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a k t u e l l<br />
Putz & mörtl<br />
Verputzt sich der Verputz?<br />
Ohne Putze und Mörtel gab es einst kein Bauen. Sowohl beim Mauerwerksbau, der<br />
Fassade und beim Innenausbau war er unverzichtbar. Das hat sich radikal geändert.<br />
neue Bauweisen haben dieser Produktgruppe arg zugesetzt. <strong>Der</strong> boomende Trockenbau,<br />
die gängigen Dünnschicht-Fassadensystemen, die Klebetechnik beim Mauerwerksbau,<br />
alternative Fassadensysteme, sie alle kommen ohne Putz und Mörtel im herkömmlichen<br />
Sinn aus. Fast scheint es also, als seien sie nun bald verzichtbar. Schnelle, kostengünstige<br />
und einfach zu verarbeitende Ersatzlösungen können aber durchaus auch nachteile<br />
gegenüber der konventionellen Putz- und Mörteltechnik haben, wie die beiden Experten<br />
Georg Bursik von BauMit und Dirk Zumbansen von der röfix AG im Gespräch mit dem<br />
<strong>ÖBM</strong> bestätigen.<br />
<strong>ÖBM</strong>: Ohne Putze/Mörtel gab es<br />
einst kein Bauen. Sowohl beim Mauerwerksbau,<br />
der Fassade und im Innenausbau<br />
war er unverzichtbar. Es<br />
scheint so, als sei er nun bald verzichtbar.<br />
Oder? Haben nicht neue<br />
Bauweisen dieser Produktgruppe arg<br />
zugesetzt, Stichworte Trockenbau,<br />
Fassadensysteme, Klebetechnik?<br />
Georg Bursik: Putz ist unverzichtbar!<br />
Im Innenbereich sind die Vorteile gewaltig.<br />
Durch den Innenputz wird das<br />
Raumklima positiv beeinflusst, es findet<br />
ein Feuchtigkeitsausgleich statt. Das<br />
kann kein anderes Material so gut wie<br />
moderne Putze.<br />
Dirk Zumbansen: Klebetechnik:<br />
Nicht alles was modern ist, ist gleichzeitig<br />
gut oder besser als Altbewährtes. So<br />
verzichtet man im Mauerwerksbau z.B.<br />
bei Schaumklebetechniken vollkommen<br />
auf die vollflächige Deckelung der Lagerfuge<br />
und öffnet der Konvektion und<br />
somit unkontrollierter Tauwasserbildung<br />
im Mauerwerk Tür und Tor. Ist es<br />
einerseits bei Deckel- und Mauermörteln<br />
Vorschrift, die Konvektionsmöglichkeiten<br />
durch vollflächige Deckelung<br />
der Lagerfugen zu unterbinden, scheint<br />
es beim Einsatz von Schäumen keine<br />
Rolle zu spielen.<br />
Trockenbau: Im Wohnbau früher<br />
nur im Holzbau üblich, findet man<br />
heute immer öfter, sogar im Einfamilienhausbereich,<br />
Trockenbauwände in<br />
Massivbauten. Diese „Schnellbauweisen“<br />
gehen auf Kosten der Wohn- und<br />
Produktqualität (bspw. teils erhebliche<br />
Mängel durch Fugenrisse). Hellhörige<br />
Wände, statisch fragwürdige Konstrukte<br />
und letztendlich ein Mangel an Behaglichkeit<br />
sorgen nicht selten dafür, dass<br />
man im Nachhinein darüber nachdenken<br />
könnte „hätte ich es doch anders<br />
gemacht“.<br />
Fassadensysteme: Verschiedene Bauweisen<br />
benötigen verschiedene aber dazu<br />
<strong>pas</strong>sende Fassadenlösungen. So macht es<br />
einerseits Sinn Wandbildner aus Beton,<br />
Mantelbeton oder schmalen Ziegeln zu<br />
dämmen und andererseits bei hochdämmenden<br />
Ziegelmauerwerk (50er Ziegel<br />
oder innen gedämmte Ziegel) vollkommen<br />
auf Dämmsysteme zu verzichten<br />
und stattdessen zu verputzen.<br />
Eine zusätzliche Dämmung oder das<br />
ausschließliche Spachteln auf diesen<br />
Wandbildnern sind zum einen überflüssig<br />
und zum anderen nicht Stand der<br />
Technik.<br />
Was sind denn die konkreten Vor-/<br />
Nachteile des herkömmlichen Putzes?<br />
Bursik: Die Vorteile liegen klar auf<br />
der Hand. Im Innenbereich wie schon<br />
gesagt, aber auch im Außenbereich gibt<br />
es für hochwärmedämmende Ziegel<br />
spezielle Außenputze, die auch eine zusätzliche<br />
Wärmedämmung bieten. Damit<br />
wird ein homogener Wandaufbau<br />
erreicht. Als Nachteile sind sicher die<br />
etwas aufwendigere Verarbeitung als bei<br />
Spachtelmassen zu nennen.<br />
Zumbansen: Jeder Putz und Mörtel<br />
benötigt eine definierte Menge an Wasser<br />
und festgelegte Stand- und Trocknungszeiten.<br />
Das kann sich bei kurzen Bauzeiten<br />
theoretisch nachteilig auswirken.<br />
Achtet man jedoch darauf, dass das<br />
Gewerk während der Ausführungszeit so<br />
geschützt wird wie es die allgemeinen<br />
Regelwerke vorsehen, kann man dabei<br />
nicht wirklich von einem Nachteil sprechen.<br />
Die Vorteile hingegen sind vielfältig:<br />
Akustik, Behaglichkeit, Regulierung<br />
von Luftfeuchte und CO 2<br />
, Wärmespeicher<br />
durch Masse, massiv, langlebig und<br />
nachhaltig sind nur einige Schlagwörter<br />
dazu.<br />
Dieser Sortimentsbereich war doch<br />
für Handel und Industrie ein ganz<br />
wichtiger Umsatzträger. Wie sieht es<br />
damit heute aus? Was ist davon geblieben?<br />
Bursik: Zugegeben, in den letzten<br />
fünf bis sieben Jahren mussten wir einen<br />
Rückgang in knapp zweistelligen<br />
Bereich hinnehmen. Das wird aber in<br />
<strong>10</strong> . <strong>2017</strong> | 11