WIRTSCHAFT+MARKT 4/2017
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22 | W+M SCHWERPUNKT BRANDENBURG<br />
Weißes Gold im märkischen Sand<br />
Die Spargelsaison ist vorbei,<br />
der wichtigste Teil des Jahres<br />
hat den Erzeugern rund um die<br />
brandenburgische Kleinstadt<br />
Beelitz ordentlich Geld in die<br />
Kassen gespült. Auch eine im<br />
Frühjahr von Naturschützern<br />
losgetretene Debatte über die<br />
ökologischen Probleme des<br />
Folieneinsatzes störte kaum.<br />
Von Dr. Ulrich Conrad<br />
Auf 1.700 Hektar Ackerflächen<br />
wächst in der Region südlich von<br />
Potsdam das weiße Gold – der etwas<br />
vollmundige Vergleich ist nicht zu weit<br />
hergeholt. Der märkische Sand liegt bei den<br />
Ertragskennzahlen im roten Bereich: Die<br />
Ackerzahl beträgt im Landesdurchschnitt<br />
unter 35, Hessen kommt auf 54. Leichte<br />
Böden und wenig Niederschlag – genau das<br />
liebt der Spargel. „Aber man muss hart arbeiten,<br />
moderne Technologien anwenden<br />
und die Vermarktung sichern, um Geld<br />
zu verdienen“, sagt Ernst-August Winkelmann.<br />
Sein Betrieb tut das seit Jahren mit<br />
großem Erfolg: Buschmann & Winkelmann<br />
in Klaistow, einem Ortsteil von Beelitz, ist<br />
der größte Spargelhof der Region. Er wurde<br />
über die Jahre zu einer Ausflugsattraktion<br />
ausgebaut, die Gäste aus Berlin und Sachsen-Anhalt<br />
anzieht. In einem Teil der Gebäude<br />
wird die Ernte sortiert, zum Teil geschält<br />
und tagfrisch an den Handel und die<br />
zahllosen eigenen Verkaufsstände geliefert.<br />
Mehr als nur Dekoration: eine Spargelpyramide auf dem Spargelhof Klaistow.<br />
Die Besucher lassen sich in der Hofscheune<br />
und im Restaurant Spargelgerichte<br />
schmecken, Kinder toben auf dem Abenteuerspielplatz<br />
oder steigen zu Lämmern<br />
und Zicklein ins Streichelgehege. Ganze<br />
Familien sind im Klettergarten zwischen<br />
Baumwipfeln unterwegs. Im Hofladen gibt<br />
es die eigenen Produkte und Erzeugnisse<br />
von Partnerbetrieben. Und die aktuellen<br />
Ernährungstrends? „Mehr vegan als<br />
Spargel geht doch gar nicht“, meint Ernst-<br />
August Winkelmann. Beim Brandenburger<br />
WirtschaftsForum im April, in dem<br />
sich Unternehmer, Politiker und Medienvertreter<br />
regelmäßig treffen, sprachen er<br />
und sein Beelitzer Kollege Josef Jakobs<br />
über die Zahlen des märkischen Spargels<br />
– und darüber, was dahinter steckt. Ohne<br />
die Saisonarbeiter aus Polen und Rumänien<br />
zum Beispiel wäre das moderne Landwirtschaftswunder<br />
nicht denkbar. Ohne<br />
die Folien auch nicht – das ausgeklügelte<br />
Temperaturregelungssystem ermöglicht<br />
eine lange Saison, die Anfang April beginnt<br />
und am 24. Juni endet. Je nach Wetter<br />
werden die Dämme gewärmt oder gekühlt<br />
Zum Erfolg der Marke Beelitzer Spargel trägt<br />
der Hof von Ernst-August Winkelmann eine<br />
Menge bei.<br />
– weder soll der Spargel in der Kälte steckenbleiben<br />
noch in kurzer Zeit all seine<br />
Kraft in junge Triebe verausgaben. Auch<br />
Brandenburgs Landwirtschafts minister<br />
Jörg Vogelsänger (SPD) stellte sich beim<br />
WirtschaftsForum ausdrücklich hinter die<br />
engagierten Spargelbauern.<br />
Der Jakobs-Hof ist ebenfalls ein Erlebnishof<br />
mit Spargel als tragender Säule. Bei aller<br />
Konkurrenz – man hält zusammen: Im<br />
Bee litzer Spargel e. V. haben sich 15 Betriebe<br />
zusammengeschlossen, um die Vermarktung<br />
zu fördern. Eine „Spargelstraße“<br />
führt von Blankensee bei Zossen über<br />
Beelitz bis Lehnin. Die Spargelkönigin hat<br />
bei der Grünen Woche ihren großen Auftritt.<br />
In Beelitz gibt es ein Spargelmuseum,<br />
seit 2013 schmückt sich die Stadt mit dem<br />
Zusatz „Spargelstadt“.<br />
Und wenn der letzte Spargel gestochen<br />
ist? Dann sind die ersten Heidelbeeren<br />
reif, die auf Anlagen direkt am Spargelhof<br />
wachsen. Gleich nach den Sommerferien<br />
rollen die Kürbisse an. Beim Kürbiswiegen<br />
auf dem Spargelhof von Ernst-August<br />
Winkelmann sind schon Weltrekorde<br />
erzielt worden, die allerdings in den USA<br />
noch mehr Furore machten als in der Heimat.<br />
Denn hier ist eben der Spargel König.<br />
<br />
W+M<br />
Fotos: Spargelhof Klaistow<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 4/<strong>2017</strong>