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WIRTSCHAFT+MARKT 4/2017

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16 | W+M SCHWERPUNKT BRANDENBURG<br />

Dietmar Woidke führte seine Amtskollegen Stanislaw Tillich und Reiner Haseloff durch „seine“ Andreaskirche in Eisleben (v. l.).<br />

W+M: Sie sind Polen-Koordinator der Bundesregierung.<br />

Wie würden Sie die heutigen<br />

Beziehungen Ihres Bundeslandes zu<br />

Polen einschätzen? Wie rege ist die Zusammenarbeit,<br />

seit eine EU-skeptische<br />

und nationalkonservative Regierung in<br />

Warschau das Sagen hat?<br />

Dietmar Woidke: Natürlich nehme ich<br />

manches aus der polnischen Politik auch<br />

mit Sorge wahr. Aber grundsätzlich hat<br />

sich die grenzüberschreitende Kooperation<br />

gerade auch zwischen den Regionen<br />

nicht verschlechtert. Das ist auch meinem<br />

Amtskollegen in Warschau zu verdanken,<br />

mit dem mich ein sehr gutes Verhältnis<br />

verbindet. So gelingt es, aufkommende<br />

Probleme mitunter schon bei einem Telefonat<br />

zu klären. Es dominiert die Erkenntnis,<br />

dass das hohe Niveau der Zusammenarbeit<br />

und die über die Jahre entstandene<br />

Freundschaft nicht gefährdet werden dürfen.<br />

Die Grenze zu Polen ist für uns längst<br />

zu einer Brücke geworden. Das ist eine<br />

ZUR PERSON<br />

Dietmar Woidke wurde am 22. Oktober<br />

1961 in Naundorf bei Forst geboren.<br />

Er studierte Landwirtschaft und Tierproduktion<br />

an der Berliner Humboldt-<br />

Universität. In der Wendezeit arbeitete<br />

Woidke als wissenschaftlicher Assistent<br />

am Berliner Institut für Ernährungsphysiologie.<br />

1993 trat er in die SPD ein<br />

und gehört seit 1994 dem Brandenburger<br />

Landtag an. Er fungierte bereits als<br />

Landwirtschafts- und als Innenminister.<br />

Seit dem 28. August 2013 ist Dietmar<br />

Woidke Ministerpräsident in Brandenburg.<br />

Er ist verheiratet und Vater einer<br />

Tochter.<br />

gute Basis für die künftige Kooperation.<br />

W+M: Vor einigen Monaten wurde der Länderfinanzausgleich<br />

für die Zeit nach 2019<br />

neu geregelt. Wird Brandenburg auch<br />

künftig auf auskömmliche Strukturförderung<br />

hoffen können?<br />

Dietmar Woidke: Alle Länder haben für<br />

die Einigung einen Beitrag erbracht. Die<br />

neue Regelung ist für uns erträglich, aber<br />

mehr ist es auch nicht. Vor allem haben<br />

wir jetzt Planungssicherheit für die kommenden<br />

Jahre. Wir sind nach wie vor darauf<br />

angewiesen, den Kurs der letzten Jahre<br />

fortzusetzen, dass wir einen möglichst<br />

hohen Teil der Steuereinnahmen selbst erwirtschaften.<br />

Mit gut 70 Prozent stehen<br />

wir im Vergleich der ostdeutschen Länder<br />

sehr gut da. Ausgesprochen wichtig für<br />

uns ist darüber hinaus die Zukunft der europäischen<br />

Strukturfonds. Hier werden wir<br />

frühzeitig Gespräche mit Brüssel führen.<br />

Ohne die Hilfen seitens der Europäischen<br />

Union wäre die Entwicklung unseres Landes<br />

nicht annähernd so erfolgreich verlaufen.<br />

Da wir uns weiterhin in einem Aufholprozess<br />

befinden, brauchen wir auch künftig<br />

die finanzielle Unterstützung der EU.<br />

W+M: Sollte es auch nach der Bundestagswahl<br />

im Herbst <strong>2017</strong> wieder einen Ostbeauftragten<br />

in der Bundesregierung geben?<br />

Dietmar Woidke: Es gibt in ganz Deutschland<br />

Regionen mit Problemen. Aber nirgendwo<br />

gibt es eine so große Region, die<br />

auch rund 27 Jahre nach der deutschen Einheit<br />

diese großen strukturellen Probleme<br />

hat, wie Ostdeutschland. Der Aufholprozess<br />

muss fortgesetzt werden, damit wir zu<br />

ähnlichen Lebensverhältnissen wie in den<br />

alten Bundesländern kommen. Das ist noch<br />

ein langer Weg. Daher bin ich dafür, dass es<br />

in der Bundesregierung auch weiterhin einen<br />

Beauftragten gibt, der sich um die Belange<br />

der neuen Bundesländer kümmert.<br />

W+M: Mit Frank-Walter Steinmeier ist ein<br />

prominenter Wahl-Brandenburger nunmehr<br />

Bundespräsident. Welche Erwartung<br />

haben Sie als Brandenburger Ministerpräsident<br />

an Steinmeiers Wirken im Schloss<br />

Bellevue?<br />

Dietmar Woidke: Er ist in seiner Funktion<br />

natürlich der Bundespräsident aller<br />

Deutschen. Aber er kennt Brandenburg<br />

und Ostdeutschland sehr gut. Ich denke<br />

schon, dass er diese Kenntnisse in sein<br />

Amt einbringen und Ostdeutschland besonders<br />

im Fokus haben wird. Zugleich<br />

hilft ihm sein Lebensweg, Ost und West<br />

weiter zusammenzuführen.<br />

W+M: Sie sind Mitglied der Evangelischen<br />

Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische<br />

Oberlausitz. Worauf freuen Sie sich persönlich<br />

im aktuellen Lutherjahr am meisten?<br />

Dietmar Woidke: In der Andreaskirche<br />

in Eisleben arbeitete ich 1983 in meiner<br />

Studentenzeit zum 500. Luther-Geburtstag<br />

als Kirchenführer für die Evangelische<br />

Kirche. Vor wenigen Wochen, am Freitag<br />

nach Himmelfahrt, hatte ich meine Amtskollegen<br />

Stanislaw Tillich und Reiner Haseloff<br />

nach Eisleben eingeladen. Es war<br />

mir ein großes Vergnügen, die beiden Katholiken<br />

durch „meine“ Kirche zu führen.<br />

Interview: Karsten Hintzmann und<br />

Frank Nehring<br />

Foto: Jens Schlüter<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 4/<strong>2017</strong>

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