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SCHWERPUNKTTHEMA: LEADERSHIP<br />

PRO & CONTRA:<br />

INVESTIEREN ODER DEN GÜRTEL ENGER SCHNALLEN?<br />

In schwierigen Zeiten müssen Kosten gesenkt und Hierachie-Ebenen gestrichen werden. So handeln zumindest Unternehmen,<br />

wenn sich Märkte problematisch entwickeln. Aber wie sieht es bei Non-Profit-Organisationen* aus? Gilt sparen und kürzen auch<br />

hier? Muss Kiwanis den Gürtel enger schnallen oder jetzt erst recht investieren?<br />

PRO<br />

TONY SCHLÄPPI,<br />

VICE-GOVERNOR 2016/17,<br />

SCHWEIZ-LIECHTENSTEIN<br />

Grundsätzlich ja, ABER man<br />

kann NPOs* nicht mit Unternehmen<br />

gleichstellen. Dort werden<br />

Mitarbeiter für bestimmte Positionen<br />

rekrutiert und bezahlt.<br />

Bei NPOs, beziehe ich mich mit<br />

meinem Statement auf die Kiwanis<br />

Distrikte mit ihren ehrenamtlichen<br />

Mitgliedern ohne Entlöhnung.<br />

Vorab möchte ich auch festhalten, dass die Ursachen für schwierige Zeiten<br />

in Unternehmen meist marktbezogen sind. Kiwanis als Mitgliederorganisation<br />

unte<strong>rl</strong>iegt anderen Mechanismen, da wir uns als freiwillige<br />

und engagierte Mitglieder einer Charity-Organisation für das Wohl der<br />

Gemeinschaft, insbesondere von Kindern, einsetzen.<br />

Sowohl in Unternehmen wie auch bei NPOs entwickeln sich im Laufe<br />

der Jahre mit wachsenden Aufgaben und Zielen auch die Verantwortungsbereiche<br />

und Hierarchien. Äquivalent dazu steigen Kosten und<br />

Spesen. Dieser Prozess entspricht einer ganz normalen Entwicklung<br />

einer erfolgreichen Organisation. Die Funktionen werden im Laufe der<br />

Zeit als selbstverständlich und notwendig angesehen und es wächst die<br />

Gefahr, dass die eingebundenen Personen am Status quo festhalten wollen.<br />

Ist dies auch in den Kiwanis Distrikten der Fall?<br />

In bestimmten Abständen müssen Strukturen sowohl bei Unternehmen<br />

als auch NPOs auf Effizienz und Kosten überprüft werden. Ich finde es<br />

unumgänglich, dass jeder Kiwanis Distrikt, das heisst der amtsführende<br />

Governor mit seinem Führungsteam, diese unternehmerischen Grundsätze<br />

verfolgt und der kaufmännischen Sorgfaltspflicht nachkommt.<br />

Deshalb sollte jeder Distrikt prüfen, ob mit den vorhandenen Budgets<br />

und Hierarchien die definierten Ziele und Aktionen kostenoptimal realisiert<br />

werden.<br />

Wir müssen bei dieser Frage auch beachten, dass unsere Mitglieder<br />

aufgrund ihrer inneren Einstellung freiwillig bei Kiwanis sind und die<br />

Amtsträger von den Mitgliedern gewählt werden. Dies bedeutet, dass<br />

wir Veränderungen nicht einfach nach unternehmerischen Grundsätzen<br />

durchführen können. Die Motivation unserer Mitglieder muss im<br />

Zentrum aller Übe<strong>rl</strong>egungen stehen. Notwendige Anpassungen im<br />

Budget und Organigramm sind sorgfältig abzuwägen, damit unsere Kiwanis-Grundwerte<br />

Friendship, Fun, Fundraising verstärkt unterstützt<br />

werden.<br />

* NPO = Non Profit Organization = gemeinnützige Organisation<br />

de.kiwanis.news/400315<br />

CONTRA<br />

SEPP SCHACHERMAYR,<br />

PAST-GOVERNOR<br />

ÖSTERREICH 2014/15<br />

Zunächst wehre ich mich gegen den<br />

Begriff Hierarchie-Ebenen. Hier<br />

beginnt schon das grundsätzliche<br />

Missverständnis. Es gibt bei Kiwanis<br />

keine klassische Hierarchie im Sinne<br />

eines Unternehmens. Aber um es<br />

trotzdem auf einen einfachen Satz<br />

zu reduzieren: Man kann sich auch<br />

gerne zu Tode sparen, ob es aber wirklich etwas nützt, ist eine andere Sache.<br />

Leider hat man dann oft auch am eigentlichen Problem vorbeigearbeitet. Es<br />

erscheint mir viel wichtiger, die Kiwanis-Idee auf eine breitere Basis zu stellen<br />

und nicht sie auf weniger Personen zu reduzieren. Wir haben schon heute die<br />

Herausforderung, dass unsere Mitglieder, sofern wir sie noch bei der Organisation<br />

halten können, nur mehr auf Clubbasis arbeiten wollen. Und dann<br />

setzt das Kirchturmdenken ein: Ich interessiere mich für mein Umfeld nur<br />

soweit, solange ich meinen eigenen Kirchturm sehen kann. Wen interessiert<br />

schon der Distrikt, wen interessiert KI-EF oder gar Kiwanis International.<br />

Wenn wir Führungsebenen abschaffen und unsere Bindeglieder eliminieren<br />

nehmen wir uns die Chance, die Gemeinschaft im Sinne der Internationalität<br />

von Kiwanis auszubauen. Wir schaffen damit eine Kultur der abgeschotteten<br />

Individuen, die nicht mehr über den eigenen Kirchturm hinausblicken<br />

können und gar nicht die Möglichkeit dazu erhalten.<br />

Wir als Teil der Kiwanis-Gemeinschaft sind kein Unternehmen, das man<br />

als solches als Manager führen kann. Und gleichzeitig muss ich mir selbst<br />

widersprechen – wir sind es teilweise doch, jedoch in einer abgewandelten<br />

Form. Das ist das besondere an unserer Organisation, wir sind auch lauter<br />

Individuen, Kiwanier, Freiwillige, die sich dazu entschlossen haben, einen<br />

Teil – manchmal mehr, manchmal weniger – ihrer Freizeit zu investieren,<br />

um anderen zu helfen. Um dies zu tun bedarf es einer gehörigen Portion an<br />

Motivation, Ansporn und Unterstützung durch Führungsebenen. Natü<strong>rl</strong>ich<br />

haben sich die Zeiten geändert – alles ist schneller geworden, steigende Rechne<strong>rl</strong>eistung<br />

und Glasfaserkabel ermöglichen ein Updaten von Informationen<br />

in Sekundenschnelle. Online-Meeting ist das neue Schlagwort. Aber auch<br />

in modernen Zeiten ist ein klassisches Offline-Meeting wichtig. Und eines<br />

kommt damit auf gar keinen Fall zu kurz – unsere Freundschaft, gemeinsam<br />

ein Bier, einen Wein oder einen Aperol zu trinken.<br />

Es geht nicht darum, keine Änderungen vorzunehmen, nur ist unsere Organisationsform<br />

für schnelle Änderungen nicht geeignet. Noch dazu, wo Ideen<br />

in Führungspositionen meist nur ein Jahr überdauern. Wenn überhaupt.<br />

Reformen sind mehr als notwendig. Kiwanis als Organisation kann dabei<br />

aber durchaus als Tanker auf hoher See gesehen werden. Zu bremsen und<br />

die Richtung zu ändern, dauert und bedarf richtiger Vorbereitung. Ja – wir<br />

müssen die Richtung ändern. Einfach Kosten zu senken und Hierarchieebenen<br />

abzuschaffen, helfen uns dabei nicht und könnten den Tanker auch zum<br />

Kippen bringen. Gemeinsam können wir es schaffen – mit Unterstützung<br />

aller unserer Kapitäne – auf in die Zukunft von Kiwanis!<br />

6 Kiwanis-Magazin | Juni 2017

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