KulturFenster Nr. 04/2016 - August 2016
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Aus Verband und Bezirken<br />
„Der Heimat eine<br />
Melodie gegeben“<br />
Zum 35. Mal fand die Alpenländische Sing- und<br />
Wanderwoche statt<br />
Seit 35 Jahren gibt es die Alpenländische<br />
Sing- und Wanderwoche des Südtiroler Chorverbandes.<br />
Die erste „Almsingwoche“, wie<br />
sie damals hieß, fand in Gsies statt, mit 35<br />
Teilnehmern aus Südtirol, Österreich und<br />
der Schweiz und unter der Leitung von Albin<br />
Reiter aus Salzburg.<br />
Heute sind es meist rund 80 Teilnehmer,<br />
die an der beliebten Woche teilnehmen,<br />
die alle zwei Jahre in einem anderen<br />
Tal Südtirols stattfindet. Schon daran<br />
zeigt sich, dass die Alpenländische Singund<br />
Wanderwoche“ ein Erfolgmodell war<br />
und ist und vielen grundlegenden Bedürfnissen<br />
der Menschen entgegenkommt.<br />
Denn: Neben dem Singen steht seit jeher<br />
das Kennenlernen der Heimat im Mittelpunkt<br />
der Schulung, die vielen Sängern<br />
und Sängerinnen Fixpunkt im Sommer<br />
und geliebter Ausgleich zum Alltag, ja ein<br />
Stück „geistige Heimat“ geworden ist, wie<br />
der Verbandsobmann betont. Viele Teilnehmer<br />
hätten ihm das persönlich versichert:<br />
Tatsächlich erkennt man jedes Jahr<br />
viele „Stammsänger“ wieder und die Stimmung,<br />
die von diesem jährlichen „Sommerchor“<br />
ausgeht, ist in einem guten Sinne<br />
heimatlich und volkstümlich, ohne volkstümelnd<br />
oder rückwärtsgewandt zu sein,<br />
offen und leicht.<br />
Seit 35 Jahren Alpenländische<br />
Sing- und Wanderwoche<br />
Der Kontakt mit der Bevölkerung, Singen<br />
und Wandern sowie die Pflege des Volksliedes<br />
waren schon vor 35 Jahren die Ziele<br />
- „und sind es auch heute noch“, wie Obmann<br />
Erich Deltedesco beim Abschlusskonzert<br />
der diesjährigen Woche am 9. Juli<br />
im Bürgersaal in St. Martin/Gsies betonte.<br />
„Ihr habt auf die Stimme der Natur gehört<br />
und unserer Heimat eine Melodie gegeben!“<br />
Mit diesen Worten richtete sich der<br />
Obmann an die „tausenden Teilnehmer“,<br />
die seit 35 Jahren die Alpenländische Singund<br />
Wanderwoche des Südtiroler Chorverbandes<br />
besucht haben. Heuer sei man<br />
an den „Ursprung zurückgekehrt“, nach<br />
Gsies, wo die erste „Almsingwoche“ stattfand.<br />
Dass die Sing- und Wanderwoche<br />
so beliebt sei, sei vor allem dem Kursleiter<br />
Ernst Thoma zu verdanken, der die Schulung<br />
seit 1998 leitet: „Du leitest die Woche<br />
mit Kompetenz, Herzblut, Liebe und deinem<br />
sympathischen trockenen Humor!“<br />
Der aus Stilfs gebürtige und in Mals wohnhafte<br />
Ernst Thoma ist Chorleiter, Komponist,<br />
Sänger und Lehrer – und begnadet<br />
im Umgang mit Musik und Mensch. Er<br />
habe mit seiner Überzeugungskraft den<br />
Sängern und Sängerinnen eine orientierende<br />
Perspektive gegeben, sagt Verbandsobmann<br />
Deltedesco und gerne erinnert<br />
er sich an die vielen Singwochen und Konzerte,<br />
die er selbst als Obmann erlebt hat:<br />
ob in Villnöss, Ridnaun oder in Stilfs, wo<br />
er im vorigen Jahr den Sängern und Konzertbesuchern<br />
„Stilzer Geographie“ als<br />
Sprechgesang vermittelte, ein Beispiel für<br />
die Verankerung der Sing- und Wanderwoche<br />
im jeweiligen Ort. Verankert in der Bevölkerung<br />
ist die Sing- und Wanderwoche<br />
freilich auch wegen der Organisation vor<br />
Ort: Der örtliche Kirchenchor – heuer war<br />
es der Kirchenchor St. Martin mit Chorleiter<br />
Hans Walder – organisiert die Woche,<br />
die Gemeindeverwaltungen unterstützen<br />
die Sänger und Sängerinnen, indem sie<br />
ihnen Probelokal und den Raum für das<br />
Konzert unentgeltlich zur Verfügung stellen.<br />
Immer ist auch eine Person aus dem<br />
Ort da, die die Sänger und Sängerinnen<br />
zu den heimatkundlichen und kunsthistorischen<br />
Sehenswürdigkeiten und vor<br />
allem durch die freie Natur führt, wo sich<br />
die Sängerschar am liebsten aufhält und<br />
singt. Einheit von Kultur, Natur und Gesang,<br />
von Freizeit und Fortbildung, Gemeinschaft<br />
und Selbstfindung – so kann<br />
man viele Schulungen des Chorverbandes<br />
beschreiben, in besonderem Maße aber<br />
die Alpenländische Sing- und Wanderwoche.<br />
Dass auch die Sänger und Sängerinnen<br />
zu einem großen Ganzen zusammenwachsen,<br />
beweisen die alljährlichen<br />
Konzerte, die immer viele Einheimische<br />
und Gäste anziehen. Die Sängerschar in<br />
ihrer Tracht singt geistliche und weltliche<br />
Lieder, klassische und moderne – aber immer<br />
orientiert an der Schlichtheit, am Humor,<br />
an der Innerlichkeit, der Melancholie<br />
und Lebensfreude des Volksliedes, das in<br />
dieser Woche ein würdiges Forum findet,<br />
weitergegeben, gesungen und „gepflegt“<br />
zu werden. So erschließt sich dem Zuhörer<br />
und dem Teilnehmer der Sing- und<br />
Wanderwoche, dass das Volkslied, das alpenländische<br />
Lied etwas Schönes ist, bei<br />
dem man sich die Frage nach der Aktualität<br />
nicht stellen muss, da es den Status<br />
des „Klassischen“ hat, aber trotzdem nicht<br />
abgehoben ist, sondern im Volk, in der Natur<br />
verwurzelt ist. Diese Verwurzelung ist<br />
eben nicht nur eine Floskel. Das beweisen<br />
die Sänger und Sängerinnen selbst,<br />
das beweist auch Ernst Thoma, wenn er<br />
betont, dass man diese Lieder ohne Noten<br />
und Textblatt singen muss.<br />
Auch heuer wieder ein<br />
vielseitiges Programm<br />
Zum Abschlusskonzert der heurigen<br />
Schulungswoche in St.Martin in Gsies<br />
konnte der Obmann 77 Sänger und Sängerinnen<br />
aus dem ganzen Land und ein<br />
zahlreiches Publikum begrüßen. Unter der<br />
Leitung von Ernst Thoma hatten sich die<br />
Teilnehmer eine Woche lang mit Werken<br />
aus verschiedenen Epochen auseinandergesetzt,<br />
waren durch das Gsieser Tal gewandert,<br />
hatten Sehenswürdigkeiten wie<br />
Schloss Welsperg und die Troger-Fresken<br />
in der Kirche von Welsberg besichtigt und<br />
vor allem immer wieder gesungen. Beim<br />
Konzert sangen die Sänger und Sängerinnen<br />
interessante Volkslieder und Jodler,<br />
etwa ein Lied aus dem Jahre 1857, in<br />
dem die Tiroler überzeugt werden sollten,<br />
die Armut hinter sich zu lassen und nach<br />
Peru auszuwandern: „Es ist kein Leben<br />
nimmermehr in unserm Land Tirol. Drum<br />
greifet froh zum Wanderstab und reiset<br />
nach Peru!“ Dass das Volkslied durchaus<br />
zeitliche und nationale Grenzen sprengt,<br />
zeigen die Konzertprogramme der Alpenländischen<br />
Sing- und Wanderwoche im-<br />
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