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Barftgaans August/September 2017

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FEUILLETON<br />

DEM FRIEDEN GESUNGEN<br />

Zu den Holdenstedter Schlosstagen <strong>2017</strong> erklingen Kammermusik und Lieder<br />

Das Wochenende des 1. bis 3. <strong>September</strong> <strong>2017</strong> ist für die diesjährigen<br />

drei Holdenstedter Schlosstage reserviert, die sich in die Feierlichkeiten<br />

zum Reformationsjubiläum einfügen wollen. Deshalb lautet das<br />

Motto „Verleih uns Frieden gnädiglich – das Weltliche im Geistlichen, das<br />

Geistliche im Weltlichen“.<br />

„Verleih uns Frieden gnädiglich“ ist eine Liedstrophe, die Martin<br />

Luther 1529 als Nachdichtung der gregorianischen Antiphon „Da pacem,<br />

Domine, in diebus nostris“ verfasste: „Verleih uns Frieden gnädiglich,<br />

Herr Gott, zu unsern Zeiten./ Es ist doch ja kein andrer nicht, der für<br />

uns könnte streiten…“<br />

Es kommt nicht von ungefähr, dass der Lied-Wunsch eher mit dem<br />

30-jährigen Krieg assoziiert wird. Der Organist und Komponist Andreas<br />

Hammerschmidts (1611-1675) schrieb kurz vor dem Westfälischen Frieden<br />

1648 das Choralkonzert „Verleih uns Frieden“. 200 Jahre später beschäftigte<br />

sich Felix Mendelssohn-Bartholdy mit den Kantaten Johann<br />

Sebastian Bachs und schuf sechs eigene Choralkantaten, von denen „Verleih<br />

uns Frieden“ aus dem Jahr 1831 stammt. - Zwischen Bach und Mendelssohn,<br />

Louis Spohr, Beethoven, Brahms und Busoni siedeln die Noten,<br />

die an den drei Tagen erklingen. Als Kammerkonzert (Sabine Frick/Hinrich<br />

Alpers) und Liedgesang (u.a. Hanno Müller-Brachmann).<br />

Einen, der seit mehr als zehn Jahren auf der Schlosswochenbühne<br />

steht, hat Barbara Kaiser zum Reiz dieser Veranstaltung im Allgemeinen<br />

und Besonderen befragt: Den Bariton Claus Temps.<br />

Herr Temps, wenn mich mein Archiv nicht trügt, sind Sie seit dem Jahr 2006<br />

dabei. Sie nehmen für die Schlosswochen-Aufführungen extra Urlaub, weil Sie<br />

neben Ihrer Sängerlaufbahn im Hauptberuf als Jurist für die Stadt Karlsruhe<br />

arbeiten. Was macht für Sie den Reiz dieser Uelzener – Holdenstedter – Schlosswoche<br />

aus?<br />

Meine Holdenstedt-Beziehung ist sogar schon älter. Sie begann im Jahr<br />

2000 mit dem ersten Festivaljahr in der Verantwortung von Ute Lange-Brachmann.<br />

Es stand unter der Überschrift „Fin de siècle“. Ich durfte<br />

in einem musikalisch-literarischen Programm mitwirken, das der künstlerische<br />

Leiter Dr. Joachim Draheim „Deutsche Chansons“ überschrieb<br />

und das Kleinode aus der Zeit um 1900 enthielt. Von der Programmgestaltung<br />

war ich ebenso begeistert wie von dem Saal, dem Publikum und<br />

der Atmosphäre im Schloss. Für mich eine absolute Glückserfahrung.<br />

Das Erlebnis wiederholte sich, als ich 2002 zum Thema „Till Eulenspiegel<br />

und Uelzen“ mitwirkte. 2006 wieder eingeladen, habe ich seither kein<br />

Jahr in Holdenstedt verpasst: Wenn ich eine Anfrage für Uelzen erhalte,<br />

versuche ich alles, um mitmachen zu können. Dazu gehört eben auch,<br />

Urlaub vom eigentlichen Brotberuf zu nehmen. Das gilt aber auch für die<br />

anderen Mitwirkenden, auch sie müssen sich dafür von sonstigen Verpflichtungen<br />

frei machen.<br />

Die Schlosswoche gibt es in diesem Jahr seit unglaublichen 38 Jahren. Das 18.<br />

Mal ist die Veranstaltung immer einem Thema gewidmet. Kein Charivari also.<br />

Was ist daran das Schöne?<br />

Das Festivalthema bildet einen Fokus. Es wirft einen Blick auf das, was<br />

Gegenstand der Veranstaltungen sein soll. Diese Konzentration ist jedoch<br />

keine programmatische Verengung, sondern eine Öffnung. Mir ist<br />

kein Festival bekannt, das solch vielfältige Programme aufweist. Immer<br />

haben die – auch bei den Opernprojekten – kammermusikalisches Format;<br />

der Saal lässt ja keine größeren Besetzungen zu. Aber in diesem<br />

Rahmen gibt es spannendes Neues zu entdecken, Ausgrabungen, Bearbeitungen,<br />

besondere Programmgestaltungen, auch im Zusammenspiel<br />

von Musik und Literatur, immer begleitet von sehr sachkundigen<br />

und lebendigen Einführungen. So ist Holdenstedt für mich eine Schule<br />

des Hörens und Kennenlernens geworden.<br />

Sie haben in der Opern-Matinee „Figaros Hochzeit“ mitgesungen und den Sir<br />

John Falstaff als Herr Fluth in „Die lustigen Weiber von Windsor“ in die Falle gelockt.<br />

Sie waren ein Ganove in „Kiss me, Kate“ mit dem absoluten musikalischen<br />

Reißer „Schlag nach bei Shakespeare“, hatten im Jahr 2013 im Ratssaal Uelzen<br />

aber auch ein Soloprogramm mit Goethe-Liedern. Haben Sie spezielle „favorites“<br />

oder ist alles neue Herausforderung?<br />

Ich habe von der Vielfältigkeit der Programmgestaltung schon gesprochen.<br />

Das heißt auch, ich konnte bisher fast niemals auf Repertoire zurückgreifen,<br />

nahezu immer musste ich die Programme neu und speziell<br />

für Uelzen erarbeiten. Wie es das Wort sagt: Da steckt Arbeit dahinter.<br />

Der Bariton Claus Temps bei seinem Liederabend im Ratssaal 2013.<br />

10<br />

www.barftgaans.de | <strong>August</strong>/<strong>September</strong> <strong>2017</strong>

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