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Patchwork-Familie, mehr<br />
Traum als Wirklichkeit<br />
Viele Väter müssen nach der Trennung um<br />
die Beziehung zu ihren Kindernkämpfen.<br />
Ein Interview mit Martin Morauf, Obmann des Vereins „Väter ohne Rechte“.<br />
Nach einer Trennung im<br />
Streit liefern sich Paare<br />
häufig eine jahrelange<br />
Fehde. „Sie“ willden Exmann<br />
am liebstenamanderen Ende<br />
derWelt sehen.„Er“ will nicht<br />
bloßder Zahlpapa sein, der alle<br />
14 Tage mal mitdem Kind in<br />
denZoo geht. Es herrscht Krieg.<br />
Jeder Atemzug des anderen ist<br />
falsch. Leidtragende dabei sind<br />
vor allem die Kinder, aber auch<br />
Großeltern, Onkeln undTanten,<br />
auf die vergisst man gerne.<br />
Immer mehr Ratsuchende wendensichdaheranden<br />
Verein<br />
„Väter ohne Rechte“.<br />
Sollte der Verein nicht<br />
besser„Kinder ohne Rechte“<br />
heißen?<br />
Der Verein „Väter ohne Rechte“<br />
setzt sich seit 10 <strong>Jahre</strong>n fürdas<br />
Recht von Kindernauf beide<br />
18 <strong>Beste</strong> <strong>Jahre</strong><br />
Eltern nach einer Trennung ein.<br />
Der Name wurde seinerzeit<br />
ganz bewusst gewählt, weil<br />
über 90 %allerTrennungskinder<br />
ausschließlich im Haushalt<br />
der Mutter leben und es somit<br />
vorwiegend Väter sind, die in<br />
Österreich bis heute kein Recht<br />
haben, ihre Kinder nacheiner<br />
Trennung zu betreuen und an<br />
ihrem Alltagsleben teil zu haben,<br />
wenn die Mutter das nicht<br />
möchte.„Väter ohne Rechte“ist<br />
aber keineswegs ein reiner<br />
Männerverein. Wir unterstützen<br />
auchMütter, denen derKontakt<br />
zu den gemeinsamen Kindern<br />
verweigert wird, wenn diese<br />
beim Vater leben. Wir haben im<br />
Verein einenüber40%igen<br />
Frauenanteil. In der Hauptsache<br />
handelt es sich dabei um Großmütter<br />
und neue Lebensgefährtinnen,<br />
und wir haben auch eine<br />
Foto: M. Morauf<br />
Frau im Vorstand. Mit über<br />
6.000 Mitgliedern aufFacebook<br />
ist„Väter ohne Rechte“die<br />
größtePlattform innerhalb der<br />
Väterbewegung in Europa.<br />
Was wäre Ihrer Meinung nach<br />
eine lebbare Lösung,für<br />
Mann undFrauund vor allem<br />
fürdas Kind?<br />
Wennman Trennungskinder<br />
fragt, was sie sich am meisten<br />
wünschen, so werden fast alle<br />
sagen,dasssie wieder mit Mama<br />
und Papa zusammen sein<br />
wollen. Wenn eine Trennung<br />
derEltern bedeutet,dass die<br />
Kinder damit auch einen Elternteil<br />
verlieren unddiesenimbesten<br />
Fall nur nochanjedem zweiten<br />
Wochenende als Besucher<br />
erleben dürfen, kanndas keine<br />
kindgerechte Lösung sein. Erschwerend<br />
kommthinzu, dass<br />
Kontaktboykott durch den<br />
hauptsächlich betreuenden Elternteil<br />
in Österreich nach wie<br />
vor kaum rechtliche Folgen hat.<br />
Zu uns kommen fast täglich<br />
Väter, die sich darüber beklagen,<br />
dass ihnen der Kontakt<br />
zum Kind verweigert wird. Ein<br />
Wahnsinn in einem modernen<br />
Rechtsstaat!<br />
Auchist die übliche Praxis –die<br />
Kinder leben bei der Mutter und<br />
der Vater zahlt Unterhalt –aus<br />
meinerSicht für beide Eltern<br />
nachteilig.Väter haben den<br />
Kontaktverlust zu ihren Kindern<br />
zu verarbeiten, dürfen sie nicht<br />
mehr in ihrem Alltagerleben<br />
und sind de facto vom Familienlebenausgeschlossen.<br />
Wir erleben<br />
tagtäglichinunseren Beratungsgesprächen,<br />
wie sehr die<br />
betroffenen Väterdarunter leidenund<br />
viele von ihnen werden<br />
regelrechtkrank vorKummer.<br />
Für Mütter bedeutet die alleinige<br />
Betreuungder Kinder oft, dass<br />
sie über viele <strong>Jahre</strong> nurTeilzeit<br />
arbeiten und viele schaffen<br />
danach den Wiedereinstieg ins<br />
Berufsleben nicht mehr. Sie<br />
befinden sich, da ihnen jadie<br />
Beitragsjahre fürdie Pension<br />
fehlen, in einer Sackgasse RichtungAltersarmut.<br />
Was halten Sie vomWechselmodell<br />
der sogenannten<br />
„Cochemer Praxis“?<br />
Da muss man grundsätzlich unterscheiden:<br />
die „Cochemer<br />
Praxis“ist ein von demdeutschen<br />
Familienrichter Jürgen<br />
Rudolph entwickeltesModell,<br />
das dieEltern zur Kooperation<br />
im Sinne ihrer gemeinsamen<br />
Kinder bringt. Gegenseitige Beschuldigungen<br />
werden nicht<br />
mehr zugelassen undKontaktvereitelung<br />
mit dem Entzugder<br />
Obsorge geahndet. Das Modell<br />
istäußerst erfolgreich.<br />
Wechsel- oder Doppelresidenzmodellbedeutet,<br />
dass sich Eltern<br />
die Betreuungihrer Kinder<br />
nachder Trennung teilen. In vielenLändern<br />
Europas ist das bereitsmöglich<br />
und mehr als 50<br />
Studien belegen, dass die<br />
Kinder, die in diesem Modell<br />
aufwachsen, deutlich bessere<br />
psychische und physische Gesundheitswerte<br />
haben, als Kinder,<br />
die mit nur einem Elternteil<br />
aufwachsen. Je geringer der<br />
Kontakt zum anderen Elternteil<br />
ist, desto schlechter fallen die<br />
Werte aus. Deshalb hat der Europäische<br />
Rat einstimmig –also<br />
auchmit Zustimmungdes Österreichischen<br />
Delegierten –beschlossen,<br />
die Doppelresidenz<br />
als anzustrebendes Standardmodellinallen<br />
Mitgliedsländern<br />
einzuführen. Leider gibt es seitens<br />
der Österreichischen Bundesregierungkeine<br />
Anzeichen<br />
dafür, dasauch umzusetzen.<br />
Doppelresidenz bedeutetnicht,<br />
wieoft fälschlicherweise behauptet<br />
wird, dass alle Eltern<br />
auchgegen ihren Willen zu<br />
einer 50/50-Betreuunggezwungenwerden.<br />
Das Modell sieht<br />
vor, dass sich die Eltern als<br />
gleichberechtigte Partner auf<br />
Augenhöhe ein Betreuungsmodellfür<br />
ihregemeinsamen<br />
Kinder überlegen. Das kann<br />
50/50,40/60, 30/70 oder auch<br />
ein herkömmliches Residenzmodellsein,<br />
wenn es den Bedürfnissen<br />
aller Beteiligtenentspricht.<br />
Es kann aber nichtmehr<br />
sein, dass ein Elternteil den anderen<br />
gegen dessen Willen zur<br />
Gänze von der Betreuung der<br />
Kinder ausschließt.<br />
Glauben Sienoch an ein konventionelles<br />
Familienmodell?<br />
UnsereGesellschaft hat sich<br />
sehr stark gewandelt und klassischeRollenbilder<br />
haben sich<br />
aufgelöst. Beziehungen werden<br />
oft auf Zeit eingegangen und<br />
dieEhe „bis dass der Tod euch<br />
scheidet“ hatnur noch Seltenheitswert.<br />
Das istunsere Realität,damit<br />
müssen wir uns zurecht<br />
finden. Fakt ist jedoch,<br />
dass Kinder eine Mutter und<br />
einen Vaterbrauchen,umsich<br />
optimal zu entwickeln. Dieser<br />
Verantwortungsoll man sich<br />
nicht entziehen, auch wenn die<br />
Beziehunggescheitert ist.<br />
Welchen einen Satz möchten<br />
Sie den Müttern dieser Welt,<br />
die Väter zumZahl- oder Besuchsvater<br />
degradieren, mit<br />
auf den Weg geben?<br />
Ich kann Sie nur bitten,das<br />
Ihrem Kind nicht anzutun. Viele<br />
betroffeneKinder suchenihr<br />
ganzes Leben lang nach einer<br />
Vaterfigur,die sie in ihrer Kindheit<br />
nicht haben durften und<br />
viele wenden sich auch vonder<br />
Mutter ab,die ihnen den Kontaktzum<br />
Vaterverweigerthat.<br />
Tragen Sie IhrGeld lieber zum<br />
Mediator undnicht zum Anwalt.<br />
Suchen Sie nach Lösungen und<br />
nicht nach Streit.<br />
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Kann denn nicht ein neuer<br />
Partner denverlassenen<br />
Elternteil ersetzen?<br />
AuchimFallevon Patchwork-<br />
Familien ist der väterliche Einfluss<br />
von enormer Bedeutung.<br />
Ich kenne Patchwork-Familien,<br />
wo die Stiefeltern durchaus<br />
als Bereicherungfür die Kinder<br />
erlebtwerden können.<br />
Ich kenne aber auchFälle, in<br />
denen Mütter ihre Kinder zwingen,<br />
ihren neuen Lebensgefährtenmit<br />
„Papa“ anzusprechen<br />
und ihren leiblichen<br />
Vater nur noch mit Vornamen<br />
anreden zu dürfen.<br />
So etwas muss für Kinder fürchterlich<br />
sein.<br />
Konkurrenzdenken stürzt Kinder<br />
zudemerneut in Loyalitätskonflikte.<br />
Prinzipiellbin ich überzeugt,<br />
dass nichts und niemand<br />
dieleiblichen Eltern ersetzen<br />
kann.<br />
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<strong>Beste</strong> <strong>Jahre</strong> 19