Grundschule aktuell 134
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Praxis: Willkommenskultur konkret<br />
Andrea Keyser<br />
»Herzlich willkommen<br />
in unserer Schule«<br />
Dieser Gruß steht schon seit langem an der Eingangstür unserer Schule, jedenfalls<br />
lange bevor Flüchtlingskinder zu uns kamen. Der Gruß richtete sich an<br />
alle Menschen, die unsere Schule betraten, z. B. auch Handwerker. Dann begann<br />
der Zustrom schutzsuchender Familien, z. B. aus Syrien. Eine Schülerin<br />
der 2. Klasse brachte irgendwann kleine Aufkleber mit dem Slogan« Refugees<br />
welcome« mit in die Schule. Diese kleben nun selbstverständlich an sichtbaren<br />
und wichtigen Orten im Gebäude. Sie setzen ein Zeichen, das sicherlich nicht<br />
von allen Menschen der Schulgemeinschaft verstanden werden kann. Der Kinderrat<br />
hängte im Eingangsportal Plakate auf und übersetzte den deutschen<br />
Willkommensgruß in mehrere Sprachen. Sie setzten damit ein weiteres Zeichen<br />
für viele Kinder und Erwachsene, die deutsch lesen können.<br />
Wir hatten auch schon in den<br />
letzten Jahren Kinder mit<br />
Migrationshintergrund und<br />
verschiedenen Muttersprachen in unserer<br />
dörflichen <strong>Grundschule</strong>. So lernten<br />
wir z. B. litauischen Baumkuchen, griechisches<br />
Fladenbrot, türkischen Döner,<br />
armenische und russische Wörter, englische<br />
Redensarten, dänische Grüße,<br />
kurdischen Sprachklang und die Vielfalt<br />
der verschiedenen Kinder und ihrer<br />
Eltern kennen und schätzen. Es war<br />
immer klar, dass die Sprachenbarriere<br />
Schritt für Schritt überwunden werden<br />
musste, um Teilhabe am Lernen zu haben,<br />
und die Kinder vorrangig Unterstützung<br />
beim Erlernen der deutschen<br />
Sprache erhalten mussten.<br />
Im Bundesland Schleswig-Holstein<br />
gibt es Unterricht in Deutsch als Zweitsprache<br />
(DaZ), der zur Förderung für<br />
Kinder ohne ausreichende Sprachkenntnisse<br />
eingesetzt wird.<br />
So war und ist es immer wieder überraschend,<br />
wie schnell der Sprachzuwachs<br />
der Kinder sich entwickelt und<br />
sie an den Bildungsangeboten unserer<br />
Schule teilhaben konnten.<br />
Für die Mitglieder des Grundschulverbandes<br />
ist das Menschenrecht auf Bildung,<br />
das Recht für Kinder auf Bildung<br />
und Ausbildung, ein nicht in Frage zu<br />
stellendes Grundrecht.<br />
Geflüchtete Kinder, die mit und ohne<br />
ihre Familien in Deutschland Schutz<br />
suchen, um sich vor Bedrohung und<br />
Armut zu retten, müssen vom ersten<br />
Tag an Verständnis, Unterstützung<br />
und Zuwendung erfahren. Eine Willkommenskultur<br />
an unseren <strong>Grundschule</strong>n<br />
zu schaffen, ist die erste Aufgabe,<br />
die ohne große strukturelle Veränderungen<br />
gelingen könnte. Sie muss<br />
nicht viel kosten und erfordert zuallererst<br />
eine Einstellung zur praktizierten<br />
Menschlichkeit aller an Schule Beteiligten.<br />
Uns ist allen bewusst, dass die<br />
sogenannte Flüchtlingskrise personelle,<br />
finanzielle und materielle Unterstützung<br />
erfordert. Die Soforthilfemaß<br />
24 GS <strong>aktuell</strong> <strong>134</strong> • Mai 2016