Altlandkreis Ausgabe November/Dezember 2017 - Das Magazin für den westlichen Pfaffenwinkel
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
schneelawine abgehen kann. „Ein<br />
sehr komplexes Thema“, sagt<br />
Michael Schmidt, der von sechs,<br />
sieben weiteren Schneearten erzählt<br />
und diversen Faktoren <strong>für</strong> die<br />
Zusammensetzung einer „gefährlichen“<br />
Schneedecke, unter anderem<br />
Windverfrachtungen. Fakt ist<br />
in jedem Falle: Bei über 90 Prozent<br />
aller Lawinen ist der Schnee gebun<strong>den</strong>,<br />
kann Spannungen übertragen<br />
und besteht aus mehreren<br />
Schichten, zwischen <strong>den</strong>en wiederum<br />
eine Gleitfläche existiert. Für<br />
<strong>den</strong> Lawinenabgang entschei<strong>den</strong>d<br />
ist neben dem Schneedeckenaufbau<br />
auch die Hangneigung.<br />
Die ersten<br />
15 Minuten!<br />
Schneebrettlawinen lösen in der<br />
Regel in 30 bis 50 Grad steilem Gelände<br />
aus – ausgerechnet dort, wo<br />
es am schönsten zum Skifahren ist<br />
Letztlich ausgelöst wird die Lawine<br />
überwiegend durch Zusatzgewicht<br />
wie Neuschnee, Regen oder „uns“<br />
Skitourengeher. Am zweiten Kursabend<br />
informiert Michael Schmidt<br />
über die Notfallsituation aus Sicht<br />
des Beobachters und aus Sicht des<br />
Lawinenopfers. „Ganz entschei<strong>den</strong>d<br />
sind die ersten 15 Minuten“,<br />
sagt Michael Schmidt. In dieser Zeit<br />
kommt laut Unfallstatistik „nur“<br />
eine von zehn erfassten Personen<br />
ums Leben. Nach 30 Minuten halbiert<br />
sich die Überlebenschance.<br />
Heißt: „Ist man beispielsweise zu<br />
dritt unterwegs, beobachtet einen<br />
Lawinenunfall und hat keinen Handyempfang<br />
um <strong>den</strong> Notruf abzusetzen,<br />
suchen die ersten 15 Minuten<br />
alle drei.“ Erst nach dieser Viertelstunde<br />
und bei ausbleibendem<br />
Sucherfolg klinkt sich einer der<br />
Suchen<strong>den</strong> aus und versucht <strong>den</strong><br />
Anhand solcher Grabungen erkennt der Tourengeher, wie gefährlich die<br />
Zusammensetzung der Schneedecke ist.<br />
Notruf abzusetzen. Die Basis <strong>für</strong><br />
eine erfolgreiche Verschüttetensuche<br />
ist die exakte Beobachtung von<br />
Erfassungs- und Verschwindepunkt<br />
der von <strong>den</strong> Schneemassen mitgerissenen<br />
Person, die letztlich unterhalb<br />
des Verschwindepunktes und<br />
in Fließrichtung der Lawine liegen<br />
muss. Gesucht wird je nach Anzahl<br />
der Helfer in Mäandern (als Einzelperson)<br />
oder in parallelen Suchstreifen,<br />
also nebeneinandergereiht<br />
(bei mehreren Helfern). Dabei<br />
das A und O: <strong>Das</strong> Beherrschen des<br />
Lawinensuchgerätes (LVS), „was<br />
leider die wenigsten tun“. Weitere<br />
wichtige Ausrüstungsgegenstände<br />
sind Schaufel und Sonde. Sollte mit<br />
letzterer ein Treffer erfolgen, gilt es<br />
<strong>den</strong> Verschütteten stets von talwärtiger<br />
Seite auszugraben. „Würde<br />
man ihn von oben ausgraben und<br />
retten wollen, ist die Gefahr sehr<br />
groß, seine Atemhöhle zu zerstören“,<br />
sagt Michael Schmidt, der<br />
auch überlebenswichtige Verhaltenstipps<br />
<strong>für</strong> <strong>den</strong> von der Lawine<br />
erfassten Skifahrer hat: Zuerst<br />
versuchen herauszufahren, „was<br />
leider nur äußerst selten gelingt“.<br />
Dann Stöcke und Skier wegwerfen,<br />
dass laut Schmidt vor allem mental<br />
trainiert wer<strong>den</strong> könne. Und fortan<br />
mit allen Mitteln versuchen, so<br />
lange wie möglich oben zu bleiben<br />
– am ehesten gelingt dies mit<br />
wil<strong>den</strong>, nach vorne und oben<br />
november / dezember <strong>2017</strong> | 19