2008-03
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Gesellschaft<br />
ist die Saite und der Körper die Resonanz, fein austariert,<br />
Verstärker oder Leisetreter, je nach Befindlichkeit. Wenn<br />
wir ihn an einer Stelle bekämpfen und vertreiben, taucht er<br />
an einer anderen Stelle wieder auf, wie ein kleiner Kobold.<br />
Symptom-Verschiebung.<br />
Zur Verwirklichung kann sich das Symptom ziemlich<br />
beliebig physiologischer, chemischer, nervaler oder sonstiger<br />
Träger bedienen. Anstatt das Symptom, welches ein<br />
Problem sichtbar machen will, leidenschaftlich im Außen<br />
zu bekämpfen, sollten wir es uns anschauen. Es hat auch<br />
eine Zeitqualität. Es zählen der genaue Zeitpunkt seines<br />
Auftretens und alle synchron ablaufenden Ereignisse, ebenso<br />
wie die inneren Prozesse, sie bilden den Rahmen. Die<br />
abgelehnten Prinzipien wollen integriert und gelebt werden.<br />
Das Symptom zwingt uns über den Körper, den freiwillig<br />
nicht gelebten Seinsbereich dennoch zu verwirklichen. Der<br />
Mensch beschäftigt sich am meisten mit dem, was er nicht<br />
will und nähert sich dabei dem abgelehnten Prinzip soweit<br />
an, dass er es schließlich selbst lebt. Schon Goethe schrieb:<br />
„Alles Unbewusste will Ereignis werden.“<br />
Wohin mit meinem Schmerz? Raus aus dem Dunkel des<br />
menschlichen Seins, aus dem Schmerz, aus dem Grauen.<br />
Schmerz ist faustischer Antagonist, emotionales Aufbegehren.<br />
Medikamentenberge, Operationen, Kliniken, Schmerztherapeuten.<br />
Welch ein aufgeblasenes Gesundheitssystem,<br />
um dem Menschen seinen Schmerz zu nehmen. Gibt es<br />
nicht zu denken, dass allen Fortschritten der Schulmedizin<br />
zum Trotz die Anzahl der Krankheiten und Kranken nicht<br />
abnimmt? Allerdings, die mystische Idee, dass Schmerz<br />
den Menschen veredelt, ist eine antiquierte Vorstellung im<br />
Christentum.<br />
Das Hirn aber hat keine Löschtaste. Aufgezeigte Möglichkeiten,<br />
dem chronischen Schmerz zu entkommen: der<br />
Körper hat ein privates Drogenlabor. Die Kraft der Vorstellung<br />
genügt manchmal, die Substanzen fließen zu lassen.<br />
Eine adäquate Dosis an Schmerzmedikamenten über einen<br />
angemessenen Zeitraum hinweg, damit der Leidende wieder<br />
konstruktiv denken kann. Eine alte, schlechte Erfahrung<br />
werden wir nur los, wenn wir sie im Gedächtnis mit einer<br />
neuen besseren überschreiben. Was der Mensch gelernt hat,<br />
kann er auch wieder verlernen. Die Programmierung auf<br />
den Schmerz muss wieder rückgängig gemacht werden.<br />
Der Weg ist allein schwer zu gehen. Eine Psychotherapie,<br />
Gespräche, Selbsthilfegruppen bieten sich an.<br />
Unter Psychotherapie verstehen wir heute einen Weg<br />
zur Selbsterkenntnis und Bewusstwerdung. Schon zu allen<br />
Zeiten versuchten Menschen, Hilfsmittel für den schweren<br />
Weg der Selbstfindung zu entwickeln. Heute fließen in die<br />
Psychotherapie alle Lehren von der menschlichen Seele<br />
zusammen. Schmerz kann Antriebskraft sein zu künstlerischen<br />
Ausdrucks- und Verarbeitungsmöglichkeiten, wie<br />
Theater spielen, Malen, Schreiben, Musizieren. Yoga und<br />
Meditation sind auch nicht zu verachten.<br />
Erika Krumm<br />
Quellennachweis: ein Wissenschaftsgespräch mit dem bekanntesten Schmerzforscher<br />
Deutschlands in der „Zeit“ und das Buch: Krankheit als Weg“ von<br />
Thorwald Dethlefsen und Ruediger Dahlke<br />
Ich habe gut und böse gekannt<br />
Sünde und Tugend, Recht und Unrecht.<br />
Ich habe gerichtet und bin gerichtet worden.<br />
Ich bin durch Geburt und Tod gegangen,<br />
Freude und Leid, Himmel und Hölle,<br />
und am Ende erkannte ich<br />
dass ich in allem bin<br />
und alles ist in mir.<br />
(Hazrat Inayat Khan)<br />
36 durchblick 3/<strong>2008</strong>