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Barftgaans August/September 2017

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SPRACHE ÖFFNET TÜREN<br />

Fariba Rabani und Dlkash Suliman besuchen LeLA-Sprachkurs an der KVHS<br />

Heimat bedeutet für jeden von uns etwas anderes. Heimat ist der Ort,<br />

an dem wir geboren und aufgewachsen sind, wo unsere Familie,<br />

Freunde und Bekannten leben. Heimat ist der Ort unserer Vergangenheit,<br />

unserer Erinnerungen. Heimat ist ein Gefühl, ein Geruch oder Geschmack.<br />

Heimat ist aber vor allem auch Sprache: Worte, Geschichten,<br />

und Redewendungen, die uns durch das Leben begleiten.<br />

„Aller Anfang ist schwer“, lacht Dlkash Suliman, und nutzt eine typisch<br />

deutsche Floskel, um über seine ersten Erfahrungen mit der deutschen<br />

Sprache zu berichten. Seit <strong>September</strong> 2016 besucht er den Sprachkurs an<br />

der Kreisvolkshochschule, der Teil des LeLA-Projektes (Lernen-Leben-Arbeiten)<br />

ist. LeLA ist ein Kooperationsprojekt der Kreisvolkshochschule<br />

Uelzen/Lüchow-Dannenberg, der DAA (Deutschen Angestellten Akademie<br />

und IdA (Integration durch Arbeit).<br />

„Um in Deutschland eine Zukunft zu haben, muss man die Sprache<br />

lernen“, sagt er. Dlkash kommt aus Kamischli im Nordosten Syriens, einer<br />

Stadt, die im kurdischen Gebiet liegt. Der 33-Jährige hat ein abgeschlossenes<br />

Studium im Bereich Medien und lebte 13 Jahre in Damaskus.<br />

„Die Sprache ist der Schlüssel zu allem, wenn man in einem neuen Land<br />

heimisch werden möchte. Ohne die Sprache bekomme ich weder einen<br />

Praktikumsplatz noch eine Ausbildung. Um eine Kultur zu verstehen,<br />

muss man die Sprache können. Ohne Sprache keine Integration“, erklären<br />

Fariba Rabani und Dlkash Suliman.<br />

Dass die deutsche Sprache ihre Tücken hat – vor allem in der Grammatik<br />

– haben die beiden Migranten ganz schnell gemerkt. „So kann<br />

ein Satz in kurdischer Sprache eine ganz andere Bedeutung haben, als<br />

in deutscher Sprache. Diese kulturellen Unterschiede sind sehr wichtig“,<br />

sagt Dlkash. Es sei positiv, dass in Deutschland nun auch verstärkt<br />

Farsi, Persisch, Kurdisch, Arabisch oder andere Sprachen gesprochen<br />

würden. „Das ist ein Zeichen von Vielfalt. Die erste Sprache muss aber<br />

Deutsch sein, denn es ist die Sprache, in der wir uns alle verständigen<br />

können.“ Fariba stammt aus Afghanistan und ist in der Stadt Parwan<br />

geboren, später lebte sie mit ihrer Familie in Kabul. Als ihr Vater und<br />

ihr Bruder von den Taliban ermordet wurden, floh die Mutter mit Fariba<br />

und ihren Geschwistern in den Iran. Heute lebt sie mit ihrer großen<br />

Familie in Bad Bodenteich. „Ich wollte unbedingt die deutsche Sprache<br />

lernen. Am Anfang habe ich mich mit Händen und Füßen verständigt“,<br />

sagt die 28-Jährige, die gerne ein Praktikum in einem Kindergarten<br />

machen möchte.<br />

In dem LeLa-begleitenden Sprachkurs erlernen die Neubürger in zwei<br />

Einheiten á 45 Minuten fünf mal in der Woche die deutsche Sprache.<br />

„Wir freuen uns, dass einige Schüler nach einem Dreivierteljahr bereits<br />

das Niveau A1 beziehungsweise A2 erreicht haben“, sagt Victoria Koke,<br />

Integrationscoach und DAZ-Dozentin. Gemeinsam mit einer Sozialarbeiterin<br />

kümmert sich Koke um die Migranten und unterstützt sie bei<br />

der Suche nach einer Praktikumsstelle oder einem Ausbildungsplatz. In<br />

den Sprachkursen – einem Alphabetisierungskurs, einem Fortgeschrittenenkurs<br />

und einem Fortgeschrittenenkurs II – träfen Schüler mit ganz<br />

unterschiedlichen Voraussetzungen und Fähigkeiten aufeinander. „Wir<br />

versuchen, auf alle individuell einzugehen, um sie zu motivieren und<br />

zu fördern“, so Koke. In den Lerngruppen werden unterschiedliche Methoden<br />

angewandt. Nicht nur trockene Grammatik wird geübt, sondern<br />

Konzentrations- und Sprachspiele lockern den Unterricht auf.<br />

„Wir sprechen einfache Dialoge und versuchen, den Unterricht alltags-<br />

und arbeitsbezogen zu gestalten.“ In den Kursen herrsche gegenseitiger<br />

Respekt und Toleranz trotz der kulturellen Unterschiede. „Das<br />

interkulturelle Lernen läuft sehr harmonisch, denn alle respektieren einander“,<br />

sagt die Dozentin. So lernen die Teilnehmer neben der deutschen<br />

Sprache auch etwas über gesellschaftliche Zusammenhänge und erlangen<br />

spielerisch interkulturelle Kompetenz. Dass sich der Fortgeschrittenenkurs<br />

nun schon auf das Niveau B1 (Selbständige Sprachanwendung)<br />

zubewegt, mache sie besonders stolz.<br />

Bis die Sprache ihrer neuen Heimat den Zugewanderten so vertraut<br />

ist wie die Heimatsprache, mag es noch etwas dauern. Fariba und Dlkash<br />

sind ebenso wie die anderen Kursteilnehmer hoch motiviert. Sie wollen<br />

noch mehr lernen, es soll schneller vorangehen. „Wir hätten gern mehr<br />

Stunden“, sagen sie. Denn sie wissen: „Ohne gute Sprachkenntnisse wird<br />

es schwer, sich eine Zukunft aufzubauen.“<br />

30<br />

www.barftgaans.de | <strong>August</strong>/<strong>September</strong> <strong>2017</strong>

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