br />
er gefahren war - mehr aber auch nicht.<br />
Dem Motorradfahrer drohte nicht einmal<br />
ein Fahrverbot, da das Motorrad „nur”<br />
mit 39 km/h über der zulässigen Höchstgeschwindigkeit<br />
gemessen worden war<br />
und der Betroffene zuvor nicht auffällig<br />
geworden war.<br />
Das Landgericht Tübingen hatte über<br />
die Verhältnismäßigkeit der Durchsuchung<br />
und der anschließenden Beschlagnahme<br />
der Motorradbekleidung zu entscheiden.<br />
Erstaunlicherweise befand es die Maßnahme<br />
für verhältnismäßig. In seiner Begründung<br />
führte das Landgericht aus,<br />
dass eine solche Durchsuchung auch bei<br />
einer Ordnungswidrigkeit verhältnismäßig<br />
sein kann, wenn sie angemessen im<br />
Verhältnis zur Schwere der Tat ist. Dies<br />
bejahte das Landgericht Tübingen damit,<br />
dass eine Geldbuße von 120 Euro bei einer<br />
Geschwindigkeitsüberschreitung von<br />
39 km/h droht und auch 3 Punkte ins<br />
Verkehrszentralregister eingetragen werden.<br />
Auch wenn der Betroffene seine<br />
Fahrerlaubnis nicht aufgrund dieses Vorwurfes<br />
abgeben muss, ist es zumindest<br />
möglich, dass es beim Erreichen eines<br />
bestimmten Punktestandes dazu kommen<br />
könnte. Das Gericht befand die Maß-<br />
20<br />
nahme auch geeignet, um eine Identifizierung<br />
des Fahrers zu ermöglichen, obwohl<br />
allein aufgrund von Motorradbekleidung<br />
noch nicht auf die Person des Fahrers<br />
geschlossen werden kann. Anhand von<br />
Motorradbekleidung kann man schließlich<br />
nicht sagen, wer gefahren ist. Dazu<br />
gehört schon weitaus mehr. Das alles interessierte<br />
das zuständige Gericht jedoch<br />
nicht.<br />
Ein Beschluss, der hoffentlich nicht<br />
von anderen Landgerichten bestätigt<br />
wird. Ein solcher Beschluss kann dazu<br />
führen, dass Straßenverkehrsteilnehmer<br />
zukünftig wie Verbrecher behandelt werden<br />
und unser Rechtssystem aus den Fugen<br />
gerät. Da offensichtlich erheblicher<br />
Respekt vor den wahren Straftätern besteht,<br />
billigt ein solcher Beschluss ein<br />
völlig unverhältnismäßiges Eingreifen gegenüber<br />
Straßenverkehrsteilnehmern.