SUT_01_06_Screen_kom.. - Schiffahrt und Technik
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<strong>SUT</strong>_<strong>01</strong>/<strong>06</strong> Layout_Fedi_NEUU 15.02.20<strong>06</strong> 10:31 Uhr Seite 3<br />
ten, die bisher Binnenschiffskaskos für deutsche<br />
oder niederländische Rechnung geliefert haben,<br />
auf Jahre hin mit dem Bau von Kümokaskos<br />
ausgebucht. Ähnlich sind die Verhältnisse in<br />
Polen <strong>und</strong> Tschechien, deren Werften mit dem<br />
Bau von See- <strong>und</strong> Binnenschiffskaskos zumindest<br />
für die nächsten zwei Jahre ausgebucht<br />
sind. Erste Folgen des sich abzeichnenden<br />
Auftragsbooms waren bei den osteuropäischen<br />
Werften bereits in den vergangenen Monaten zu<br />
spüren. So wurde die Einhaltung zugesagter<br />
Ablieferungstermine immer häufiger Glückssache.<br />
BDB Präsident Heinz Hofmann hat dies<br />
beim Bau des neuen MSG Koppelverbandes<br />
leidvoll erfahren, dessen Kaskos die ukrainische<br />
Bauwerft mehr als ein viertel Jahr später als<br />
vereinbart ablieferte. Aber auch die Qualität<br />
mancher Werften ließ gelegentlich zu wünschen<br />
übrig. Spektakulär war das Durchbrechen eines<br />
vorschriftsmäßig mit Schüttgut beladenen nagelneuen<br />
Trockenenfrachters aus osteuropäischer<br />
Produktion in einer niederländischen Schleuse<br />
im vorvergangenen Jahr. Auch ein deutscher<br />
Schiffseigner machte leidvolle Erfahrungen mit<br />
einem in Polen hergestellten neuen Doppelhüllen-Mittelschiff,<br />
dessen Schweißnähte von<br />
der deutschen Klassifizierungsgesellschaft verworfen<br />
wurden <strong>und</strong> für teures Geld auf einer<br />
deutschen Werft nachgearbeitet werden mussten.<br />
Dass der Neubau von Schiffen in Deutschland<br />
nach wie vor wettbewerbsfähig ist, zeigen uns<br />
nicht nur die Seewerften wie Meyer in Papenburg,<br />
Neptun in Rostock oder die Peenewerft in<br />
Wolgast, auch die Con-Mar-Werft in Brake, die<br />
EDITORIAL<br />
Schiffbaustandort Deutschland!<br />
200 Schiffsneubauten hat der Präsident des B<strong>und</strong>esverbandes<br />
der Deutschen Binnenschifffahrt<br />
(BDB) Heinz Hofmann in Aussicht gestellt, wenn<br />
die B<strong>und</strong>esregierung den Paragraph 6 b Ein<strong>kom</strong>mensteuergesetz<br />
(EStG) wieder in Kraft setzt.<br />
Ohne Zweifel ist der Erneuerungsbedarf der deutschen<br />
Binnenschiffsflotte groß, doch gibt es<br />
genug investitionsbereite Unternehmer <strong>und</strong> finanzierungsbereite<br />
Banken, die die Ankündigungen<br />
Hoffmanns in die Tat umzusetzen helfen?<br />
Einige Beiträge in diesem Heft zeigen, dass<br />
beides gegeben ist. So kündigte Heiner Dettmer,<br />
Mitinhaber der B. Dettmer Reederei in Bremen,<br />
in einem Gespräch mit <strong>SUT</strong> an, ein Investitionsprogramm<br />
seines Unternehmens „zur Erneuerung<br />
der Binnentankschiffsflotte zum Umbau<br />
auf Doppelhülle“ aufzulegen. Allein im Bereich<br />
der Binnentankschifffahrt müssen innerhalb der<br />
nächsten 10 Jahre r<strong>und</strong> 1000 Schiffe in Europa<br />
auf Doppelhülle umgerüstet werden, ein gigantisches<br />
Investitionsprogramm, zu dessen Realisierung<br />
die Gesetzesänderung in Deutschland<br />
wesentlich beitragen kann. Auch andere Tankreeder,<br />
wie die Reederei Jaegers in Duisburg,<br />
aber auch mittelständische Investoren wie Gerhardt<br />
& Deymann in Minden, Harald Schiefelbusch<br />
in Essen oder Müßig in Bremen wollen<br />
Neubauflotte in Dienst stellen.<br />
Dass die in der Schiffsfinanzierung tätigen<br />
deutschen Banken lieber Neubautonnage finanzieren,<br />
als ältere Schiffe zu modernisieren, ist<br />
schon seit längerem bekannt. Ob die Gruppe<br />
Ostfriesische Volksbank Leer mit deren Tochterinstituten<br />
Volksbank Haren <strong>und</strong> Bank für<br />
Schifffahrt Hannover, die Oldenburgische Landesbank<br />
AG oder die Deutsche Leasing AG – alle<br />
diese Banken haben in letzter Zeit den Bau<br />
moderner Binnenschiffe begleitet <strong>und</strong> wollen<br />
ihre Aktivitäten bei stärkerem Neubaugeschäft<br />
rasch ausdehnen. Auch niederländische Finanzierungsinstitute<br />
sind interessiert, Schiffsneubauten<br />
in Deutschland zu begleiten, wobei diese<br />
auch in Deutschland bestehende öffentliche Finanzierungs-Förderprogramme,<br />
etwa der KFW<br />
Frankfurt/Bonn, in ihre Gesamtfinanzierung einbauen<br />
können.<br />
Bleibt die Frage zu klären, auf welchen Werften<br />
die Schiffsneubauten erstellt werden sollen oder<br />
besser gesagt können? Der weltweite Boom im<br />
Seeschiffsbau hat eine paradoxe Situation bei<br />
der Auslastung der Schiffswerften erzeugt, die<br />
auf einen in Deutschland entstehenden Neubauboom<br />
drastische Auswirkungen haben kann. So<br />
sind mittlerweile nahezu alle russischen, weißrussischen,<br />
ukrainischen <strong>und</strong> rumänischen Werf-<br />
Luxwerft in Mondorf, Kötter in Haren, Hitzler in<br />
Lauenburg, SET in Tangermünde, Boost in Trier,<br />
Braun in Speyer oder die Schiffswerft in Erlenbach<br />
am Main haben längst nicht verlernt, wie<br />
Schiffskaskos gebaut werden, sondern auch in<br />
jüngerer Zeit durch den Bau von Sektionen, Vor<strong>und</strong><br />
Mittelschiffen <strong>und</strong> ganzen Kaskos bewiesen,<br />
dass der Werftstandort Deutschland im Binnenschiffsbau<br />
nach wie vor technisch <strong>und</strong> wirtschaftlich<br />
wettbewerbsfähig ist. Aber auch die<br />
großen Reparaturenwerften an Rhein, Weser,<br />
Elbe <strong>und</strong> Oder verfügen über ausgezeichnet ausgebildetes<br />
Personal <strong>und</strong> die notwendige technische<br />
Ausstattung, um jederzeit wieder Schiffsneubauten<br />
in Angriff nehmen zu können. Möglich<br />
wird die neue Wettbewerbsfähigkeit der<br />
deutschen Werften auch durch die neuen Möglichkeiten<br />
der EU-Osterweiterung. So ist es heute<br />
völlig legal, sich qualifizierte Facharbeiter aus<br />
Polen, Tschechien oder Ungarn auf deutsche<br />
Werften zu holen <strong>und</strong> diesen Unteraufträge bei<br />
Kaskoneubauten zu erteilen.<br />
Für Schiffsfinanzierungsexperten wie den Elsflether<br />
Partikulier-Berater Ludwig Harms hat der<br />
Schiffbau auf deutschen Werften gegenüber<br />
osteuropäischen Lieferanten eine Reihe weiterer<br />
Vorteile. So entfallen Kosten für teure Akkreditive,<br />
der Auftraggeber kann den Baufortschritt<br />
selbst überwachen <strong>und</strong> spart Kosten für die<br />
Bauaufsicht durch Dritte im Ausland. Dies gilt<br />
auch für die Bank, was die parallel laufende<br />
schrittweise Auszahlung der Finanzierungsmittel<br />
erleichtert. Weiter wird der Ärger bei der Klassifizierung<br />
auf ein bekanntes Maß reduziert <strong>und</strong><br />
die Frage der Haftung für technische Mängel ist<br />
vertraglich klarer zu fassen <strong>und</strong> rechtlich besser<br />
durchzusetzen.<br />
Dass die Wiederinkraftsetzung des § 6 b EStG zu<br />
einem Beschäftigungsprogramm für deutsche<br />
Werften werden kann, haben in der Vergangenheit<br />
viele gehofft. Die gegenwärtige Marktsituation<br />
im europäischen Schiffbau macht es<br />
nun wahrscheinlich, dass diese Hoffnungen<br />
Wirklichkeit werden. Die neue B<strong>und</strong>esregierung<br />
wird nichts dagegen haben, denn sie hat sich die<br />
Förderung der Beschäftigung als eines ihrer<br />
wichtigsten Ziele auf die Fahnen geschrieben.<br />
Mit einem raschen Voranbringen des Kabinettsbeschlusses<br />
über die parlamentarischen Hürden<br />
in B<strong>und</strong>estag <strong>und</strong> B<strong>und</strong>esrat kann sie selbst dazu<br />
beitragen, dass die erwarteten Investitionsentscheidungen<br />
des Binnenschifffahrtsgewerbes<br />
schnell getroffen werden.<br />
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MAGAZIN FÜR INTERMODALEN TRANSPORT UND LOGISTIK<br />
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