SUT_01_06_Screen_kom.. - Schiffahrt und Technik
SUT_01_06_Screen_kom.. - Schiffahrt und Technik
SUT_01_06_Screen_kom.. - Schiffahrt und Technik
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
<strong>SUT</strong>_<strong>01</strong>/<strong>06</strong> Layout_Fedi_NEUU 15.02.20<strong>06</strong> 11:03 Uhr Seite 53<br />
„Meine Vorfahren waren ja alle auf dem<br />
Schiff“ ist die kurze Antwort von Rudolf<br />
Kiepe auf die Frage, wie er denn vor fünfzig<br />
Jahren zur Schifffahrt ge<strong>kom</strong>men sei. Und in<br />
der Tat sind die Kiepes untrennbarer Teil der<br />
Harener Schifffahrtstradition.<br />
Ein Kapitän mit gleichem Namen führte<br />
schon vor über 100 Jahren die auf „Helene“<br />
getaufte bekannte Spitzpünte fünfmal über<br />
den Atlantik nach Brasilien. Ursprünglich war<br />
auch Rudolf Kiepe auf See unterwegs, hatte<br />
längst sein Seepatent „mit Auszeichnung“ in<br />
der Tasche. Bis eines Tages etliche seiner<br />
Fre<strong>und</strong>e mitsamt Familien auf See blieben.<br />
Das bewog den heute 77-jährigen damals,<br />
das Revier zu wechseln.<br />
Er wurde Binnenschiffer, befuhr den Mittellandkanal,<br />
den Dortm<strong>und</strong>-Ems-Kanal, die<br />
Kanäle im „Revier“, den Rhein, den Main.<br />
Gern erzählt er aus alten Zeiten, von den<br />
langsamen staatlichen Schleppzügen vom<br />
„Monopol“, die er nicht überholen konnte.<br />
„Wenn die abends um acht Uhr Feierabend<br />
machten, konnten wir richtig Gas geben“,<br />
freut sich der Pensionär noch heute. Die vom<br />
„Monopol“ gebe es heute nicht mehr, <strong>und</strong><br />
überhaupt habe sich vieles geändert. Heute<br />
gehe alles schneller, sei alles größer. Leichte<br />
Wehmut liegt in seinen Worten.<br />
TITELTHEMA: TRANSPORT UND<br />
UMSCHLAG ZWISCHEN EMS,<br />
WESER UND UNTERELBE<br />
Fünfzig Jahre Binnenschifffahrt bei Familie Kiepe aus Haren<br />
Die Schifffahrt sitzt<br />
im Blut<br />
Rudolf <strong>und</strong> Thea Kiepe mit Familienstander<br />
Foto: emspress<br />
Mit Waschpulver sei er unterwegs gewesen,<br />
mit Dosenmilch, mit Erz <strong>und</strong> Kohle, mit<br />
Zement. Sein Schiff hieß Rolf Hein, war in<br />
Bodenwerder gebaut <strong>und</strong> damals, 1956, mit<br />
700 t als modernes Schiff unterwegs. Heute<br />
noch ist es als MS ANALYSE<br />
in den Niederlanden in<br />
Fahrt.<br />
In den ersten Jahren war<br />
Kiepes Frau Thea ständig<br />
mit an Bord. „Das waren<br />
mit die schönsten Zeiten“<br />
erinnert sich die Kapitänsfrau,<br />
die selbst aus einer alten Schifferfamilie<br />
stammt. Neun Jahre waren sie gemeinsam<br />
unterwegs, bis es wegen der Kinder nicht<br />
mehr ging. Die drei Söhne mussten daheim in<br />
Haren die Schule besuchen. Aber das Leben<br />
an Bord <strong>und</strong> die Zeit auf den Flüssen <strong>und</strong><br />
Kanälen hat wohl alle drei geprägt. Heinz,<br />
Karl <strong>und</strong> Rolf Kiepe sind, wie kaum anders zu<br />
erwarten, Binnenschiffer geworden. Mit dem<br />
MS Karl-Hein, dem MS Rolf-Hein <strong>und</strong> mit<br />
dem MS Rudolf-Thea sind auch sie heute<br />
unterwegs, fahren<br />
Container, fahren<br />
Stahl. Und genießen<br />
dabei, wie Heinz<br />
Kiepe bestätigt, noch<br />
immer die Freiheiten,<br />
die die Binnenschiff-<br />
Die Kiepe-Flotte<br />
Antwort auf die Frage, wem der<br />
Brüder Kiepe welches Schiff gehört:<br />
„Karl gehört die Rolf-Hein,<br />
Heinz gehört die Karl-Hein, <strong>und</strong> die<br />
Rudolf-Thea, die gehört dem Rolf“.<br />
Ganz einfach, oder? -Ga-<br />
Aus alten Zeiten: Rudolf Kiepe am Steuer, mit<br />
zwei seiner Söhne Foto: Archiv<br />
fahrt bietet. Und einiges scheint noch immer<br />
so, wie früher: „Ich fahre mit einem Handschlagvertrag“<br />
gibt er zu <strong>und</strong> bestätigt damit<br />
das Vertrauen in seinen Auftraggeber. Aus<br />
der Fahrenszeit seines Vaters <strong>und</strong> Lehrmeisters<br />
hat er, wie seine Brüder, viel<br />
mitbe<strong>kom</strong>men. Im zarten Alter von sechs<br />
Wochen hat er damals „angeheuert“.<br />
Vater Rolf ist, ges<strong>und</strong>heitsbedingt, seit 1990<br />
nicht mehr auf Fahrt. Gelegentlich reizt es ihn<br />
aber wieder, dann geht er mit seiner Thea für<br />
kurze Strecken an Bord eines der Schiffe in<br />
Familienhand. Die Chance, dass die Familientradition<br />
erhalten bleibt, steht gut. Der<br />
älteste Sohn von Heinz<br />
Kiepe hat seine Ausbildung<br />
zum Binnenschiffer<br />
schon abgeschlossen,<br />
sammelt bei einem Bekannten<br />
auf dem Rhein<br />
Fahrpraxis. Auf die Frage,<br />
was sich eine Schifferfamilie,<br />
die in diesem Jahre 50 Jahre auf den<br />
Binnenwasserstraßen unterwegs ist, für die<br />
Zukunft wünscht, findet Heinz Kiepe eine<br />
schnelle Antwort: Ges<strong>und</strong>heit, wirtschaftliche<br />
Stabilität <strong>und</strong> die Möglichkeit, vielleicht – für<br />
den Sohn – ein viertes Schiff in Dienst zu<br />
stellen. Darauf, stimmt Großmutter Thea zu,<br />
würde auch sie sich freuen. Auch, wenn es<br />
noch einige Jahre dauern sollte, einen<br />
Namen dafür haben die Kiepes schon parat.<br />
Mit etwas Glück könnten dann vier „Kiepe-<br />
Schiffe“ nebeneinander im Harener Hafen<br />
liegen, oder im neuen Euro-Hafen-Emsland.<br />
Die besten Wünsche der Binnenschifferkollegen<br />
<strong>und</strong> von SuT begleiten diese<br />
traditionelle Schifferfamilie, auch über das<br />
fünfzigjährige Jubiläum hinaus. Allzeit gute<br />
Fahrt! Hermann Garrelmann ❑<br />
Purer Zufall: Geschwistertreffen der anderen Art mit drei Kiepe-Schiffen im<br />
Harener Hafen Foto: Mecklenburg<br />
53<br />
MAGAZIN FÜR INTERMODALEN TRANSPORT UND LOGISTIK<br />
1/20<strong>06</strong>