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Bestandsaufnahmen zu Inklusion

SCHRIFTEN ZU DISABILITY & DIVERSITY VOL. 1 | 04/2017 Im Rahmen der Lehrveranstaltung Bildung: Teilhabe und Inklusion

SCHRIFTEN ZU DISABILITY & DIVERSITY
VOL. 1 | 04/2017
Im Rahmen der Lehrveranstaltung Bildung: Teilhabe und Inklusion

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MEHRGENERATIONEN-WOHNHÄUSER<br />

ihnen sind Frauen, resultierend aus ihrer<br />

längeren Lebenserwartung im Vergleich <strong>zu</strong><br />

den Männern. Auch bleiben die „Alten“ länger<br />

jung, aktiv und vital und sind bestrebt<br />

ihre Selbstständigkeit so lange als möglich<br />

<strong>zu</strong> erhalten. Ein Wohnen im Alten- oder<br />

Pflegeheim kommt womöglich erst im Fall<br />

der Pflegebedürftigkeit in Frage. In Be<strong>zu</strong>g<br />

auf das Thema Wohnen ist in den Lebensentwürfen<br />

der älteren Personen daher ein<br />

neuerlicher Variantenreichtum an die Stelle<br />

von Pflege innerhalb der Familie oder Altenheim<br />

getreten. (Hannemann, 2014)<br />

Ein sehr populäres Modell ist das Mehrgenerationen-Wohnhäuser.<br />

Diese sollen das<br />

Miteinander der Generationen aktiv fördern<br />

und Raum für gemeinsame Aktivitäten<br />

schaffen. Durch das Zusammenspiel der<br />

Generationen sollen das Erfahrungswissen<br />

bewahrt und die Alltagskompetenz gestärkt<br />

werden. Mittelpunkt in jedem dieser Häuser<br />

ist ein „offener Treff“. Hier begegnen sich<br />

Menschen, kommen miteinander ins Gespräch<br />

und knüpfen erste Kontakte. In der<br />

Regel sind Mehrgenerationen-Wohnhäuser<br />

auch mit örtlichen Kultur- und Bildungseinrichtungen<br />

sowie Freiwilligenverbänden<br />

verknüpft. Ein Konzept, welches im süddeutschen<br />

Raum entstand, ist das Konzept<br />

der „Lebensräume für Jung und Alt“. Es<br />

wurde von der deutschen Stiftung Liebenau<br />

entwickelt, und reagiert auch auf demografische<br />

Veränderungen. Im Mittelpunkt des<br />

Konzeptes der Lebensräume steht die Nachbarschaftshilfe,<br />

die auf Dienstleistungsverhinderung<br />

abzielt. Fähigkeiten der Hausbewohner<br />

sollen miteinander verknüpft werden<br />

und somit <strong>zu</strong>r Entstehung eines Selbsthilfesystems<br />

beitragen. Alleinerziehende<br />

können sich dadurch beispielsweise durch<br />

regelmäßige Tätigkeiten etwas da<strong>zu</strong>verdienen.<br />

(St. Anna, 2015)<br />

In Zusammenhang mit dem Konzept des<br />

Generationenwohnens ist interessant einen<br />

Blick auf die historische Entwicklung der<br />

Familienstruktur <strong>zu</strong> werfen.<br />

2. Historischer Rückblick<br />

Wer vom Idealbild einer harmonischen<br />

Großfamilie spricht, in der mehrere Generationen,<br />

Eltern, Kinder und Großeltern unter<br />

einem Dach wohnen, verweist gerne auf die<br />

Vergangenheit. In der Familienforschung<br />

ist man sich bereits lange einig, dass diese<br />

Form des Generationenwohnens eher die<br />

Ausnahme als die Regel war. Vor 1900 lag<br />

die mittlere Lebenserwartung bei unter 50<br />

Jahren, was bedeutet, dass die Großeltern<br />

schon meist vor der Geburt ihrer Enkel verstarben,<br />

somit selten Drei-Generationenhaushalte<br />

<strong>zu</strong>stande kamen. (Planert, 2007)<br />

Eine Form des Generationenwohnens hingegen<br />

stellte das sogenannte „Ganze Haus“<br />

dar, das sich in vorindustrieller Zeit häufig<br />

als ideale Wohnform präsentierte. Hier bezog<br />

sich das gemeinsame Wohnen jedoch<br />

nicht auf die verwandtschaftliche Familie,<br />

sondern das Haus, als Wohn- und <strong>zu</strong>gleich<br />

Arbeitsstätte <strong>zu</strong>r Erwirtschaftung des Eigenbedarfs,<br />

beherbergte sowohl Familie als<br />

auch Dienstpersonal. Jeder war auf die Leistung<br />

des anderen angewiesen, und man erhielt<br />

auch gegenseitige Unterstüt<strong>zu</strong>ng.<br />

Selbst in ländlich strukturierten Gegenden<br />

lebte zwischen dem 17. und 19. Jahrhundert<br />

nur jede neunte Familie mit den Großeltern<br />

unter einem Dach. Aufgrund von Analysen<br />

von Geburts- und Sterberegistern wurde<br />

nachgewiesen, dass vom 16. bis ins 19.<br />

Jahrhundert Familiengrößen von 4-5 Personen<br />

die statistische „Regelfamilie“ bildeten.<br />

Erst im 20. Jahrhundert, als die durchschnittliche<br />

Lebenserwartung gestiegen<br />

war, entstanden Drei- oder sogar Viergenerationenhaushalte<br />

in bäuerlichen Familien.<br />

Im bürgerlichen Bereich war jedoch der<br />

Trend <strong>zu</strong>r Kernfamilie spürbar, als Mutter,<br />

Vater und Kinder. Diese Intimisierung der<br />

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