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2008-03

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Inhaltsübersicht / Aus der Redaktion<br />

Aus der Redaktion <strong>03</strong><br />

Werbung Sparkasse 04<br />

Preußendrill im Reichspost- und Telegrafenamt 05<br />

Ein ungeliebter Gast 06<br />

E Liffje es kän Liffjesbotze 07<br />

Der neue Spielplan 07<br />

Samuel Hahnemann, Begründer der Homöopathie 08<br />

Schöne Aussichten fürs Alter 10<br />

Elisabeth Koch – Tochter aus „Kochs Ecke“ wurde 100 12<br />

Wie der Magolwes zu seinem Namen kam 17<br />

Als Rolf Kretzer noch den „Magolwes“ machte ... 20<br />

Mittelpunkt des Kreises gefunden 21<br />

Verlobung 23<br />

Schulprojekt mit Altenheim 24<br />

Es ist angerichtet 27<br />

Der Kommentar 27<br />

Aus dem Seniorenbeirat 28<br />

Haushaltsnahe Dienstleistungen 30<br />

Gedächtnistraining 32<br />

Ein verlässlicher Begleiter 34<br />

Jubiläumsimpressionen mit der Kamera eingefangen 37<br />

„Entfalten“ 38<br />

Zeichen der Jahre 38<br />

Wikipedia, die freie Enzyklopädie 39<br />

Organspende 40<br />

Leserbriefe 49<br />

Es fiel uns auf/Lösungen 50<br />

Impressum/Zu guter Letzt 50<br />

Unsere Redaktionskonferenzen sind immer turbulente Veranstaltungen! Das Bemühen<br />

um Vielseitigkeit, auch innerhalb von zeit- und gesellschaftskritischen Beiträgen, lässt gelegentlich<br />

die Meinungen härter aufeinanderprallen. Geht es doch um den gemeinsamen<br />

Erfolg, um die Erstellung einer guten regionalen Zeitung für Menschen jenseits der „50“.<br />

Die letzte Titelbildkonferenz übertraf aber alles bisher Dagewesene.<br />

Zwei Fraktionen „stritten“ über den richtigen, zeitgemäßen Auftritt ihres „durchblick“.<br />

Zur Auswahl stand neben dem jetzigen Titelbild auch eine Collage, mit der auf Seite 40<br />

dieser Ausgabe Eberhard Freundts Essay über Organspenden eingeleitet wird. „Nicht<br />

zumutbar für unsere LeserInnen“. „Die kritische und persönlich engagierte Betrachtung<br />

des todernsten, wichtigen Themas findet in der reißerischen Darstellung keine Entsprechung.<br />

Unsere LeserInnen sollen zwar von dem Inhalt des Berichts berührt und zu eigener<br />

Meinungsbildung herausgefordert, aber nicht durch ein blutiges Titelbild geschockt und<br />

erschreckt werden“, so der Tenor der Kritiker. Im Gegensatz dazu standen die Argumente<br />

der Befürworter. „... unsere LeserInnen sind urteilsfähig“, „... dieses ernste Thema, das<br />

in seiner Auswirkung kaum behandelt wird, ist sehr wohl ein Titelbild wert“. Darüber<br />

hinaus empfand die Bildredaktion, in der die Collage unter der Federführung von Gottfried<br />

Klör entstand, dass „ihr“ Bild sehr wohl eine passende Visualisierung des Themas<br />

Organspende sei.<br />

Durchgesetzt hat sich letztendlich ein ganz anderes Bild. Es illustriert den Beitrag<br />

„Preußendrill im Reichspost- und Telegrafenamt“. Maria Anspach geht hier auf die<br />

100-jährige Geschichte des alten Siegener Telegrafenamtes ein, das heute u. a. das weit über<br />

Südwestfalens Grenzen hinaus bekannte Museum für Gegenwartskunst beherbergt.<br />

Ihnen nun viel Freude beim Lesen des neuen durchblick.<br />

durchblick 3/<strong>2008</strong> 3


Anzeige<br />

Sparkasse Siegen veranstaltet Messe rund ums Älter werden<br />

Motorroller, Elvis Presley und Petticoats – jede Generation<br />

hat ihre Trends, die heute entweder „Retro“ und damit<br />

wieder hoch aktuell sind oder aber längst Geschichte. Als<br />

man jung war, ganz egal in welchem Jahrzehnt, feierte man<br />

Nächte durch, schlief in Zelten draußen auf dem Boden und<br />

lebte auch gern mal sorglos in den Tag hinein.<br />

Wenn man älter wird, ändern sich nicht nur die Ansprüche<br />

an Wohnkomfort, Lebensqualität und Freizeitgestaltung,<br />

sondern auch die sozialen Bedürfnisse und die eigene<br />

Wertorientierung. Der Wunsch gebraucht zu werden, anderen<br />

Menschen nützlich zu sein und Gutes zu tun, wächst<br />

meist kontinuierlich mit zunehmendem Alter. Auch nach<br />

Austritt aus dem Arbeitsleben möchten ältere Menschen<br />

weiterhin eine sinnvolle und erfüllende Aufgabe haben. Unerlässlich<br />

für das Funktionieren der Mehrgenerationengesellschaft<br />

leisten die „jungen Alten“ heute einen wichtigen<br />

Beitrag dazu und tragen entscheidend zu einer gelingenden<br />

Kommunikation zwischen Jung und Alt bei. Viele ältere<br />

Menschen engagieren sich ehrenamtlich in Vereinen oder<br />

in gemeinnützigen Organisationen. Mit ihrem Fachwissen<br />

und ihrer Lebenserfahrung unterstützen sie nachfolgende<br />

Generationen und tragen so zur Stabilisierung und Weiterentwicklung<br />

des sozialen Gefüges bei.<br />

Was die Region Siegen für Ältere zu bieten hat, präsentiert<br />

die Sparkasse Siegen am Samstag, 25. Oktober <strong>2008</strong>,<br />

von 10 bis 17 Uhr in ihrem Kundenzentrum an der Morleystraße<br />

in Siegen und im angrenzenden Sieg-Carré. Die<br />

Nach vier Monaten „lÿzloser“ Zeit gibt<br />

es nun wieder jede Menge Kabarett,<br />

Musik, Theater und Literatur in Siegens<br />

St.-Johann-Str. 18. Zum Auftakt präsentiert<br />

Altmeister Heinz Rudolf Kunze am<br />

21. 9. nur mit der Gitarre bewaffnet<br />

seine populärsten Hits von „Finden Sie<br />

Mabel“ bis „Ich geh meine eigenen<br />

Wege“. Einen Tag später kommen die<br />

inzwischen in Siegen bestens bekannten<br />

„Schwerdtfegers“ ins Lÿz und stellen<br />

Mitten im Leben – und nicht von gestern!<br />

Spielzeitbeginn im Lÿz<br />

unter dem Titel: „Scheidung? Neues und<br />

Haileids von den Schwerdtfegers“ ihre<br />

Ehe auf eine harte Probe (21. 9.). In Sachen<br />

Kabarett geht es weiter mit Gerlies<br />

Zillgens & Bernd Gieseking (17. 10.) und<br />

Ludwig Müller (25. 10.), später stehen<br />

dann neben Django Asül (21. 3.), Konrad<br />

Beikircher (11. 12.) u. a. auch Matthias<br />

Deutschmann (26. 2.) und Serdar<br />

Somuncu (25. 4.) auf dem Spielplan. Im<br />

Rahmen der Lÿz-Literaturreihe besucht<br />

Messe „Mitten im Leben!“ dreht sich rund um das Thema<br />

älter werden und möchte eben jene Senioren ansprechen,<br />

die zwar an Lebensjahren nicht mehr jung, dafür aber ganz<br />

und gar nicht „von gestern“ sind. Eine Vielzahl von Ausstellern<br />

aus den Themenbereichen Freizeit, Gesundheit und<br />

Leben präsentiert sich mit ihrem Angebot, speziell auf die<br />

Interessen von Senioren und der Altersgruppe „55 plus“<br />

ausgerichtet. Wandern, ehrenamtliches Engagement, Sport,<br />

gesunde Ernährung, Gehirnjogging und Reisen – das speziell<br />

zugeschnittene Angebot ist vielfältig und wird ergänzt durch<br />

thematisch passende Vorträge und Mitmach-Workshops. Damit<br />

die Senioren von heute und von morgen ihren Ruhestand<br />

sorglos genießen und ganz nach ihren eigenen Vorstellungen<br />

gestalten können, sollten sie auch im Alter finanziell unabhängig<br />

bleiben. Fachvorträge zum Thema Finanzen runden<br />

daher das Programm ab. Dabei werden so wichtige Themen<br />

abgedeckt wie „Erben und vererben“, „Finanzielle Absicherung<br />

im Alter“ oder auch „Pflegeversicherung“. Eine Anmeldung<br />

für die Vorträge ist nicht erforderlich – alle Interessierten<br />

sind herzlich eingeladen vorbeizuschauen.<br />

Das komplette Messeprogramm sowie den Veranstaltungsplan<br />

mit allen Fachvorträgen und Workshops finden<br />

Sie ab Anfang Oktober im Internet unter www.sparkassesiegen.de.<br />

Interessierte können ab Oktober auch einen<br />

Programmprospekt in allen Filialen der Sparkasse Siegen<br />

erhalten. Der Besuch der Messe ist kostenlos.<br />

Armin Benfer<br />

Musik, Theater,<br />

Kabarett & Varieté:<br />

mit Charlotte Roche (22. 11.) eine echte<br />

Grimme-Preisträgerin den Siegener<br />

Kleinkunsttempel, doch auch schriftstellerische<br />

Geheimtipps wie Jens Thomas‘<br />

„Goethe! Gesang der Geister“ (27. 9.)<br />

versprechen teils ernste, teils witzige<br />

und auf jeden Fall immer spannende<br />

Lesungen. Wer jetzt mehr wissen will,<br />

kann das komplette Programm kostenlos<br />

unter Tel. 0271/333-2448 anfordern oder<br />

auf www.Lyz.de nachlesen.<br />

...alles im<br />

medien- und kulturhaus<br />

Jetzt das neue Programmheft<br />

kostenlos anfordern:<br />

Tel.: 0271/333-2448<br />

www.lyz.de<br />

4 durchblick 3/<strong>2008</strong>


Historisches<br />

Preußendrill im Reichspost- und Telegrafenamt um 1900<br />

Das Museum für Gegenwartskunst am Unteren Schloss ist<br />

von Anfang Juni bis Ende September mit der großen Retrospektive<br />

zum 100. Geburtstag des 8. Rubenspreisträgers der<br />

Stadt Siegen, Rupprecht Geiger, zum überwiegend rot leuchtenden<br />

Anziehungspunkt für Stadt und Region geworden.<br />

Als der Künstler den Preis am 28. Juni 1992 im Haus<br />

Seel aus der Hand von Bürgermeisterin Hilde Fiedler in<br />

Empfang nahm, war er – wie den Tageszeitungen zu entnehmen<br />

war – „begeistert von der Stadt Siegen und ihrer<br />

städtischen Galerie.“ Ganz sicherlich hätte seine Begeisterung<br />

noch ganz andere Ausmaße angenommen, wenn er<br />

die Wirkung seiner Farbexplosionen in dem historischen<br />

Gebäude am Unteren Schloss erlebt hätte. Hier ist dem Architekten<br />

eine Synthese zwischen erhaltener Bausubstanz<br />

und herausragender moderner Planung und Gestaltung im<br />

Inneren gelungen.<br />

So etwas gelingt nicht immer. Als am 18. Juni 1894<br />

das Reichspost- und Telegrafenamt mit 128 Fernsprechanschlüssen<br />

an der heutigen Poststraße eröffnet wurde, war<br />

von Lebendigkeit und Einfallsreichtum im Innenleben des<br />

Neubaus kein Hauch zu spüren.<br />

Das Gebäude, damals in den Formen früher Renaissance<br />

mit Anklängen an gotische Stilformen erbaut, ergänzte<br />

wunderbar die malerische Anlage in dichter Nähe<br />

zum Schlosskomplex. Aber der Postbetrieb mit den engstirnigen<br />

Bestimmungen der Reichspost und überlieferten Vorschriften<br />

aus alten Revisionsbüchern des Postamtes Siegen,<br />

bildeten mit der repräsentativen Dienststelle zweifellos keine<br />

harmonische Synthese. Nur einige Beispiele:<br />

Für die sogenannten „unteren Beamten“ war von der<br />

Reichspost zunächst eine Arbeitszeit von 60 Wochenstunden<br />

festgesetzt. Von den Landbriefträgern wurden noch um<br />

die Jahrhundertwende 9 Wochenstunden und eine tägliche<br />

Wegeleistung von 28 Kilometern verlangt.<br />

Vor dem Einzug ins Telegrafenamt war das Postamt<br />

mit einem einzigen Schalter im Wittgensteiner Flügel des<br />

Schlosses untergebracht. Aus dieser Zeit verraten die alten<br />

Revisionsbücher Erstaunliches. 1877 bittet der einzige Siegener<br />

Oberpostsekretär die Obrigkeit gehorsamst, „durch<br />

dauernde Überlassung eines Reservebeamten die ordnungsgemäße<br />

Erledigung des vermehrten Arbeitspensums<br />

hochgeneigt erleichtern zu wollen.“<br />

Der Revisor hatte darauf zu achten, dass die Beamten<br />

und Unterbeamten „ein geordnetes, sittliches Bild, angepasst<br />

an den Dienstbetrieb“, abgaben. Da hieß es: „Es<br />

wurde beobachtet, dass „ein Unterbeamter im Dienst keine<br />

Halsbinde trug. Solche Zuwiderhandlung wird bestraft.“<br />

Zu dieser Zeit wurde registriert, dass in einem Verzeichnis<br />

über das Postinventar ein Spucknapf fehlte. Als sich herausstellte,<br />

dass dieser Spucknapf irrtümlich unter anderer<br />

Nummer doppelt eingetragen war, hatte das Postamt die<br />

Streichung des doppelten Spucknapfes schriftlich zu beantragen.<br />

Solche Notizen können heute Mut machen, wenn<br />

1894 wurde das Reichspost- und Telegrafenamt mit<br />

128 Fernsprechanschlüssen eröffnet.<br />

das Arbeitsklima mal verstimmen kann. Aber auch für die<br />

Post kamen schließlich andere Zeiten. Allerdings, Kontrolleure<br />

mit Spürnasen gibt es wohl immer noch, und nicht<br />

nur bei der Post.<br />

Zurück zur Entwicklung: Bereits 1860 war die Errichtung<br />

einer eigenen Reichspost geplant. Der Telegrafenbetrieb<br />

wurde 1862 mit drei Beamten und vier Apparaten<br />

eröffnet. Aber erst 1889 stand das Grundstück des sogenannten<br />

„Halbmondtorgebäudes am Pfuhl“, dem ehemaligen<br />

stadteigenen Zugang zum Schloss, dafür zur Verfügung.<br />

Die Baukosten waren auf 246000 Mark veranschlagt. Der<br />

runde Treppenturm und der massive Unterbau des Fernsprechturmes<br />

wurden im Laufe des Sommers 1893 errichtet.<br />

Eine Fernsprechleitung Siegen–Hagen wurde dem Verkehr<br />

übergeben. Der erste Spatenstich für das Reichspost- und<br />

Telegrafengebäude folgte im Mai 1892, zwei Jahre später<br />

dann die Eröffnung. Was heute daraus geworden ist, kann<br />

sich sehen lassen.<br />

Die drei Beamten mit vier Apparaten von 1862 würden<br />

staunen, wenn sie das noch könnten.<br />

Maria Anspach<br />

Foto gefunden in: „Siegen in alten Ansichten“ (die damals Reihe)<br />

durchblick 3/<strong>2008</strong> 5


„Hör“, sagte sie zu ihm. „Mhm“, knurrte er nur kurz<br />

und beschäftigte sich weiter mit seinem Hobby. „Der muss<br />

weg“, redete sie weiter und klopfte dem Herrn Gemahl dabei<br />

kurz auf die Schulter. Das war eines<br />

der kleinen Mahnzeichen, die er zur Genüge<br />

kannte. Er drehte sich um und sah<br />

seiner Frau in die bereits leicht blitzenden<br />

Augen. „Also“, fragte er, „wer sitzt bei<br />

uns am Tisch und isst uns etwas weg“?<br />

„Es ist kein ‚Er‘, sondern eine ‚Sie‘„war<br />

die Antwort, „und ‚Sie‘ ist eine Maus“!<br />

„Sitzt ‚Sie‘ auf dem Stuhl oder auf dem<br />

Schemel, und kann, Sie‘ auch mit Messer<br />

und Gabel essen“? – sprudelte es aus ihm<br />

heraus.<br />

Frauchen fühlte wohl, dass sie auf den<br />

Arm genommen wurde und setzte in ihrer<br />

Stimme die Hochtöne in Kraft. „Lass<br />

deine Witze, die Maus muss weg, nicht<br />

nächste Woche oder irgendwann, sondern<br />

gleich morgen“. – „Ja, ja“, sagte er, denn<br />

er wusste, wenn die Hochtöne klirrten, gab es kein Entkommen<br />

mehr. Er wollte nur noch kurz einwenden, wo man das<br />

graue Tierchen denn wohl fände, legte sie ihm auch schon<br />

die genauen Ortskenntnisse und den festen Plan vor.<br />

„Im Garten, neben der Blautanne kommt der Aus- und<br />

Eingang – das Mauseloch – aus der Erde, dort kann man<br />

‚Sie‘ schnappen!“ „Klar, Klar, mein Schatz“, sagte er und<br />

drückte seinem klugen Frauchen ein Küsschen auf die Stirn.<br />

„Ich weiß auch schon wie!“ Man merkte, dass auch der Herr<br />

des Hauses jetzt vom Jagdfieber gepackt war. „Wir werden<br />

‚Sie‘ ertränken!“ – „ach du Klugscheißerle, wie soll das<br />

denn gehen? Hier gibt es weder Bach, Fluss noch Teich.<br />

Willst du ‚Sie‘ etwa im Kochtopf ersäufen“? – „Warte nur,<br />

du wirst schon sehen, wie geschickt dein Ehemann im Mäusefangen<br />

ist.“<br />

Am nächsten Tag war alles parat. Der Mann trug den<br />

Gartenschlauch um den Hals, in der rechten Hand einen<br />

Am Dicken Turm<br />

Peter Müller | Kölner Straße 48 | 57072 Siegen | 0271 53616<br />

Unterhaltung<br />

Ein ungeliebter Gast<br />

Zutrauliche Feldmaus<br />

Spaten, in der linken eine schwere Spitzhacke, die er seiner<br />

Frau in die Hand drückte.<br />

Da stehen wir nun, bewaffnet bis an die Zähne, aber<br />

die Maus lässt sich nicht sehen. „Wollen<br />

wir beide hier Wurzeln schlagen?“<br />

„Wart’s ab“, sagte er ziemlich gelassen.<br />

Er schloss den Schlauch an den Kran<br />

an und schob das andere Ende so weit<br />

er konnte in das Mauseloch. „Ja, und<br />

jetzt“, sagte sie – „jetzt bläst du in den<br />

Schlauch, bis ‚Sie‘ rauskommt“. – „Ne,<br />

ne, das geht so. Ich hole ganz tief Luft<br />

und saug das Mäuschen an. Sollst Sehen,<br />

eins, zwei, drei, springt ‚Sie‘ mir<br />

auf die Nase“. „Hör auf mit deinen Witzen,“<br />

sagte die Frau, und „tu, was du tun<br />

wolltest.“<br />

Er drehte den Wasserhahn auf und<br />

hörte, wie das Wasser in die Mäusegänge<br />

floss. „Gleich kommt ‚Sie‘ raus“,<br />

sagte er frohlockend – aber auch nach<br />

einiger Zeit tat sich nichts. Nun sahen beide schon ein wenig<br />

betribbelt aus. „Dreh den Hahn zu“, sagte sie, „das Wasser<br />

ist so teuer, so viel ist die Maus nun auch nicht wert“.<br />

– „Na, wer wollte das Mäuschen weg haben, du oder ich?<br />

– Jetzt wird weitergemacht. Ich lasse mich doch nicht von<br />

so einem Winzling an der Nase herumführen“. – „‚Sie‘ hat<br />

eben ein großes Haus, viele Gänge. Denk mal, wie die Monacos<br />

leben – die Paläste könntest du auch nicht so schnell<br />

unter Wasser setzen. Also weiter – Wasser marsch“! Er<br />

stützte sich auf den Spaten, sie auf die Hacke, und beide<br />

starrten auf das Mauseloch.<br />

Da, auf einmal schoss ‚Sie‘ heraus. Platschnass blieb sie<br />

vor ihrem Hauseingang, dem Mäuseloch, stehen. „Oh je,<br />

oh je, die hast du aber geschockt! Die läuft ja nicht einmal<br />

weg“! Sie prustete sich wie ein Hund, damit das Fell trocken<br />

werden sollte. Immer und immer wieder rieb ‚Sie‘ sich<br />

mit den kleinen, rosaroten Vorderfüßchen über Gesicht und<br />

Schnäuzchen. Dann guckte sie ihre Verfolger sogar an! Die<br />

Frau beugte sich etwas vor und hauchte: „Ach, ist die süß“!<br />

– und der Mann meinte, „ob wir uns bei ihr entschuldigen<br />

sollten, so ein reizendes Geschöpf“.<br />

„Ich hole ein Stückchen Käse“, sagte die Frau – aber der<br />

Mann sagte: „Wenn du dich jetzt bewegst, läuft sie fort.“<br />

„Du hast recht“, pflichtete sie ihm zu und blieb, wie ihr<br />

Mann, regungslos mit einem Lächeln im Gesicht stocksteif<br />

stehen.<br />

Die Maus aber schaute die Beiden verächtlich<br />

an und ging dann – sie rannte nicht – davon.<br />

Gute Wünsche von Frauchen und Mann begleiteten sie.<br />

Dann schauten die beiden sich fragend an „was wollten<br />

wir eigentlich mit dem Werkzeug?“<br />

Inge Göbel<br />

6 durchblick 3/<strong>2008</strong><br />

Foto und Bearbeitung: durchbölick Bildredaktion)


Unterhaltung<br />

E Liffje es kän Liffjesbotze<br />

Jong on Al, de Mannsli on de Wibsli, kainer bleb ferschoant<br />

d’rfoar, Liffjer on Liffjesbotze azedo en dä domolije<br />

Zitt. Gearn wuern se net gedrät. Si mossden agedo wearn,<br />

wailet sost niks gob bes zo Afang d’r drissicher Joarn.<br />

Linnet woar d’r rechdje Liffjesschdoff. Fa onner de Arme<br />

a bes en de Taille, foar d’r Brost, mänchmo och henne<br />

gegnäbbt on gehale met braire Schdoffdräger, e bessje afgeschdäbbt,<br />

zemmlich eng, dat woar e Liffje.<br />

Et gob Liffjer, di hadden foarn on henne onne am Rand jewails<br />

zwo Gnäbbe ofgenät. Do dra wuern da Schdrombbänner<br />

uss Gummi met Lochern agegnäbbt. Et gob ner och, do<br />

wuern Schdoffbänner ewer de Dräger genät, so lang, em<br />

och als Schdrombbänner benotzt ze wearn.<br />

Min Modder hät, wi de maisde Froue, de Liffjer ewerhaubt<br />

net gearn gedrät. „Di drecke ainem oawerem alles<br />

zesame“, säde se emmer, wann d’rfa geschwatt wuer.<br />

Als ech domols so witt woar, darrech „Figuer“ gräj, do<br />

kaufde mier min Modder dat, wat si zo earer Zitt woal och<br />

arich gearn gehat hädde. Aijentlich woaret jo noch wat ze<br />

fre foar dat scheane rosa Schbetze BH-che. Min jengere<br />

Schwäsder säde da och glich: „Oh! Was für ein süsses Mirabellen-Etuichen.“<br />

Wi got, darret kän Liffjer me get. De moderne Zitt<br />

brengt ho of d’n Mart en richer Usswal Korsetts, Korseletts,<br />

Hefthalder on -haldercher, bondich orrer nuer en ainer Farb,<br />

met on one Schdrombbänner. M’r sät Schdrabbse d’rzo. On<br />

dat da alles met on one Schbetzde, zom Agucke on zom<br />

Amache. Nä, wat ha mier et ho got.<br />

Dienstag, 4. November <strong>2008</strong><br />

DIE GALANACHT DER DEUTSCHEN TENÖRE<br />

Zauber der Musik<br />

Donnerstag, 4. Dezember <strong>2008</strong><br />

Weihnachten mit<br />

den Kastelruther<br />

Spatzen<br />

Freitag, 16. Januar 2009<br />

Helene Fischer<br />

live mit Band<br />

Dienstag, 20. Januar 2009<br />

Das Überraschungsfest<br />

der Volksmusik<br />

präsentiert von Florian<br />

Silbereisen<br />

En en Liffjesbotze schdijj m’r ren wi ho en en „Overal“.<br />

Och do mossden Baumwollschdoffe foar hearhale. Em<br />

Sommer denne, en d’r Wenderzitt schea warm ageraude.<br />

D’rbi moss m’r noch sä, et gob se one, met halwe on met<br />

lange Arme, met kuerze on met lange Bain.<br />

En Liffjesbotze wuer och gegnäbbt fa oawe fa d’r<br />

Brost a bes ronner wo de Botzebain afänge. Fa do uss<br />

da woar de Liffjesbotze hennerem geschletzt, also offe,<br />

nuer d’r Schdoff geng e bessje ewernanner, domet alles<br />

bedäckt sin soll.<br />

Donnerstag, 12. März 2009<br />

BAP<br />

Radio-Pandora-<br />

Tournee<br />

Donnerstag, 26. März 2009<br />

HELMUT LOTTI<br />

Tournee 2009<br />

Ech ka mech got dra erennern wi di Denger bi minner<br />

Groasmodder zom Drijje of d’r Wäschelain hengen on of<br />

d’r Wes zom Blaiche logen: Foarn ronner gegnäbbt on hennerem<br />

geschletzt.<br />

Gerda Greis<br />

Infos: www.siegerlandhalle.de<br />

Eintrittskarten erhältlich bei allen<br />

CTS-Vorverkaufsstellen.<br />

Telefonischer Kartenservice: 0271 5940-350<br />

durchblick 3/<strong>2008</strong> 7


Samuel Hahnemann, Begründer der Homöopathie<br />

Seine Bezüge zu Siebenbürgen<br />

Brukenthal-Palais, in diesem Barockbau begann<br />

Hahnemann seine Karriere als Arzt.<br />

„Ihr sollt sehen auf den Grund des Menschen“<br />

(Paracelsus 1493–1541).<br />

Es war der 3. Oktober 1777, als der 22-jährige Samuel<br />

Hahnemann im Gefolge des kaiserlichen Gouverneurs von<br />

Siebenbürgen, Samuel Brukenthal, nach Hermannstadt kam.<br />

Hermannstadt war damals die Verwaltungshauptstadt von<br />

Siebenbürgen und hatte etwa 10 000 Einwohner und sechs<br />

Apotheken. Hier sollte er seine Arztkarriere als Leibarzt und<br />

Bibliothekar des kaiserlichen Statthalters Samuel Freiherr<br />

von Brukenthal (1721–18<strong>03</strong>) beginnen. Zwei Jahre zuvor<br />

konnte er das Medizinstudium an der Leipziger Universität<br />

aufnehmen. Danach<br />

beschloss<br />

er nach Wien zu<br />

kommen, um an<br />

der damals führenden<br />

Medizinschule<br />

Europas<br />

klinische Heilkunde<br />

zu studieren.<br />

Der berühmte<br />

Professor und<br />

Leibarzt Maria<br />

Theresias, Josef<br />

Quarin schätzte<br />

den lernbegierigen<br />

Studenten<br />

sehr. Etwa ein<br />

Dreivierteljahr<br />

später vermittelte<br />

er ihm eine<br />

Leibarztstelle<br />

bei Samuel von<br />

Brukenthal, der<br />

Personen<br />

Foto: Dorothea Istock<br />

sich gerade anlässlich seiner Ernennung zum kaiserlichen<br />

Statthalter von Siebenbürgen in Wien aufhielt. Diese Stelle<br />

kam Hahnemann zugute, da seine finanziellen Mittel für<br />

das weitere Studium zu Ende waren und von seinen Eltern<br />

keine Hilfe zu erwarten war. Hahnemann, der 1755 in Meißen<br />

geboren wurde, stammte aus ärmlichen Verhältnissen.<br />

Sein Vater, ein Porzellanmaler hatte kein rechtes Verständnis<br />

für die Studienpläne seines Sohnes, dank mütterlicher<br />

Unterstützung war es möglich gewesen das Studium aufzunehmen.<br />

In Hermannstadt wohnte Hahneman im Gästezimmer<br />

des Brukenthal-Palais, ein schöner Barockbau mit bauplastischer<br />

Ausstattung. Die zahlreichen Räume waren mit<br />

Stuckdekoration, Holztäfelung, Tapeten, Spiegel, Kristalllüster,<br />

Kachelöfen ausgestattet und dienten als Wohnräume,<br />

Empfangszimmer, Arbeitskabinette, Gästezimmer, Bibliothek<br />

und für seine vielseitigen Sammlungen. Brukenthal<br />

war ein Kunstliebhaber und ein leidenschaftlicher Sammler<br />

von Gemälden, Büchern, Münzen und anderen Kunstgegenständen.<br />

Mit dem Bau, der Ausgestaltung und Einrichtung<br />

des Palais sind bedeutende Meister beauftragt worden.<br />

Heute ist das Palais Museum, in dem sein geistiges Erbe<br />

untergebracht ist. Es gehört zu den bedeutendsten Bauten<br />

Hermannstadts.<br />

Hier widmete sich der junge Arzt hauptsächlich der<br />

Ordnung der großen Privatbibliothek und der wertvollen<br />

Münzensammlung seines Gönners.<br />

Die Bibliothek zählte zu der Zeit etwa 10 000 Bände,<br />

76 Wiegendrucke und etwa 200 Handschriften. Die Bücherei<br />

umfasste alle damaligen Wissensgebiete – Geschichte,<br />

Staatswissenschaften, Geografie, Mineralogie, Medizin,<br />

Archäologie, Numismatik, Kunst und Transilvanica in<br />

deutscher, französischer und englischer Sprache. Hahnemann<br />

beherrschte sieben Sprachen, was ihm sicherlich seine<br />

Arbeit erleichterte. Es waren vor allem medizinische und<br />

naturwissenschaftliche Werke, die er für den Baron katalogisierte.<br />

Zeitlich umfasste die Bücherei Produkte aus den<br />

Anfängen des Buchdrucks bis Ende des 18. Jahrhunderts.<br />

Hahnemann beschäftigte sich auch mit der Ordnung der<br />

Münzensammlung. Über die schrieb er: „Sie kann keiner<br />

anderen Sammlung gleichgesetzt werden. Sie enthält römische,<br />

griechische und siebenbürgische Gold und Silbermünzen<br />

von großem Wert, insgesamt etwa 17 500 Stück.“<br />

Einzelheiten über seine ärztliche Tätigkeit, die allerdings<br />

nicht besonders intensiv gewesen sein dürfte, sind kaum bekannt.<br />

Er soll seinen Gönner, der häufig an Kopfschmerzen<br />

litt, mit einer Mischung von Chinarinde und Milchzucker<br />

behandelt haben.<br />

Es ist anzunehmen, dass Hahnemann den Gouverneur<br />

auf dessen Dienstreisen durch Siebenbürgen begleitete und<br />

dabei Land und Leute kennengelernt hat und mit der siebenbürgischen<br />

Volksheilkunde in Berührung kam. Ob und<br />

8 durchblick 3/<strong>2008</strong>


Personen<br />

Foto: Fritz Fischer<br />

Im Mittelalter galt Lorbeer<br />

als Heilmittel gegen die Pest.<br />

in welcher Form diese<br />

Erfahrungen später in die<br />

Entwicklung seiner Lehre<br />

mit eingeflossen sind,<br />

kann allerdings nicht endgültig<br />

beurteilt werden.<br />

Besser als über die<br />

Heilpraxis Hahnemanns<br />

in Hermannstadt sind wir<br />

über das gesellige Leben<br />

im Palais des aufklärerisch<br />

gesonnen Juristen<br />

Baron Samuel von Brukenthal<br />

informiert, wo<br />

fast jeden Abend Empfänge<br />

stattfanden, bei denen es zu anregenden gelehrten<br />

Gesprächen bei Kerzenschein kam. Außerdem gab es<br />

auch andere Formen der exklusiven Geselligkeit, nämlich<br />

die Freimaurerlogen an denen Hahnemann teilnahm.<br />

Hohe Würdenträger, prominente Künstler, Literaten und<br />

Gelehrten, darunter auch Stadtärzte waren Mitglieder der<br />

Freimaurerlogen.<br />

Hahnemann schreibt in seiner Selbstbiografie über die<br />

Zeit in Hermannstadt Folgendes: „Hier hatte ich die Gelegenheit,<br />

noch einige andere mir nötige Sprachen zu lernen<br />

und einige Nebenwissenschaften mir zu eigen zu machen,<br />

die mir zu fehlen erschienen. Seine (Brukenthals) unvergleichliche<br />

Sammlung antiker Münzen brachte ich, sowie<br />

seinen Büchervorrat, in Ordnung und zu Papier, praktizierte<br />

sieben Vierteljahre in dieser volkreichen Stadt und schied<br />

dann, obwohl sehr ungern, von diesem biedern Volke, um<br />

in Erlangen den Doktorgrad zu erwerben, welches ich nun<br />

aus eigenen Kräften tun konnte.“<br />

Nach etwa 20 Monaten verließ er die Stadt und kam im<br />

April 1779 nach Erlangen. Im August 1779 promovierte er<br />

an der Universität in Erlangen und erhielt den Doktorgrad.<br />

Nach einem unsteten Wanderleben ließ er sich in Torgau<br />

an der Elbe nieder.<br />

Der wissbegierige Forscher widmete sich immer mehr<br />

der Chemie und Pharmakologie. Er fasste seine Erkenntnisse<br />

in Lehrsätzen zusammen. Seine erste, 1796 formulierte<br />

Erkenntnis lautete: „Man wende in der zu heilenden<br />

Krankheit dasjenige Arzneimittel an, welches eine andere,<br />

möglichst ähnliche Krankheit zu erzeugen imstande ist und<br />

jene wird geheilt.“ Sechs Jahre prüfte er diese Hypothese,<br />

dass „Ähnliches mit Ähnlichem“ geheilt werden könne.<br />

Seine Familie und seine Freunde mussten für zahlreiche<br />

Versuche mit verschiedensten Arzneimitteln herhalten.<br />

Seine Lehrsätze und die Ergebnisse seiner Arzneimittelprüfungen<br />

veröffentlichte er 1796 in einer damals angesehenen<br />

medizinischen Zeitschrift. Dieses Datum gilt als<br />

Geburtsstunde der Homöopathie.<br />

Der Kern der Hahnemann’schen Homöopathie lautet:<br />

Um sanft, schnell, gewiss und dauerhaft zu heilen, wähle<br />

eine Arznei, die ein ähnliches Leiden erregen kann wie sie<br />

heilen soll. Die Arzneistoffe<br />

werden zum Teil<br />

extrem niedrig dosiert,<br />

wobei der Wirkstoff meist<br />

in Dezimalpotenzen verdünnt<br />

wird. Die Wirkung<br />

der Arzneistoffe werden<br />

durch seine fortschreitende<br />

Verdünnung potenziert.<br />

Demnach versteht ein<br />

Homöopath das Heilen<br />

nach dem Ähnlichkeitsund<br />

Verdünnungsprinzip.<br />

Schlafmohn wird in der<br />

Pharmacie u. a. zu Schmerzmittel<br />

verarbeitet.<br />

Die hochverdünnten<br />

Wirkstoffe sollen die körpereigenen<br />

Selbstheilungskräfte aktivieren, somit werden<br />

Erkrankungen nicht massiv durch Gegenmittel bekämpft.<br />

Nebenwirkungen treten dank der Verdünnung nicht auf.<br />

Seine Lehre widersprach dem damals medizinischen<br />

Denken, obwohl das Ähnlichkeitsprizip schon seit Hippokrates<br />

Zeiten bekannt war. Es entfachte sich darüber eine<br />

leidenschaftliche Diskussion, die noch bis heute anhält.<br />

Aus Sicht der Patienten ist der Streit der Medizintheoretiker<br />

überflüssig, denn wer zu heilen vermag, hat in der<br />

Regel recht.<br />

Mittlerweile spielt dieses Heilverfahren in der modernen<br />

Naturheilkunde eine hervorragende Rolle und wird<br />

auch vermehrt von Schulmedizinern angewendet.<br />

Samuel Hahnemann starb am 2. Juli 1843 in Paris. Sein<br />

Grab liegt heute auf dem Prominentenfriedhof Pere Lachaise,<br />

wo ein prächtiges Grabdenkmal an den weltbekannten<br />

Mediziner erinnert.<br />

Dorothea Istock<br />

Foto: Fritz Fischer<br />

durchblick 3/<strong>2008</strong> 9


Buchbesprechung<br />

Schöne Aussichten fürs Alter<br />

Wie ein italienisches Dorf unser Leben verändern kann<br />

Tiedoli, ein kleines Dorf in den Bergen der italienischen<br />

Provinz Emilia Romagna, ist der Ausgangspunkt des Buches<br />

von Dorette Deutsch. Die<br />

Reportage zeigt am Beispiel<br />

des „Wunders von Tiedoli“ eine<br />

realistische Perspektive für<br />

ein gutes Leben im Alter.<br />

Alles fing damit an, dass<br />

Mario Tommasini, ein angesehener<br />

Sozialpolitiker, auf<br />

dem Markt fünfzig Gänse<br />

kaufte und direkt zur Provinzregierung<br />

brachte, damit diese<br />

durch das Geschrei endlich<br />

aus dem Tiefschlaf gerissen<br />

wird. Sein Ziel ist es Altenheime<br />

überflüssig zu machen.<br />

Dazu geht er zum Bürgermeister<br />

der Kreisstadt Borgetaro und<br />

sagt zu ihm: „Gib mir den<br />

gottverlassensten Weiler, den<br />

du hast.“: Und damit beginnt<br />

die Verwirklichung eines<br />

utopisch anmutenden Altenprojekts<br />

in den ligurischen<br />

Bergen.<br />

Bevor das Altenprojekt<br />

begann, war das Dorf nahezu<br />

ausgestorben. Viele Menschen<br />

waren von dort weggezogen,<br />

weil es außer in der Landwirtschaft keine Arbeitsmöglichkeiten<br />

gab. Parallel zur besseren und billigeren Betreuung<br />

von alten Menschen, war es von Anfang an wichtig<br />

junge Leute zum Bleiben beziehungsweise zur Rückkehr<br />

zu bewegen und Arbeitsplätze für die jüngere Generation<br />

zu schaffen. Durch die Integration in eine „normale“<br />

Dorfstruktur sollte das Leben<br />

im Alter aus der Sanatoriumssituation<br />

herausgeholt werden.<br />

Nicht nur alte, sondern auch<br />

junge Menschen sollten hier<br />

leben können. Inzwischen leben<br />

in Tiedoli die Generationen<br />

wieder miteinander. Es wird im<br />

Buch an vielen persönlichen<br />

Beispielen gezeigt, dass das<br />

Experiment gelungen ist.<br />

Wie diese Idee allmählich<br />

Wirklichkeit wurde, wie viele<br />

Menschen – außer dem charismatischen<br />

Mario Tommasini<br />

– dabei mitgeholfen haben,<br />

welches Misstrauen und welche<br />

Schwierigkeiten überwunden<br />

werden mussten, das alles<br />

erzählt die deutsch/italienische<br />

Autorin so warmherzig, dass es<br />

eine Freude ist ihr Buch zu lesen.<br />

Es ist außerdem spannend,<br />

weil man als Leser gespannt<br />

auf den weiteren Verlauf des<br />

Geschehens ist.<br />

Das Buch berichtet dann<br />

von weiteren Initiativen, Wohnmodellen<br />

und Menschen mit neuen Ideen (auch in Deutschland),<br />

die unser Leben im Alter besser aussehen lassen. Das<br />

alles für 7,95 Euro.<br />

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10 durchblick 3/<strong>2008</strong>


Stadtgeschichte<br />

Elisabeth-Koch-Tochter aus „Kochs Ecke“ wurde 100<br />

Neubeginn nach der Zerstörung vom April 1945<br />

Als Elisabeth Koch am 5. Juli in einer Pferdekutsche<br />

zur Feier ihres hundertsten Geburtstags vor dem Restaurant<br />

Pfeffermühle vorfuhr, wussten nur wenige aus der großen<br />

Zahl der geladenen Gäste, dass die Jubilarin besondere<br />

Erinnerungen mit von Pferden gezogenen Wagen verbindet.<br />

Ihr Geburtshaus an Kochs Ecke, dem Verkehrsknotenpunkt,<br />

der den Namen der Siegener Familie<br />

trägt, wurde 1854 vom Erbauer Karl Koch als<br />

Gasthof mit Bäckerei, aber damals auch als Pferdeumspann<br />

konzipiert. Im Intelligenzblatt vom 12. September 1854<br />

kündigt er den Umzug „in das von mir neu erbaute Haus“<br />

an, und bittet um „geneigten Zuspruch“. Die Fuhrleute, die<br />

ihre Ware über die Landesgrenze transportierten, waren in<br />

den ersten Jahren des Betriebs Stammgäste an der Theke,<br />

während ihre Tiere sich im Stall erholten.<br />

Nachdem im April 1945, zwei Wochen vor Kriegsende,<br />

ein Bombenangriff auf Siegen das Haus mit Gasthof und<br />

Bäckerei zu Schutt und Asche verwandelt hatte, richteten<br />

die Kochs im noch erhaltenen Pferdestall ein Übergangsquartier,<br />

die sogenannte „Futterkrippe“, für ihre Gäste ein,<br />

während auf dem Grundstück der Wiederaufbau begann.<br />

Vor der echten Futterkrippe mit den eisernen Ringen, an<br />

denen früher die Gäule angekettet wurden, standen helle<br />

Holztische, Stalllaternen spendeten behagliches Licht. Es<br />

ging wieder aufwärts.<br />

Zum hundertjährigen Jubiläum von Elisabeth Koch zeigte<br />

eine von den Angehörigen liebevoll zusammengestellte<br />

Diaschau in Schlaglichtern die wechselvollen Stationen im<br />

Leben der Zeitzeugin durch ihr Jahrhundert, zugleich mit<br />

Hintergrund der Lokal- und Familiengeschichte.<br />

Die Chronik der Familie Koch führt über zehn Generationen<br />

zurück in die Zeit des dreißigjährigen Krieges und<br />

ist eingebettet in fünf Jahrhunderte. Es sind nicht nur die<br />

großen Denker, Vollender und Verwandler, die am Gesicht<br />

ihres Jahrhunderts feilen. Das Heer der regierten „kleinen<br />

Kochs Ecke heute<br />

Leute“, die Handwerker, Kaufleute, Landsknechte, Arbeiter<br />

und Bauern, zimmerten prägend mit am Zeitbild mit<br />

ihren Geschicken, Gefühlen, Gedanken und Taten.<br />

1649 erwirbt der Schuhmacher Henrich Koch aus „bach“,<br />

als künftiger „Gaffelknecht“ mit seiner Unterschrift und<br />

einem Obolus das Bürgerrecht der Stadt Siegen, mit dem<br />

die Bürgergeschichte der Handwerkerfamilie Koch beginnt.<br />

1650 ist sein Name in der Schuhmacherzunft zu finden, der<br />

vornehmen Bruderschaft, die als einzige unter den Zünften<br />

über ein eigenes Haus, die sogenannte Gaffel verfügte.<br />

Das wirtschaftliche Leben stand noch im 17. Jahrhundert<br />

zur Zeit der unbeschränkten Fürstenherrschaft ganz<br />

unter dem Einfluss der Zünfte, die ihrerseits von den strengen<br />

Verordnungen der Landesregierung abhängig waren.<br />

Mit seinen konfessionell zerstrittenen Linien bot das<br />

Fürstentum das typische Bild deutscher Kleinstaaterei. So<br />

stand die Stadt Siegen, auch mit den Ortschaften Vor dem<br />

Hain, Sieghütte und Hammerhütte, unter dem Diktat dieser<br />

Gesetze. Ein Blick auf die Verordnungen und Vorschriften<br />

aus „nassauischen und teutschen Ländern ottonischer<br />

Linie“ zeigt auf, welchen erniedrigenden Zwängen sich die<br />

Untertanen unterwerfen sollten.<br />

Was Henrich Koch, der bis zu seinem Tod drei Mal<br />

verheiratet war, bei Gesetzesverstößen „Erschreckliches“<br />

zu befürchten hatte, zeigt eine Rechtsverordnung aus dem<br />

17. Jahrhundert. Da heißt es unmissverständlich: „Wegen<br />

Ehebruchs mit einer Ehefrau soll die Mannsperson mit<br />

dem Schwerte oder Wasser hingerichtet werden.“ Heute<br />

geschieht Ähnliches höchstens in Eigeninitiative, zum<br />

Beispiel wenn ein betrogener Partner mit einem rächenden<br />

Messerstich Selbstjustiz übt. Der Staat hält sich da raus.<br />

Auch beruflich drohten den Bürgern bei Gesetzesverstößen<br />

harte Strafen. Die Wirte brauten ihr Bier selbst<br />

unter strenger Kontrolle von Bürgermeister und Rat. Der<br />

bei Weinproben geschätzte Wert wurde an die Türpfosten<br />

12 durchblick 3/<strong>2008</strong>


Stadtgeschichte<br />

der Gaststube geschrieben. Bei Panschereien durfte der<br />

Ertappte „hinfüro sein Lebtag nie wieder zappen.“ Gastfreundschaft<br />

und tätige Nächstenliebe waren ebenfalls<br />

strengsten Geboten unterworfen. Soziale Gesichtspunkte<br />

hatten da keine Chance. Im Wortlaut ist zu lesen: „Wer die<br />

Geborgenheit innerhalb einer Zunftgemeinschaft nicht<br />

nachweisen kann, soll an den Pranger gestellt und mit<br />

Ruten ausgestrichen werden. Hehler und Herberger, welche<br />

solchem Gesindel Essen und Wohnung geben, sollen<br />

an Leib und Leben bestraft werden. Wer solche Personen<br />

entdeckt, dass sie ergriffen werden, soll bei Verschweigen<br />

seines Namens eine Belohnung erhalten.“<br />

Johannes Koch, der letzte Zunftmeister der Gastwirts-<br />

und Bäckerfamilie Koch, die durch vier Generationen<br />

der Bäckerzunft angehört hatte, erlebte noch kurz<br />

vor seinem Tod 1815 das Ende der Zünfte. Im großen<br />

Sitzungssaal des Siegener Rathauses wurde das Fürstentum<br />

Nassau Siegen an die Beauftragten des Königs von<br />

Preußen übergeben.<br />

Heinrich Koch, Enkel des Gründers von Kochs Ecke<br />

und Vater der Geschwister Ernst und Elisabeth, erhielt<br />

1907 die Wirtekonzession für sein Elternhaus. Hundert<br />

Jahre später denkt Elisabeth Koch an ihre Kindheit zurück.<br />

Sie erinnert sich an die Mobilmachung 1914, den<br />

Auszug der Soldaten, die von der jubelnden Bevölkerung<br />

auf der Koblenzer Straße flankiert wurden. Da war<br />

sie gerade frisch eingeschult. Die Vollendung der Ausbaupläne<br />

für das stattliche Schieferhaus mussten wegen<br />

Einberufung von Gastwirt Heinrich Koch zurückgestellt<br />

werden.<br />

Sorgfältig gebündelt und aufbewahrt hat Elisabeth Koch<br />

die Briefe ihrer Eltern aus den ersten beiden Kriegsjahren.<br />

Der Briefwechsel zwischen Front und Heimat wirft ein<br />

Licht auf den Siegener Kriegsalltag. Lina Koch schreibt<br />

im Februar 1915 an ihren Ehemann: „Du fragst, wie ich<br />

mit der Bäckerei fertig werde. Soweit ganz gut, obwohl wir<br />

strenge Vorschriften haben. Jetzt dürfen wir nur Einheitsbrötchen,<br />

Einheitsbrot und Kriegszwieback backen: Man<br />

kann jetzt mehr verkaufen als backen, weil jeder für Vorrat<br />

sorgt.“ Der Mann an der Front schreibt zurück: „In dieser<br />

schweren Zeit erkennt man erst, was ein treues, herzensgutes,<br />

pflichtbewusstes Weib dem Manne wert ist.“ Lina<br />

Koch starb 1916 im 30. Lebensjahr. Die Doppelbelastung<br />

als Geschäftsfrau und Mutter hatte ihre Kräfte überfordert.<br />

Die Rolle der zweiten Mutter übernahm Haushälterin<br />

Wilhelmine Nolte, die Jahre später Heinrich Kochs Frau<br />

wurde. Der Kriegsheimkehrer hat seine Umbaupläne noch<br />

verwirklichen können. Technischer Fortschritt und die<br />

wirtschaftliche Entwicklung ließen die verschlafene Bergmannsstadt<br />

in den kommenden Jahren nach und nach zu<br />

einer Kleinstadt mit blühender Industrie werden. Der Ausbau<br />

neuer Straßen- und Bahnlinien hatte das Siegerland aus<br />

der Verkehrsferne befreit. Der um mehrere Fremdenzimmer<br />

erweiterte Hotelbetrieb wurde für Reisende aus dem In- und<br />

Ausland eine begehrte Adresse.<br />

Statt der rumpelnden Pferdekutschen brausten jetzt<br />

Benzinkutschen über die Koblenzer Straße. Eine Berliner<br />

Zeitung begrüßte das neue Transportmittel enthusiastisch:<br />

„Die Verbesserung der städtischen Lebensbedingungen<br />

durch Einführung der Motorwagen kann nicht hoch genug<br />

geschätzt werden. Die Straßen bleiben sauber und geruchlos,<br />

befahren von Fahrzeugen, die sich auf Gummireifen<br />

sanft und geräuschlos dahinbewegen. Ein großer Teil der<br />

Nervenbelastung des modernen Lebens kann dadurch beseitigt<br />

werden.“<br />

Heinrich Koch erkannte die Zeichen der Zeit und richtete<br />

vor dem Gasthaus in der Mitte der heutigen Straßenkreuzung<br />

eine Tankstelle ein.<br />

Sein Sohn Ernst Koch kam nach gründlicher Ausbildung<br />

als Bäckermeister und Konditorgeselle nach Hause<br />

zurück. Sein Vater hatte das Gasthaus um einen geräumigen<br />

Laden und neue Fremdenzimmer erweitert. Ernst sollte, unterstützt<br />

von Schwester Elisabeth, Backstube und Konditorei<br />

übernehmen, während der Vater mit Frau Wilhelmine<br />

den Gastbetrieb führen wollte. Aber wieder machte der Tod<br />

Pläne und Hoffnungen zunichte. Heinrich Koch starb 1935,<br />

kaum ein Jahr nach Vollendung des Umbaus.<br />

Die Pläne Adolf Hitlers waren inzwischen fern von Kleinstadtidyllen<br />

gereift. Alles begann 1939 wie 25 Jahre zuvor:<br />

Mobilmachung auch in Siegen; nur der Jubel der Be- <br />

durchblick 3/<strong>2008</strong> 13


Stadtgeschichte<br />

völkerung war nicht mehr so enthusiastisch. Zwar hatte Hitler<br />

auch im Siegerland die Massen hinter sich, aber um sie für<br />

den Krieg zu begeistern, war die Erinnerung noch zu frisch.<br />

Nach der Einberufung von Ernst Koch an die Front, hatte<br />

Mutter Wilhelmine ein Stockwerk auf dem Stall aufbauen<br />

lassen, 1942 mussten die beiden Frauen sämtliche Gasträume<br />

an die Stahlwerke Südwestfalen vermieten, die ihre<br />

Diensträume von Düsseldorf nach Siegen evakuiert hatten.<br />

Im April 1945 hinterließ der Bombenangriff auf Siegen<br />

dann an Kochs Ecke ein Ruinenfeld. Nur der Stall und das<br />

darüber errichtete Häuschen waren unzerstört geblieben.<br />

Die Hundertjährige denkt zurück: „Wir haben immer Glück<br />

im Unglück gehabt, mit der Futterkrippe ìm Stall ging es<br />

wieder weiter.“<br />

Als Ernst Koch aus dem Krieg zurückkam, wurde fortgesetzt,<br />

was die beiden Frauen mit ersten Räumungsaufgaben<br />

begonnen hatten. Ein Jahr nach dem Angriff war ein<br />

ebenerdiges Gasthaus an Kochs Ecke entstanden.<br />

In der Hammerhütte war man sich in den Jahren des<br />

Wiederaufbaus noch nähergerückt als zuvor. Ernst Koch beobachtete,<br />

wie sich seine Schwester erinnert, mit Interesse,<br />

wenn seine Nachbarin, Lilo Kober, verwitwete Hollstein,<br />

aus ihrem zerstörten Haus gegenüber, St.-Johann-Straße 2,<br />

die noch brauchbaren Bausteine rettete. Der Junggeselle<br />

ließ dann, wie er später gestand, schon einmal die Brote<br />

im Ofen verbrennen, wenn er die Nachbarin zu lange mit<br />

Blicken verfolgt hatte. Es begann eine Freundschaft, die das<br />

Fundament der 1948 geschlossenen Ehe wurde.<br />

Das junge Ehepaar, an der Seite von Elisabeth und Mutter<br />

Wilhelmine, musste den Traum einer Hausaufstockung<br />

aufschieben. Die Geldreserven waren nach Eröffnung<br />

des neu erstandenen Gasthauses erschöpft. Nach Jahren<br />

sparsamsten Wirtschaftens kam aber dann 1955 doch der<br />

Tag, an dem endlich mithilfe der Sparkasse mit dem Aufbau<br />

begonnen werden konnte. Es wurde gemeinsam gerechnet,<br />

kalkuliert, geplant und angefangen. Die um zwei<br />

kleine Mädchen, Ulrike und Juliane, vergrößerte Familie<br />

brauchte Raum, und der Betrieb, dem die Einnahmen für<br />

Fremdenzimmer fehlten, brauchte Geld. Konzipiert wurde<br />

ein dreistöckiges Gebäude mit Gaststätte, Geschäft, Café<br />

und zehn Fremdenzimmern. Zu Ostern ist der Rohbau unter<br />

Dach und Fach. Der Innenausbau beginnt. Zu dieser<br />

Zeit wird Ernst Koch Vater des Sohnes Henner. Zu den Geschwistern<br />

gehört auch Albrecht Hollstein, Sohn von Lilo<br />

Koch aus erster Ehe.<br />

Im August 1956 zieht die nun sechsköpfige Familie im<br />

zweiten Stockwerk ein. Elisabeth bezieht den Altbau über<br />

der ehemaligen Futterkrippe. Der 30. November ist Eröffnungstag.<br />

Bei Aufgabe der Anzeige zu diesem Termin fällt<br />

den Kochs ein, dass sie das hundertjährige Jubiläum 1854<br />

ganz vergessen haben. Sehr viel später als ihr Elternhaus<br />

vollendet Elisabeth Koch am 5. Juli <strong>2008</strong> ihr Jahrhundert,<br />

ein Jubiläum, das nicht vergessen wurde.<br />

Die Bäckerei mit Backstube wird im Zuge der Entwicklung<br />

schweren Herzens 1956 an Bäckermeister Steinmann<br />

verpachtet, Abschied einer Familientradition durch Jahrhunderte.<br />

1963 stirbt Wihelmine Koch, die bis zum Tag<br />

ihres Todes mit der weißen Schürze in der Küche und hinter<br />

der Theke gestanden hatte.<br />

1966 wird Ernst Koch mitten aus dem Arbeitsleben gerissen.<br />

Trotz geschwächter Gesundheit durch die Kriegsjahre<br />

war die Aufgabe, die der Betrieb von ihm forderte,<br />

bis zum letzten Tag sein Lebensinhalt. Wer ihn gekannt hat,<br />

kannte und liebte seinen knorrigen Siegerländer Humor,<br />

mit dem er seine Gäste in allen Lebenslagen aufzuheitern<br />

wusste. Die Grundsätze von Gastwirt und Familienvater<br />

Koch waren nicht weniger patriarchalisch, als die seiner<br />

Väter. Das sah er selbst mit Humor und bekannte: „He is<br />

Diktatur. Demokratie is dusse.“ Ohne den Menschen, der<br />

Mutter<br />

Lina Koch<br />

mit den<br />

Kindern<br />

Ernst und<br />

Elisabeth<br />

den Stil der bodenständigen Wirtschaft zwei Jahrzehnte mit<br />

seiner Persönlichkeit geprägt hatte, ging es für den Familienbetrieb<br />

darum, dem beliebten Lokal seine Anziehungskraft<br />

zu erhalten.<br />

„Lokalkolorit“ war das Stichwort, das Lilo Koch bewog,<br />

eine Tradition einzuführen, die es in Siegen noch nicht<br />

gab. Siegerländer Trachtenmädchen in blauen Kattunkleidern<br />

– nach Vorbild aus dem westfälischen Trachtenbuch –<br />

bedienten die Gäste, die keinen Tag fernblieben, mit einer<br />

Auswahl Siegerländer Spezialitäten. So blieb das Haus ein<br />

Begriff für Volkstümlichkeit, neben der Aufgeschlossenheit<br />

gegenüber den Strömungen der Moderne. Trotzdem fassten<br />

die Inhaberinnen drei Jahre später den Entschluss, das<br />

Restaurant aufzugeben. Eine schwere Entscheidung, da ein<br />

weiteres Stück Berufstradition zu Ende ging. Im Dezember<br />

1968 wurde das Restaurant verpachtet.<br />

Mit einer großen Portion Wagemut begann Lilo Koch<br />

im Frühjahr 1969 mit ihrem Vorhaben, ein Hotel mit 60<br />

Betten entstehen zu lassen. Die Aufgabe der Hotels Huthsteiner<br />

und Monopol in dieser Zeit bestärkte sie in ihrem<br />

Vorhaben.<br />

Das Defizit an Hotelbetten hatte auch die Stadt Siegen<br />

beschäftigt. Nach einem erfolgreichen Gespräch mit dem<br />

14 durchblick 3/<strong>2008</strong>


Stadtgeschichte<br />

Stadtkämmerer wurde mit der Aufstockung begonnen. Das<br />

Hotel wuchs in neue Dimensionen.<br />

Dass die persönliche Atmosphäre für die Gäste bewahrt<br />

blieb und der moderne Hotelbetrieb mit Wärme und Behaglichkeit<br />

erfüllt wurde, war dabei entscheidend das Verdienst<br />

von Elisabeth Koch, die dazu sagt: „Ich war einfach da, wo<br />

ich gebraucht wurde, nichts weiter. Und es war schön, Zeit<br />

für die Kinder zu haben, bis sie erwachsen waren.“<br />

Gebraucht wurde die Hilfe von Elisabeth Koch damals<br />

auch kurz nach Kriegsende, als ein Matrose mit seiner hochschwangeren<br />

Frau ein Zimmer im Gasthaus genommen<br />

hatte. Sie denkt mit Lächeln daran zurück: Mitten in der<br />

Nacht meldete ein neuer Erdenbürger sein Erscheinen<br />

an. Elisabeth fahndete nach der nicht sofort erreichbaren<br />

Die Jubilarin<br />

Elisabeth Koch<br />

überraschte ihre<br />

Gäste mit einer<br />

humorvollen<br />

Ansprache beim<br />

Empfang zu ihrem<br />

hundertsten<br />

Geburtstag.<br />

Hebamme. Als sie, fündig geworden, mit der Geburtshelferin<br />

an das ungewöhnliche Wochenbett kam, war ein kräftiger<br />

Junge bereits auf der Welt. „Wir sind oben angekommen.“<br />

Mit diesem Slogan kündigte sich ein neuer Abschnitt<br />

in der Geschichte des Hauses an, als nach einjähriger Bauzeit<br />

im April 1970 zur Einweihung geladen wurde. Dem<br />

Architekten war es gelungen, den sechsstöckigen Baukörper<br />

mit modernen Stilmitteln aufzulockern. Eine harmonische<br />

Verbindung von Tradition und Moderne bestimmte<br />

die Atmosphäre. Lärmstoppfenster wurden hier erstmalig<br />

in einem Siegerländer Hotel eingebaut. Sie garantierten<br />

trotz des an der Kreuzung pulsierenden Verkehrs ungestörte<br />

Nachtruhe.<br />

Für Wochen ausgebucht war das Haus schon während<br />

der Bauzeit. Die internationale Belegung zur Zeit der<br />

Schacholympiade in Siegen, zu der 11 Nationen ihr Kommen<br />

angekündigt hatten, schien zukunftweisend. Bedingt<br />

durch die Verbindungen der Siegerländer Industrie in alle<br />

Erdteile, ebbte der Strom der Besucher aus dem In- und<br />

Ausland nicht ab. Der Kontakt mit den Gästen, von Bedeutung<br />

schon in der alten Umspannkneipe, setzte sich nun fort<br />

mit Prominenzen aus dem Bereich der Wirtschaft, Politik,<br />

Kultur. Es kamen viele bekannte Künstler: Der große Mime<br />

Karl Kraus, Willy Birgel, Rudolf Schock, die Kabarettisten<br />

der Berliner „Stachelschweine“, das sind mit Begegnungen<br />

und guten Gesprächen verknüpfte Namen, die Elisabeth<br />

Koch unvergessen bleiben. Auch Persönlichkeiten wie<br />

Erich von Däniken, Erich Ollenhauer, Rolf Hochhuth und<br />

Pastor Hansen fühlten sich, wie Eintragungen im Gästebuch<br />

zeigen, im Hotel an Kochs Ecke wohl.<br />

Im Erdgeschoss gedieh zu dieser Zeit gepflegte Gastlichkeit<br />

im verpachteten Restaurant. Harmonisch gestaltete<br />

sich auch die Zusammenarbeit mit dem Personal. Kochs<br />

hatten bereits 1950 als erste Gastronomie in Siegen einen<br />

Betriebsruhetag eingeführt.<br />

Als die Entlastung durch die Abgabe der Gaststätte<br />

spürbar wurde, fand Lilo Koch Zeit, sich Dingen des öffentlichen<br />

Lebens zu widmen, die mit Bürgernähe, Heimatbezug,<br />

Berufsverbundenheit und Umweltbewusstsein<br />

in Zusammenhang standen. Als Ortsvorsitzende im Hotelund<br />

Gaststättenverband hatte die Gastronomin vielfältige<br />

Aufgaben. Mehrere Jahre hat das Hotel die Zimmervermittlung<br />

im Stadtverband übernommen.<br />

Mit großem Engagement setzte sich Lilo Koch dafür<br />

ein, die Bäume im Stadtbereich für die Zukunft zu erhalten.<br />

Diese Liebe zum Baum brachte ihr im Volksmund den<br />

Namen „Baum-Lilo“ ein.<br />

Im Jahre 1997 wurde das Haus verkauft und der Hotelbetrieb<br />

eingestellt.<br />

Bis zum Tod von Schwägerin Lilo Koch, im Jahre 20<strong>03</strong>,<br />

konnten die beiden Frauen noch gemeinsam die Zeit genießen,<br />

in der die Erinnerung an die erfüllten Jahre lebendig<br />

blieb, aber der unermüdliche Einsatz nicht mehr erforderlich<br />

war.<br />

Die bewundernswerte, jung gebliebene alte Dame sagt an<br />

ihrem Geburtstag im Rückblick: „Ich kann es kaum glauben,<br />

dass ich hundert Jahre alt geworden bin, aber es ist wunderbar.“<br />

Sie freut sich am schönen Garten, am Sommer und an<br />

den häufigen Besuchen der Großfamilie, von der sie liebevoll<br />

umsorgt wird. Das sind ihre Neffen und Nichten mit Kindern<br />

und Enkeln. Die Hundertjährige liest immer noch gern gute<br />

Bücher, vor allem Lyrik. Sie kennt Gedichte und lange Balladen<br />

auswendig und schreibt selbst kleine Gedichte.<br />

Ihre Gäste begrüßte sie zum Empfang mit diesen<br />

eigenen Versen, denen nichts hinzuzufügen ist.<br />

Maria Anspach<br />

Alle Fotos aus Besitz der Familie Koch<br />

durchblick 3/<strong>2008</strong> 15


Einer von den Alten ...<br />

Es ist jammerschade, liebe Leserin, lieber Leser, dass Sie<br />

meinen Großvater nicht gekannt haben. Er war ein Mann<br />

von echtem Schrot und Korn, er konnte und er wusste alles.<br />

Er flocht – ruck-zuck – einen Weidenkorb oder band einen<br />

Reiserbesen, er besohlte die Schuhe und er schlachtete jedes<br />

Jahr in der Adventszeit zwei fette Schweine. Auf alle<br />

meine Fragen wusste er gewöhnlich die richtige Antwort<br />

und an jedem Sonntag, vor<br />

dem Kirchgang, kam der im<br />

Nachbarort wohnende Pastor<br />

ins Haus und beriet sich mit<br />

ihm in der guten Stube. Die etwas<br />

weniger frommen Kirchgänger<br />

erfuhren im Verlauf<br />

der Predigt zu ihrem Leidwesen<br />

dann schon, welche<br />

Ratschläge mein Großvater<br />

in diesem Unter-vier-Augen-<br />

Gespräch erteilt hatte, denn<br />

die kleinen und gröberen Untaten<br />

wurden damals noch aus<br />

der Kanzel heraus gegeißelt.<br />

So erwarb sich mein Großvater<br />

bei den richtig frommen<br />

und untadeligen Kirchgängern einen guten Ruf und wurde<br />

als Respektsperson geachtet. Man sieht, er war noch einer<br />

von den Alten, einer, wie es sie heute leider nicht mehr gibt.<br />

Und dennoch fiel ihm, der doch sogar dem Pastor immer<br />

wieder sachdienliche Ratschläge geben konnte, so gut wie<br />

nichts ein, als ich ihn einmal fragte, warum der Magolwes,<br />

den Hermann Löns einst so trefflich beschrieb, so heißt wie<br />

er heißt. Nach einigem Nachdenken sagte er nur: „Där hot<br />

schu immer su gehaase, mie waas äch aach net.“<br />

Diesen wenigen Worten haben sie sicherlich entnommen,<br />

dass es sich nicht um meinen Siegerländer Großvater<br />

handelte, sondern um den aus dem Nassauer. So nannten<br />

meine hiesigen Verwandten das ihrer Meinung nach raue<br />

Land jenseits der Kalteiche mit seinen ungehobelten Menschen<br />

und deren grober Sprache. Sie haben dazu erfahren,<br />

dass nicht nur im Siegerland der Magolwes so heißt wie er<br />

heißt. Dass mein Großvater nichts von der Namensherkunft<br />

wusste, verwunderte mich damals sehr. Er war nämlich in<br />

meinen Augen ein brillanter Vogelkenner, dem es besonders<br />

der Stieglitz angetan hatte. Allgemein gebräuchlich<br />

war bei diesem Gefiederten allerdings ein anderer Name,<br />

nämlich Distelfink. In der Nähe des Hauses waren einige<br />

Nester und alljährlich brachte mein Großvater den Distelfink-Nachwuchs<br />

mithilfe einer an der Scheune befestigten<br />

Leimrute um die Freiheit. Der Verkauf an Liebhaber dieser<br />

Gattung bescherte ihm gutes Geld und darum mochte er die<br />

Distelfinken. Exotische Vögel gab es seinerzeit kaum und so<br />

Historisches<br />

Wie der Magolwes zu seinem Namen kam<br />

Ist der von Luther genannte Markolfus der<br />

Patron für den Spitznamen des Eichelhähers?<br />

landeten die spatzengroßen Sänger mit ihren Köpfen in den<br />

alten Nationalfarben Schwarz-Weiß-Rot in den Volieren.<br />

Als wir, meine Kameraden und ich, im späten Frühjahr einmal<br />

einen jungen Magolwes aus dem Nest stibitzten und versuchten,<br />

den in einen Käfig gesteckten Schreihals mit Quark<br />

und Würmern aufzuziehen und ihm bei dieser Gelegenheit ein<br />

bisschen das Sprechen beizubringen, schimpfte mein Großvater.<br />

Er hatte ja so recht. Warum ließen wir dem Tier nicht<br />

seine Freiheit?! Und überhaupt:<br />

Irgendwann würde der rötlichgraue<br />

Vogel mit seinen hellblau<br />

und schwarz gebänderten<br />

Flügeldecken und dem weißen<br />

Bürzel ja vermutlich doch von<br />

der Katze gefressen. Und seltsam:<br />

Auch der Schullehrer hatte<br />

– woher auch immer – am<br />

nächsten Tag bereits Kenntnis<br />

von der Gefangennahme. Er<br />

stauchte alle mächtig zusammen,<br />

zog jedem der Beteiligten<br />

im wahrsten Sinne des Wortes<br />

wenigstens ein Ohr lang und<br />

verbot uns im Übrigen, von<br />

einem Magolwes zu sprechen.<br />

Der Vogel heißt Eichelhäher und während der Schule wird nur<br />

dieses Wort benutzt, so lautete sein strenger Befehl.<br />

Magolwes ist Markolfus<br />

Die halten mich für den Hutten, ihr für den Luther, bald<br />

werde ich wohl gar Markolfus werden. Und nach solchem<br />

Gespräch nahm er ein großes Bierglas und sprach nach des<br />

Landes Brauch: Schweizer, trinken wir noch einen freundlichen<br />

Trunk zum Segen!<br />

Diese Zeilen fand ich vor einiger Zeit in dem Buch Sabbata,<br />

Chronik der Jahre 1523 bis 1539. Johannes Keßler, ein<br />

Schweizer Student, berichtet über seine Begegnung anno<br />

1523 mit dem ihm noch unbekannten Martin Luther. Denken<br />

Sie bitte nicht, liebe Leserin, lieber Leser, der Passus sei<br />

mir aufgefallen, weil in ihm der Reformator als ein Freund<br />

des edlen Gerstensafts dargestellt wird. Das erstaunte mich<br />

keineswegs, schließlich gab es damals schon das Reinheitsgebot.<br />

Ein mir bis dato noch unbekanntes Wort weckte vielmehr<br />

meine Aufmerksamkeit. Aufgrund der Lautähnlichkeit<br />

fiel mir die immer noch offene Frage aus der Kinderzeit<br />

wieder ein. Sollte der von Luther genannte Markolfus am<br />

Ende der Patron für den Spitznamen des Eichelhähers gewesen<br />

sein? Eine schnelle Bestätigung fand ich im Siegerländer<br />

Wörterbuch, wo Prof. Dr. Jakob Heinzerling unter<br />

anderem schreibt: Magolwes ist Markolfus. Der Name erscheint<br />

in den mannigfaltigsten Umbildungen ... <br />

durchblick 3/<strong>2008</strong> 17<br />

Foto: Gottfried Klör


War das Ende der jahrzehntelangen Ungewissheit in<br />

Sichtweite? Zumindest einen Zipfel hielt ich in der Hand.<br />

Zwei Fragen blieben freilich einstweilen völlig offen. Zum<br />

einen: Wer um alles in der Welt war dieser Markolfus?<br />

Und zum anderen: Welchen<br />

Grund gab es, den Eichelhäher<br />

nach ihm zu benennen?<br />

Heinzerling legt in seinem<br />

Wörterbuch eine Spur, indem<br />

er das Volksbuch von<br />

Salomon und Markolf erwähnt.<br />

Und dieses Werk<br />

ist in der Tat ein Schlüssel<br />

zur Lösung der ersten Frage.<br />

Die Wissenschaftlerin<br />

Sabine Griese, die heute<br />

an der Universität Zürich<br />

lehrt, wählte Salomon und<br />

Markolf zum Thema ihrer<br />

Dissertation. Und dieser<br />

Doktorarbeit, die sogar im<br />

Jahre 1996 mit dem Kulturpreis<br />

Ostbayern in Regensburg<br />

ausgezeichnet wurde,<br />

ist es zu verdanken, dass<br />

etliche der nachfolgenden<br />

Erkenntnisse zur Verfügung<br />

stehen.<br />

Der Inhalt der schon<br />

vor über tausend Jahren in<br />

ganz Europa kursierenden<br />

Geschichte über die beiden<br />

Kontrahenten in Kurzform:<br />

Ein Bauer (Markolf bzw.<br />

Markolfus) kommt an den Hof in Jerusalem, streitet in Worten<br />

und Taten mit dem König Salomon, siegt und wird als<br />

Diener an den Hof genommen.<br />

Teuflisch abstoßende Züge<br />

Seien Sie nicht traurig, liebe Leserin, lieber Leser, dass<br />

Sie diesen Markolfus nicht gekannt haben. Im genannten<br />

Volksbuch ist sein Äußeres genau beschrieben. Jeder<br />

Teil seines Körpers ähnelte irgendeinem Tier. So hatte er<br />

senkrecht nach oben stehende Haare wie ein Igel, die ungewöhnlich<br />

großen Augen standen hervor wie bei einem<br />

Straußenvogel, die langen Ohren, aus denen büschelweise<br />

die Haare herauswuchsen, glichen denjenigen eines Esels,<br />

die wulstige Unterlippe hingegen sah aus wie bei einem<br />

Pferd. Während sein schmutziger Ziegenbart als mächtig<br />

stinkend beschrieben wird, entsprach der Rest des überall<br />

behaarten Körpers einem großen Bären. Es wird von teuflisch<br />

abstoßenden Zügen berichtet. Doch an keiner Stelle<br />

ist etwas von einem Eichelhäher zu lesen.<br />

Im 16. Jahrhundert trat unser Held bei Volksfesten (Turniere,<br />

Freischießen) häufig auch leibhaftig auf. So wird in<br />

Historisches<br />

Wildverkünder – Wildvergrämer<br />

Niemand hat vermutlich das Gebaren des Eichelhähers<br />

besser geschildert als Hermann Löns. Hier ein Auszug<br />

aus den Tierbildern des Heidedichters:<br />

Es sitzt ein Vogel im Eichenbaum und gibt ein Potpourri<br />

zum Besten. Er schwatzt und plaudert, als wäre er ein Pirol<br />

oder Würger, und dann schnalzt er wie eine Eichkatze,<br />

miaut wie ein Bussard, trompetet wie ein Kranich, ruft wie<br />

ein Buntspecht, pfeift wie ein Star und quietscht wie ein Wagenrad.<br />

Jetzt kreischt er laut und gellend auf und schwebt<br />

dahin wie ein riesengroßer bunter Schmetterling.<br />

Der Markwart (= Grenzhüter, die Red.) ist es, der Eichelhäher,<br />

der Schalksnarr und Irrwisch, Hans Dampf in<br />

allen Gassen, Bruder Immerlustig und Meister Wunderlich,<br />

der lustige Schwätzer, der fröhliche Spötter, der Hüpfer und<br />

Schlüpfer, Schweber und Flatterer, der Prahlhans und der<br />

Angstmeier, des Jägers Vergnügen, des Jägers Verdruss,<br />

Wildverkünder und Wildvergrämer, der Nestzerstörer und<br />

Eichenpflanzer, der alles kann, der alles sieht, alles kennt,<br />

der heute pfiffig und morgen dummdreist, eben vorlaut und<br />

frech und jetzt wieder heimlich und zage ist, der Vogel, dessen<br />

Stimme, dessen Benehmen ebenso voller Gegensätze ist<br />

wie sein Gefieder.<br />

einem Turnierbuch berichtet, dass ein Markolfus verkehrt<br />

herum auf einem ungesattelten Esel ritt, den Schwanz seines<br />

Reittiers in der Hand haltend und allerlei Unsinn und Gauklerei<br />

treibend, ... daß ein sehr gut Lachen was. Er stach unter<br />

anderem den Esel mit einem<br />

spitzen Gegenstand ins Hinterteil.<br />

Das Grautier bockte<br />

und warf seinen Reiter im<br />

hohen Bogen ab, was diesem<br />

wenig ausmachte, denn<br />

er war unter seiner roten<br />

und grünen Kleidung dick<br />

gepolstert. Und weder diese<br />

Farben noch irgend sonst<br />

etwas erinnerte an einen Eichelhäher.<br />

Es wurde für mich<br />

immer mehr zur Gewissheit,<br />

dass weder Aussehen noch<br />

Ausstattung des Schelms etwas<br />

mit dem Magolwes zu<br />

tun hatten.<br />

Salomons Gegenspieler<br />

Bei Markolfus stand im<br />

Gegensatz zu seinem Äußeren<br />

die intelligente Verschlagenheit.<br />

Er war auf seine<br />

Weise schlau, listig und<br />

vor allem redegewandt. Der<br />

Siegerländer hätte ihn kurzum<br />

als Lälles klassifiziert.<br />

Mit der Selbstsicherheit des<br />

stolzen Bauern behauptete<br />

er immer wieder mit vielen<br />

Worten das genaue Gegenteil von dem, was Salomon sagte.<br />

Dabei nutzte er die gröbsten Obszönitäten als Stilmittel.<br />

Beispiele hierzu bringe ich nicht. Es sind Zoten, nach deren<br />

Gebrauch man ganz ohne Zweifel den Mund ausspülen<br />

muss – und zwar mit Seife. Ich selbst habe mir nach dem<br />

Lesen der entsprechenden Stellen sofort die Augen ausgewaschen.<br />

Beinahe in allem unterscheidet sich Markolfus<br />

von Salomon, der im Mittelalter als oft zitiertes Sinnbild<br />

des weisen und gerechten Herrschers galt.<br />

Während man in der (lateinischen) Literatur Aussagen<br />

über Salomon und Markolfus bereits ab dem 11. Jahrhundert<br />

findet, taucht die Geschichte in vielen europäischen Volkssprachen<br />

(u. a. in Englisch, Französisch, Deutsch, Polnisch)<br />

etwa ab dem Jahre 1450 auf. In den Hochburgen des Karnevals<br />

wurden Bühnenstücke aufgeführt, in denen die beiden<br />

Hauptdarsteller gegeneinander eiferten. Die von Dichtern<br />

wie Hans Sachs geschriebenen Texte sorgten wegen ihrer<br />

Fäkaliensprache für eine großartige Unterhaltung der Fastnachtgesellschaft.<br />

Und der lasterhafte Maulheld Markolfus<br />

wurde auch im letzten Winkel Europas bekannt. Wie Till Eulenspiegel<br />

galt er als großer Schelm. Der eine oder andere<br />

18 durchblick 3/<strong>2008</strong>


Historisches<br />

Schabernack wurde damals sowohl dem einen wie auch dem<br />

anderen zugeschrieben. Der bereits genannte Martin Luther<br />

führte Markolfus häufig als abschreckendes Beispiel auf. In<br />

seinen Tischreden, in Predigten und auch in Briefen erzählte<br />

er von dessen Possen und zitierte seine Sprüche.<br />

Dass Markolfus im Gegensatz zu Till Eulenspiegel im<br />

Laufe der Jahrhunderte mehr und mehr in Vergessenheit geriet,<br />

hat einen Hauptgrund: das Schul-Lesebuch. Ersterer wurde<br />

aus nachvollziehbaren Gründen als unflätig, scham- und<br />

zuchtlos und damit als sittenverderbend und jugendgefährdend<br />

angeprangert; Eulenspiegels Streiche hingegen galten<br />

als lehrreich und lustig zugleich, fanden somit viel leichter<br />

Eingang in die Lesebücher der Volks- und höheren Schulen.<br />

Albert von Lauingens Wissen<br />

Sie unterliegen einem Irrtum, liebe Leserin, lieber Leser,<br />

wenn Sie nunmehr annehmen, dass der Eichelhäher im<br />

16. Jahrhundert, sozusagen in der Blütezeit des Markolfus,<br />

zum Magolwes wurde. Dass wir es besser wissen, ist Albert<br />

von Lauingen zu verdanken, der um das Jahr 1200 geboren<br />

wurde und 80 Jahre später starb. Als Naturwissenschaftler<br />

wollte dieser das Wissen seiner Zeit vollständig in Lehrbüchern<br />

erfassen. So schrieb er auch Bücher über die Tiere<br />

(De animalibus libri). Im Band 26, der um das Jahr 1260<br />

wie damals üblich in lateinischer Sprache verfasst wurde,<br />

stehen im Kapitel 24 folgende (ins Deutsche übertragene)<br />

Sätze: Garrulus, den die Germanen „heester“ nennen, ist<br />

der Vogel, der wegen seiner Geschwätzigkeit so genannt<br />

wird; und er ist so mit Farben bemalt, dass ihm keine Farbe<br />

zu fehlen scheint. Dieser Vogel schreit alle an und ahmt<br />

die Stimmen aller nach, deshalb wird er auch von einigen<br />

Leuten Markolfus genannt. Wenn er aber in Käfigen gehalten<br />

wird, ahmt er manchmal auch artikulierte Laute von<br />

Menschen nach. Dieser Vogel gerät zuweilen vor Zorn so<br />

sehr in Wut, dass er sich selbst umbringt, indem er sich in<br />

gegabelten Ästen aufhängt.<br />

„Heureka!“, rief einst der alte Grieche Archimedes, als<br />

er endlich die Gesetzmäßigkeit des Auftriebs entdeckt hatte.<br />

Und: „Heureka!“, rief auch ich, denn die Lösung war<br />

gefunden.<br />

Garrulus ist der erste Begriff im Zitat. Das Wort ist der<br />

lateinische Name für die Gattung Eichelhäher und bedeutet<br />

„der Geschwätzige“ bzw. „Schwätzer“. Dass der gelehrige<br />

Eichelhäher den Spitznamen Markolfus erhielt, lag also tatsächlich<br />

nicht – wie von mir lange Zeit vermutet – an einem<br />

markanten Äußeren, sondern an einem losen Mund- bzw.<br />

Schnabelwerk, dazu der Fähigkeit, die Stimmen anderer<br />

nachzumachen. Aus dem Zitat ist des Weiteren zu ersehen,<br />

dass der schwatzhafte Markolfus ganz offensichtlich im 13.<br />

Jahrhundert dem Volk schon so vertraut war, dass er ohne<br />

Weiteres als Spitznamenspatron des ebenso schwatzhaften<br />

Eichelhähers dienen konnte.<br />

In später erschienenen Büchern tritt der Schalk im Übrigen<br />

noch des Öfteren als Häher auf, so im Jahre 1608, als<br />

ein Georg Rollenhagen in seinem Werk „Froschmeuseler“<br />

den Häher Markolfus als Ratgeber<br />

bei der Wahl des Königs<br />

der Vögel einsetzt.<br />

Da der Eichelhäher vor gut<br />

und gerne 800 Jahren zum Magolwes<br />

wurde, war die Aussage<br />

meines Großvaters, dass dieser<br />

schon immer den Spitznamen<br />

führe, durchaus schlüssig. Jedenfalls<br />

ist für mich seine ornithologische<br />

Ehre posthum<br />

wieder hergestellt. Und auch<br />

Albert von Lauingen wollen<br />

wir die ihm zustehende Ehrenbezeugung<br />

nicht verweigern.<br />

Er ging wegen seines vielseitigen<br />

Wissens als der größte<br />

deutsche Philosoph und Naturwissenschaftler<br />

des Mittelalters<br />

mit dem Namen Albertus<br />

Magnus in die Geschichte ein, und ohne diesen vom<br />

Papst sogar heiliggesprochenen Albert den Großen wüssten<br />

weder Sie, liebe Leserin, lieber Leser, noch ich, wie der<br />

Magolwes zu seinem Namen kam.<br />

Ulli Weber<br />

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durchblick 3/<strong>2008</strong> 19


Langjährigen Hörern von Radio Siegen ist er als Magolwes<br />

sicherlich noch ein Begriff. Viele Jahre lang war Rolf<br />

Kretzer beinahe jede Woche einmal mit einem mundartlichen<br />

Beitrag im Bürgerfunk auf Sendung. Dazu wirkte er<br />

im Seniorenbeirat der Stadt Siegen mit und war einer der<br />

Initiatoren zur Gründung des Vereins ALTERAktiv. Dort ernannte<br />

man ihn kürzlich sogar zum Ehrenvorsitzenden. Der<br />

durchblick sprach mit dem Eiserfelder über sein früheres<br />

Steckenpferd. Eine Anmerkung zu den im Text enthaltenen<br />

mundartlichen Wörtern und Sätzen: Diese entsprechen hinsichtlich<br />

ihrer Schreibweise den Aufzeichnungen von Rolf<br />

Kretzer.<br />

durchblick: Herr Kretzer, hatten Sie in Ihrem Berufsleben<br />

auch schon etwas mit dem Radio und dem Produzieren<br />

von Sendungen zu tun?<br />

Rolf Kretzer: Nein, keineswegs. Ich war technischer<br />

Angestellter in der Verwaltung des Kreises Siegen-Wittgenstein<br />

und dort in den Jahren vor meinem Eintritt in den<br />

Ruhestand mit den Problemen der Abfallbeseitigung betraut.<br />

d.b.: Wie kam der doch sehr große Schritt von der Mülldeponie<br />

in die Medienlandschaft zustande?<br />

R.K.: Als ich 1994 mit 60 Jahren aus dem Dienst ausschied<br />

habe ich mir überlegt, was ich künftig machen könne.<br />

Das Interview<br />

Als Rolf Kretzer noch den „Magolwes“ machte …<br />

Ich fühlte mich noch zu rüstig, um mir nur mit Spaziergängen<br />

die Zeit zu vertreiben. In einer Broschüre der Volkshochschule<br />

stieß ich auf das Stichwort Radiowerkstatt ...<br />

d.b.: ...wollten Sie gerne Radios reparieren?<br />

R.K.: Meine Vermutung ging bei dem Stichwort zunächst<br />

auch in diese Richtung. Ich erkundigte mich und<br />

erfuhr, dass in der Radiowerkstatt gelehrt wird, wie man<br />

Radio macht. Spontan entschied ich: Das ist etwas für dich!<br />

Ich meldete mich an und bei verschiedenen Seminaren im<br />

Stift Keppel bekamen etliche Mitstreiter und ich die entsprechenden<br />

Grundlagen beigebracht.<br />

d.b.: Wann haben Sie den ersten Beitrag für das Radio<br />

getextet?<br />

R.K.: Sozusagen als Abschlussprüfung musste jeder<br />

Teilnehmer einen Artikel verfassen. Ich wählte einen Beitrag<br />

über eine Tempo-30-Zone, in der sich gewöhnlich<br />

kaum einer an die Begrenzung der Geschwindigkeit hielt.<br />

Der Beitrag wurde im Siegerländer Dialekt verfasst, und<br />

weil ich nach Meinung der anderen Seminarteilnehmer das<br />

reinste Platt sprach, wurde mein Artikel unter dem Stichwort<br />

Magolwes im „Hauberchsfunk“ gesendet. Die Reaktionen<br />

hierauf waren durchweg positiv und so konnte man mich<br />

lange Jahre beinahe in jeder Woche einmal zwischen 18 und<br />

19 Uhr als Magolwes hören.<br />

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20 durchblick 3/<strong>2008</strong>


Das Interview<br />

Foto: Gottfried Klör<br />

d.b.: Welche Themen wurden von Ihnen<br />

in der Sendung vorrangig behandelt?<br />

R.K.: In der Regel musste ein lokaler<br />

Bezug da sein. Ich habe mir dazu immer<br />

viele Gedanken über dieses und jenes<br />

gemacht. Die Bandbreite war groß und<br />

reichte von der Bürgermeisterwahl über<br />

die Veranstaltung KulturPur bis zum Radio-Förderverein.<br />

Manchmal kamen aber<br />

auch Dinge wie 10 Jahre Deutsche Einheit<br />

oder der 100. Geburtstag der Queen Mum<br />

zur Sprache. Oft bekamen die Beiträge eine<br />

etwas lustige Richtung hin zur Glosse.<br />

Dabei wurden, wie der Siegerländer sagt,<br />

manchmoal och de Lie of de Schuffel genomme.<br />

d.b.: Wie waren die Reaktionen auf den<br />

Radio-Magolwes in Ihrem Bekannten- und<br />

Freundeskreis?<br />

R.K.: Da mein bürgerlicher Name im<br />

Radio niemals genannt wurde, wussten nur<br />

wenige Insider, wer da als Magolwes sei-<br />

ne Meinung kundtat. Diejenigen, die es<br />

wussten, haben mich unterstützt und mir<br />

auch Thementipps gegeben.<br />

d.b.: Haben Sie neben Ihren Radio-<br />

Auftritten auch andernorts Beiträge als<br />

Magolwes abgeliefert?<br />

R.K.: Hin und wieder hat man<br />

mich gebeten, bei den sonntäglichen<br />

Sommerkonzerten am Oberen Schloss<br />

einige mundartliche Sätze zu sagen.<br />

Dazu habe ich bei den Siegener Sportfreunden,<br />

bei denen der Magolwes als<br />

Maskottchen dient, etliche Monate<br />

lang vor den Heimspielen moralische<br />

Unterstützung über die Lautsprecher<br />

geleistet. Einmal beklagte ich die<br />

Treffsicherheit der Angreifer und gab<br />

an, dass ich im Rückenflug über das<br />

Stadion geflogen sei, um dieses Elend<br />

nicht zu sehen. Das nahm man mir sehr<br />

übel und ich durfte nicht mehr ans Mikrofon.<br />

Die Sportfreunde wollten den<br />

Namen Magolwes im Übrigen rechtlich<br />

schützen lassen. Da dies nicht gelang,<br />

wurde von ihnen die Schreibweise Magolves<br />

– also mit einem v in der Mitte<br />

– gewählt. Dies galt dann auch für den<br />

Bus-Sonderverkehr zu den Heimspielen,<br />

der als Magolves-Linie unterwegs war.<br />

d.b.: Kommen wir zur letzten Frage.<br />

Wann und warum haben Sie Ihre Arbeit<br />

für den Bürgerfunk eingestellt?<br />

R.K.: Im Jahre 2004 erkrankte ich für<br />

längere Zeit und konnte leider keine Artikel<br />

mehr verfassen, was mir sehr leidtat.<br />

All die Jahre hatte mir meine Tätigkeit großen<br />

Spaß gemacht. Das Gespräch schließen<br />

möchte ich mit dem Schlusswort, das auch<br />

am Ende eines jeden Magolwes-Beitrags<br />

über den Äther ging: Mir wonn det Bäsde<br />

hoffe, det Schlechde kemmt vam sealwer.<br />

Doabi wonn mr et och ho beloase. Nodda,<br />

– au Magolwes.<br />

Die Fragen stellte Ulli Weber.<br />

Mittelpunkt des Kreises gefunden<br />

Viele machten sich mit dem Geo-Dreieck, mit dem Zirkel und anderen Utensilien<br />

an die Arbeit, als Radio Siegen dazu aufrief, den Mittelpunkt des Kreises Siegen-<br />

Wittgenstein zu suchen. Mit der Breite 50 Grad, 56 Minuten und 16 Sekunden und<br />

der Länge 8 Grad, 11 Minuten und 40 Sekunden wurden schließlich die Koordinaten<br />

für die Mitte gefunden. Am gedachten Punkt im Ederquellgebiet pflanzte Landrat<br />

Paul Breuer eine vom Leiter des Forstamts, Diethard Altrogge, gestiftete Eiche,<br />

die mit dem Wasser der „heiligen“ Ilsequelle angegossen wurde. Das Katasteramt,<br />

das Forstamt und Radio Siegen übernahmen die Patenschaft für die Aktion.<br />

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durchblick 3/<strong>2008</strong> 21


Unterhaltung<br />

Verlobung<br />

In unserem Betriebsbüro, das in einer Baracke auf dem<br />

Firmengelände vor dem Hauptgebäude untergebracht war,<br />

gab es keinen Raum, wo sich Besucher hätten aufhalten<br />

können, sie warteten in unserem Schreibbüro und sahen uns<br />

bei der Arbeit zu.<br />

Ein junger Fabrikant<br />

aus Haiger-<br />

Dillenburg, der zu<br />

dieser Zeit seinen<br />

Lkw noch selbst<br />

fahren musste,<br />

kam öfters, wartete<br />

gern und es schien,<br />

als ob er ein Auge<br />

auf mich geworfen<br />

hätte. Wir nannten<br />

ihn „Dreckspatz“.<br />

Ständig sah er Autoöl<br />

verschmiert<br />

aus, wohl weil er<br />

oft unter der Kühlerhaube<br />

seines alten<br />

Lkw zu arbeiten<br />

hatte und dann unterwegs<br />

mit Wasser<br />

nicht in Berührung<br />

kam.<br />

Zaghaft befragte nun dieser Besucher eine Kollegin im<br />

gegenüberliegenden Büro nach meinem Alter, und ob ich<br />

einen Freund habe. Die erste Frage beantwortete sie, bei<br />

der zweiten hielt sie sich vorsichtshalber zurück. Saß der<br />

junge Mann in unserem Büro, sprach er nie ein Wort, sah<br />

aber häufig zu mir hin. Und eines Tages bat er die Kollegin,<br />

sie möchte mich fragen, ob ich ihn heiraten würde, er wolle<br />

auch warten bis ich achtzehn Jahre alt sei. Dabei lächelte er<br />

sie an und übergab ihr ein Paket für uns drei.<br />

Aufgeregt haben wir die Kordel aufgezuppelt und waren<br />

äußerst überrascht, denn in einem Leinenlappen eingeschlagen<br />

lag ein halber geräucherter „Schweine-Hinterschinken“.<br />

Oh je, was machen wir bloß damit? Teilen!<br />

Aber wie? Und wo gehen wir hin, dass uns niemand sieht?<br />

„Schnubbelchen! Du setzt dich auf die Toilette!“ Gesagt,<br />

getan, zwar fehlte der Deckel, doch hielt ich, nachdem wir<br />

die Toilettentür verriegelt hatten, den Schinken im Leinenlappen<br />

auf meinen Beinen fest umarmt.<br />

Bei dem Versuch meiner Kolleginnen, den Brocken<br />

Fleisch mit einem scharfen Taschenmesser zu dritteln,<br />

brach bald darauf die Klinge ab. Mit einem alten, stumpfen<br />

Schmiermesser säbelten sie dann weiter an dem Schinkenstück<br />

herum. War das ein langwieriges Gestocher, dabei<br />

rutschte mir die halbe Schweinebacke fast aus den Händen<br />

und ich immer tiefer ins WC. Es dauerte, aber am Ende war<br />

jede von uns mit dem Ergebnis zufrieden. „Für dich ist der<br />

Schinkenknochen, und wir helfen dir, den ‚Schweigsamen‘<br />

nicht zu heiraten“, sagten die beiden. Obwohl, gewaschen<br />

wäre er ganz ansehnlich gewesen.<br />

Große Aufregung, „Dreckspatz“ hatte sich wieder angekündigt.<br />

Was<br />

tun? Da saß er<br />

nun in unserem<br />

Büro, versuchte<br />

mich anzusehen,<br />

ich ihn nicht, und<br />

dann endlich bemerkte<br />

er an meiner<br />

linken Hand –<br />

ich saß günstig in<br />

seinem Blickfeld<br />

– den goldenen<br />

Ring, der ihm bei<br />

früheren Besuchen<br />

bestimmt nicht an<br />

meinem Finger<br />

aufgefallen war.<br />

Ich schielte<br />

zur Seite – er war<br />

leicht irritiert –<br />

dann wartete er<br />

eine Weile, um<br />

sich nochmals zu<br />

vergewissern, was er zu sehen geglaubt hatte. Der Ärmste,<br />

plötzlich stand er auf, ging aus dem Zimmer, fragte bei der<br />

Kollegin nach, die ihm bestätigte, dass ich mich kürzlich<br />

verlobt habe. Sehr enttäuscht muss er gewesen sein, er kam<br />

nie wieder.<br />

Das war meine fast einstündige Verlobung mit einem<br />

ausgeliehenen Ehering, ohne Partner und alles nur wegen<br />

eines halben geräucherten „Schweine-Hinterschinkens“.<br />

Die fast einstündige Verlobung wegen eines Schweine-Hinterschinkens<br />

Öffnungszeiten:<br />

11.00 - 14.00 Uhr<br />

17.30 - 24.00 Uhr<br />

Ruhetag: Montag und Samstagnachmittag<br />

Gerda Greis<br />

durchblick 3/<strong>2008</strong> 23<br />

Foto bearbeitet: durchblick Bildredaktion<br />

Talblick 15<br />

57080 Siegen<br />

Tel. 0271/3 17 72 78<br />

Fax 0271/3 17 72 79


Generationen<br />

Schulprojekt mit Altenheim<br />

Schüler verfassen Lebensbücher<br />

Lara und Katharina erfahren viel aus dem Leben ihrer Gesprächspartnerin.<br />

„Den Jahren Leben geben,<br />

dem Alter Wert geben“.<br />

So könnte das Motto lauten, unter welchem sich zehn<br />

Schülerinnen und ein Schüler des Differenzierungskurses<br />

Pädagogik vom Peter-Paul-Rubens Gymnasium Siegen<br />

zum Ziel gesetzt haben, die Bewohner des nahe gelegene<br />

AWO-Fritz-Fries-Seniorenzentrums aufzusuchen, sie über<br />

ihr Leben zu befragen und aus all den Informationen ein<br />

sogenanntes „Lebensbuch“ zu schreiben.<br />

Die Ideegeberin des Projekts war Barbara Kerkhoff,<br />

Diplomgerontologin und Sozialpädagogin, die reichhaltige<br />

Erfahrung in der Lebensbuch-Arbeit besitzt. Sie hat<br />

bereits mit Schülern des Fachseminars Altenpflege in Bad<br />

Berleburg solche Projekte erfolgreich durchgeführt, allerdings<br />

waren die Teilnehmer dort Erwachsene, angehende<br />

Altenpflege – Profis, und diesmal Schüler von 14 bis 15<br />

Jahren. Dementsprechend war das Bedenken groß, ob das<br />

Experiment gelingen kann. Als das Konzept feststand, nahmen<br />

die Umsetzung in die Praxis Lehrer Manfred Häbler<br />

und Hubert Plugge, Sozialpädagoge im Seniorenheim in<br />

die Hand und unterstützten die Schülerinnen und Schüler<br />

mit Rat und Tat, vor allem in organisatorischen Fragen.<br />

Es wurden sechs Gruppen gebildet, die sich mit je einem<br />

Bewohner des AWO-Fritz-Fries-Seniorenzentrums zusammentaten.<br />

Sie sollten Erinnerungen an Ereignisse im Leben<br />

der Heimbewohner aufschreiben und Dokumente wie Fotos,<br />

Urkunden usw. sammeln und aus dem gesammelten<br />

Material ein Lebensbuch für die Heimbewohner zusammenstellen.<br />

Definition des Lebensbuches:<br />

„In einem Lebensbuch findet man eine<br />

Sammlung von Informationen, Fotos, Erzählungen,<br />

Dokumenten, die, selbst erstellt<br />

oder von anderen zusammengetragen, etwas<br />

über die Person und ihre Lebensgeschichte<br />

aussagt.“<br />

Das Projekt startete am 22. Januar <strong>2008</strong><br />

mit einer ersten von drei Doppelstunden,<br />

in denen Frau Kerkhoff die Schülerinnen<br />

und Schüler auf ihre Aufgaben vorbereitete<br />

und auf einige kritische Fragen Antwort<br />

gab. Fragen wie: „Wie stellt man bei ersten<br />

Kontakten eine Vertrauensbasis her?“ „Wie<br />

muss ich reden, dass die Menschen mich<br />

verstehen?“ Gerade für jene, die schwer<br />

hören, sei das sehr entscheidend langsam<br />

und deutlich zu sprechen mit Pausen und<br />

Stille dazwischen. Sprache vermittelt nicht<br />

nur inhaltliche, sondern auch emotionale<br />

Botschaften, daher ist es sehr wichtig durch<br />

die Sprache eine gemeinsame Basis herzustellen.<br />

„Wie geht man mit erschütternden<br />

Ereignissen im Leben der Befragten um?“<br />

„Mit welchen Schwierigkeiten muss man rechnen?“ Auf<br />

solche und andere Fragen wusste Frau Kerkhoff einfühlsam<br />

und vor allem Mut machend einzugehen.<br />

Theoretisch gut vorbereitet gingen die Schülerinnen<br />

und Schüler zum praktischen Teil über. Sie besuchten ihre<br />

Partner im Seniorenheim einmal pro Woche bis Juni <strong>2008</strong>,<br />

als das Projekt beendet wurde. „Wir haben kontaktfreudige<br />

Personen vorgefunden, die schon beim ersten Mal fröhlich<br />

auf uns zukamen und bereit waren ihre Geschichten zu<br />

erzählen“, berichteten die Schülerinnen und Schüler und<br />

das Vertrauen zueinander war spontan hergestellt, was sehr<br />

wichtig für das gute Funktionieren der Zusammenarbeit<br />

war. An Themen fehlte es nicht. Es wurden Lebensbereiche<br />

wie Familienleben, Hausarbeit, Schulzeit, Nachbarschaft,<br />

Feiern und Festtage, Arbeitsleben, Ausgehen, Mode, Liebe<br />

angesprochen, mithilfe derer Erinnerungen geweckt, erzählt<br />

und von den Schülerinnen und Schüler aufgeschrieben<br />

wurden.<br />

Lara und Katharina erfahren von ihrer Partnerin, wie<br />

sie aus der Volksschule kam, und Vater kein Schulgeld für<br />

eine weiterführende Schule aufbringen konnte, und wie sie<br />

früher am Niederscheldener Kriegerdenkmal auf fremde<br />

Kinder aufgepasst hat, auch, dass sie schon früh mit Freundinnen<br />

auf der Eintracht gekegelt hat, und dass sie bei Ausflügen<br />

gerne auf den Bus verzichtet und sich mit den zwei<br />

ersparten Groschen ein Stück billige, einfache Blutwurst<br />

gekauft hat.<br />

24 durchblick 3/<strong>2008</strong><br />

Foto: Fritz Fischer


Generationen<br />

Bei Carolin und Stephanie stimmte vom ersten Augenblick<br />

an die Chemie mit ihrer Seniorin Elisabeth. Sie erzählt<br />

über ihr Elternhaus zunächst in Wiederlah, einem kleinen<br />

Dorf direkt an der damaligen Zonengrenze der DDR, und<br />

später in Vienenburg. Ihre Eltern mussten hart arbeiten, der<br />

Vater hatte im Laufe der Jahre ganz verkrüppelte Hände<br />

und die Mutter Rückenprobleme bekommen. Weiter erzählt<br />

Frau Elisabeth von ihrer Taufe, Kindheit, Schulzeit,<br />

Konfirmation, Berufsleben, über ihre eigene im Jahre 1950<br />

gegründete Familie, über ihre Kinder und Enkelkinder, eigentlich<br />

über ihren ganzen Lebenslauf. Stolz zeigt sie die<br />

von der Industrie und Handelskammer Siegen verliehene<br />

Ehrenurkunde für treue und langjährige Tätigkeit bei der<br />

Firma RWE Siegen. Stolz ist sie auch auf ihre Kinder und<br />

Enkelkinder, die wichtigsten Personen in ihrem Leben, von<br />

denen sie viele Fotos zeigt, und manchmal ging ein Leuchten<br />

durch ihr Gesicht.<br />

Fotos sind Erinnerungen an Lebensgefühle, an Momente,<br />

mit dem das Foto verbunden ist. Frau Elisabeth hat noch<br />

so eingehende Erinnerungen an die schon lange zurückliegende<br />

Zeit über die sie gerne spricht, auch über traurige<br />

Erlebnisse, selbst wenn da innen noch eine tiefe Wunde<br />

sitzt, zum Beispiel der Tod ihres Mannes oder das Erlebnis<br />

mit der „Gustloff“. In letzter Minute konnte sie sich damals<br />

von der Menschenmenge losreißen, die mit der „Gustloff“<br />

geflüchtet sind, und somit dem Tod entkommen. Ihr Großvater<br />

starb bei der Überfahrt.<br />

Nachfolgend eine Erzählung aus dem Lebensbuch von<br />

Frau Elisabeth über ihre drei besten Freundinnen:<br />

„Ich hatte damals drei gute Freundinnen, das waren<br />

Roswitha, Dagmar und Ingrid.<br />

Nach der Schule sind wir oft in die Badeanstalt nach<br />

Vienenburg gegangen, als Schüler dürften wir dort kostenlos<br />

schwimmen. Die einzige Voraussetzung war, dass man<br />

schwimmen konnte. Dort machte ich auch meinen Frosch,<br />

heute nennt man das Seepferdchen. Einmal bin ich fast<br />

ertrunken, doch mein Bruder hat mich an meinen langen<br />

Zöpfen herausgezogen. Danach lag ich einige Wochen im<br />

Krankenhaus.<br />

Meine Freundinnen und ich haben sehr viel zusammen<br />

gemacht, auch unsere Schulaufgaben. Wenn wir damit fertig<br />

waren, klauten wir aus dem Garten unserer Mutter eine<br />

Bohnenstange und liefen damit runter zum Gänsebach. Wir<br />

sprangen mit der Stange über den Bach, dabei mussten wir<br />

sehr aufpassen, dass wir nicht reinfielen. Einmal als wir<br />

über den Bach gesprungen sind, kamen einige Russen zu<br />

uns und wollten auch einmal springen. Wir hatten viel Spaß<br />

dabei ihnen zuzusehen, denn sie fielen immer wieder in<br />

den Bach.<br />

Schließlich wollte mein Bruder auch einmal springen,<br />

doch er dachte, er würde es auch ohne Stange schaffen. Er<br />

hat zu Ostern neue Halbschuhe bekommen, mit denen er in<br />

den Bach fiel. Das gab großen Ärger. Meine Freundinnen<br />

und ich hatten ihm vorher extra noch gesagt, er solle lieber<br />

mit der Stange springen.<br />

Foto: Fritz Fischer<br />

Bei meinen Freundinnen war ich immer die Anführerin,<br />

aber ich war nicht an allem Schuld, was wir ausgefressen<br />

haben. Wegen den Bohnenstangen, die wir meiner Mutter<br />

klauten, bekam ich Ärger und meine Mutter war sehr sauer<br />

auf mich. Sie verschloss ihren Garten von da an immer mit<br />

einem großen Schloss, damit wir nicht immer alles kaputt<br />

treten konnten. Als Strafe musste ich in der Milchkammer<br />

im kalten Wasser schwimmen lernen, obwohl ich schon<br />

längst schwimmen konnte, aber Vater wollte es so.<br />

Dadurch wurde ich krank, meine Schwester bekam sogar<br />

eine Lungenentzündung davon. Daraus hat mein Vater<br />

gelernt und wir mussten nie wieder in der Milchkammer<br />

schwimmen gehen.“<br />

Individuelles Erleben und Verhalten wird in vielfältiger<br />

Weise von der Gesellschaft bestimmt. Was für die eine Generation<br />

gültig, braucht für die andere nicht mehr gültig zu<br />

sein. So ist das auch bei Carolin und Stephanie und ihrer<br />

Seniorin. Sie sind fast ein Dreivierteljahrhundert jünger<br />

als ihre Partnerin, manchmal kam es ihnen vor, als ständen<br />

zwei völlig verschiedene Welten nebeneinander.<br />

Auch über das Alltagsleben im Seniorenheim erfahren<br />

die Schülerinnen und Schüler. Täglich gibt es verschiedene<br />

Angebote für die Bewohnerinnen und Bewohner. Dazu gehören<br />

Gedächtnistraining, Singen, Lesen, Spielen, Basteln,<br />

Malen, Gymnastik, Spazierengehen. Diese Aktivitäten bieten<br />

den Senioren eine viel größere Möglichkeit sich in den<br />

Alltag einzubringen, „tut gut für das Selbstwertgefühl und<br />

bringt viel Freude“, so eine Heimbewohnerin.<br />

Nun ist das Projekt mit Erfolg umgesetzt worden. Es ist<br />

mehr erreicht worden, als alle Teilnehmer erhofft haben.<br />

Die Schülerinnen und Schüler haben die Erwartungen ihres<br />

Lehrers mehr als erfüllt. Sie gingen mit Ernsthaftigkeit und<br />

innerem Engagement an die Arbeit heran und haben schöne<br />

bunte Lebensbücher erstellt. Ihnen gebührt ein großes Lob.<br />

Die positive Bewertung ihrer Leistung wird sich sicherlich<br />

in der Benotung zeigen.<br />

<br />

Die Autorinnen des Lebensbuches, von links:Carolin Mielke,<br />

Steffanie Ammermüller-Klietsch, Laura Lillpopp, Tabea Sänger<br />

stellen unter den neugierigen Blicken der<br />

ProjektbetreuerInnen ihre Arbeit vor.<br />

durchblick 3/<strong>2008</strong> 25


Generationen<br />

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Foto: Fritz Fischer<br />

TeilnehmerInnen an dem Projekt Lebensbuch.<br />

Vorn: SchülerInnen des Peter-Paul-Rubens-Gymnasium.<br />

Hinten von rechts: Hubert Plugge, Sozialpäd. Fritz-Friesheim,<br />

Manfred Häbler, Lehrer und Projektleiter, Barbara Kerkhoff,<br />

Initiatorin, Dorothea Istock, Redakteurin des „durchblick“<br />

Was für Erfahrungen haben die TeilnehmerInnen<br />

des Projektes bekommen?<br />

Die Arbeit mit dem Lebenslauf, dem Lebensbild eines<br />

Menschen haben den Schülern Erfahrungen in der Biografiearbeit<br />

und in der Gestaltung von Lebensbüchern gebracht.<br />

Sie lassen die Vergangenheit lebendig werden und den Jugendlichen<br />

tut es gut andere Welten kennenzulernen.<br />

Sie haben eine große Wertschätzung bekommen für<br />

das, was die Person erzählt und erlebt hat, können dadurch<br />

anders mit den älteren Menschen umgehen und mehr Verständnis<br />

für sie aufbringen. Sie haben Freundschaften geschlossen,<br />

die sie auch weiter fortführen möchten. Christina<br />

ist mit ihren Senioren inzwischen beim freundschaftlichen<br />

Du angelangt. Sie haben das Projekt als Bereicherung erlebt.<br />

Umgekehrt genießen ältere Menschen die Vitalität und<br />

Neugierde der Jugendlichen, durch die sie an der Zukunft<br />

teilhaben.<br />

Solche Projekte können zur Chance für ein neues soziales,<br />

generationenübergreifendes Miteinander werden.<br />

Die Schüler<br />

Stephanie Ammermüller-Klietsch und Carolin Mielke,<br />

Laura Lillpopp und Tabea Sänger,<br />

Lara Stichert und Katharina Blumentrath,<br />

Alina Birlenbach und Jana Schuss,<br />

Christina Wangemann,<br />

Michael Buchen und Berenike Scheffer<br />

hatten viel Spaß und große Freude an dem Projekt.<br />

Zum Schluss sei noch gesagt, dass die Mitglieder des<br />

Lebensbuch-Projekts mit einem Kurzfilm am Multimediawettbewerb<br />

„Jung & Alt in 2050“ teilnehmen.<br />

Dorothea Istock<br />

26 durchblick 3/<strong>2008</strong>


Unterhaltung<br />

Es ist angerichtet.<br />

Das Fest der ersten heiligen Kommunion meines kleinen<br />

Vetters war mal wieder so eine große Familienzusammenkunft,<br />

bei der zwar jeder mit jedem gesprochen hatte, aber<br />

am Abend keiner mehr wusste, was der Einzelne gesagt<br />

hatte. Die meisten hatten sich lange nicht gesehen, und so<br />

hörte der Redefluss zu keiner Minute auf. Immerhin waren<br />

es ja auch über zwanzig Personen die an einer langen<br />

Tafel zusammensaßen und bestens bewirtet wurden. Nach<br />

einem feudalen Mittagessen kamen zur Kaffeezeit Buttercreme<br />

und Sahnetorten, Kleingebäck, Kaffee und Tee sowie<br />

Sahne in großen Schüsseln auf den mit weißen Blumen<br />

dekorierten Tisch.<br />

Die Herren trugen dunkle Anzüge und die Damen waren<br />

nobel gekleidet und frisiert. Alles sah sehr festlich aus. Da<br />

das Kommunionkind auch unser Patenkind war, wollten wir<br />

ihm zum Andenken ein Album machen mit vielen Bildern<br />

von seiner Feier. So knipste mein Mann eifrig in die Runde.<br />

Der schön gedeckte Tisch, die vielen Geschenke und natürlich<br />

auch die Gäste wurden im Bild festgehalten. Tante<br />

Kätchen, ungefähr siebzig, recht mollig, immer gut frisiert,<br />

lächelte stets in die Kamera. Sie war direkt fotosüchtig.<br />

Als nun die Kaffeetafel nach und nach abgeräumt wurde,<br />

um Platz für die Genüsse des Abendessens zu schaffen,<br />

war der Tisch über und über voll. Die Kuchen und Torten<br />

und auch die Sahne standen noch, aber daneben wurden nun<br />

Fleisch, Soßen, Salate und andere Leckereien aufgebaut.<br />

Just in den Minuten fand unsere Tante Käte sich wohl<br />

besonders fotogen. Sie bedrängte meinen Mann, sie doch<br />

einmal so wie die Monroe im Bild für die Nachkommen<br />

festzuhalten. War das ein Jux? Für Tante Käte scheinbar<br />

nicht, denn sie drückte ihre Frisur zurecht, rötete ihre Lippen<br />

und warf sich mächtig in die sowieso schon reichlich<br />

vorhandene Brust. Mein Mann bat nun das Tantchen sich<br />

anders zu positionieren, damit man auch ihre strammen<br />

Beine sähe. Kätchen sprang auf und setzte sich mit übereinander<br />

geschlagenen Beinen auf die unterste Ecke der<br />

langen Tafel. Sie lächelte maliziös und die ganze Gästegesellschaft<br />

hatte ihre Freude daran.<br />

Nach kürzester Zeit aber war der Spaß augenblicklich<br />

vorbei. Durch das Gewicht von Tante Käte ging der Tisch<br />

mit ihr nach unten und das obere Tischende hob sich in<br />

die Höhe. Auf dem glatt polierten Tisch rutschte das weiße<br />

Tischtuch mit all den auf ihm stehenden Köstlichkeiten<br />

hinunter auf die bereits am Boden angekommene Tante<br />

Käte. Ein Bild für die Götter !!! Mit dem Po saß sie in der<br />

Sahneschüssel, auf dem Kopf war eine Portion Kartoffelsalat,<br />

die Buttercremtorte lag in ihrem Schoß, die rechte<br />

Hand hielt einen Weintraubenast und die linke einen Zweig<br />

Strauchtomaten. Eine lange Nudel zierte ihr Ohr wie ein<br />

Schmuckstück. Alles war mit Soße, Kaffee und mit Weinresten<br />

übergossen. Außerdem jede Menge defektes Porzellan.<br />

Tantchen blieb ganz ruhig sitzen und das erste, was sie<br />

nach dem Schrecken sagte war: „Nun knips mal Erhard, so<br />

schön war ich noch nie garniert.“<br />

Auch nach diesem Ungemach wurde noch viel gelacht.<br />

Meine Schwägerin – die ja Gastgeberin war – sagte nur:<br />

„Es ist angerichtet“<br />

Inge Göbel<br />

Von der Zauberkraft der Wertschätzung<br />

„ Wenn ich mich nicht selbst lobe, lobt mich keiner“,<br />

sagt meine Frau, als sie wieder mal ein gutes Mittagessen<br />

gekocht hatte. Ja, sie hat Recht: Ich habe den Eindruck,<br />

dass wir andere – und vielleicht auch uns selbst – zu wenig<br />

wertschätzen. Warum fällt uns das Loben so schwer? Wann<br />

sind Sie das letzte Mal gelobt worden, zu Hause oder in<br />

ihrem Ehrenamt oder überhaupt? Bekommen wir für unsere<br />

Mühe, unser Engagement Anerkennung? Wissen wir<br />

eigentlich, welche Fähigkeiten, Ideen und Möglichkeiten<br />

im anderen stecken?<br />

Wir sind einzigartig mit vielen Gaben, die in uns angelegt<br />

sind. Schon im Alten Testament bringt der Psalm 139 diese<br />

Wertschätzung zum Ausdruck: „Wunderbar und einzigartig<br />

ist ein jeder Mensch, den der Schöpfer ins Leben gerufen hat –<br />

gewoben im Schoß der Mutter, erdacht, geformt, gekannt, geliebt.“<br />

Oft setzen wir bei den Defiziten der Menschen an, statt<br />

die Stärken zu sehen und ihnen etwas zuzutrauen. Die einzigartige<br />

Konstellation von Persönlichkeit, Begabung, Beruf und<br />

Berufung, Temperament, Lebensgeschichte und Erfahrungen<br />

in jedem einzelnen Menschen gibt es nicht doppelt. Durch<br />

Der Kommentar: Heute von Horst Mahle<br />

interessiert-wertschätzende Gespräche, aktiv zuhören, den<br />

anderen und mich wahrnehmen – da können sich auf einmal<br />

ganz neue Türen öffnen. Wertschätzung ist eine Haltung,<br />

die auf einem Menschenbild beruht: Du bist mir wichtig, wir<br />

begegnen uns auf gleicher Augenhöhe. Unsere Beziehung basiert<br />

auf Wertschätzung, Echtheit und Empathie.<br />

Man spricht von<br />

einem Viererschritt zu<br />

einer wertschätzenden<br />

Haltung: „Achtsam sein<br />

– Ansehen schenken –<br />

wahrnehmen und zuhören<br />

– anerkennen und<br />

zutrauen“ mir selbst gegenüber<br />

und anderen gegenüber.<br />

Anerkennung,<br />

Wertschätzung sind<br />

gleichsam Zauberkräfte,<br />

die es zu entdecken gilt<br />

und die Horizonte öffnen<br />

können und motivieren.<br />

durchblick 3/<strong>2008</strong> 27<br />

durchblick Foto


Diese Seiten stehen dem Seniorenbeirat der Stadt Siegen zur Verfügung. Die Redaktion des „durchblick“ hat keinen Einfl uss auf die Auswahl der Beiträge.<br />

Aus dem Seniorenbeirat<br />

Siegener Seniorenbeirat<br />

besucht WDR<br />

Den WDR besichtigte jetzt<br />

der Seniorenbeirat der Stadt<br />

Siegen. Dabei kam es auch zu<br />

einem längeren Gespräch mit<br />

Moderator Dirk Glaser im Lokalzeit-Studio<br />

des Senders. Die<br />

Beiratsmitglieder waren beeindruckt<br />

von den hochtechnisierten<br />

Abläufen in den Bereichen Hörfunk,<br />

Fernsehen und Internet.<br />

Mehr Sicherheit für Fußgänger<br />

Gemeinsam sind wir stark. Nach dieser Devise will<br />

man beim Seniorenbeirat der Stadt Siegen sich in Zukunft<br />

noch stärker für die Belange der älteren Mitbürgerinnen<br />

und Mitbürger einsetzen. Jetzt haben sich die Arbeitskreise<br />

„Bauen und Wohnen“ und „Soziale Einrichtungen, Netze,<br />

Infrastruktur und Pflege“ zusammengeschlossen, um konkrete<br />

seniorengerechte Verbesserungen bei der Stadt Siegen<br />

zu erreichen. Und gleich konnten die beiden Arbeitskreissprecher<br />

Günter Heinbach und Dr. Wolfgang Bauch mit<br />

ihrem Team einen<br />

Erfolg verbuchen:<br />

Vom Bauamt der<br />

Stadt wurde der Beiratsantrag<br />

positiv<br />

beschieden, an der<br />

Ecke Löhrstraße/<br />

Kornmarkt in Höhe<br />

des Café Harr ein<br />

Geländer anzubringen.<br />

Denn nach<br />

Starkes Doppel: Günter Heinbach lks.<br />

und Dr. Wolfgang Bauch<br />

Besichtigung der<br />

örtlichen Gegebenheiten<br />

und Fotopräsentation<br />

per Beamer<br />

stand eindeutig fest:<br />

Zur besseren Überwindung der Steigung und zur Erhöhung<br />

der Sicherheit der Fußgänger ist ein Geländer an geeigneter<br />

Stelle des Bürgersteigs erwünscht und erforderlich. „Oberstadtfan“<br />

Helga Mücke (79) machte eindrucksvoll deutlich,<br />

wie schwer es gerade älteren und gehbehinderten Menschen<br />

fällt, die Steigung von der Löhrstraße zum Marktplatz gefahrlos<br />

zu überwinden. Besonders im Winter stellen Schnee<br />

und Eisglätte für die älteren Mitbürger eine zusätzliche Gefahr<br />

dar. Hier wird jetzt Abhilfe geschaffen. •<br />

Präsentation in der City-Galerie<br />

Mit einer ganztägigen Präsentation seiner Arbeit machte<br />

der Seniorenbeirat der Stadt Siegen in der Siegener City-<br />

Galerie auf sich aufmerksam. Der Arbeitskreis „Öffentlichkeitsarbeit“<br />

mit seinem Sprecher Ernst Göckus aber auch<br />

zahlreiche andere Beiratsmitglieder suchten dabei das Gespräch<br />

vor allem mit den älteren Mitbürgerinnen und Mitbürgern.<br />

Tatkräftige Unterstützung leistete dabei die städtische<br />

Regiestelle „Leben im Alter“ mit ihrer Leiterin Astrid<br />

E. Schneider. Auch Bürgermeister Steffen Mues nahm sich<br />

eine ganze Stunde lang Zeit, um sich über die Seniorenarbeit<br />

seiner Stadt zu informieren und sich die Sorgen und<br />

Nöte insbesondere der älteren Menschen anzuhören. Dabei<br />

kristallisierten sich im Laufe des Tages vor allem drei<br />

Problemkreise heraus, die den Senioren der Krönchenstadt<br />

auf den Nägeln brennen. Zum einen sind es die fehlenden<br />

Einkaufsmöglichkeiten in so zentralen Gebieten wie z. B.<br />

der Leimbachstraße und dem Rosterberg. Immer wieder<br />

tauchte die Frage nach seniorengerechtem und bezahlbarem<br />

Wohnraum auf. Auch dass man ab einem bestimmten Alter<br />

selbst liebgewordene ehrenamtliche Tätigkeiten (wie z. B.<br />

das Amt eines Schöffen ab dem 70. Lebensjahr) abgeben<br />

müsse, wurde bedauert. Nicht zuletzt waren es oft aber auch<br />

ganz persönliche Sorgen wie Einsamkeit und zunehmende<br />

Armut, mit denen ältere Mitbürger sich an den Seniorenbeirat<br />

wandten. Mit einem Gutschein für eine individuelle<br />

Beratung per Telefon oder für ein persönliches Gespräch erhielten<br />

die Besucher Gelegenheit, kurzfristig eine konkrete<br />

Hilfe anzufordern. Diese Serviceleistung wurde besonders<br />

dankbar angenommen. •<br />

Hoher Besuch von lks.: Ernst Göckus, Michael Dietrich,<br />

Astrid E. Schneider und Bürgermeister Steffen Mues<br />

28 durchblick 3/<strong>2008</strong>


Verantwortlich für deren Inhalt ist nach dem Presserecht Dr. Horst Bach, der Pressesprecher des Seniorenbeirats der Stadt Siegen.<br />

Aus dem Seniorenbeirat<br />

Hans Berner ist auch mit<br />

90 immer noch am Ball<br />

Hans Berner 90<br />

Die Ehrungen in den<br />

letzten Monaten waren<br />

hochkarätig. Zunächst die<br />

Ernennung zum Ehrenvorsitzenden<br />

des Seniorenbeirates<br />

(der Durchblick berichtete),<br />

dann wenig später<br />

die Verleihung des Ehrensiegels<br />

der Stadt Siegen.<br />

Das Lebenswerk von<br />

Hans Berner, des letzten<br />

Bürgermeisters der einst<br />

selbstständigen Gemeinde<br />

Geisweid, wurde in diesem<br />

Zusammenhang von allen<br />

städtischen Gremien, politischen Parteien und gesellschaftlichen<br />

Gruppierungen voller Respekt und Hochachtung<br />

gewürdigt. Am 24. Juli wurde Hans Berner 90 Jahre alt!<br />

Das Alter sieht man dem Jubilar, der seit 62 Jahren mit seiner<br />

Frau Betty geb. Junker verheirat ist, fürwahr nicht an.<br />

Der große Trubel ist dem stets hilfsbereiten, toleranten und<br />

verständnisvollen Kommunalpolitiker immer ein Greuel<br />

gewesen, und so wurde der Ehrentag auch nur im kleinen<br />

Kreis gefeiert, wenn es auch kein „Dinner for one“ gab.<br />

Walter Nienhagen, der verstorbene langjährige sozialdemokratische<br />

Parteifreund, hat Hans Berner einmal treffend so<br />

charakterisiert: „Als Bürgermeister, stellvertretender Bürgermeister,<br />

stellvertretender Landrat und Vertreter in Aufsichtsräten<br />

hat Hans Berner den Bürgern gedient und sein<br />

Fachwissen eingebracht.<br />

Er war immer freundlich und warmherzig und bis ins<br />

hohe Alter engagiert. Es ist wohl sein gelebter Glaube, der<br />

ihm die Kraft dazu gibt.“ Hans Berners überparteiliches,<br />

bürgerschaftliches Engagement war und ist besonders im<br />

Seniorenbeirat gefragt. Der „Elder Statesman“ absolvierte<br />

voller Elan sein „Comeback“ im Vorstand der Siegener Seniorenvertretung.<br />

Und auch bei seinem geliebten und „nur“<br />

10 Jahre älteren VfL 08 Klafeld-Geisweid ist er nach wie vor<br />

„am Ball“. Sei es als engagiertes Mitglied des Förderkreises<br />

an der Seite seines Freundes Alfred Sünkel oder als fachkundiger<br />

Ratgeber in allen Vereinsbelangen. Schließlich ist Hans<br />

Berner auch ein ermutigendes Vorbild für eine Lebensphase,<br />

die von vielen Mitmenschen hinsichtlich ihrer Gestaltungskraft<br />

immer noch unterschätzt wird. Die persönliche Weiterentwicklung<br />

des älter werdenden Menschen und sein Wert<br />

für das soziale und gesellschaftliche Miteinander enden nicht<br />

automatisch mit dem Eintritt in den „Ruhestand“ oder dem<br />

Erreichen einer wie auch immer definierten „Altersgrenze“.<br />

Hans Berners 90. Geburtstag symbolisiert vielmehr die Bereicherung<br />

des Gemeinwesens durch seine älteren Mitbürger.<br />

Spruch des Tages zum 90.: Als ein Gratulant seine Rede<br />

mit den Worten schloss „Dann auf Wiedersehen beim 100.“<br />

antwortete Hans Berner schlagfertig: „Wenn ihr dann noch<br />

alle lebt!“ •<br />

„Die Fischerin vom Sohlbachtal“<br />

Nomen est omen: Irene Fischer (75) ist keine Wasserratte,<br />

sondern eine Siegforelle. Mit 13 Jahren lernte die gebürtige<br />

Waldenburgerin,<br />

der der<br />

„Schlesscha<br />

Streisalkucha“<br />

genau<br />

so flott über<br />

die Lippen<br />

und Zunge<br />

geht wie der „Seejerlänner Riewekooche“, das Schwimmen<br />

in der Sieg. Seither ist für sie der Aufenthalt im Wasser das<br />

reinste Lebenselixier.<br />

Seit ihrem Umzug nach Weidenau ist sie Stammgast im<br />

dortigen Hallenbad. Doch im Sommer zieht es sie in den<br />

letzten 12 Jahren regelmäßig ins Geisweider Freibad. Dort<br />

schwimmt sie jeden Tag, bei jedem Wetter ihre Bahnen. „Die<br />

Kommunikation mit den Mitschwimmerinnen ist wichtig“,<br />

berichtet die „Fischerin vom Sohlbachtal“ und verrät, dass<br />

im kühlen Nass auch schon einmal Kochrezepte ausgetauscht<br />

werden. Doch Irene Fischer blickt auch nach vorne. Sie ist<br />

Mitglied im Förderverein Freibad Geisweid e.V. geworden.<br />

Ihr sehnlichster Wunsch: Das Angebot einer Wassergymnastik<br />

im runderneuerten Freizeitbad. •<br />

Fotos (5) Dr. Horst Bach)<br />

KNEBEL<br />

BAD & HEIZUNG<br />

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Friedrich-Wilhelm-Straße 147–173<br />

57074 Siegen-Fludersbach<br />

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durchblick 3/<strong>2008</strong> 29


Im Kreis Siegen-Wittgenstein steigt die Zahl der Einund<br />

Zwei-Personen-Haushalte bis 2020 von derzeit 84- auf<br />

voraussichtlich 94-Tausend. Gleichzeitig nimmt die Zahl<br />

der allein oder zu zweit lebenden alten Menschen zu. In diesem<br />

Zusammenhang gibt die<br />

hohe Eigenheimquote Anlass<br />

zur Besorgnis: Mit 67,5 % liegt<br />

sie wesentlich über dem Landesdurchschnitt<br />

(42,5 %). Vor allem<br />

im ländlichen Raum kann dies<br />

problematisch werden, denn<br />

die Wohnfläche ist häufig auf<br />

größere Familien zugeschnitten.<br />

Auch die Grundstücke –<br />

oft in Hanglage – können von<br />

alten Menschen nicht immer im<br />

gewünschten Umfang gepflegt<br />

werden. Nachbarschaftshilfe<br />

ist deshalb nicht zu erwarten,<br />

wenn die Nachbarn ebenfalls<br />

alt sind... Und in Zukunft müssen<br />

immer mehr hochaltrige<br />

Menschen Hilfe annehmen.<br />

Fast jeder ältere Mensch<br />

möchte möglichst lange im gewohnten<br />

Umfeld leben. Daher<br />

wird der Bedarf und die Nachfrage<br />

nach kleinen Dienstleistungen<br />

zunehmen. Unterstützungsangebote<br />

werden immer<br />

wichtiger, damit Menschen ihren<br />

Alltag möglichst „normal“ leben und unabhängig gestalten<br />

können. Dabei geht es meistens weniger darum, dass eine<br />

fremde Person die eigene Bettdecke bezieht, obwohl gerade<br />

solch kleinen Hilfen oft die großen sind. Vor diesem Hintergrund<br />

ist der noch ziemlich unklare Begriff „haushaltsnahe<br />

Dienstleistungen“ entstanden. Diese können das gesamte<br />

Gesellschaft<br />

Haushaltsnahe Dienstleistungen<br />

Haushaltsnahe Dienstleistung - aber nicht so!<br />

Spektrum der menschlichen Bedarfe, Wünsche und Lebenslagen<br />

umfassen: Angefangen vom Engagement der Reinigungshilfe<br />

über Gärtner- und Schneeräumdienste bis hin zur<br />

Betreuung von Kindern, alten Menschen oder Menschen mit<br />

Pflegebedarf. Es gehören auch<br />

Serviceleistungen dazu, wie die<br />

Begleitung bei Arzt- und Behördengängen,<br />

Vorlesestunden oder<br />

einfach nur Zeit zum Erzählen<br />

und Plaudern.<br />

Als dringlich dürften in den<br />

meisten Fällen die Aufgaben<br />

„Verpflegung, Reinigung und<br />

Wäscheversorgung“ sein. Das<br />

gilt z. B. für eine Person die<br />

nicht mehr selbst einkaufen<br />

und kochen kann. Man kann<br />

ihr Essen auf Rädern bringen,<br />

man kann sie an einen Ort begleiten,<br />

an den sie zum Essen<br />

geht, beispielsweise in einem<br />

Altenheim. Oder es kann ja<br />

auch jemand speziell für diese<br />

Person kochen, in deren Wohnung<br />

zum Beispiel.<br />

Wie kann man Menschen<br />

finden, die vertrauensvoll und<br />

kompetent die oft persönlichen<br />

Dinge im Bereich der Hauswirtschaft<br />

erledigen? Natürlich besteht<br />

die Möglichkeit, in diesen<br />

Fällen in die Zeitung zu schauen oder auf schwarze Bretter<br />

in Supermärkten. Aber das kann riskant sein und es ist oft<br />

dem Zufall zu überlassen, wem man anschließend vertrauen<br />

soll. Selbstverständlich muss die Vermittlung haushaltsnaher<br />

Dienstleistungen unabhängig von wirtschafltichen<br />

Interessen sein, die Wünsche des Hilfesuchenden berücksichtigen<br />

und ihn stärken.<br />

Diese Erwartungen können am besten von lokalen Vermittlungsstellen<br />

(„Agenturen für haushaltsnahe Dienstleistungen“)<br />

erfüllt werden. Zum einen können sie Menschen,<br />

die eine Dienstleistung „einkaufen“ möchten, einen guten<br />

Überblick bieten, was es an Möglichkeiten und geeigneten<br />

Angeboten gibt. Die Aufgabe der Vermittlungsstelle kann<br />

dann in einer neutralen Vermittlerrolle gesehen werden. Es<br />

sollen Informationen gesammelt, gebündelt und interessenunabhängig<br />

angeboten werden.<br />

Zweifellos ist eine solche Agentur aber auch im Interesse<br />

von Kommunen, die ihre Familienfreundlichkeit stärken,<br />

ihre Einwohnerzahl halten und verstärkt auf absehbare Folgen<br />

des demografischen Wandels reagieren wollen.<br />

Erich Kerkhoff<br />

30 durchblick 3/<strong>2008</strong><br />

Foto: durchblick Photo-Shop-Club


Gedächtnistraining<br />

Piktogramme<br />

Trainiert werden: Assoziatives Denken, Fantasie<br />

Können Sie erkennen um welche Sportarten es sich handelt? Finden<br />

Sie zusätzlich heraus, welche zwei der abgebildeten Sportarten<br />

keine Disziplinen der Olympischen Sommerspielen <strong>2008</strong> waren.<br />

Olympische Disziplinen<br />

trainiert werden Urteilsfähigkeit und Wahrnehmung<br />

a) um welche Sportarten handelt es sich hier?<br />

b) wie viele Personen gehören zu einer Mannschaft?<br />

Wortsuche<br />

Trainiert werden:<br />

Konzentration<br />

und Wortfindung<br />

In diesem<br />

Buchstabengewirr<br />

sind<br />

40 Sportarten<br />

von den Olympischen<br />

Sommerspielen<br />

versteckt.<br />

Alle Übungen<br />

gefunden im<br />

„denkzettel“<br />

Bundesverband<br />

Gedächtnistraining<br />

e.V. www.<br />

bvgt.de, zusammengestellt<br />

von<br />

Barbara Kerkhoff<br />

32 durchblick 3/<strong>2008</strong>


1 a) Carl Luis<br />

b) Carl Lewis<br />

c) Karl Louis<br />

2 a) George Foureman<br />

b) George Vourman<br />

c) George Foreman<br />

4 a) Ulrike Maifahrt<br />

b) Ulrike Meyfarth<br />

c) Ulrike Mayfahrth<br />

7 a) Dirk Nowizki<br />

b) Dirk Nowitzki<br />

c) Dirk Nowitzski<br />

5 a) Michael Groß<br />

b) Michael Gross<br />

c) Michael Gros<br />

3 a) Heike Drechsler<br />

b) Heike Drexler<br />

c) Heike Drecksler<br />

6 a) Johnny Weißmüller<br />

b) Johnny Weizmüller<br />

c) Johnny Weissmüller<br />

8 a) Paul Schockemöhle<br />

b) Paul Schockemölle<br />

c) Paul Schokemöhle<br />

Gedächtnistraining<br />

Bekannte Sportler<br />

Trainiert wird die Wahrnehmung<br />

9 a) Carlo Tränhard<br />

b) Carlo Tränhardt<br />

c) Carlo Thränhardt<br />

Die Namen der links aufgeführten Sportler haben<br />

Sie sicher auch schon einmal gelesen.<br />

Aufgabe 1:<br />

Entscheiden Sie: Welche Schreibweise ist die<br />

Richtige?<br />

Aufgabe 2:<br />

Ordnen Sie den Namen die entsprechende<br />

Sportart zu.<br />

10a) Jürgen Hingsen<br />

b) Jürgen Hinksen<br />

c) Jürgen Hinghsen<br />

11a) Manfred Nehrlinger<br />

b) Manfred Nerlinger<br />

c) Manfred Neerlinger<br />

12a) Jan Ulrich<br />

b) Jan Ullrich<br />

c) Jan Uhlrich<br />

Basketball<br />

Hochsprung<br />

Leichtathletik<br />

Schwergewichtsboxen<br />

Schwimmen<br />

Weitsprung<br />

Gewichtheben<br />

Hochsprung<br />

Radrennsport<br />

Schwimmen<br />

Springreiten<br />

Zehnkampf<br />

Am Ev. Jung-Stilling-Krkhs.<br />

in Siegen<br />

(02 71) 8 10 88<br />

Am Schloßberg<br />

in Freudenberg<br />

(0 27 34) 43 94 77<br />

Am Ev. Krankenhaus<br />

in Kredenbach<br />

(0 27 32) 20 91 25<br />

Zentrum für<br />

Ambulante Rehabilitation<br />

Physiotherapie<br />

Prävention und Gesundheitssport<br />

durchblick 3/<strong>2008</strong> 33


Bild von M-L Raczkowski<br />

Schmerzpunkte<br />

Kaum bezähmbar<br />

von der Enge des Willens<br />

tost wirbelnder Schmerz<br />

Heinrich Waegener<br />

Ein verlässlicher Begleiter<br />

(Der Schmerz)<br />

Der Urknall, so es ihn dann gegeben hat, muss sehr<br />

eruptiv und mächtig gewesen sein. Die Welt wurde also<br />

aus dem Schmerz geboren, und somit auch der Mensch.<br />

Mikrokosmos gleich Makrokosmos. Der Garten Eden, ein<br />

kurzes Intermezzo im Verlauf der Menschheitsgeschichte,<br />

war, vielleicht, die einzige schmerzfreie Zone, leider zum<br />

Wunschdenken mutiert durch die Episode mit dem Baum<br />

der Erkenntnis, letzteres der Stoff, aus dem Tragödien sind.<br />

Welt ist immer Leid und lässt sich nur überwinden, indem<br />

man es auf sich nimmt, die Widerstände gegen manifeste<br />

Umstände aufgibt.<br />

Gesellschaft<br />

Der Mensch kann sicher sein, dass er mit seinem<br />

Schmerz nicht allein ist. Aus jedem Winkel unseres Planeten<br />

dringen die Schreie, das Gewimmer, die Verzweiflung<br />

der gequälten Seelen durch den Äther. Das Weltall<br />

ist ein einziges Echo dieser gemarterten Energien, die da<br />

freigesetzt werden. Schmerz und Leid sind gleichsam global,<br />

da man von einem kosmischen Bewusstsein spricht.<br />

Nach mathematischen Erkenntnissen bleiben alle Teile, die<br />

bei der Explosion freigesetzt wurden, für immer in Verbindung,<br />

und daher ist die Wirklichkeit mit all ihren Aspekten<br />

immer Teil jedes einzelnen Partikels. Zudem wird uns eine<br />

Flut von Bildern heute in die gute Stube gespült, wodurch<br />

der Mensch noch mehr unser Herz berührt und wir seinen<br />

Schmerz, so, als blickten wir alle in den gleichen Spiegel.<br />

Denn die Seele spricht nur in Bildern. Manche unserer individuellen<br />

Beeinträchtigungen und Unlustgefühle mögen<br />

eine Antwort sein auf dieses Leid. Es gibt nie den Schmerz<br />

allein, es geht immer auch um das ihn auslösende Drama.<br />

Schmerz ist Ohnmacht, ist der Stachel, der uns, immer<br />

aufs Neue, zum Nachdenken über das gesamte Leben nötigt.<br />

Der Liebesschmerz fand in den klassischen Dramen<br />

Erlösung nur im Tod, und heute, wo der Mensch nur noch<br />

glücklich sein möchte, wird Leid zum lästigen Begleiter, es<br />

wird nur noch ausgelöscht, sich selbst und den anderen.<br />

Das Hirn unterscheidet nicht zwischen physischem und<br />

psychischem Schmerz. Im ersten Falle geht es um äußere<br />

Verletzungen, im zweiten um eine Mitteilung der Seele, die<br />

auf sich aufmerksam machen will, aber immer ist es eine<br />

Interaktion zwischen Seele, Geist und Körper. Schmerz ist<br />

immer individuell und setzt erst ein, wenn er das Bewusstsein<br />

erreicht hat. Die Unterschiede im Schmerzempfinden<br />

ergeben sich durch Stimmung, Erwartung, Einstellung,<br />

Verhalten und Schmerzempfindlichkeit, wobei Letztere<br />

vererblich ist.<br />

Fast überall im Körper gibt es Sensoren, die auf Hitze,<br />

Druck, Reibung oder chemische Reize ansprechen. Bei Verletzungen<br />

geben diese sogenannten Nozireptoren ein Signal<br />

Friedhofswald Siegen<br />

(Die neue Bestattungsform in Siegen)<br />

- gepflegter alter Baumbestand<br />

- stadtnahe Oase der Ruhe<br />

- barrierefrei erreichbar<br />

- komplette Infrastruktur<br />

(Friedhofshalle, Parkplätze, Andachtsplatz)<br />

- preiswerte Bestattung<br />

Verkauf von Begräbnisplätzen und Beratung<br />

nur durch die Stadt Siegen, Grünflächenabteilung,<br />

Tel. 0271/404-4807, Internet: www.siegen.de


Gesellschaft<br />

Pablo Picasso: Das des Weges<br />

Kollektion J.K.Thannauser, New York<br />

an das Rückenmark. Das Schmerzsignal bekommt Vorrang<br />

gegenüber allen anderen Nachrichten aus dem Körper. Die<br />

Information wird aufgeteilt. Ein Kanal führt in Bereiche des<br />

Großhirns, welche die Verletzungen lokalisieren. Andere<br />

Impulse gehen in tiefer gelegene Hirnregionen und lösen<br />

die unangenehmen Empfindungen aus. Schmerz findet immer<br />

im Bewusstsein statt.<br />

Ein nörgelnder, immer wiederkehrender Schmerz treibt<br />

einen Menschen zur Verzweiflung. Das Warten auf seine<br />

Rückkehr, die Angst davor, steigert die Empfindlichkeit.<br />

Werden die Neuronen immer wieder gereizt, verschärfen<br />

sich die ankommenden Signale. Das Gehirn lernt eben durch<br />

Wiederholung, was ja im anderen Falle sehr willkommen<br />

ist. In ihm ist der Körper wie auf einer Landkarte wiedergegeben.<br />

Tut das Knie immer wieder weh, bekommen immer<br />

mehr Nervenzellen diese Information. Die Karte verändert<br />

sich, das wunde Knie wird darauf immer größer. Chronische<br />

Schmerzen sind ein Lernprozess auf Um- und Abwegen, sie<br />

verändern den Menschen in seiner Gesamtheit, in seinem<br />

Denken, in seinen Emotionen, in seinem Verhalten, kurzum<br />

in seiner existenziellen Wirklichkeit. Zerschundene,<br />

gequälte, ausgezehrte Körper als Gefäß einer stigmatisierten,<br />

gedemütigten Seele. Er wird zum Gefangenen seines<br />

Schmerzes, rüttelt an den Stäben seines Käfigs, alle seine<br />

Empfindungen führen in den Schmerz.<br />

Es gibt sogar das Schmerzbedürfnis. Die Auswahl ist<br />

immer groß. Wie im Supermarkt können wir, wenn uns<br />

danach ist, in ein Regal greifen, wo für jede unserer körperlichen<br />

oder seelischen Schwachstellen der passende<br />

Schmerz bereitliegt. Dem Alter unterstellt man, dass seine<br />

Lust der Schmerz sei.<br />

Auch spricht man vom sekundären Gewinn des Leidens.<br />

Endlich mal im Mittelpunkt, Aufmerksamkeit und Zuwendung<br />

ist einem gewiss. Wenn wir, freiwillig, diese Häppchen<br />

auch Gesunden zuteil werden ließen, müssten sie oft<br />

nicht den Weg über den Schmerz einschlagen. Er besetzt<br />

eine Nische, verteidigt sein Terrain, er herrscht, setzt sich<br />

durch, tyrannisiert.<br />

Der größte Teil meiner Ausführungen gehört zu einem<br />

Kapitel, welches ich jetzt aufschlagen möchte, indem ich<br />

mich dem seelischen Schmerz zuwende, wie innen so außen,<br />

körperlicher Schmerz hat seine Entsprechung in der Seele.<br />

Ich möchte Sie dazu verleiten, sich einmal auf eine andere<br />

Betrachtungsweise einzulassen. Ich weiß, dass dieses Unterfangen<br />

zu Kontroversen führt, nur bin ich nicht der Urheber<br />

dieser Erkenntnisse, sie sind so alt wie die Welt und werden<br />

auch in unserer heutigen Zeit von namhaften Medizinern,<br />

Autoren und Psychologen geteilt. Ich bin lediglich Anhänger<br />

dieser Sichtweise und durfte schon oft die Stimmigkeit der<br />

Deutungen an mir selbst und anderen erfahren.<br />

Der Mensch ist durch den Sündenfall aus der Einheit<br />

gefallen. Dieser Vorgang schenkte ihm auf der einen Seite<br />

zwar seine Erkenntnisfähigkeit (worüber er nicht immer<br />

sehr glücklich ist – Ironie des Schicksals), zwingt ihn<br />

aber auf der anderen Seite zu einem Leben in der Polarität,<br />

d.h., er kann die Welt nur in Gegensätzen erfahren. Er<br />

entscheidet sich, meistens, für einen Pol, obwohl der eine<br />

ohne den anderen nicht existieren kann, z. B. hell – dunkel,<br />

gut – böse, friedlich – aggressiv. Es sind Begriffspaare,<br />

die die zwei Seiten der Medaille repräsentieren. Da aber<br />

der Mensch in seinem Bewusstsein latent alle Prinzipien,<br />

d.h.,archetypische Seinsbereiche enthält, identifiziert er<br />

sich durch dieses Entweder – oder und der Ignoranz des<br />

Sowohl-als-auch nur mit der Hälfte der Prinzipien, der Rest<br />

fällt in den Schatten, d.h., ist ihm nicht bewusst. Dieser<br />

Vorgang führt immer wieder zu Problemen und Konflikten.<br />

Es geht um eine Annäherung beider Prinzipien, der Rest<br />

ist Einbahnstraße oder Sackgasse. All das, was wir nicht<br />

wollen, was wir in uns nicht vorfinden wollen, nicht leben<br />

wollen, bildet unseren Schatten. Denn die Ablehnung<br />

der Hälfte aller Möglichkeiten bringt diese keinesfalls zum<br />

Verschwinden, sondern verbannt sie nur aus dem Oberbewusstsein.<br />

Als Schatten bezeichnen wir also die Summe<br />

aller abgelehnten Wirklichkeitsbereiche. In unserem Bewusstsein<br />

fehlt dann etwas. Ersatz dafür ist der Schmerz.<br />

Bevor ein Problem sich im Körper als Symptom manifestiert,<br />

meldet es sich in der Psyche als Thema, Idee,<br />

Wunsch oder Phantasie, Ausdruck unserer Bedürfnisse.<br />

Verdrängen wir es wieder aus dem Bewusstsein, um die<br />

Seele zu entlasten, projizieren wir den Impuls als Schmerzsyndrom<br />

auf die körperliche Ebene. Er spielt dann auf unseren<br />

Körper wie auf einem Instrument. Die Seele <br />

durchblick 3/<strong>2008</strong> 35


Gesellschaft<br />

ist die Saite und der Körper die Resonanz, fein austariert,<br />

Verstärker oder Leisetreter, je nach Befindlichkeit. Wenn<br />

wir ihn an einer Stelle bekämpfen und vertreiben, taucht er<br />

an einer anderen Stelle wieder auf, wie ein kleiner Kobold.<br />

Symptom-Verschiebung.<br />

Zur Verwirklichung kann sich das Symptom ziemlich<br />

beliebig physiologischer, chemischer, nervaler oder sonstiger<br />

Träger bedienen. Anstatt das Symptom, welches ein<br />

Problem sichtbar machen will, leidenschaftlich im Außen<br />

zu bekämpfen, sollten wir es uns anschauen. Es hat auch<br />

eine Zeitqualität. Es zählen der genaue Zeitpunkt seines<br />

Auftretens und alle synchron ablaufenden Ereignisse, ebenso<br />

wie die inneren Prozesse, sie bilden den Rahmen. Die<br />

abgelehnten Prinzipien wollen integriert und gelebt werden.<br />

Das Symptom zwingt uns über den Körper, den freiwillig<br />

nicht gelebten Seinsbereich dennoch zu verwirklichen. Der<br />

Mensch beschäftigt sich am meisten mit dem, was er nicht<br />

will und nähert sich dabei dem abgelehnten Prinzip soweit<br />

an, dass er es schließlich selbst lebt. Schon Goethe schrieb:<br />

„Alles Unbewusste will Ereignis werden.“<br />

Wohin mit meinem Schmerz? Raus aus dem Dunkel des<br />

menschlichen Seins, aus dem Schmerz, aus dem Grauen.<br />

Schmerz ist faustischer Antagonist, emotionales Aufbegehren.<br />

Medikamentenberge, Operationen, Kliniken, Schmerztherapeuten.<br />

Welch ein aufgeblasenes Gesundheitssystem,<br />

um dem Menschen seinen Schmerz zu nehmen. Gibt es<br />

nicht zu denken, dass allen Fortschritten der Schulmedizin<br />

zum Trotz die Anzahl der Krankheiten und Kranken nicht<br />

abnimmt? Allerdings, die mystische Idee, dass Schmerz<br />

den Menschen veredelt, ist eine antiquierte Vorstellung im<br />

Christentum.<br />

Das Hirn aber hat keine Löschtaste. Aufgezeigte Möglichkeiten,<br />

dem chronischen Schmerz zu entkommen: der<br />

Körper hat ein privates Drogenlabor. Die Kraft der Vorstellung<br />

genügt manchmal, die Substanzen fließen zu lassen.<br />

Eine adäquate Dosis an Schmerzmedikamenten über einen<br />

angemessenen Zeitraum hinweg, damit der Leidende wieder<br />

konstruktiv denken kann. Eine alte, schlechte Erfahrung<br />

werden wir nur los, wenn wir sie im Gedächtnis mit einer<br />

neuen besseren überschreiben. Was der Mensch gelernt hat,<br />

kann er auch wieder verlernen. Die Programmierung auf<br />

den Schmerz muss wieder rückgängig gemacht werden.<br />

Der Weg ist allein schwer zu gehen. Eine Psychotherapie,<br />

Gespräche, Selbsthilfegruppen bieten sich an.<br />

Unter Psychotherapie verstehen wir heute einen Weg<br />

zur Selbsterkenntnis und Bewusstwerdung. Schon zu allen<br />

Zeiten versuchten Menschen, Hilfsmittel für den schweren<br />

Weg der Selbstfindung zu entwickeln. Heute fließen in die<br />

Psychotherapie alle Lehren von der menschlichen Seele<br />

zusammen. Schmerz kann Antriebskraft sein zu künstlerischen<br />

Ausdrucks- und Verarbeitungsmöglichkeiten, wie<br />

Theater spielen, Malen, Schreiben, Musizieren. Yoga und<br />

Meditation sind auch nicht zu verachten.<br />

Erika Krumm<br />

Quellennachweis: ein Wissenschaftsgespräch mit dem bekanntesten Schmerzforscher<br />

Deutschlands in der „Zeit“ und das Buch: Krankheit als Weg“ von<br />

Thorwald Dethlefsen und Ruediger Dahlke<br />

Ich habe gut und böse gekannt<br />

Sünde und Tugend, Recht und Unrecht.<br />

Ich habe gerichtet und bin gerichtet worden.<br />

Ich bin durch Geburt und Tod gegangen,<br />

Freude und Leid, Himmel und Hölle,<br />

und am Ende erkannte ich<br />

dass ich in allem bin<br />

und alles ist in mir.<br />

(Hazrat Inayat Khan)<br />

36 durchblick 3/<strong>2008</strong>


Haus Herbstzeitlos<br />

Großer Bahnhof zum Zehnjährigen im Rathaus der Stadt Siegen<br />

Jubiläumsimpressionen mit der Kamera eingefangen<br />

Feierlicher Festakt am 21. Juni <strong>2008</strong> für das Geburtstagskind „Haus Herbstzeitlos“<br />

Zahlreiche Ehrengäste und Gäste fanden sich zur Feier des Zehnjährigen im Ratssaal der Stadt Siegen ein.<br />

Bild unten: Wurden während des Festaktes besonders<br />

gewürdigt:Ulrike Schneider, die dem HH den Namen gab<br />

(links), die fleißige Spendensammlerin Erika Röthinger<br />

und Bauleiter Herbert Junk.<br />

Bild lks.: Ein Höhepunkt<br />

des Festaktes<br />

war die Eröffnung<br />

der Bilderausstellung<br />

im Foyer des<br />

Siegener Ratssaales,<br />

die liebevoll von Anke<br />

Berg zusammengestellt<br />

wurde.<br />

Bild rechts: Plausch<br />

zum Jubiläum:<br />

Astrid Schneider,<br />

Leiterin der Regiestelle<br />

„Leben im<br />

Alter“, im Gespräch<br />

mit Peter Eberlein,<br />

Vorsitzender des<br />

Sozialausschusses<br />

der Stadt Siegen<br />

Astrid E. Schneider zeichnete zahlreiche Persönlichkeiten aus, die sich<br />

im Laufe der Jahre besondere Verdienste um das Haus Herbstzeitlos<br />

erworben haben. Ohne ihr Engagement wäre die Vielfalt der Initiativen<br />

nie möglich geworden. Dafür dankte ihnen Astrid E. Schneider, Leiterin<br />

der Regiestelle „Leben im Alter“<br />

Fotos (5) Dieter Gerst<br />

durchblick 3/<strong>2008</strong> 37


Leserseite<br />

„Entfalten“<br />

Der<br />

Traum von<br />

der ewigen<br />

Jugend ist<br />

nach wie<br />

vor weit<br />

verbreitet,<br />

dabei entspricht<br />

das<br />

Aussehen<br />

einer heute<br />

90-Jährigen<br />

ohne<br />

Weiteres<br />

dem ihrer<br />

Großmutter<br />

mit<br />

60. Die<br />

Menschen<br />

werden immer älter, aber viele wollen nicht, dass man ihnen<br />

ihr Alter ansieht. Hier setzt die Werbung für sogenannte<br />

Anti-Aging-Produkte an. Das Geschäft floriert, obwohl mit<br />

keinem der Präparate bisher eine positive Wirkung nachgewiesen<br />

werden konnte. Auf diesem Markt werden Milliarden<br />

umgesetzt, Fachleute sprechen von „legalisiertem<br />

Betrug“. Oft werden Wachstumshormone als Anti-Aging-<br />

Mittel eingesetzt. Sie sollen die Haut straffen, fettabbauend<br />

Alles aus<br />

einer Hand:<br />

Mahlzeitendienst<br />

Hausnotrufdienst<br />

Fahrdienst<br />

Reisedienst<br />

Wir beraten Sie gern. Telefon 02738 / 17 17<br />

Ihr Malteserteam<br />

Foto und Bearbeitung: Boris Eickhoff<br />

wirken und vor Diabetes schützen. Ihnen wird eine mögliche<br />

krebsbegünstigende Wirkung nachgesagt.<br />

Meistens wird eine Beeinflussung der Hormonproduktion<br />

versprochen. Richtig daran ist, dass das tatsächliche<br />

Alter eines Menschen nicht allein der Kalender bestimmt,<br />

sondern vor allem von der inneren Uhr, das heißt, die genetische<br />

Ausstattung des Menschen.<br />

Richtig ist aber auch, dass „gute Gene“ den Alterungsprozess<br />

nur zu einem Drittel beeinflussen, die Lebensführung<br />

dagegen bis zu zwei Dritteln. Gemeint ist ein<br />

gesunder Lebensstil: Sport, geistige Betätigung, gute zwischenmenschliche<br />

Beziehungen, eine sinnvolle Tätigkeit.<br />

Zudem stimulieren anspruchsvolle Bewegungen bestimmte<br />

Gehirnregionen. Eine ausgewogene, kalorienarme Ernährung<br />

mit vielen Vitaminen und Spurenelementen sowie<br />

eine ausreichende Flüssigkeitsaufnahme unterstützen das<br />

Jungbleiben.<br />

Getreu dem Motto: wer rastet, der rostet, haben Studien<br />

gezeigt, dass geistige Aktivität die Konzentrations-, Merkund<br />

Denkfähigkeit verbessert. Regelmäßige körperliche<br />

Bewegung stärkt Muskeln und Knochen, baut Stress ab und<br />

schüttet Glückshormone aus. Demnach hat, wer die eigenen<br />

körperlichen und geistigen Handlungsmöglichkeiten im Alter<br />

kreativ einsetzt, damit eher Chancen zu einer „Entfaltung“<br />

als mit Produkten, die angeblich Muskeln stärken, die<br />

Haut straffen und das Gedächtnis verbessern.<br />

Erich Kerkhoff<br />

Zeichen der Jahre<br />

von Helga Düringer<br />

Das Leben zieht an Dir vorbei,<br />

es ist schon reich an Jahren;<br />

Du hast ihn schon, den letzten Schrei,<br />

stehst da mit grauen Haaren!<br />

Mit Würde trägst Du Deine Falten,<br />

ja, die sind – Natur;<br />

noch zählst Du Dich nicht zu den Alten,<br />

genießest – Leben pur!<br />

Doch fängst Du an zu schwächeln,<br />

die Füße wollen nicht wie Du;<br />

Dein Atem klingt wie Hecheln,<br />

brauchst Du Gesundheitsschuh!<br />

So geht‘s vielleicht noch Jahre,<br />

Dein Mut hält Dich auf Trab;<br />

Dein Wille Dir bewahre,<br />

mach bloß nicht einfach schlapp!<br />

Freu Dich auf den neuen Tag,<br />

hoffe auf Dein Glück;<br />

warte was er bringen mag,<br />

denke nicht zurück!<br />

38 durchblick 3/<strong>2008</strong>


Wissen<br />

Wikipedia, die freie<br />

Enzyklopädie<br />

„Stell Dir eine Welt vor, in der jeder<br />

freien Zugang zum gesamten Wissen<br />

der Menschheit hat. Das ist unser Ziel.<br />

Und wir brauchen Deine Hilfe.“<br />

Der Traum der französischen Aufklärung –<br />

freier Zugang zu Wissen für jedermann – ist<br />

mit den Mitteln des Internets heute in greifbare<br />

Nähe gerückt. In der Wikipedia arbeiten seit<br />

2001 tausende von Freiwilligen aus aller Welt<br />

daran, eine Enzyklopädie in über 100 Sprachen<br />

zu verfassen.<br />

Was anfangs niemand für möglich hielt, hat tatsächlich<br />

funktioniert. In einem völlig offenen Prozess, kontrolliert<br />

nur durch die Autorengemeinschaft, ist ein Werk entstanden,<br />

das traditionellen Enzyklopädien durchaus das Wasser<br />

reichen kann, wie Tests renommierter Zeitschriften wie Nature<br />

und Zeit zeigen.<br />

Mittlerweile gehört Wikipedia zu den zehn meistbesuchten<br />

Websites der Welt und ist die wohl umfangreichste<br />

gemeinschaftlich erstellte Sammlung freien Wissens. Allein<br />

die deutschsprachige Ausgabe umfasst über 500.000<br />

Artikel. Jeder Leser kann innerhalb von Sekunden zum<br />

Mitautor werden, wenn er einen Tippfehler gefunden hat<br />

oder eine inhaltliche Lücke füllen möchte. Um Änderungen<br />

vorzunehmen, ist nicht mal eine Anmeldung erforderlich.<br />

In der Wikipedia arbeiten derzeit noch überwiegend junge,<br />

männliche Autoren. Deshalb startete man in diesem Jahr<br />

ein Projekt „Generation 50+“, um auch lebensältere Menschen<br />

als aktive Autoren in der Wikipedia zu gewinnen.<br />

Gibt man im Suchfeld von Wikipedia ein: „WP:50+“,<br />

dann gelangt man zur entsprechenden Projektseite, auf<br />

der man einen ersten Leitfaden für die Arbeit in Wikipedia<br />

herunterspeichern kann. Durch die teilweise massiven<br />

Angriffe auf die Wikipedia durch Konkurrenz und Presse<br />

hat sich die Gemeinschaft ein strenges Regelwerk gegeben,<br />

das die Kontrolle der Einträge ermöglicht. Neue Beiträge<br />

werden grundsätzlich kontrolliert und gegengelesen. Was<br />

nicht den Ansprüchen einer Enzyklopädie entspricht oder<br />

nicht als ausdrücklich gemeinfrei nachgewiesen wird, wird<br />

von anderen Autoren nachgearbeitet und möglicherweise<br />

auch schon einmal gelöscht. Wer als Autor in der Wikipedia<br />

arbeiten möchte, muss sich darüber im Klaren sein, dass er<br />

hier nicht selbstverantwortlich arbeitet, sondern sich unter<br />

Umständen mit anderen auseinandersetzen muss, damit seine<br />

Formulierungen Bestand haben. Alle Neueinträge werden<br />

grundsätzlich durchgesehen und bei vandalistischen<br />

Einträgen sofort gelöscht. Wer selbst als Autor in der Wikipedia<br />

mitarbeiten möchte, sollte dies langsam angehen.<br />

Es sind viele wichtige Kriterien zu beachten.<br />

Eine weitere Einführung zum Thema können<br />

interessierte Leserinnen und Leser des durchblick im<br />

„Senecafe“ von Alter Aktiv, dass sich im städtischen<br />

Seniorenzentrum „Haus Herbstzeitlos“ befindet, erhalten.<br />

Quellen: http://de.wikipedia.org „Das kleine Wikipedia-Einmaleins“<br />

Antonie Dell<br />

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durchblick 3/<strong>2008</strong> 39


Philosophischer Essay<br />

Bildbearbeitung: durchblick - Bildredaktion, Gottfried Klör<br />

Kritische Gedanken über das Für und Wider moderner Transplantationsmedizin 1)<br />

Warum ich diesen Beitrag schreibe?<br />

Es sind nun schon viele Jahre ins Land gegangen, seit<br />

ich mich erstmals mit dem Thema Organspende auseinandergesetzt<br />

habe. Damals, es mögen ungefähr 15 Jahre her<br />

sein, es gab in Deutschland noch kein Transplantationsgesetz,<br />

habe ich zwei Bücher gelesen und zwar „Organspende“<br />

von Renate Greinert und Gisela Wuttke und „Mit dem<br />

Herzen eines anderen leben?“ von Elisabeth Wellendorf.<br />

Nach der Lektüre dieser beiden Bücher, ich kann mich noch<br />

sehr gut erinnern, war ich innerlich ziemlich aufgewühlt<br />

und durcheinander. War ich doch bis dahin der Auffassung<br />

gewesen, dass ich mit der Bereitschaft, nach meinem Tod<br />

brauchbare Organe von mir zu spenden, nicht zuletzt auch<br />

im Sinne christlicher Nächstenliebe handeln würde.<br />

Warum, so meine damalige Überlegung, sollte durch<br />

meine Organspende das Leben anderer Menschen nicht<br />

verlängert und ihr Leiden gemildert werden, wenn die<br />

moderne Transplantationsmedizin diese Möglichkeit bietet.<br />

Nach all dem aber, was ich in diesen beiden Büchern<br />

aus verschiedenen Blickrichtungen von Betroffenen, Angehörigen,<br />

Psychologen, Ärzten und Pflegepersonal über<br />

ihre selbst erlebten, praktischen Erfahrungen und ihr<br />

fachmännisches Wissen über Organspende und Organtransplantation<br />

gelesen hatte, kamen erhebliche Zweifel<br />

und kritische Fragen bei mir auf, die ich vorher so nie<br />

bedacht hatte. Es kam zu einer inneren Kehrtwende und<br />

dem Entschluss, dass für mich eine Organspende nicht<br />

(mehr) in Frage kam, sowohl als Spender (Explantierter)<br />

als auch als Empfänger (Implantierter). Wie gesagt, eine<br />

Entscheidung, die ich schon vor vielen Jahren für mich<br />

ganz persönlich getroffen habe.<br />

Und heute? In der Zwischenzeit ist die Transplantationsmedizin<br />

weltweit in ihrer Entwicklung weiter vorangeschritten<br />

und verzeichnet beachtenswerte Erfolge. Die<br />

Möglichkeiten und Chancen durch ein fremdes Spenderorgan,<br />

bedrohtes Leben zu verlängern und krankheitsbedingtes<br />

Leid zu mildern, haben sich in den letzten Jahren<br />

ständig verbessert. Das Thema Organspende rückt mehr<br />

und mehr in den Blick der Öffentlichkeit. Die Deutsche<br />

Stiftung Organtransplantation (DSO) startete in diesem<br />

Jahr die bisher größte bundesweite Informationskampagne<br />

„Fürs Leben“ unter der Schirmherrschaft von Bundeskanzlerin<br />

Angela Merkel. Gestartet wurde die Kampagne am<br />

7. Juni d. J. dem Tag der Organspende. Auf Großplakaten in<br />

17 Städten in Deutschland und einem neuen Internetportal<br />

„fuers-leben.de will die DSO mit emotionalen Geschichten<br />

von Betroffenen die Menschen im Lande aufrütteln und<br />

auf das Schicksal von Tausenden aufmerksam machen, die<br />

durch eine Organspende auf eine Überlebenschance hoffen.<br />

Bekannte und berühmte Sportler und Sportjournalisten wie<br />

Boris Becker, Franz Beckenbauer, Jürgen Klinsmann, Steffi<br />

Graf, Michael Schumacher, Jens Weißflog, J. B. Kerner,<br />

Reinhold Beckmann, um nur einige wenige zu nennen,<br />

werben in einem speziell dafür gegründeten Verein für die<br />

Organspende, und Politiker aller Parteien gehen auf die<br />

Straße und werben für sich und für Organspenderausweise.<br />

Eine Entwicklung, die mich veranlasst hat, meine damalige<br />

Entscheidung erneut auf den Prüfstand zu stellen. Dies wiederum<br />

bedeutete für mich, meinen bisherigen Wissensstand<br />

zu aktualisieren und in alle möglichen Richtungen neu zu<br />

recherchieren.<br />

JA oder NEIN, die Entscheidung ist wichtig<br />

Gleich zu Anfang mein Rat. Jeder von uns sollte sich<br />

umfassend informieren und die Argumente der Befürworter<br />

und Gegner der Organspende sorgfältig abwägen, bevor er<br />

40 durchblick 3/<strong>2008</strong>


seine Entscheidung trifft. Eine Entscheidung, die man sicherlich<br />

nicht jeden Tag trifft und die aufgrund ihrer Tragweite<br />

und möglicher Konsequenzen gut überlegt sein will.<br />

Ganz unabhängig aber davon, wie ich mich entscheide, ob<br />

für oder gegen eine Organspende, viel wichtiger erscheint<br />

mir, dass ich mich entscheide und diese Entscheidung deutlich,<br />

am besten schriftlich, zum Ausdruck bringe, damit im<br />

Ernstfall nicht Angehörige oder Freunde diese schwerwiegende<br />

Entscheidung für mich treffen müssen und dies nicht<br />

selten in einem Augenblick, wo sie sich selbst in einer seelischen<br />

Notlage befinden. „Es ist die schwierigste Frage<br />

zum schmerzlichsten Zeitpunkt an die unglücklichste Familie“<br />

so die Aussage eines Arztes.<br />

Wer die Entwicklung in der Transplantationsmedizin<br />

aufmerksam verfolgt, stellt fest, der Druck in unserer Gesellschaft<br />

nimmt zu, sich vorher zu entscheiden und einen<br />

Organspenderausweis auszustellen. Nicht zuletzt aus dem<br />

Argument heraus, dass in Deutschland über 12.000 Menschen<br />

auf eine Organspende warten, die meisten von ihnen<br />

vergebens. So ist die amtierende Gesundheitsministerin<br />

Ulla Schmidt (SPD) für die Einführung einer<br />

Organspende-Rubrik auf der neuen elektronischen<br />

Gesundheitskarte und es gibt Gemeinden,<br />

bei denen die Bürger mit ihren Ausweispapieren<br />

einen Organspenderausweis erhalten.<br />

Hinzu kommt, dass die Widerspruchslösung,<br />

wonach jeder automatisch Organspender ist,<br />

es sei denn, er widerspricht ausdrücklich,<br />

erneut in die öffentliche Diskussion geraten<br />

ist. Der Slogan der Transplantationsmedizin:<br />

„Leben schenken – Organe spenden“ ist eine<br />

sehr griffige Aussage, die (vordergründig) nur<br />

Zustimmung hervorrufen kann. Aber es gibt auch gewichtige<br />

Gegenargumente, die, wie ich finde, bei einer gut informierten<br />

und „aufgeklärten“ persönlichen Entscheidung<br />

mit bedacht werden sollten.<br />

Es geht um mehr!<br />

Ob Organspende ja oder nein, diese Entscheidung wirft<br />

Fragen aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln auf. Neben<br />

dem Aspekt der medizinisch machbaren Möglichkeit,<br />

ihren Chancen und Risiken, berührt sie gesellschaftlich<br />

fundamental wichtige Bereiche wie Recht, Ethik, Religion<br />

aber auch Psychologie und Philosophie. Nicht zuletzt stellt<br />

sich die Frage nach dem heutigen Menschenbild. Welches<br />

Menschenbild habe ich, haben wir, heute, angesichts der<br />

medizinischen, biologischen und neurologischen Erkenntnisse?<br />

„Was ist dem Mensch der Mensch?“ ist eine Frage,<br />

die heute, angesichts der Transplantationsmedizin (und<br />

nicht zuletzt der Genforschung) auf breiter Basis neu zu<br />

stellen ist. Dies wiederum bedeutet aber, dass die Frage<br />

nach der Organspende, obwohl sie immer nur von jedem<br />

Einzelnen zu beantwortet ist, letztlich weit über eine ganz<br />

persönliche Entscheidung hinaus reicht, denn in ihr spiegelt<br />

sich die Einstellung und der Umgang mit Sterbenden und<br />

Philosophischer Essay<br />

Ein Volk ist<br />

daran zu<br />

erkennen, wie<br />

es mit seinen<br />

Toten umgeht<br />

Perikles (490-429 v. Chr.)<br />

Toten in unserer Gesellschaft wider, was wiederum die Frage<br />

nach der Würde des Menschen und sein Recht auf Leben<br />

aufwirft, die beide im Grundgesetz (Artikel 1 Abs. 2 sowie<br />

Artikel 2 Abs. 2) fest verankert sind. Schon der griechische<br />

Staatsmann Perikles (490-429 v. Chr.) hat gesagt: „Ein Volk<br />

ist daran zu erkennen, wie es mit seinen Toten umgeht“.<br />

Die Entscheidung für oder gegen Organspende will<br />

gut und sorgfältig bedacht sein, aber, und das ist wichtig<br />

zu beachten, sie ist keine Entscheidung von richtig oder<br />

falsch. Sie ist schwierig, denn sie konfrontiert uns mit Fragen<br />

über Tod und Sterben, denen wir nur allzu gerne aus<br />

dem Weg gehen. Hinzu kommt die oft große Unsicherheit<br />

durch Unwissenheit. Gut zu erkennen daran, dass 80 Prozent<br />

der Bevölkerung der Organspende grundsätzlich positiv<br />

gegenüberstehen, fast 70 Prozent einer Organentnahme<br />

nach ihrem Tod zustimmen, aber nur 12 Prozent einen<br />

Organspenderausweis haben. Diese Zahlen wiederum<br />

lassen, trotz überwiegender Zustimmung, auf ein großes<br />

„Unbehagen“ schließen, dass die meisten Menschen beim<br />

Thema Organspende haben. Sie sind sich nicht sicher, haben<br />

so ein „ungutes Gefühl“, das sie aber<br />

nicht erklären können. Auf der einen Seite<br />

ja, auf der anderen nein. Sie bleiben in der<br />

Mitte, was bedeutet, sie treffen keine Entscheidung.<br />

Vielleicht kann dieser Beitrag ja<br />

ein wenig zur Aufklärung und zur persönlichen<br />

Entscheidungsfindung beitragen, in<br />

welche Richtung auch immer. Und wenn<br />

der eine oder andere Leser bzw. die eine<br />

oder andere Leserin meint, er oder sie sei<br />

sowieso zu alt für eine Organspende, dann<br />

kann ich nur sagen, weit gefehlt, denn auch<br />

Menschen über 65 Jahre können heutzutage noch Organe<br />

spenden. Der älteste Organspender war 82 Jahre alt. Nicht<br />

das biografische sondern das biologische Alter, also der<br />

Gesundheitszustand eines Menschen ist heute für eine Organspende<br />

entscheidend. Das Durchschnittsalter der Organspender<br />

im Jahr 2007 lag bei 52 Jahren, Tendenz steigend.<br />

Die Transplantationsmedizin in Deutschland 1)<br />

(einige Zahlen und Fakten)<br />

Keine Frage, die Transplantationsmedizin ist eine Erfolgsmedizin.<br />

Im Jahre 1954, also vor mehr als 50 Jahren,<br />

verpflanzten Ärzte in Boston erstmals erfolgreich eine Niere<br />

und viele Leserinnen und Leser werden sich noch gut an die<br />

Schlagzeilen und Bilder aus dem Jahr 1967 erinnern, die<br />

um die ganze Welt gingen, als Dr. Christiaan Barnard aus<br />

Kapstadt dem 55-jährigen Patienten Louis Washkansky das<br />

Herz eines anderen Menschen (einer 24-jährigen jungen<br />

Frau) implantierte, der aber bereits nach 18 Tagen verstarb,<br />

weil sein Körper das fremde Organ abstieß. Seitdem ist<br />

die Transplantationsmedizin auf Erfolgskurs. In Deutschland<br />

konnten in den vergangenen 45 Jahren insgesamt<br />

rund 89.000 gespendete Organe verpflanzt werden, darunter<br />

fast 60.000 Nieren, über 14.000 Lebern, mehr als <br />

durchblick 3/<strong>2008</strong> 41


9.000 Herzen und knapp 2.700 Lungen. Im Jahr 2007 gab<br />

es 1.313 Organspender (54 und damit 4,3 Prozent mehr als<br />

2006). Da bei über 80 Prozent der Organspender mehrere Organe<br />

entnommen wurden, konnte über 4.000 Menschen mit<br />

einer Transplantation geholfen werden. 2) Obwohl schon fast<br />

50 Jahre in Deutschland Organe transplantiert werden, gibt<br />

es erst seit gut 10 Jahren, genau, seit dem 1. Dezember 1997<br />

ein Transplantationsgesetz (TPG). Mit diesem Gesetz wurden<br />

für die sensiblen Themen Organspende und Organtransplantation<br />

klare Regeln und damit Rechtssicherheit für alle<br />

Beteiligten geschaffen, um nicht zuletzt auch jegliche Form<br />

von Missbrauch (Organhandel) effektiv auszuschließen.<br />

Hinter all diesen statistischen Zahlen, hinter jeder Organtransplantation<br />

steht das ganz persönliche Schicksal<br />

eines einzelnen Menschen, dessen Leben durch die Transplantation<br />

oft eine tief greifende, vielfach positive, Veränderungen<br />

erfahren hat. Liest und hört man Aussagen dieser<br />

Menschen, spürt man ihr Glück und ihre Dankbarkeit,<br />

durch die Organspende eines anderen, ihnen völlig fremdem<br />

Menschen, ein zweites, oft nicht mehr erhofftes, besseres<br />

und längeres Leben erhalten zu haben. Auch wenn sie für<br />

den Rest ihres Lebens unter medizinischer Kontrolle stehen<br />

und dauerhaft Medikamente mit zum Teil erheblichen Nebenwirkungen<br />

einnehmen müssen, für viele ist die Organspende<br />

ein Geschenk, manche leben seitdem<br />

bewusster und nicht wenige feiern den Tag<br />

der Transplantation als ihren 2. Geburtstag.<br />

Aus der Sicht dieser Menschen kann man dem<br />

Werbeslogan der DSO verstehen: Zukunft<br />

schenken – Organe spenden.<br />

Aber, wie heißt es im Volksmund: „des<br />

einen Freud, des andern Leid“. Da, wo Licht<br />

ist, da ist auch Schatten. Übertragen auf die<br />

Organtransplantation 3) bedeutet das: hier das<br />

Licht des Lebens, dort der Schatten des Todes.<br />

Das Tragische daran ist, wie so oft im Leben,<br />

das eine ist ohne das andere nicht zu haben.<br />

Um es „organisch“ kurz und knapp zu formulieren: mein<br />

Leben, dein Tod (?). Ich setze hier hinter „Tod“ bewusst ein<br />

Fragezeichen in Klammern. Warum, wird im nachfolgenden<br />

Absatz hoffentlich deutlich. Auch die Medaille der Transplantationsmedizin<br />

hat zwei Seiten. Trotz ihrer Erfolge, ihrer<br />

populären Befürworter und einer breiten Zustimmung in der<br />

Öffentlichkeit, ist sie nach wie vor auch in Fachkreisen teilweise<br />

heftig umstritten, denn sie wirft nicht nur medizinisch<br />

sondern auch ethisch, rechtlich und religiös kritische Fragen<br />

auf, die bis heute auf eine befriedigende Antwort warten.<br />

Weltweit anerkannte und namhafte Mediziner, Rechtswissenschaftler,<br />

Kulturhistoriker sowie Philosophen und Theologen<br />

haben öffentlich eindeutig eine kritische bis ablehnende<br />

Position bezogen. Nachzulesen in vielen fachbezogenen<br />

Publikationen. Im Nachfolgenden daher mein Versuch, auf<br />

diese kritische, weniger angenehme Seite, mit ihren Zweifeln,<br />

Bedenken, Einwänden, ihren Erlebnissen und oft bedrückenden<br />

Fragen etwas näher einzugehen.<br />

Philosophischer Essay<br />

so tot wie<br />

nötig,<br />

so lebendig<br />

wie<br />

möglich*<br />

* Buchtitel von Werner<br />

Schneider (Lit-Verlag)<br />

Der umstrittene Hirntod<br />

Der wohl umstrittenste Punkt in der Transplantationsmedizin,<br />

an dem sich die Geister scheiden, ist der Hirntod. Die<br />

entscheidende Kardinalfrage dabei lautet: Ist der aufgrund<br />

bestimmter Kriterien festgestellte Hirntod gleichzusetzen<br />

mit dem Tod des ganzen Menschen? Sie ist deshalb so entscheidend,<br />

weil es bei der Beantwortung dieser Frage nur<br />

ein klares „Ja“ oder „Nein“ geben kann. Tod oder Leben?<br />

Ein „jein“ dazwischen ist nicht möglich, denn zwischen<br />

Tod und Leben gibt es keinen dritten Zustand. 10) Oder vielleicht<br />

doch? Sollte mit dem Hirntodkonzept ein modernes,<br />

medizinisch nützliches Zwischenwesen geschaffen worden<br />

sein? Eine tote Person in einem lebendigen Körper mit vitalen,<br />

brauchbaren Organen? Ein lebender Leichnam? Spiegelt<br />

sich hier nicht Segen und Fluch der modernen Medizin<br />

wider? Ohne an dieser Stelle auf diese Frage näher einzugehen,<br />

spüren Sie die Brisanz und vielfältige Problematik,<br />

die sich hier auftut? Aber der Reihe nach.<br />

Den Begriff „Hirntod“ gibt es bereits seit Ende des 18.<br />

Jahrhunderts. Die Auseinandersetzung mit ihm, seine wirkliche<br />

Bedeutung und Tragweite, kam aber erst Mitte der<br />

50er Jahre des 20. Jahrhunderts, als die Medizin in der Lage<br />

war, bewusstlose Patienten, die aus eigener Kraft nicht mehr<br />

atmen konnten, über einen längeren Zeitraum<br />

maschinell zu beatmen. Die Entwicklung<br />

der Gerätemedizin hat seitdem erhebliche<br />

Fortschritte zu verzeichnen. Heute können<br />

Maschinen über Stunden, Wochen oder gar<br />

Monate ganz bestimmte Organfunktionen<br />

wie Herz, Lunge oder Niere vorübergehend<br />

übernehmen. Damit ist es möglich geworden<br />

z. B. schwierige Operationen durchzuführen,<br />

Heilungsprozesse zu ermöglichen und das Leben<br />

der Betroffenen zu verlängern. Schwierig<br />

wurde es, als bei Patienten, die sich aufgrund<br />

einer unwiederbringlichen (irreversiblen)<br />

Hirnschädigung, in einem Zustand permanenter<br />

Bewusstlosigkeit befanden und bei denen das EEG<br />

(Hirnstrommessung) dauerhaft eine Null-Linie aufwies, die<br />

Frage aufkam, sind diese Patienten noch als „lebend“ anzusehen.<br />

Um einen solchen Zustand medizinisch von dem<br />

eines „tiefen Komas“ abzugrenzen, wurde er als „jenseits<br />

des Komas“ bezeichnet. Für die Mediziner ein „inneres Todeszeichen“.<br />

Eine Definition mit tief greifenden Folgen.<br />

1968, ein Jahr nach der bereits erwähnten ersten Herztransplantation<br />

in Kapstadt, wurden an der Harvard Medical<br />

School in Boston von einer Ad-hoc-Kommission erstmals<br />

Richtlinien zur Hirntoddiagnostik festgelegt, die sogenannten<br />

Harvard-Kriterien. Ziel dieser Richtlinien war es nicht,<br />

den objektiven Tod auf der Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse<br />

und umfangreicher Patientendaten festzustellen,<br />

sondern das primäre Ziel war, das „irreversible Koma“ als<br />

Kriterium des Todes einzuführen. Dies wiederum galt dem<br />

ausschließlichen Zweck, vitale Organe einem Sterbenden<br />

zu entnehmen, ohne dabei vom Gesetzgeber zur Verant-<br />

42 durchblick 3/<strong>2008</strong>


Philosophischer Essay<br />

wortung gezogen zu werden. Diese Harvard-<br />

Kriterien hatten weltweit einen entscheidenden<br />

Einfluss auf die Feststellung des Todes und<br />

indirekt auch auf die Entwicklung der Transplantationsmedizin.<br />

Sie setzten neue Standards<br />

zur Feststellung des Todes. Zu ihnen zählten:<br />

Wahrnehmungs- und Reaktionslosigkeit (tiefes<br />

Koma), keine Atmung, keine Bewegungen, keine<br />

Reflexe und ein flaches Elektroencephalogramm.<br />

Die Hirntoddiagnostik, eine Folter?<br />

Heute gibt es bei uns in Deutschland für die<br />

Feststellung des Hirntodes umfassende Richtlinien<br />

der Bundesärztekammer auf der Grundlage von §<br />

16 des Transplantationsgesetzes. Allerdings wurden diese<br />

Richtlinien schon mehrfach geändert. Wie aber verläuft das<br />

Prozedere einer Hirntoddiagnostik? Voraussetzung für ihre<br />

Durchführung ist, dass bei dem Patienten entweder eine primäre<br />

(direkte Verletzung) oder sekundäre (z. B. Herzinfarkt),<br />

irreversible Hirnschädigung, verbunden mit einer tiefen Bewusstlosigkeit<br />

(Koma), vorliegt. Zur Diagnose gehören die<br />

sogenannten „Klinischen Untersuchungen“. Sie bestehen<br />

aus: der Pupillenreaktion, dem Puppenkopfphänomen, dem<br />

Hornhautreflex, Reaktionen auf Schmerzreize, Würg- und<br />

Hustenreflex sowie die Überprüfung der Spontanatmung<br />

(Apnoe-Test). Diese Untersuchungen werden von zwei intensivmedizinisch<br />

erfahrenen Ärzten, getrennt und unabhängig<br />

voneinander, vorgenommen und bei Erwachsenen<br />

nach einer Beobachtungszeit von 12 Stunden wiederholt.<br />

Alternativ zu der Wiederholung dieser klinischen Untersuchungen<br />

können auch apparative Untersuchungen, wie die<br />

Erstellung einer Elektroenzephalografie (EEG), oder auch<br />

andere apparative Verfahren zur Prüfung von Gehirnaktivitäten<br />

durchgeführt werden. Ein Zwischenruf zum besseren<br />

Verständnis:<br />

Ärzte, die diese Untersuchungen vornehmen, müssen zu<br />

Beginn der Untersuchung davon ausgehen, dass der Patient<br />

noch lebt. Warum ist das wichtig? Weil die Hirntoddiagnose<br />

mit ihren vorgeschriebenen Tests am Körper eines Patienten<br />

letztlich einer „Folter“ gleichkommt, die ein Arzt bei einem<br />

Lebenden niemals ohne dessen Zustimmung durchführen<br />

dürfte, ohne sich der Körperverletzung strafbar zu machen.<br />

Ich verzichte hier bewusst auf Einzelheiten. Erwähnt sei<br />

nur der Apnoe-Test, der sich nach Aussagen vieler Mediziner<br />

therapeutisch negativ auswirkt, da das ohnehin schon<br />

stark geschädigte Gehirn durch diesen Test zusätzlich erheblich<br />

belastet und noch vorhandenes Heilungspotenzial<br />

unwiederbringlich verloren geht. Der japanische Kardiologe<br />

Dr.Yoshio Watanabe ist der Auffassung, wenn die Patienten<br />

nicht dem Apnoe-Test ausgesetzt würden, könnten<br />

sie eine 60-prozentige Chance zur Rückkehr ins Leben haben,<br />

wenn sie rechtzeitig mit therapeutischer Unterkühlung<br />

behandelt würden. 6) Es gibt Mediziner, die die Hirntoddiagnostik<br />

mit dem Apnoe-Test als unethisch verurteilen<br />

und meinen, wenn die Angehörigen um die Brutalität und<br />

Risiken dieses Verfahrens wüssten, würden die meisten ihre<br />

Zustimmung verweigern. Um seine Fragwürdigkeit zu<br />

verdeutlichen, wird er verglichen mit einem Patienten, bei<br />

dem man nach einem erlittenen schweren Herzinfarkt ein<br />

Belastungs-EKG durchführt, um damit den Herzinfarkt zu<br />

bestätigen. Soweit der Zwischenruf.<br />

Sind alle Untersuchungs- und Testergebnisse der Hirntoddiagnostik<br />

negativ, d. h. der Patient zeigt auf die an ihm<br />

durchgeführten Maßnahmen keinerlei Reaktionen oder Reflexe,<br />

und das EEG weist eine Null-Linie auf, wird er für<br />

hirntot erklärt. Um den Hirntod zu dokumentieren, wird<br />

ein Formular (ein detailliertes „Protokoll zur Feststellung<br />

des Hirntodes“) ausgefüllt. Für das gesamte Prozedere sind<br />

insgesamt 8 Unterschriften notwendig. Mit der letzten Unterschrift<br />

tritt der Tod ein, sozusagen als ein bürokratischer<br />

Akt. Durch diesen diagnostischen Totenschein wird der<br />

Patient unmittelbar zu einem potenziellen und begehrten<br />

Organspender. Soweit der Verlauf der Hirntoddiagnose in<br />

Kurzfassung.<br />

Als Laie kann ich hier nur staunen, wie schnell durch die<br />

Feststellung des Hirntodes aus einem Patienten plötzlich<br />

eine Leiche wird. Und das, obwohl sich an seinem äußeren<br />

Zustand überhaupt nichts verändert hat. Er ist warm,<br />

sein Brustkorb hebt und senkt sich, sein Herz schlägt, er<br />

schwitzt und er hat eine rosige Haut. Er unterscheidet sich<br />

rein äußerlich überhaupt nicht von den anderen Patienten,<br />

die auf der Intensivstation liegen und gerätemedizinisch<br />

versorgt und überwacht werden. An ihm finden sich keinerlei<br />

äußere Zeichen des Todes. „Herz-Kreislauffunktion,<br />

Nierenfunktion, Verdauung, Regulierung des Wasser- und<br />

Mineralhaushaltes, immunologische Reaktionen und Atmung<br />

auf Zellebene sind erhalten.“ 4) Die normale menschliche<br />

Wahrnehmung des Todes mit seinen äußeren Zeichen<br />

(Atemstillstand, Herzstillstand, Leichenblässe, kalte Haut)<br />

wird bei einer Hirntoddiagnose völlig außer Kraft gesetzt.<br />

Einzig die Aussage der Mediziner, der Patient sei aufgrund<br />

„innerer Zeichen“ tot, muss genügen. Widerstand regt sich<br />

in mir und ich frage mich verwirrt: „Was ist das für ein<br />

Tod, bei dem der Mensch noch lebt?“ 12) Ist die Diagnose<br />

des Hirntodes nicht eher eine Prognose, eine me- <br />

Bildquelle: Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO)<br />

durchblick 3/<strong>2008</strong> 43


Philosophischer Essay<br />

Bildquelle: Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO)<br />

dizinische Voraussage auf den nahen und unabwendbaren<br />

Tod? Belegt sie nicht eher die Irreversibilität des Sterbens?<br />

Das könnte ich ja verstehen. Aber dann ist der Patient kein<br />

Toter, sondern ein Sterbender, also ein Lebender. Das wiederum<br />

wirft die Frage auf, wird durch die Hirntoddiagnose<br />

der Todeszeitpunkt eines sterbenden Menschen nicht vorverlegt,<br />

eben zum Zweck der Organentnahme? Diese kritische<br />

Frage hat schon der weise Philosoph Hans Jonas vor<br />

vielen Jahren gestellt, als er in einem seiner letzten Briefe,<br />

fast flehentlich, die Mediziner aufforderte: „Lasst sie zuerst<br />

sterben“. 11)<br />

„tot ist tot“, aber wie lebendig ist<br />

ein Hirntoter?<br />

Zu all diesen beklemmenden Fragen kommt noch erschwerend<br />

hinzu, dass die Kriterien zur Feststellung des<br />

Hirntodes nicht einheitlich sind. Weltweit gibt es schon seit<br />

1978 über 30 verschiedene Kriteriengruppen. 4) Das wiederum<br />

bedeutet, dass ein Patient an einem bestimmten Ort auf<br />

der Welt, nach den dort bestehenden Kriterien für tot erklärt<br />

wird, nicht aber an einem anderen Ort, wo nach anderen<br />

Kriterien entschieden wird. Hier tot, dort lebendig. Außerdem<br />

haben Änderungen der Kriterien die Tendenz, weniger<br />

strikt zu sein als die früheren 4) . So setzten die Harvard-<br />

Kriterien von 1968 noch eine völlige Reflexlosigkeit für<br />

den Nachweis des Hirntodes voraus. Nach diesen Kriterien<br />

wäre die Diagnose des Hirntodes in Deutschland heute in<br />

den meisten Fällen gar nicht haltbar. 4) Inzwischen gelten in<br />

Europa und den USA bestimmte Reflexe und Bewegungen<br />

mit dem Status einer Leiche als durchaus vereinbar, davon<br />

17 bei Männern (darunter die Erektion des Penis) und 14<br />

bei Frauen. „Lt. Statistik der Transplantationsmedizin sind<br />

75 Prozent aller Hirntoten noch in der Lage sich zu bewegen.<br />

Dazu gehören beispielsweise Reflexe der unteren<br />

Extremitäten, der Fußsohle, der Achillesferse, Nacken-,<br />

Finger-, Rumpf-Beugereflexe sowie Bauch-, Vaginal-, Unterleib-<br />

oder Analreflexe, wovon 11 durch Stiche ausgelöst<br />

werden.“ 5) Viele dieser oder anderer Bewegungen und Reflexe<br />

sind laut der Transplantationsmedizin nur noch (!)<br />

„spinale Reaktionen“ des Rückenmarks. Trotzdem irritieren<br />

sie immer wieder, auch erfahrenes OP-Personal. Unter<br />

ihnen auch das sogenannte „Lazarus-<br />

Syndrom“, bei dem sich der Hirntote<br />

mit seinem Oberkörper aufrichtet und<br />

Umarmungsbewegungen macht. Wie<br />

fragwürdig die Definition ist, der Hirntod<br />

sei der Tod des ganzen Menschen,<br />

wird besonders dadurch deutlich, dass<br />

hirntote Schwangere in der Lage sind,<br />

gesunden Kindern Leben zu schenken.<br />

Die längste Schwangerschaft einer<br />

Hirntoten betrug 107 Tage. Sie wurde<br />

durch Kaiserschnitt von einem gesunden<br />

Jungen entbunden, der sich normal<br />

entwickelte. 4) Von einer anderen,<br />

hirntoten Schwangeren ist bekannt, dass ihr Körper nach<br />

der Geburt begann, Muttermilch zu produzieren und die<br />

Brustwarzen anzuregen. Eine Funktion, die nur durch ein<br />

Signal im Gehirn (einer bestimmten Gehirnregion) ausgelöst<br />

werden kann. 6) Wie immer man zu der Schwangerschaft<br />

einer hirntoten Frau auch stehen mag, sicher ist, nur<br />

ein lebender Organismus kann Leben weitergeben. Welche<br />

Zweifel hochkarätige Experten am Hirntodkonzept haben,<br />

mögen die Aussagen zweier renommierter Hirnforscher<br />

verdeutlichen. Prof. Dr. Detlef Linke, Bonn ( + 2005) stellte<br />

schon vor Jahren die Frage: „Kann ein Mensch für tot<br />

angesehen werden, wenn 97 % seiner Körperzellen noch<br />

funktionieren, aber nur 3 %, die sein Gehirn ausmachen,<br />

ausgefallen sind“? (...) der Organismus stirbt während der<br />

Operation (Explantation) im Rahmen der Kochsalzdurchspülung<br />

des Kreislaufsystems ab.“ 7) Prof. Dr. Gerhard Roth,<br />

Bremen, sagte bei einer Expertenanhörung des Bundestagsausschusses<br />

für Gesundheit bereits im Jahr 1995 u.a.:<br />

„Die Aussage, der Tod eines Menschen sei dann eingetreten,<br />

wenn seine gesamte Hirnfunktionen irreversibel ausgefallen<br />

sind, ist aus physiologischer Sicht nicht haltbar<br />

(....). Der Ausfall der gesamten Hirnfunktionen kann mit<br />

den heute angewandten Verfahren nicht zweifelsfrei festgestellt<br />

werden (...). Eine wirkliche Leiche ist für eine Organentnahme<br />

ungeeignet. Will man Organtransplantation,<br />

dann muss man akzeptieren, dass man die Organe einem<br />

lebenden Menschen entnimmt, dessen Hirn irreversible<br />

geschädigt ist“ 7) . Von einem Neurophysiologen stammt die<br />

Aussage: Ohne Gehirn ist alles nichts, aber das Gehirn ist<br />

nicht alles. Hinter diesem (nur scheinbar) lapidaren Satz<br />

tut sich ein weites Feld interessanter und nachdenkenswerter<br />

Fragen auf, die es wert sind, dass man ihnen einmal<br />

nachgeht, auch und gerade im Umfeld der Hirntoddiagnostik.<br />

Die Organentnahme (Explantation)<br />

Dieses Kapitel berührt mich, ich gebe es ehrlich zu, am<br />

heftigsten. Aber es gehört zu meinen kritischen Gedanken<br />

dazu, denn gerade im Ablauf der Organentnahme wird für<br />

mich die ganze Fragwürdigkeit einer Organtransplantation<br />

und mit ihr die Glaubwürdigkeit der Hirntoddefinition be-<br />

44 durchblick 3/<strong>2008</strong>


sonders deutlich. Obwohl der Organspender nach der Hirntoddiagnose<br />

ein Toter ist, wird er in den meisten Fällen<br />

durch einen anwesenden Anästhesisten narkotisiert, um die<br />

bereits erwähnten vielfältigen Schmerz- und Bewegungsreflexe<br />

zu vermeiden, die während der Organentnahme sehr<br />

störend sein können, sowohl operativ als auch psychologisch.<br />

Was einstmals „Lebenszeichen“ waren, sind jetzt<br />

nur noch „Todesreflexe“. Der Schnitt in die Bauchdecke<br />

kann zu ansteigender Herzfrequenz und einem erhöhten<br />

Blutdruck führen. Bei anderen Operationen gelten diese<br />

Zeichen als Hinweise auf Stress bzw. Schmerz. Da es sich<br />

bei über 80 Prozent einer Organspende um eine sogenannte<br />

„Multiorganentnahme“ handelt, bei der mehrere Organe<br />

entnommen werden, wird der Körper von der Kehle bis zum<br />

Schambein aufgeschnitten. Wie schon bei der Hirntoddiagnose<br />

verzichte ich auch hier bewusst auf Details. Für jedes<br />

einzelne Organ kommt ein spezielles Transplantationsteam.<br />

Entnommen werden, je nach Zustand des Spenders, Herz,<br />

Lunge, Niere, Milz, Leber, Bauchspeicheldrüse, Knochen,<br />

Bänder, Augen etc. Bis zu 20 Ärzte können es sein, die sich<br />

aus dem Körper des Spenders bedienen. Eine Explantation<br />

kann bis zu fünf Stunden dauern. Während dieser Zeit hat<br />

der Anästhesist neben der Schmerz- und Reflexunterdrückung<br />

die Aufgabe, das Herz so lange stabil zu halten, bis<br />

es selbst entnommen wird. All dies geschieht<br />

unter der Kontrolle eines „Transplantationskoordinators“<br />

der den Zeitplan festlegt und<br />

bestimmt, wo die einzelnen Organe hintransportiert<br />

werden, europaweit. Für mich kein<br />

Wunder, dass aus den Reihen des Pflegepersonals<br />

und der Ärzte, die bei Explantationen<br />

im Einsatz waren, Bezeichnungen und<br />

Vergleiche wie: „Abernten, Ersatzteillager, Autofriedhof,<br />

Recycling auftauchen und sich bei einer Umfrage ca. 60<br />

Prozent des Pflege- und OP-Personals kritisch bis ablehnend<br />

geäußert haben. 7) .<br />

Die Kulturwissenschaftlerin Dr. Anna Bergmann weist in<br />

ihrem Artikel „Tabuverletzungen und Schuldkonflikte in der<br />

Transplantationsmedizin“ u.a. auf zwei eklatante Tabuverletzungen<br />

bei der Organentnahme hin. Folgt man, entgegen<br />

seiner sinnlichen Wahrnehmung, dem Hirntodkonzept und<br />

sieht in dem Patienten einen endgültig verstorbenen Menschen,<br />

... „überschreitet die Organtransplantationsmedizin<br />

das Todestabu, das den Toten vor der Bemächtigung anderer<br />

in seinem unberührten Status schützt. (...) Wie ist das Recht<br />

auf Totenruhe mit dem Akt der chirurgischen Zerstückelung<br />

überhaupt vereinbar? Die Zergliederung des Organspenders<br />

in Augen, Haut, Herz, Lungen, Bauchspeicheldrüse, Luftröhre,<br />

Leber, Niere, Gelenke, Innenohren, Kieferknochen,<br />

Dünndärme und neuerdings auch Hände und Unterarmen<br />

entspricht dem Akt der Leichenschändung.“ 5) Folgt man<br />

dem Hirntodkonzept nicht, wird das Tötungsverbot unmittelbar<br />

berührt. „Halten die an der Organentnahme professionell<br />

beteiligten Menschen an dem Herztod als den Zeitpunkt<br />

eines abgeschlossenen Sterbeprozesses fest, der für<br />

Philosophischer Essay<br />

die<br />

Umwandlung<br />

einer Person<br />

zur Sache<br />

jeden von sinnlich wahrnehmbaren Todeszeichen markiert<br />

ist, dann entsteht durch die Mitarbeit an einer Explantation<br />

ein Tötungsbewusstsein und mobilisiert Schuldgefühle.“ 5)<br />

Die ergreifenden Aussagen, Erzählungen und Berichte vieler<br />

Pflegekräfte bestätigen dies, denn sie erleben die Explantation<br />

nicht partiell, wie die einzelnen chirurgischen<br />

Teams, sondern von Anfang bis Ende. Sie sind es, die zu<br />

Beginn einen Patienten in den OP-Saal fahren, dessen Herz<br />

schlägt und dessen Körper zu 97 Prozent arbeitet und die<br />

am Ende den „Restkörper“ zu einer ansehnlichen Leiche<br />

herrichten müssen. Dazwischen erleben sie, wie nach und<br />

nach ein Mensch sein Leben verliert, d. h. den „medizinisch<br />

systematisch herbeigeführten Moment des Herztodes von<br />

hirnsterbenden Patienten und die sich einstellenden Todeszeichen.“<br />

5) Sie sind auch dabei, wenn aus einer Person eine<br />

Sache wird, getrennt nach wiederverwendbar und nicht<br />

mehr zu gebrauchende biologische Einzelteile. !!! Wenn das<br />

nicht an die Nieren geht. !!! Jede andere Operation, und<br />

sei sie auch noch so schwierig und blutig, hat immer das<br />

Ziel zu heilen und zu helfen. Aber bei einer Explantation<br />

geschieht genau das Gegenteil. Wie traumatisch solche Verarbeitungsprozesse<br />

für das Pflegepersonal sein können, mag<br />

die Aussage eines OP-Pflegers verdeutlichen: „Ich werde<br />

nach Hause gehen, mich schlafen legen, und dann werde ich<br />

im Traum noch einmal das Ganze erleben. Ich<br />

werde diesen Toten sehen, der erst sein eigenes,<br />

dann das Gesicht eines mir nahestehenden<br />

Menschen und schließlich mein Gesicht tragen<br />

wird. Alles Verdrängte, Verschluckte, ein<br />

Hexenkessel voller Gefühle wird aufbrechen.<br />

Sie werden ein grausames Spiel mit mir treiben<br />

– ungehindert, ungebremst, sich austoben<br />

bis zum Exzess. Erst dann wird diese Entnahme für mich<br />

vorbei sein.“ 7) Bei mir erfährt die grässliche Vorstellung<br />

einer Explantation noch eine Steigerung darin, dass ich auf<br />

dem Operationstisch ein sterbendes Kind liegen sehe. Nein,<br />

weiter möchte ich nicht denken, nur an die Eltern, die ihr<br />

Kind zur Organspende „freigegeben“ und diesen Schritt im<br />

Nachhinein bitter bereut haben. (Nachzulesen im Internet<br />

unter www.initiative-kao.de oder www.transplantation-information.de.<br />

Das Fremde im Eigenen 8)<br />

Bei der Implantation eines Organs ist es nicht nur das<br />

Immunsystem des Empfängers, welches sich ein Leben<br />

lang vehement weigert, dass fremde Organ zu akzeptieren,<br />

nein, auch seine Psyche meldet sich und signalisiert<br />

zum Teil massiven Widerstand. Dazu Frau Dr. Anna Bergmann:<br />

„Die Transplantationsmedizin hat einen neuartigen<br />

Patiententypus mit ganz eigenen psychischen Konflikten<br />

hervorgebracht. Zwischen 50 und 70 Prozent aller Empfänger<br />

von lebenswichtigen Organen leiden an Persönlichkeitsveränderungen,<br />

Identitätsproblemen, Angstzuständen<br />

und Depressionen (...). In den ersten beiden Wochen nach<br />

der Operation können transplantierte Patienten in <br />

durchblick 3/<strong>2008</strong> 45


Wahnzustände geraten, im weiteren Verlauf kann es zu<br />

Depressionen und Psychosen kommen, die psychiatrisch<br />

behandelt werden müssen. Es wird eine hohe Dunkelziffer<br />

von psychischen Erkrankungen nach einer Organtransplantation<br />

vermutet, da viele der Patienten eine Scheu davor<br />

haben, ihre tabubelegten Konflikte offenzulegen.“ 5)<br />

Nicht selten beginnen psychische Probleme schon vor<br />

der Transplantation, während der Zeit der „Warteliste“.<br />

Schon hier können sich Schuldgefühle entwickeln. Sie warten<br />

und hoffen auf ein passendes Organ, das aber nur zum<br />

Preis eines anderen Menschenleben zu haben ist. Sie wollen<br />

ja gar nicht den Tod des Spenders, nein, sie wünschen sich<br />

nur eines seiner Organe. Dieser Konflikt arbeitet im Unterbewusstsein<br />

und während der langen Zeit des<br />

Wartens stellen sich die „bösen Gedanken“ ein.<br />

Wann steigen meine Chancen auf ein Organ? Im<br />

Frühjahr, wenn bei den ersten Sonnenstrahlen<br />

die Motorradfahrer unterwegs sind, oder im<br />

Herbst bei Nebel und Glatteis, wenn steigende<br />

Unfallzahlen zu erwarten sind. Manche der Betroffenen<br />

sagen es offen heraus, manche aber<br />

erleben diese Gedanken als furchtbar und schuldhaft. Diese<br />

Schuldgefühle bleiben oft auch nach der Transplantation<br />

erhalten und verbinden sich mit der Angst vor einer Veränderung<br />

der eigenen Identität, die nicht selten zu beobachten<br />

ist. Hierzu gibt es seit dem Beginn der Transplantationsmedizin<br />

viele, ungezählte Beispiele, die belegen, dass es zu<br />

Identifikationsstörungen bei Geschlecht, Charakter, Hautfarbe<br />

und im Essverhalten kommen kann. Schon der erste<br />

Herztransplantierte Washkansky bezeichnete sich 1967 als<br />

„neuen Frankenstein“. Männer, die erfahren haben, dass<br />

sie das Herz einer Frau haben, kämpfen mit dem Problem<br />

eine Frau zu sein, andere kommunizieren mit ihrem neuen<br />

Frauenherz und sprechen es mit „Lady“ an, die sich<br />

unterzuordnen habe. Andere wundern sich, dass sie nach<br />

der Transplantation einen Heißhunger auf Lebensmittel<br />

entwickeln, die sie früher verabscheuten. Wieder andere<br />

spüren, wie von dem neuen Organ „fremde Kräfte“ ausgehen,<br />

die sie bedrängen. Dadurch, dass sie sich das fremde<br />

Organ im wahrsten Sinne des Wortes „einverleibt“ haben,<br />

leiden manche Organempfänger unter kannibalistischen<br />

Träumen, in denen sie als Raubtier anderen Menschen das<br />

Herz herausreißen. Neben der Behandlung solcher psychischen<br />

Nebenwirkungen müssen die Organempfänger<br />

Bildquelle: Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO)<br />

Der Tod<br />

ist keine<br />

Ansichts<br />

sache<br />

Philosophischer Essay<br />

ihr Leben lang bis zu 30 Tabletten am Tag einnehmen, um<br />

das Immunsystem daran zu hindern, das fremde Organ abzustoßen.<br />

Bedingt durch die permanente Schwächung des<br />

Immunsystems können zusätzliche Nebenwirkungen wie<br />

z. B. Pilzinfektionen auftreten. Sie bleiben ihr Leben lang<br />

an die Transplantationsmedizin gekettet.<br />

All diese körperlichen und psychischen Reaktionen auf<br />

ein fremdes Organ zu reagieren zeigen mir, dass der Mensch,<br />

auch im Zeitalter moderner Transplantationsmedizin, eine<br />

geheimnisvolle, psychosomatische Einheit ist. Die Erforschung<br />

der tief greifenden Wechselwirkungen zwischen<br />

Leib und Seele weist noch viele weiße, unerforschte Flecken<br />

auf. Allein schon so alltägliche Aussagen wie „an die<br />

Nieren gehen“, „auf den Magen schlagen“, „unter die Haut<br />

gehen“, oder „da kommt einem die Galle hoch“, lassen die<br />

enge Verbundenheit unserer seelischen Befindlichkeit mit<br />

dem Befinden bestimmter körperlicher Organe erkennen<br />

und spüren. Ganz zu schweigen von der Bedeutung des<br />

Herzens. Wozu steht nicht alles unser Herz. Denken Sie einmal<br />

selbst nach und sie werden schnell feststellen, wie stark<br />

besetzt unser Herz ist, wenn es darum geht, unser seelisches<br />

Befinden zum Ausdruck zu bringen und welch umfassende,<br />

kulturgeschichtliche Bedeutung es hat. Ich für meinen Teil<br />

kann nur sagen, dass es für mich eine „Herzensangelegenheit“<br />

war, diesen Beitrag zu schreiben. Wie tief<br />

die Verbundenheit zwischen Leib und Seele ist,<br />

wird für mich am Beispiel einer 15-jährigen<br />

Organempfängerin besonders intensiv deutlich,<br />

die angesichts ihrer bevorstehenden Operation<br />

fragt: „Was werden sie mit meinem herausgeschnittenen<br />

Herzen machen, werden sie es mit<br />

blutigen Binden und Krebsgeschwüren in den<br />

Müll werfen? Wenn ich es herausschneiden lasse, wenn es<br />

vor mir stirbt, will ich ein Grab dafür, in das man mich<br />

später hineinlegen soll.“ 9)<br />

Der Hirntodbegriff im Konflikt mit dem<br />

Grundgesetz?<br />

Es hat mich als ein völliger Laie schon erstaunt, als<br />

ich in dem Artikel „Leben retten durch Töten?“ von Prof.<br />

Dr. Wolfgang Waldstein, Rechtswissenschaftler an der<br />

Universität Salzburg las, dass namhafte Verfassungsrechtler<br />

zu dem Ergebnis gekommen sind, „dass der hirntote<br />

Mensch im Grundrechtssinne lebt und das Hirntodkriterien<br />

daher nicht den Tod eines Menschen, sondern nur die Irreversibilität<br />

und damit die Endgültigkeit seines Sterbens<br />

dokumentiert.“ 10) Er bezieht sich dabei auf eine ausführliche<br />

Analyse von Prof. Dr. Ralph Weber, Universität Rostock<br />

unter dem Titel: „Der Hirntodbegriff und der Tod des Menschen.“<br />

In dieser Analyse ist der Kernpunkt der Kritik das<br />

„Abgehen vom biologischen Todesbegriff“ (...) „es muss<br />

der Tod als Endpunkt des biologischen Lebens (...) eine biologische<br />

Größe bleiben, weil es zwischen Tod und Leben<br />

keinen dritten Zustand geben kann. (...) Eine Todesdefinition,<br />

die sich nicht an der physischen Existenz orientiert, son-<br />

46 durchblick 3/<strong>2008</strong>


Philosophischer Essay<br />

dern dem Menschen aufgrund des Fehlens<br />

kognitiver (= wahrnehmbarer d. Verf.) Fähigkeiten<br />

das Recht (...) auf sein Leben abspricht,<br />

ist schon deshalb mit Art. 2 Abs. 2,<br />

Satz 1 GG (= Jeder hat das Recht auf Leben<br />

und körperliche Unversehrtheit d. Verf.)<br />

nicht vereinbar. Das bedeutet, dass der Tod<br />

des Menschen nur und erst bei einem Funktionsverlust<br />

beider wesentlicher Systeme,<br />

des Bewusstseins und des physischen<br />

Organismus eintritt; der irreversible Ausfall<br />

nur eines dieser Systeme reicht nicht<br />

aus, um vom Todeseintritt zu sprechen.“ 10)<br />

Wenn das Recht und Gesetz ist, kann ich als<br />

einfacher Bürger dieses Landes nur irritiert<br />

fragen: Warum darf man dann Sterbenden,<br />

also lebenden Menschen, seit Jahrzehnten straffrei Organe<br />

entnehmen? Schlimmer noch. Wird bestehendes Recht unter<br />

dem Deckmantel humanitärer Hilfe auf dem Altar wirtschaftlicher<br />

Interessen geopfert?<br />

... und was sagen die Kirchen?<br />

In fast keiner Broschüre der Transplantationsmedizin<br />

fehlt der Hinweis auf den „Segen“ der beiden großen Kirchen<br />

in Deutschland zur Organspende. In einer gemeinsamen<br />

Erklärung der Deutschen Bischofskonferenz und<br />

des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland aus<br />

dem Jahr 1990 (!!) heißt es u. a.: „ Angehörige, die die<br />

Einwilligung zur Organtransplantation geben, machen sich<br />

nicht eines Mangels an Pietät gegenüber dem Verstorbenen<br />

schuldig. Sie handeln ethisch verantwortlich, weil sie ungeachtet<br />

des von ihnen empfundenen Schmerzes im Sinne des<br />

Verstorbenen entscheiden, anderen Menschen beizustehen<br />

und durch Organspende Leben zu retten (...) Aus christlicher<br />

Sicht ist die Bereitschaft zur Organspende nach dem<br />

Tod ein Zeichen der Nächstenliebe und Solidarisierung mit<br />

Kranken und Behinderten.“<br />

An dieser Auffassung hat sich nach meinen Recherchen<br />

bis heute nichts geändert, obwohl es mir<br />

Christliche<br />

Nächstenliebe<br />

durch Töten?<br />

dringend notwendig erscheint, diese Position<br />

erneut auf den Prüfstand zu stellen.<br />

Getan hat dies im Februar 2005 die „Päpstliche<br />

Akademie der Wissenschaften“. Auf<br />

Einladung des damaligen Papstes Johannes<br />

Paul II. kamen hochkarätige Experten aus<br />

aller Welt zusammen, um gemeinsam über das Thema „Die<br />

Zeichen des Todes“ zu diskutieren. Herausgekommen ist<br />

eine Abhandlung mit dem Titel: „Hirntod ist nicht Tod“. Ich<br />

kann jedem Interessierten nur empfehlen, diese Abhandlung<br />

zu lesen, insbesondere die 13 Punkte im Absatz VII<br />

Anzeichen des Todes. Hier seien nur die Punkte 11 und 13<br />

wiedergegeben: (11) „Eine Diagnose des Todes durch neurologische<br />

Kriterien allein ist Theorie, keine wissenschaftliche<br />

Tatsache. Sie reicht nicht aus, die Lebensvermutung zu<br />

überwinden.“ (13) „Das Beenden eines unschuldigen Lebens<br />

bei dem Versuch, ein anderes Leben zu retten, wie es im<br />

Falle der Transplantationsmedizin von unpaarigen lebenswichtigen<br />

Organen geschieht, mildert nicht das Übel, einem<br />

unschuldigen Menschen das Leben zu nehmen. Böses darf<br />

nicht getan werden, damit Gutes daraus entstehen möge.“<br />

Es ist an der Zeit, dass sich beide Kirchen in Deutschland<br />

mit diesem Thema erneut auseinandersetzen und daran<br />

denken: >In dubio pro vita< (im Zweifel für das Leben).<br />

Nicht ohne Grund warnt Prof. Dr. Waldstein vor den (...)<br />

„tödlichen Folgen falscher Theorien. Es muss leider im<br />

Zusammenhang mit einer gewaltigen >Erdrutsch< Bewegung<br />

gesehen werden, in der die >unverletzlichen und<br />

unveräußerlichen Menschenrechte als Grundlage jeder<br />

menschlichen Gemeinschaft< im Namen des Fortschritts<br />

der Wissenschaften und der Nützlichkeit zunehmend hinweggefegt<br />

werden“ 10)<br />

Behütetes Sterben<br />

Ich habe diesen Artikel mit einer persönlichen Einleitung<br />

begonnen und möchte ihn auch mit einem persönlichen<br />

Fazit beenden. Ein JA zur Organspende ist für mich<br />

verbunden mit der Zustimmung, einem Menschen, in der<br />

finalen Phase seines Sterbens, Organe zu<br />

entnehmen. Als ehrenamtlicher Mitarbeiter<br />

der Ambulanten ökumenischen Hospizhilfe<br />

Siegen habe ich es mir zur Aufgabe<br />

gemacht, schwerstkranke und sterbende<br />

Menschen bis zu ihrem Tod zu begleiten.<br />

Ein hirntoter Mensch ist für mich ein sterbender<br />

Mensch, der, am Ende seines Lebens angekommen,<br />

neben der medizinischen Versorgung, alle nur erdenkliche<br />

menschliche Zuwendung von uns braucht, um auch die letzte<br />

Phase seines Lebens in Würde zu bestehen und damit sein<br />

Leben als Ganzes zu vollenden. Bei einem Hirntoten, der<br />

explantiert werden soll und der in die zweckgebundenen<br />

Abläufe der Transplantationsmedizin zur Erhaltung seiner<br />

Organe gerät, kann eine solche menschliche, hospizlich orientiere<br />

Begleitung nur sehr begrenzt stattfinden. Es ist für<br />

mich selbstverständlich, dass ich einen Organspen- <br />

durchblick 3/<strong>2008</strong> 47<br />

Bildquelle: Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO)


Philosophischer Essay<br />

der bis zum letztmöglichen Augenblick begleiten würde,<br />

aber die Vorstellung, ihn bis zum Operationssaal zu begleiten,<br />

in dem er explantiert werden soll, assoziiert in mir das<br />

Bild einer Begleitung hin zu einer „chirurgischen Schlachtbank“,<br />

auf der ich ihn zusammen mit seinen Angehörigen<br />

schutz- und hilflos zurücklassen müsste. Ein Hirntoter ist<br />

ein „Lebender im Prozess des Sterbens“, der im sozialen<br />

Kontext seiner Angehörigen und Freunde am Ende seiner<br />

diesseitigen Biografie angekommen und bis zum letzten<br />

Atemzug und Herzschlag eine individuelle Person bleibt<br />

und keine gesichts- und geschichtslose Menge verwertbarer<br />

bzw. unbrauchbarer Organe.<br />

Erhöhte Wachsamkeit ist angesagt, denn es wird zunehmend<br />

nicht mehr danach gefragt, was können wir für<br />

Sterbende und Tote tun, sondern was können wir mit ihnen<br />

machen. Dieses utilitaristische Denken, dieser medizinische<br />

Nützlichkeitswahn und der steigenden Gier nach<br />

immer mehr Lebenszeit, muss seine Grenze finden in der<br />

Würde jeder einzelnen Person, d.h. auch in der eines hirntoten<br />

Menschen.<br />

Eberhard Freundt<br />

Buchempfehlungen: „Der entseelte Patient“ die moderne<br />

Medizin und der Tod von Anna Bergmann (Aufbau-<br />

Verlag). „Unversehrt Sterben“ Konfliktfall Organspende<br />

von Renate Greinert (Kösel-Verlag)<br />

Quellenangaben: 1) Anmerkung: Die Transplantationsmedizin (TPM) als Sammelbegriff<br />

umfasst sowohl die Organtransplantation als auch die Gewebetransplantation.<br />

Beide sind aber sowohl aus medizinischer Sicht als auch vom Gesetzgeber<br />

her zu unterscheiden. Die Gedanken in diesem Beitrag beschäftigen sich in<br />

der Hauptsache mit der Problematik der Organtransplantation 2) Alle Zahlen und<br />

Angaben wurden dem Jahresbericht der Deutschen Stiftung Organtransplantation<br />

(DSO) sowie einer Presseinformation der Aktion „Fürs Leben“ entnommen. 3) mit<br />

Ausnahme von: Lebendspenden 4) entnommen einem Vortrag von Prof. Dr. med.<br />

Linus S. Geisler „Ist die Hirntod-Definition aus biologisch-medizinischer Sicht<br />

plausibel ?“ 5) Dr. Anna Bergmann in „Tabuverletzungen und Schuldkonflikte in<br />

der Transplantationsmedizin 6) „Hirntod ist nicht Tod“, Essay von einer Tagung<br />

der Päpstlichen Akademie der Wissenschaft Anfang Februar 2005 veröffentlicht<br />

in der Schriftenreihe der Aktion Leben e.V. (Heft 24) 7) Niederschrift des Vortrages<br />

von Walter Ramm: „Hirntod und Organtransplantation“ aus der Schriftreihe der<br />

Aktion Leben e.V. 8) Begriff von Psychotherapeut Rainer Ibach 9). Elisabeth Wellendorf:<br />

Was kann man einem Menschen zumuten, ohne ihn zu zerstören? In: Organspende<br />

– Kritische Ansichten zur Transplantationsmedizin (Lamuv-Verlag).<br />

10)<br />

„Leben retten durch Töten?“) von Prof. Dr. Wolfgang Waldstein in Bezug auf<br />

die Analyse „Der Hirntodbegriff und der Tod des Menschen“ von Prof. Dr. Ralph<br />

Weber 11) Prof. Dr. med. Linus S. Geisler in „Die Zukunft des Todes – Überlegungen<br />

zum Hirntod“ 12) Prof. Dr. med. Linus S. Geisler in „Behütetes Sterben<br />

und Organspende“.<br />

Ambulante<br />

ökumenische<br />

Hospizhilfe Siegen e.V.<br />

Im Rahmen unseres diesjährigen<br />

Schwerpunktthemas<br />

„Ethische Fragen am Lebensende“<br />

laden wir zu zwei Vorträgen herzlich ein<br />

Donnerstag, 4. September <strong>2008</strong>, 19.30 Uhr<br />

St. Marien Krankenhaus, Saal 5.OG<br />

Vortrag von Dr. Friedhelm Decher<br />

„END-Zeit“ philosophisch-ethische Fragen<br />

zur Sterbehilfe<br />

Montag, 3. November <strong>2008</strong>, 19.30 Uhr<br />

St. Marien Krankenhaus, Saal 5. OG.<br />

Vortrag von Dr. Dr. Hans-Günther Scheuer<br />

„Was darf der Mensch“?<br />

theologisch-ethische Fragen<br />

zur Selbstbestimmung am Lebensende<br />

- Eintritt frei-<br />

48 durchblick 3/<strong>2008</strong>


Leserbriefe<br />

„Wie viele Menschen (er)trägt die Erde?“ und „Des<br />

Menschen Heimat ist die Erde, gestern wie heute – und<br />

MORGEN? durchblick 1/<strong>2008</strong> und 2/<strong>2008</strong><br />

Wieder ist es Eberhard Freundt gelungen, ein brisantes<br />

und hochaktuelles Thema unserer Zeit auf eine eindringliche,<br />

herausfordernde Weise in Form philosophischer Essays<br />

darzustellen. Seine „Gedanken“ über die immer weiter<br />

wachsende Weltbevölkerung, ihre steigenden Ansprüche<br />

bei schwindenden Ressourcen und die daraus erwachsenen<br />

Folgen sind nicht unbekannt, aber sie rütteln in ihrer<br />

Brisanz neu auf.<br />

Den inhaltlichen Ausführungen zum Wachsen der Weltbevölkerung,<br />

ihren soziologischen Folgen und den ökologischen<br />

Auswirkungen ist wenig hinzuzufügen. Herr Freundt<br />

hat wie immer sorgfältig in der einschlägigen Literatur und<br />

den Fachmedien recherchiert und überzeugend und herausfordernd<br />

argumentiert. Die Richtigkeit seiner Darstellung<br />

bestätigt sich in der Realität: rücksichtslose Ausbeutung der<br />

natürlichen Ressourcen zugunsten wirtschaftlichen Wachstums,<br />

und damit verbundener Kapitalansammlung in den<br />

Händen weniger, Umweltverschmutzung und -zerstörung,<br />

Klimaveränderungen, zunehmende Unwetterkatastrophen,<br />

verhungernde Menschen.<br />

Man verspürt die Betroffenheit des Verfassers bei der<br />

Beschäftigung mit der Thematik in der Verfassung einer<br />

„Kurzanalyse über das Wesen des Menschen“ (durchblick<br />

1/<strong>2008</strong>, S. 42). Das Menschenbild, das hier gezeichnet<br />

wird, ist fürwahr nicht schmeichelhaft, aber im Blick auf<br />

die Wirklichkeit zutreffend.<br />

Daraus und aus dem Artikel insgesamt nur „Angriffe auf<br />

die Menschenrechte“ und Zeichnung von „Weltuntergangsszenarien“<br />

herauszulesen (siehe Leserbrief Bernard Nolz in<br />

durchblick 2/<strong>2008</strong>, S. 54) erscheint mir als ein erhebliches<br />

Missverständnis der Intentionen Freundts. Jedenfalls komme<br />

ich bei der Lektüre der beiden Artikel nicht zu dieser<br />

Folgerung. Ich kann auch nicht nachvollziehen, wie man in<br />

die Ausführungen Freundts Menschenverachtung hineininterpretieren<br />

kann. Ich lese hier aber Sorge über die Zukunft<br />

der Menschheit heraus.<br />

Eberhard Freundts Essays im durchblick haben ein Niveau,<br />

das den Anspruch eines lokalen Vereins-Presseorgans<br />

weit übersteigt. Themen, wie „Der Mensch“, Gotteshauch<br />

oder Zufallsprodukt“ „Gott nur ein Hirngespinst, der freie<br />

Wille eine Illusion?“ u. a. zeigen das weite Interessenspektrum<br />

und die Motivation des Verfassers, sich mit Grenzfragen,<br />

die nachdenkliche Zeitgenossen bewegen, auf anspruchsvolle<br />

Weise auseinanderzusetzen.<br />

Die Literaturrecherchen in Theologie (u. a. Drewermann),<br />

Philosophie (u. a. John Eccles), Hirnforschung (u. a. Gerhard<br />

Roth, Wolf Singer) fundieren die Essays überzeugend.<br />

Freundt setzt sich intensiv und ausführlich mit den jeweiligen<br />

Themenstellungen auseinander, er schürft tief und<br />

begründet fundiert. Das erfordert von dem Leser hohe Konzentration<br />

und Ausdauer. Aber, wer lässt sich schon von gehalt-<br />

und anspruchsvoller Lektüre abhalten? Einen Gewinn<br />

haben die Leserin und der Leser allemal.<br />

Für den durchblick und seine Leser ist die Mitarbeit von<br />

Eberhard Freundt ein nicht zu unterschätzender Gewinn.<br />

Seine Beiträge in dem Presseorgan der Stadt Siegen/Leitstelle<br />

Leben im Alter, verleihen dem Blatt ein, beachtenswertes<br />

Anspruchsniveau.<br />

Man kann nur wünschen, dass Eberhard Freundt weiterhin<br />

seine wertvolle essayistische Tätigkeit pflegt.<br />

Helmut Heinrich, Hilchenbach<br />

Alte Straßen – stille Winkel, durchblick 1/<strong>2008</strong>. Mit<br />

großem Interesse habe ich im durchblick Ihre beiden Abhandlungen<br />

über Wilhelm Busch und die alten Siegener<br />

Straßen gelesen. Beide Berichte sind informativ und gut<br />

lesbar.<br />

Seit Jahrzehnten habe ich ein Privatarchiv angelegt und<br />

Ihre beiden Berichte finden dort Eingang.<br />

In der kurzen Busch-Biografie erwähnen Sie auch den<br />

Ort Ebergötzen. In der dortigen Mühle befindet sich ein<br />

Wilhelm-Busch-Museum, welches Sie, Frau Istock, vermutlich<br />

auch bereits besucht haben. Als ich vor einigen Jahren<br />

dort war, hatten wir das Glück, eine sehr sachkundige<br />

Präsentantin zu finden, die sehr anschaulich darstellte, dass<br />

sich in den Handlungen und im Aussehen der beiden Buben<br />

die beiden Freunde aus der Kindheit widerspiegeln.<br />

Wenn der Müller und die Müllerin in kleinsten Kammern<br />

in unmittelbarer Nähe des lauten Mühlrades schlafen<br />

mussten, war dies sicherlich nur für die ersten zwei Nächte<br />

romantisch, dann jedoch äußerst schlafstörend.<br />

In den sehr informativen Bericht über Siegens Straßen<br />

haben Sie, Frau Istock, sehr viel Zeit investiert. Die vielen<br />

Fakten müssen zusammengetragen werden und gleichzeitig<br />

„wasserdicht“ sein. Ihre Darstellung ist eine wertvolle Ergänzung<br />

zur Stadtgeschichte Siegens. Wer weiß schon, wie viele<br />

Metzgereien es Mitte des 15. Jahrhunderts in Siegen gab?<br />

Heinz Stötzel, Nethphen<br />

Bei Frau Istock habe ich mich persönlich bedankt für<br />

ihren schönen Stadtbericht. - Schwierigkeiten hatte ich<br />

mit dem Oberen Schloss auf Seite 4. Meine Frau ist eine<br />

Stadtkennerin von über 70 Jahren und ich über 40 Jahre.<br />

- Die Schönheit des Bildes haben wir nicht nachvollziehen<br />

können. Ich hab mich in das „Marburger Tor“ bis zur<br />

Einhorn-Apotheke begeben. Dort hatte ich den durchblick<br />

bis auf das Torhaus des Oberen Schlosses mit dem richtigen<br />

Blickwinkel. – Nur die ganzen darunterliegenden Häuserzeilen<br />

einschließlich Bewuchs am Fußpunkte des Betrachters<br />

konnte ich nirgends finden.<br />

Hartmut Gerkan per E-Mail<br />

Anm. der Redaktion: Starke Teleobjektive ziehen die<br />

Perspektive zusammen und sorgen für neue optische Eindrücke.<br />

Standort des Fotografen war auf einem mittlerweile<br />

nicht mehr vorhandenen Erdhügel an der Kinderklinik.<br />

durchblick 3/<strong>2008</strong> 49


Unterhaltung / Impressum<br />

Es fiel uns auf …<br />

…dass die Gehirne älterer Menschen einer neuen<br />

Studie zufolge noch wachsen können. Bei 44<br />

„Versuchskaninchen“ im Alter von 50 bis 67 Jahren wurde<br />

nachgewiesen, dass nach einem dreimonatigen Training im<br />

Jonglieren eine Vergrößerung im Hippocampus stattfand.<br />

Diese Gehirnregion ist für das Lernen wichtig, in der sich<br />

neue Hirnzellen bilden können.<br />

…dass eine 68-Jährige aus Engelskirchen auf Gran<br />

Canaria wieder aufgetaucht ist. Die Seniorin, die als<br />

orientierungslos beschrieben wurde, war im April aus einem<br />

Altenheim verschwunden. Damals hatte die Polizei mit<br />

vielen Beamten, Hubschraubern und speziell ausgebildeten<br />

Spürhunden nach der Frau gesucht. Sie wurde auf der<br />

Kanareninsel „gut erholt und frohen Mutes“ in der Sonne<br />

sitzend erkannt.<br />

…dass die Menschen weltweit immer glücklicher<br />

werden. Das ist das Ergebnis eines 25-jährigen<br />

Forschungsprojekts in den USA. Die Bürger aus 97 Ländern<br />

freuen sich vor allem über wachsenden Wohlstand, neu<br />

gewonnene Freiheit oder mehr Rechte. Bei uns hingegen<br />

sinkt das gefühlte Glück wegen der sinkenden Reallöhne<br />

seit Jahren. Sind wir Deutschen Miesepeter?<br />

Gedächtnistraining: Lösungen von Seite: von Seite ??<br />

Sportarten: 1. Basketball (5), 2. Wasserball (7), 3. Volleyball (6),<br />

4. Hockey (11), Staffelllauf (4), 6. Fußball (11). Bekannte<br />

Sportler: 1. b-Leichtathletik, 2. c-Schwergewichtsboxen,<br />

3. a-Weitsprung, 4. b-Hochsprung, 5. a-Schwimmen,<br />

6. c-Schwimmen, 7. b-Basketball, 8. a-Springreiten,<br />

9. c-Hochsprung, 10. a-Zehnkampf, 11. b-Gewichtheben,<br />

12. b-Radrennsport. Piktogramme: 1. Gewichtheben,<br />

2. Basketball, 3. Fußball, 4. Boxen, 5. Golf, 6. Turmspringen,<br />

7. Kanu, 8. Bogenschiessen. Keine olympischen Disziplinen: Golf.<br />

Wortsuche: Badminton, Baseball, Basketball, Bogenschiessen,<br />

Boxen, Fechten, Fussball, Gewichtheben, Handball, Hockey,<br />

Judo, Kanurennsport, Kanuslalom, Leichtathletik, Bahnradrennen,<br />

BMX-Radsport, Mountainbike, Strassenradrennen, Dressurreiten,<br />

Military, Springreiten, Ringen, Rudern, Schiessen, Kunstspringen,<br />

Turmspringen, Schwimmen, Synchronschwimmen,<br />

Wasserball,Segeln, Softball, Taekwondo, Tennis, Tischtennis,<br />

Triathlon, Kunstturnen, Rhythmische Sportgymnastik, Trampolin,<br />

Volleyball, Beachvolleyball.<br />

Zu guter Letzt:<br />

Bekannt als gewissenhafte Person nahm unsere<br />

Kollegin Helga kürzlich ein wichtiges Internet -Telefonat<br />

entgegen. Beflissen wollte sie sich Notizen machen<br />

und fand nach kurzem Suchen in ihrem wohlgeordneten<br />

Haushalt auch Stift und Schreibblock.<br />

Nur, wo war denn jetzt das schnurlose Telefon samt<br />

Kopfhörer geblieben? Verzweifelt suchte sie ihre<br />

kleine Wohnung ab und fand tatsächlich das Quasselmonstrum.<br />

Beschämt stellte sie im Vorbeigehen am<br />

Spiegel fest, dass sich alles noch am Ohr befand.<br />

durchblick<br />

Herausgeber:<br />

durchblick-siegen Information und Medien e.V.,<br />

Im Auftrag der Stadt Siegen – Regiestelle Leben im Alter<br />

Anschrift der Redaktion:<br />

„Haus Herbstzeitlos“, Marienborner Str. 151, 57074 Siegen<br />

Telefon 0271 61647 ,Mobil: 0171-6206413<br />

E-Mail: redaktion@durchblick-siegen.de<br />

Internet: www.durchblick-siegen.de<br />

Öffnungszeiten:<br />

dienstags bis donnerstags von 10.00 bis 12.30 Uhr<br />

dienstags auch von von 15.00 bis 17.00 Uhr<br />

Redaktion:<br />

Maria Anspach; Friedhelm Eickhoff (verantw); Fritz Fischer;<br />

Eberhard Freundt; Dieter Gerst; Inge Göbel; Gerda Greis;<br />

Dorothea Istock; Erich Kerkhoff; Erika Krumm; Horst Mahle;<br />

Helga Siebel-Achenbach; Ulli Weber<br />

Bildredaktion:<br />

Thomas Benauer; Friedhelm Eickhoff; Gottfried Klör; Tessie Reeh;<br />

Agnes Spar; Peter Spar; Sabine Völkel<br />

Internet:<br />

Thomas Benauer<br />

An dieser Ausgabe haben ferner mitgewirkt:<br />

Barbara Kerkhoff; Dr. Horst Bach; Helga Düringer; Antonie Dell<br />

Fotos/Zeichnungen/Graphik (soweit nicht im Bild angegeben):<br />

M. Anspach, D. Istock, E. Freundt, Fritz Fischer, E. Kerkhoff,<br />

Toni Diehl, D. Gerst, S. Völkel, A. Spar, Dr. H. Bach; G. Klör;<br />

H. Mahle, T. Benauer, H. Siebel-Achenbach, ,,durchblick-Photoshop-Club<br />

Hör-CD: Helmut Drabe (verantwortlich); Hans-Peter Gebhardt;<br />

Kruno Schmidt; Horst Mahler; Inge Göbel; Erika Grum; Ingrid Drabe;<br />

Siegbert Ullrich; Horst Ehrenspeck<br />

Gestaltung, Satz und Layout:<br />

durchblick – Lektorat<br />

Herstellung und Druck:<br />

Vorländer, Obergraben 39, 57072 Siegen<br />

Erscheinungsweise: März, Juni, September, Dezember<br />

Verteilung: Helga Siebel-Achenbach (Ltg.), alle Redakteure, Ellen<br />

Schumacher, Fred Schumacher, Hannelore Münch, Paul Jochum,<br />

Elisabeth Flöttmann, Helga Sperling, Hermann Wilhelm, Dieter<br />

Wardenbach, Ingrid Drabe<br />

Auflage: 10.500. Der durchblick liegt kostenlos in Sparkassen, Apotheken,<br />

Arztpraxen, Zeitungsverlagen, City-Galerie, Geschäften des<br />

Siegerlandzentrums und öffentlichen Gebäuden aus. Für die Postzustellung<br />

berechnen wir für vier Ausgaben jährlich 8 Euro.<br />

Namentlich gekennzeichnete Beiträge<br />

geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion<br />

wieder. Die Redaktion behält sich<br />

vor, eingesandte Beiträge und Leserbriefe<br />

zu kürzen. Unverlangte Beiträge werden<br />

nicht zurückgeschickt.<br />

Für unsere Anzeigenkunden gilt die<br />

Preisliste 9/2007.<br />

50 durchblick 3/<strong>2008</strong>

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