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Alpsommer&Viehscheid 2013

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utschte ein Tier über eine Felsplatte ab und erlitt eine<br />

so starke Verletzung an der Lunge, dass es leider not -<br />

geschlachtet werden musste. »Damit es nicht unnötig<br />

leidet«, betont Pius. Ein weiteres Tier aus der Herde<br />

Hierls stürzte in eine Felsspalte und brach sich das<br />

Genick. Auch wenn derartige Un fälle in den Bergen zu<br />

den Grundgefahren gehören – nahe geht den Hirten der<br />

Verlust eines Tieres immer. »Aber man hat’s halt nicht<br />

in der Hand.« Pius schüttelt den Kopf. »Einen Kranz<br />

gibt’s heuer nicht.« Denn nur, wenn der Alpsommer<br />

ohne Unfälle für Zwei- und Vierbeiner verlaufen ist,<br />

darf ein Kranzrind die Herde beim <strong>Viehscheid</strong> anführen.<br />

Aufgeregt sind die Kleinhirten nicht, wenn dieser<br />

naht – waren sie doch beide oft genug dabei, ob als Helfer,<br />

Treiber oder eben Hirte.<br />

Das braucht seine Zeit, schließlich zählt der Hindelanger<br />

<strong>Viehscheid</strong> mit 900 Tieren von fünf Galtalpen zu<br />

den größten im Allgäu. Gleich im Anschluss müssen<br />

die meist recht unwilligen Vierbeiner in Transporter<br />

verladen werden – da ist schon manchmal Schieben<br />

angesagt. Schön am Scheid findet Elias das viele Vieh,<br />

das zusammenkommt, und das Schellenläuten, das die<br />

Veranstaltung begleitet. Stören tut ihn nur der Trubel,<br />

der inzwischen darum herum gemacht wird. »Bei den<br />

ganzen Bierständen und Festzelten leidet das Brauchtum<br />

ein bisschen«, findet er. »G’hört halt dazu«, zuckt<br />

Pius die Schultern.<br />

Arbeit oder Urlaub?<br />

Oben links: Nahrhafte Brotzeiten<br />

gibt es auf der Alpe – die Milch<br />

fürs Frühstück kommt frisch aus<br />

der Kuh. Oben: Die Hierl-Brüder<br />

auf dem Weg zum <strong>Viehscheid</strong> in<br />

Bad Hindelang. Heuer ohne<br />

Kranzrind, denn im Laufe des<br />

Alpsommers sind zwei Jungtiere<br />

abgestürzt<br />

Trubel »g’hört dazu«<br />

Anfang September wird das Vieh von der Ochsenalpe<br />

zurück zur Point-Hütte hinabgetrieben. Einen Tag vor<br />

dem großen Abtrieb werden mit vielen Helfern die<br />

festlich geputzten und aufpolierten Zugschellen angelegt,<br />

und die Herde wird »sortiert«. Nur knapp ein<br />

Drittel der Tiere, die den Alpsommer auf der Stier -<br />

bachalp verbracht haben, kommt mit zum Bad Hindelanger<br />

<strong>Viehscheid</strong> am 11. September. Dazu zählen das<br />

junge Vieh, die Tiere, die besamt werden sollen oder<br />

bald kalben . Die anderen kommen unter der Aufsicht<br />

von Scheidle auf die sogenannte Nachweide, bis der<br />

Schnee fällt. Mehrere Stunden vom frühen Morgengrauen<br />

bis in den späten Vormittag dauert der Fußmarsch<br />

zum Scheidplatz. Dort ist längst nicht Feierabend.<br />

Die Tiere werden »geschieden«, also vom Oberhirt<br />

aussortiert und ihren Besitzern zurückgegeben.<br />

Doch sind die Wochen in den Bergen jetzt Ferien oder<br />

Arbeit? »Ferien«, darüber müssen die Buben nicht<br />

lange nachdenken. »Ferien sind, wenn man etwas gerne<br />

tut«, fügt Elias dazu. Und was sagen die Klassenkameraden<br />

und Freunde zu dem »Ferienjob«? Den meis -<br />

ten sei es wurscht, erzählt der Ältere, sei ja jedermanns<br />

eigene Sache, wie er seine Zeit verbringt. Ein paar hätten<br />

auch Respekt für das, was er mache. Är gerlich findet<br />

er die grundlegende Einstellung einiger Mitschüler<br />

zum Beruf Landwirt: »Viele halten die Landwirtschaft<br />

für eine niedere, eine dreckige Arbeit. Da machst scho<br />

manchmal was mit.« Doch wenn man etwas in den<br />

Allgäuer Bergen lernt, dann ist das, die Ruhe weg zu<br />

haben. Aufregen tut sich von den beiden Kleinhirten<br />

keiner. Schad sei’s halt.<br />

Was die Zukunft angeht, sind sich beide Brüder sicher:<br />

Sie werden den elterlichen Hof übernehmen. Und bis<br />

dahin geht’s weiterhin im Alpsommer rauf auf den<br />

Berg, das Jungvieh hüten. • Viola Elgaß<br />

Alpsommer<br />

&<strong>Viehscheid</strong> <strong>2013</strong><br />

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